Freitag, 22. Februar 2013

Wann ist es Zensur? In welchem rechtlichen Rahmen bewegt sich die wissenschaftliche Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche? Markus Rau kommentiert die Auseinandersetzung zwischen Christian Pfeiffer und der Amtskirche

Die Kirchen sind in Deutschland zwar öffentlich-rechtlich verfasst. Innerhalb ihrer eigenen Angelegenheiten genießen sie jedoch eine weit gehende Autonomie, die kirchliche Selbstbestimmung. Nur dort, wo die Kirchen originäre Hoheitsgewalt ausüben, sind sie an die verfassungsmäßige Ordnung, insbesondere die Grundrechte, gebunden wie etwa bei der Erhebung der Kirchensteuer. (...)

Wie die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" vom 13. Januar 2013 berichtet hat, stand der Vertrag über das Forschungsprojekt von Anfang an im Konflikt mit dem Codex Iuris Canonici (CIC), dem Gesetzbuch der katholischen Kirche. Dessen Bestimmungen zum kirchlichen Archivwesen sehen unter anderem Folgendes vor (can. 489 § 2): "Jährlich sind die Akten der Strafsachen in Sittlichkeitsverfahren, deren Angeklagte verstorben sind oder die seit einem Jahrzehnt durch Verurteilung abgeschlossen sind, zu vernichten; ein kurzer Tatbestandsbericht mit dem Wortlaut des Endurteils ist aufzubewahren."

Nicht auszuschließen, dass hierin der tiefere Grund für das Aus des Projekts liegt.