Freitag, 28. Dezember 2012

Katholische Kirche schaltet ihre "Missbrauchs-Hotline" ab





links:







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Mein Kommentar vom 20.06.2012 diesen Jahres:

MITTWOCH, 20. JUNI 2012

"missbrauchte Hotline"




Am 30.03.2010 schaltete die katholische Kirche medienwirksam eine "Hotline für Opfer und Angehörige sexuellen Missbrauchs".  Innerhalb von nur drei (!) Wochen wurde ein vermeintlich "tragbares Konzept" erarbeitet. Ein gewisser Herr Dr. Andreas Zimmer,  "Leiter des Arbeitsbereichs Beratungsdienste beim Bistum Trier" gab ein zweiseitiges Statement zu der Hotline ab.  Unter anderem sollte sie als "Türöffner" zu den jeweiligen Bistumsbeauftragten - im Bistum Trier also Peter Rütten -  fungieren. Fatalerweise! Denn:  wer als Opfer und Betroffener sexuellen Missbrauchs durch Angehörige der katholischen Kirche tatsächlich an Peter Rütten geriet, der hatte nachweislich noch mehr zu leiden.

Opfer und Betroffene - damals auch noch offiziell die Angehörigen - wurden also gebeten,  nach dem Motto "wenn schon, denn schon" am DIenstag, Mittwoch und Donnerstag zwischen 13.00h und 20.30h  dort anzurufen.  Ab Mai 2012 bitte nur noch mittwochs melden: und zwar zwischen 15.00h und 19.00h.  Die Hintergründe, mit denen man sich diese Anrufe erbat, liegen allerdings bis heute völlig im Unklaren. Immerhin hatte man von Seiten des Bistums damit ein äußerst gutes Instrument gefunden, zu manipulieren: Sowohl die Zahlen als auch die Fakten. 

Nachdem die ersten Erfahrung mit der "missbrauchten Hotline" bekannt wurden, sahen verständlicherweise viele davon ab, sich an die Hotline zu wenden. Und wer es doch wagen wollte, dem Bistum vorab Informationen zukommen lassen zu wollen und somit das Risiko einging, dass die gesammelten Informationen später gegen ihn verwendet werden, der geriet unaufhaltsam in eine Statistik,  die erneut medienwirksam repräsentiert wurde:

Im Oktober 2010 wurde der sogenannte "Zwischenbericht"  veröffentlicht. Äußerst unglücklich formuliert wurde der sogenannte "Stichtag" mit dem 25.10.2010 angegeben. Also ca. 6 Monate nach Schaltung der Hotline entschloss man sich, folgende  Angaben zu veröffentlichen:  (Quelle DBK): 




Der sogenannte  "Einführungstext"  beschreibt in 2 Sätzen, wie versucht wurde, Antworten zu geben. Und zwar auf die Fragen: "Gibt es Hinweise zur Frage der Prävention?" und "Gibt es Hinweise zur Frage der Betreuung von Opfern?"   Nun gut - es bringt einen nicht weiter - ob es an der Formulierung liegen mag oder an den Geistern, die offensichtlich nicht im Vollbesitz ihrer Kräfte waren, als sie diesen "Einführungstext" formulierten, sei jetzt einmal dahingestellt. 

WIr rufen also "Teil 1 - Arbeitsweise der Hotline auf":  Hier werden sogenannte "Erfahrungsweisen und Logistik", "Personalauswahl" und "Statistik" angegeben. Wenn man sich die Punkte und Unterpunkte einmal durchliest, muss man als Opfer und Betroffene bereits schlucken. Und Tränen unterdrücken.  Von "erfahrenen Beratungskräften" ist hier die Rede. Als solcher kann sich inzwischen unsereiner übrigens auch bezeichnen!  Man könne sich über strafrechtliche Fragen informieren. (!). Wird aber auch zugleich hingewiesen, dass man sich an einen Anwalt wenden sollte.  Hinweise und Vorschläge der Opfer, was die Prävention beträfe, werde man selbstverständlich nach Bonn weiterleiten.  Des weiteren erfährt man dort über den Schichtplan der Telefon-Experten und dass der Anrufbeantworter rund um die Uhr erreichbar ist. Immerhin.  Außerdem wird mehrfach für die Lebensberatungsstellen Eigenwerbung gemacht (die wiederum viele Menschen wahrscheinlich erst gar nicht aufsuchen müssten, wenn sie nicht vom sexuellen Missbrauch durch Angehörige der katholischen Kirche betroffen wären, bzw. als Angehörige darunter zu leiden hätten!).  Besonders emotional könnte es allerdings werden, wenn man den Fragebogen  sieht, welcher bei jedem Telefonat  ausgefüllt wird.  Aus rein "statistischen Zwecken" - versteht sich!  Nein. Nicht falsch verstehen! Ich finde es enorm wichtig, dass es da ein Feld gibt, in dem der Angerufene ankreuzen kann, ob es sich um einen "Sexanrufer/Belästigungsanruf " handelt, wenn sich Opfer, Betroffene und Täter melden....

Bleibt zu wünschen, dass die Mitarbeiter der Hotline über eine höhere Qualifikation verfügen, als derjenige, der für miserable  Syntax und Orthografie des "Zwischenberichts" verantwortlich ist.  Dies zeugt weder von Fachmännigkeit noch von Verantwortungsbewusstsein, noch von Gewissenhaftigkeit, noch von ernsthaftem Bemühen.  Aber was soll's - es geht ja hier nur um die katholische Kirche und das Thema Missbrauch. Also: Hat man hier wirklich Kompetenz erwartet? 

Weiter: die ganz Mutigen rufen jetzt sogar noch "Teil 2" auf:  Es ist soweit:  Endlich werden statistische Daten angegeben.  Zahlen lügen nicht. Ebenso wie Tränen - denkt manch einer.

Doch spätestens als auf epidemiologischen Dunkelfelduntersuchungen verwiesen wird  - allerspätestens dann -  fällt auf, mit welchen infamen  - Opfer und Betroffene diffamierende  - Daten manipuliert wird. Allein schon, dass die  "katholische Kirche" angibt, auf Daten eines  "Dunkelfeldes"  zurückzugreifen, ist an  Hohn kaum noch zu überbieten.   Weiter fragwürdige Zahlen werden angegeben. So wird offensichtlich erwartet, dass Opfer, die - lt. Statistik -  erst einmal "stabilisiert" werden mussten, im selben Telefonat auch Vorschläge machen, was die Prävention betrifft.

Schon klar!  Fühlen wir uns auch alle in der Lage dazu. Wenn die Retraumatisierung einsetzt ist für Opfer und Betroffene der beste Zeitpunkt dafür, klar und analytisch zu denken.  Wann denn sonst, Ihr "Experten"! Anders formuliert:   Wir  haben alle auf die Hotline gewartet. Was hätte uns besser passieren können? Das war genau der Meilenstein, der uns noch gefehlt hat! Jetzt sind wir alle Sorgen los. Wir konnten Experten kontaktieren, - insofern die Leitung nicht durch die eigenen Täter belegt waren - ,  ihnen unser Leid schildern und unsere Lebenssituation, die aufgrund der Taten eingetreten ist. Sofern wir uns an die Geschäftszeiten hielten, selbstverständlich.  WIr konnten abends guten Gewissens einschlafen, völlig "stabilisiert" in dem Bewusstsein: "Jetzt wird sich etwas ändern. Der Alptraum ist endgültig vorbei".  "Der Skandal hat endlich ein Ende gefunden. Ebenso wie das zweite Verbrechen, das an uns begangen wurde!" .  Ja, wir waren quasi glücklich, dass wir aufgrund der hohen Anzahl derer, die sich für einen Anruf entschieden haben, überhaupt durchkamen! Und wenn es heute nicht klappt, dann bestimmt morgen, spätestens übermorgen. Ok. Dann ist Wochenende und keiner erreichbar. Dann eben nächste Woche.  Ist ja alles kein Problem. Ist ja auch nicht so dringlich. Und unsereiner kann auch jederzeit und überall das Thema darüber berichten, was mit uns geschah. Ein paar Fragen beantworten, ein paar Einzelheiten zu dem Tathergang und das ganze noch völlig analytisch:  ist doch alles kein Problem für uns. Das machen wir ungefähr jede Stunde 48 mal und sind schon richtige Profis, wenn uns jemand darauf anspricht. Und Nein! Wir haben keine Hemmungen. "Schweigen" stellt für uns ein Fremdwort war.  Nein, wir schämen uns auch nicht dessen, was uns angetan wurde. Und zu jemandem Vertrauen aufzubauen, der sich telefonisch als Mitarbeiter der katholischen Kirche ausgibt, das ist für uns eine Selbstverständlichkeit. Kein Argwohn. Keine Skepsis.  Im Gegenteil: Locker, fröhlich, plaudern wir frisch und frei von der Seele, was wir über Jahrezehnte hinweg verschwiegen haben. Was wir unterdrückt haben. Was wir bekämpft haben. Was uns krank gemacht hat. Was unsere Herkunftsfamilien zerstört. Und worunter unsere Kinder noch ihr Leben lang zu leiden haben werden. Wie gesagt - null problemo: Ihr seid so was von klasse, Jungs - das macht euch so schnell keiner nach!

Jetzt aber weiter zu der Statistik: Da gibt es einen Punkt 2.5.3. "Meldungen nach Diözese".  




Eine Grafik, die ins Auge springt, da sich aus dem Bistum Trier fast doppelt so viele Personen meldeten, wie nach Anteil der Katholiken prozentual zu erwarten gewesen wäre. Hoppla! Was hat das zu bedeuten? Vielleicht hat sich ja auch hier ein Fehler eingeschlichen. Wenn man nachweislich schon so auffallend viele Probleme mit der Aneinandereihung der Buchstaben hat, hat sich vielleicht auch einmal ein Zahlenfehler eingeschlichen und das Tabellenbearbeitungsprogramm hat übernommen.

Also, fragen wir einmal den Verantwortlichen, Herrn Dr. Andreas Zimmer, was sich hinter dieser Zahl "73" tatsächlich verbirgt:

Die verheerende Antwort erfolgt ebenso umgehend wie offensich unüberlegt und lautet wie folgt:

"Ihre Frage ist zugleich ein Hinweis, dass wir das im Abschlussbericht genauer erklären müssen." 

Weiter im Antwortschreiben heißt es wörtlich: 

"Es ist z.T. leichter zu sagen, was die 73 nicht bedeutet:

- Es ist nicht die Gesamtzahl aller, die sich gemeldet haben. Nur diejenigen, die (1.) etwas berichteten, was statistisch erfasst werden konnte und die (2.) wollten, dass ihr Bericht erfasst wurde.
- Es ist nicht die Zahl der Taten. Einmaltaten wurden nur wenige berichtet, vielmehr ging es im Regelfall um Deliktserien die bis zu einem Jahr oder mehrere Jahre andauerten.
- Es ist nicht die Zahl der Täter. Diese können wir nicht dokumentieren, da nur ein Teil der 73 den Täter benannt haben bzw. benennen konnten. Dennoch lässt sich sagen, dass z.T. mehrere Betroffenen denselben Täter beschuldigten.
- Es ist keine repräsentative Zahl, sondern die Abbildung der Inanspruchnahme. D.h. es zeigt wieviele Menschen aus dem Bistum angerufen haben, aber daraus kann nicht geschlussfolgert werden, wieviele Fälle es gab. Dies soll erst das Pfeiffer-Projekt klären.

Die Zahl ist auch nicht danach unterschieden, ob die beschuldigten Täter Diözesanpriester, Ordensleute, Bistums- (Lehrer usw.) bzw. Pfarrangestellte (Küster, Kirchenmusiker, Hausmeister usw.) oder Ordensangestellte (Heimerzieher usw.) waren. Dies wird erst in der Schlussauswertung aufgeschlüsselt.
Es ist wichtig zum Verständnis auch die zeitliche Reihenfolge zu beachten: wir waren für viele die erste Anlaufstelle. Vom Ablauf her nahmen die Personen also im Regelfall mit uns Kontakt auf, bevor sie sich an das Bistum wendeten. Zum Zeitpunkt des Anrufes gab es vor allem den Wunsch zu erfahren, wo man Therapie und Beratung erhalten konnte. Der Kontakt mit dem Bistum stand erst an zweiter Stelle. Daher liegen also auch nicht in allen Fällen vollständige Fakten oder Berichte vor. Denn die Anrufenden wurden nicht befragt sondern konnten selbst entscheiden, was sie sagen wollten. Bei einer Detailauswertung im Abschlussbericht kann daher nur eine kleinere Zahl zugrunde gelegt werden.

Wie es für die Betroffenen im Kontakt mit dem Bistum weiterging erfuhren wir nur, wenn sich Betroffene erneut meldeten oder über die Internetberatung kontinuierlich Beratung nutzten. Das tat aber nur ein kleiner Teil.

Gezählt wurden nur glaubwürdige Anrufe aus Sicht des psychologischen Fachpersonals am Telefon bzw. im Internet. D.h. Personen mit wahnhaften Zügen wurden hier z.B. nicht gezählt. Dabei erfolgte aber keine Glaubwürdigkeitsprüfung im aussagepsychologischen Sinn. Die Verantwortung für die Plausibilitätsprüfung liegt bei den Missbrauchsbeauftragten der jeweiligen Träger (Bistum oder Orden). Insoweit war es auch eine häufige Frage, wer zuständig ist. Der Grund dafür liegt darin, dass die Personalakten der Beschuldigten jeweils nur bei den Trägern vorliegen und mit den Angaben der Anrufenden abgeglichen werden können.
Die Frage der materiellen Anerkennung wiederum stellte sich vom Ablauf her noch später.

D.h. ob alle 73 beim Bistum oder beim Orden vorstellig wurden und dort als Opfer anerkannt wurden und ob alle 73 Anträge gestellt haben und Zahlungen erfolgten, dazu haben wir keine Infos. Da müssten sich sich an Herrn Rütten oder Frau Lauer wenden. Zumindest ist aber bei uns kein Anrufender nochmals vorstellig geworden, der vom Bistum nicht anerkannt wurde. 
Beantwortet das Ihre Frage?
mit freundlichen Grüssen,
Dr. Andreas Zimmer"

Nein. Herr Zimmer! Dies beantwortet meine Frage nicht. Im Gegenteil! Diese Antwort wirft weitere Fragen auf! Also erneute Nachfrage - 2. Versuch - meinerseits: 

"Ich danke Ihnen!

1. "Wahnhafte Züge" ? Ich möchte diesen Ausdruck jetzt nicht missinterpretieren, aber das liest sich jetzt so, als ob es Personen gab, die sich bei der Hotline meldeten und Ihrerseits (seitens der Hotline) als "wahnhaft" eingestuft wurden, sprich, denen nicht geglaubt wurde. Können Sie das ausschließen?

2. Wie soll ich mit den Daten der Opfer verfahren,  die sich nachweislich nicht an das Bistum bzw. die Hotline gewandt haben (aus meines Erachtens verständlichen Gründen), die jedoch dennoch von sexuellen Missbrauch durch Angehörige der katholischen Kirche im Bistum  betroffen sind? Soll ich mich diesbezüglich direkt mit Herrn Prof. Dr. Pfeiffer in Verbindung setzen? Es gibt etliche, die in der Statistik miterfasst  und somit ein Zeichen ihrerseits setzen wollen, die jedoch kein Vertrauen in die Aufklärungsarbeit des Bistum Trier haben. Betroffene, die z.B. weder eine finanzielle Anerkennung möchten, noch gewillt sind, sich erneut mit der katholischen Kirche auseinanderzusetzen.
3. Noch einmal meine Frage aus der letzten email: Wer ist für die Plausibilitätsprüfung eines Antrags zuständig? Der Missbrauchsbeauftragte eines Bistums vor Ort oder die Experten in Bonn?
So, das waren jetzt aber nun wirklich die allerwichtigsten Fragen meinerseits.
Liebe Grüße,
Claudia Adams"
Seitdem herrscht Funkstille. Mit dem letzten Sonderabgeordneten des Bistums Trier, der noch wenige Wochen zuvor von Bischof Ackermann gesandt wurde, mit dem Auftrag - so wörtlich - zu "sondieren" -, Das aufschlussreiche Protokoll dieses Sondierungsgespräches wird folgen. 

Fakt ist: Es wurde ein Zwischenbericht veröffentlicht und ebenso medienwirksam wie  glaubhaft versucht, eine Fülle von Angaben zu präsentieren, deren Daten die Verantwortlichen nachweislich in Erklärungsnot bringt.

Wenn dann noch der gewisse Herr Dr. Andreas Zimmer meint, vor wenigen Tagen behaupten zu müssen, die ebenso seiner Mitverantwortlichkeit unterliegende Arbeit der Fachgruppe zu Prävention sexuellen Missbrauchs als "nächsten Meilenstein"  für die Präventionsarbeit im Bistum Trier bezeichnen zu müssen, fragt man sich doch tatsächlich und berechtigterweise: "Wie bitte soll denn die Prävention überhaupt noch mit Glaubwürdigkeit in Verbindung gebracht werden?", nachdem die sensiblen Daten der Hotline bereits missbraucht wurden?

Der letzte Teil des Zwischenberichts bezieht sich auf die Fragen:  "Gibt es Hinweise zur Frage der Prävention?" (!!!)  und "GIbt es Hinweise zur Frage der Betreuung von Opfern?" (!!!). Wem es gelingt,  nicht länger den kausallogischen Zusammenhang dieser Fragen verstehen zu wollen und weiterliest, kann dann folgendes lesen: 

Entgegen der Behauptung  von Herrn Dr. Andreas Zimmer ("Wir haben uns bewusst für eine Opfer-Hotline entschieden. Es ist aus fachlicher Sicht notwendig, Angebote für Täter und Opfer klar zu trennen") , wurde die Hotline offensichtlich auch von der Täterseite genutzt. Und zwar mehrfach. Klasse! Und Opfer und Betroffene wunderten sich schon darüber, wieso die Hotline ständig besetzt war! 

Die Täterstragien entsprachen übrigens "den bisher bekannten." - Klasse, Herr Zimmer!  Allein, um dies festzustellen, hat sich die Schaltung der Hotline bereits gelohnt.  Lassen wir die Sektkorken doch gemeinsam knallen! 

Nur noch eine kleine Frage  am Rande: Wenn die Täterstrategien "den bisher bekannten" entsprachen, ließ man uns dann nicht ins offene Messer laufen?

Donnerstag, 27. Dezember 2012

Frauenmorde in Italien - Mit dem Segen der Kirche

Ein italienischer Priester rechtfertigt die häufigen Feminizide. Frauen seien selbst schuld, weil sie Männer provozierten und sich schlampig verhielten.

ROM taz | Am Weihnachtstag wurde Olga Ricchio, 51 Jahre alt, im ligurischen Lerici von ihrem Mann erschossen. Von einem Mann, der den Entschluss seiner Frau, sich von ihm zu trennen, mit Mord beantwortete. Es war das vorerst letzte Delikt in einer Kette von Bluttaten – von „Feminiziden“, wie es in Italien mittlerweile heißt –, die mit weit über 100 Opfern pro Jahr zur traurigen Routine geworden sind.
Zu einer Routine, auf die ein katholischer Priester aus dem ebenfalls in Ligurien gelegenen Nest Bordighera pünktlich zu Weihnachten mit einer zynischen Erklärung reagierte. Einen langen Brief hängte Don Piero Corsi ans Schwarze Brett vor der barocken Kirche. Der Titel: „Die Frauen und der Feminizid. Sie sollten gesunde Selbstkritik üben. Wie oft provozieren sie?“

Simpel ist die Argumentation: „Wie oft sehen wir Mädchen und Frauen auf der Straße, die provozierende und knapp geschnittene Kleidung tragen? Wie viele Seitensprünge erfolgen auf der Arbeit, im Fitness-Center oder im Kino? Sie könnten darauf verzichten. Sie provozieren die niedrigsten Instinkte. Dann kommt es zur Gewalt oder zum sexuellen Missbrauch.“

Überhaupt sind Frauen vor allem Schlampen.

„Sie verfallen der Arroganz und glauben, sich selbst zu genügen, und damit steigern sie die Spannungen. Kinder, die sich selbst überlassen werden, schmutzige Wohnungen, auf dem Esstisch nur Fastfood-Gerichte, die Kleider dreckig. Wenn eine Familie dann scheitert und es zum Verbrechen kommt, liegt die Verantwortung oft auf beiden Seiten.“
Die Frauen von Bordighera reagierten umgehend. Sie organisierten einen Boykott der Weihnachtsmesse und riefen für Freitag zu einem Sit-in gegen den Hetzpriester auf. Sein Pamphlet musste er noch Weihnachten auf Weisung des örtlichen Bischofs abnehmen, einsichtig ist Don Corsi nicht. 

Das Beichtgeheimnis ist die Verschwiegenheit des Geistlichen in Bezug auf alles, was ihm in der Beichte anvertraut wird. Sowohl in der evangelischen als auch in der katholischen Kirche ist es »unverletzlich«. Die Justiz akzeptiert die kirchenrechtliche Verschwiegenheitspflicht. Sowohl im Zivil- als im Strafprozess haben Geistliche ein Zeugnisverweigerungsrecht. Es besteht keine Anzeigepflicht bei geplanten Straftaten. (re)


Wenn jemand einen Mord beichtet: Das sagen Pfarrer aus unsere Region.

Ein Mörder beichtet einem Pfarrer seine Tat, der Geistliche schweigt. Ein »Tatort« am zweiten Weihnachtsfeiertag in der ARD hat genau dieses Dilemma thematisiert. Muss ein Pfarrer nach solch einer Mord-Beichte seine Informationen an die Polizei weitergeben? Wie sagen Geistliche aus unserer Region dazu? Wir fragten nach.

Die Regelung ist allerdings eindeutig: »Das Beichtgeheimnis kennt keine Ausnahmen«, sagte Stefan Muckel, Professor für Kirchenrecht an der Universität Köln, auf Anfrage. Grund hierfür ist der besondere Schutz der Beichte durch Kirchen- und Strafrecht.


Mittwoch, 26. Dezember 2012

Papst tauscht Chefermittler aus

Papst Benedikt XVI. hat einen neuen Chefermittler für Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche ernannt. Ein überraschender Schritt: Der bisherige Amtsinhaber Charles Scicluna galt als entschlossener Aufklärer. Der amerikanische Geistliche Robert Oliver übernimmt den Posten. Oliver arbeitete bislang für die Diözese in Boston im Osten der USA. Dort wurde im Jahr 2002 ein Skandal um pädophile Priester enthüllt, die von der Kirche gedeckt worden waren. Sie waren auch nach Beschuldigungen in Positionen eingesetzt wurden, in denen sie weitere Taten begehen konnten...

Das Kinderroulette in der katholischen Kirche geht weiter: Beispiel Mallorca - Einmal mehr sorgt ein Priester der katholischen Kirche für negative Schlagzeilen, weil er Kinder missbraucht hat.

"Das damals 11-Jahre alte Mädchen hatte die Aussage bis jetzt verweigert, da sie vom Pfarrer gezwungen worden sei nicht die Wahrheit zu sagen. Dem Priester wird weiterhin zur Last gelegt vor mehr als zehn Jahren zahlreiche minderjährige Mädchen auf Mallorca sexuell missbraucht zu haben.Bereits 1998 wurde gegen den pädophilen Priester der Pfarrkirche in Can Picafort von einem Katechismus-Schüler Anzeige erstattet. Dieser will den Kirchendiener im Pfarrhaus beim Missbrauch eines 10-jährigen Mädchens beobachtet haben.

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wurden jedoch später aus Mangel an Beweisen eingestellt. Nachdem damals auch die Führung des Bistums keine Notwendigkeit für ein Eingreifen sah, blieb der Priester zunächst weiterhin in Amt und Würden. In der Folgezeit soll sich der perverse Pfarrer immer wieder an Kindern vergriffen haben."

Montag, 24. Dezember 2012




Ich wünsche allen Opfern und Betroffenen die Kraft, nach vorne zu schauen.

Denjenigen unter uns, die diese emotional sehr anstrengenden Tage alleine verbringen, weil wir nicht anders können:  Wir sind nicht wirklich alleine.
 Denn wer im Herzen eines anderen ist, kann niemals alleine sein.

Den Betroffenen wünsche ich, dass Ihr nicht an Euch selbst zweifelt – dazu gibt es keinen Grund.

Den Angehörigen, die mit uns litten und weiterhin leiden werden, sage ich „Danke“.
 Danke, dass Ihr zu uns haltet, an uns glaubt, uns ertragt und uns mit Liebe begegnet – obwohl manche von uns sich nicht vorstellen können, dass wir es wert sein sollen, geliebt zu werden.

Den Elternteilen wünsche ich, dass Ihr wachsam bleibt und nicht Eure Augen verschließt vor dem, was jedem Eurer Kinder widerfahren kann.

Euren Kindern und Kindeskindern wünsche ich, dass sie niemals missbraucht werden.

Den wenigen Priestern, welche mich im letzten Jahr begleiteten, trösteten und mutig ihren Teil zur Aufklärung mancher Verbrechen im Bistum Trier beitrugen, sage ich ebenfalls 
–  und von ganzem Herzen – 
Danke.

Ich danke allen, die mich im letzten Jahr durch ihre Worte und Taten unterstützt haben. Jeder einzelne von Euch trug auf seine Weise dazu bei, dass ich nicht aufgegeben habe.





Freitag, 21. Dezember 2012

Stephan Kronenburg schreibt Leserbrief an den "Trierischen Volksfreund"






Zum Artikel "Erst Missbrauch, dann Vertuschung: Vorwürfe halten Pfarreien in Atem" (TV vom 6. Dezember) diese Meinung:

"Einer muss sich Mühe geben - der Leser oder der Redakteur. Der Leser will aber nicht." Das hat Wolf Schneider, der wohl bekannteste Ausbilder von Journalisten in Deutschland und Autor des Standardwerks "Die Überschrift", in seinen Seminaren immer wieder betont. Und zur Überschrift journalistischer Texte sagt er: "Sie ist die freundliche Botschaft: ‚Hier teile ich dir mal mit, was du lesen könntest.\'" Der Volksfreund teilt dem Leser mit, dass er in der Folge erfahren wird, dass es erst Missbrauch und dann Vertuschung gegeben hat und dass dies Pfarreien in Atem hält. Der Artikel von Katja Bernardy hält dann aber nicht, was er dem Leser in der Überschrift verspricht: Schon im Vorspann ist nur noch von "Missbrauchs- und Vertuschungsvorwürfen" die Rede, im weiteren Verlauf wird von "Beschuldigungen" und "Verdachtsfällen" gesprochen. Die "Vertuschung" entpuppt sich als Vorwurf und Zitat zweier Personen. Die Überschrift des Artikels bedient alle Klischees, die der katholischen Kirche gerade in den letzten beiden Jahren immer wieder übergestülpt wurden. Sicher gab es Fälle sexualisierter Gewalt durch Priester, und es gab in der Vergangenheit Vertuschung. Doch wie sieht das im Blick auf die Auseinandersetzungen im Umfeld des Kirchbauvereins St. Martin in Köllerbach aus? Der mutmaßliche Fall sexualisierter Gewalt, den der im Artikel genannte Pfarrer Ittmann zur Anzeige gebracht hat, ist komplex. Es kann weder - und das hat Offizial Dr. Holkenbrink auf der Pressekonferenz deutlich gemacht - mit letzter Klarheit festgestellt werden, ob es sich in diesem Fall überhaupt um sexualisierte Gewalt gehandelt hat noch ob die betroffene Person minderjährig oder erwachsen war. Und wie sieht es mit der "Vertuschung" aus, von der Frau Bernardy in der Überschrift (ohne Zitatzeichen oder Fragezeichen) spricht? Der Artikel liefert nicht einen einzigen Beleg für diesen massiven Vorwurf, nennt kein einziges Faktum, das den Begriff rechtfertigen würde. Und das, was der Offizial dazu gesagt hat und was er auch belegt hat, nämlich, dass es keine Vertuschung durch die Bistumsleitung und auch nicht durch den im Artikel genannten Pfarrer Leist gegeben hat, ignoriert Frau Bernardy einfach. Sie hat sich, um noch einmal Wolf Schneider zu zitieren, im besten Fall "keine Mühe gegeben", hat journalistisch schlecht gearbeitet und rennt Klischees hinterher, die auch dadurch nicht richtiger werden, dass man sie ständig wiederholt.

Dr. Stephan Kronenburg, Pressesprecher des Bistums Trier


Dienstag, 18. Dezember 2012

Top oder Flopp? - Die kath. Kirche und ihr Umgang mit sexuellem Missbrauch

Fast drei Jahre sollte es dauern, bis der Skandal um sexualisierte Gewalt von katholischen Priestern gegen Minderjährige dazu führte, dass die Kirche einen Missbrauchsbeauftragen berief: den Trier Bischof Ackermann. Und der muss sich fragen lassen, ob er sein eigenes Bistum dahingehend im Griff hat? Warum die Verfahren für die Opfer so quälend langsam verlaufen? Und ob die Konsequenzen wirklich ausreichend sind.

Von Christian Otterbach.

zum Audiobeitrag auf "sr-mediathek.de"



"Sie haben viel Zeit verstreichen lassen, die deutschen katholischen Bischöfe. Bald sind es drei Jahre, seitdem der Skandal um sexualisierte Gewalt von Priestern gegen Minderjährige die deutsche katholische Kirche erschütterte.

Und der Trierer Bischof Stephan Ackermann, der sogenannter "Missbrauchsbeauftragte" wurde. Ackermann hat sich damals getraut, den Job zu übernehmen, den von den Mitbrüdern offensichtlich niemand wollte. - Und hat seitdem mächtig Ärger am Hals.

Denn im Bistum des Missbrauchsbeauftragten wird natürlich genau hingeschaut. Sehr genau. Und da ist vor allem im saarländischen Teil viel ans Licht gekommen. Beschuldigte Priester in den Gemeinden Burbach und Gresaubach. Ermittlungen gegen den Pfarrer von Lebach. Ein verurteilter Täter, der in einer Hochwaldgemeinde als Priester eingesetzt war. Ein hässlicher Streit in Köllerbach mit Vertuschungsvorwürfen, Ermittlungen, Rechtsstreit.

Insgesamt für das Bistum Trier ein Flop und sehr unangenehm, denn Ackermann muss sich wirklich fragen lassen, ob er seinen Laden im Griff hat.

Bisher hat er ein deutliches Zeichen gesetzt: Ein Bistumspriester  wurde aus dem Priesterstand entlassen, weil er zwischen 1966 und 1980 fünf minderjährige Jungen missbraucht haben soll. Eines von insgesamt 17 Verfahren gegen Bistumspriester aus Trier kam damit zum Abschluss. - Alle anderen laufen noch.

Bei allem Verständnis für die langsamen Mühlen der kirchlichen Justiz - für die Opfer sind die ewigen Verfahrensdauern in der Kirche ein echter Flop.

Apropos lange dauern: Anfang des Jahres hatte der Bischof Betroffene und auch kirchliche Mitarbeiter, die gegen das eher gemächliche Aufklärungstempo der Bischofskonferenz protestiert hatten, nach Trier zu einem Gespräch geladen. Was top begann, droht doch wieder zum Flop zu werden, da das zweite Gespräch zwar versprochen wurde, bislang aber noch nicht einmal terminiert ist.

Da sind noch so viele Fragen offen, es muss einfach noch mal drüber geredet werden. Bald, Herr Bischof!

Vielleicht noch vor der Frühjahrsvollversammlung der deutschen Bischofskonferenz im Februar in Trier.

Denn da könnte und sollte die Riege der deutschen Oberhirten sich endlich der Sache annehmen, die so vielen Opfern und auch kirchlichen Mitarbeitern unter den  Nägeln brennt: Die Überarbeitung der bischöflichen Leitlinien, wie mit überführten oder geständigen Missbrauchstätern umzugehen ist.

In diesen Leitlinien steht immer noch drin, dass die Priester nicht mehr in der Kinder und Jugendarbeit eingesetzt werden dürfen. -  In der Seelsorge allgemein aber schon.

Die Kirche begründet das damit, dass die Männer dann nach wie vor unter Aufsicht sind, aus präventiven Gesichtspunkten durchaus wichtig und richtig. Das führt aber gleichzeitig dazu, dass es immer wieder Berichte über ehemalige Straftäter gibt, die als Seelsorger in Altenheimen, Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen tätig sind.

Ein massives Glaubwürdigkeitsproblem für die Kirche. Niemand verlangt, dass reuige oder geständige ehemalige Täter bei Wasser und Brot eingesperrt werden. Aber die einfache Änderung der Leitlinien: „Die betreffende Person wird nicht in der Seelsorge im kirchlichen Bereich eingesetzt.“, die würde wohl vielen helfen."

"Kein Anschluss mehr unter dieser Nummer" - Missbrauchsbeauftragter Bischof Ackermann lässt Hotline für Opfer und Betroffene abschalten

Die Telefon-Hotline der katholischen Kirche für Missbrauchsopfer wird Ende Dezember nach knapp zwei Jahren abgeschaltet. Das teilte die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) am Dienstag mit. Der Grund: Die Zahl der Anrufe sei mittlerweile stark gesunken.

Montag, 17. Dezember 2012

"Wurde der Umgang der Kirchenleitungen mit den Sexualstraftätern in den eigenen Reihen nicht untersucht?"


Anmerkungen zur Studie „Sexuelle Übergriffe durch katholische Geistliche in Deutschland – Eine Analyse forensischer Gutachten 2000-2010“und deren medialer Darstellung  

Die Studie wurde von  Prof. Dr. med. Norbert Leygraf (Universität Duisburg-Essen, Projektleiter) in Kooperation mit Prof. Dr. med. Hans-Ludwig Kröber (Charité - Universitätsmedizin Berlin) und Prof. Dr. med. Friedemann Pfäfflin (Universitätsklinikum Ulm) erstellt.1

I. Der Forschungsauftrag

Der Auftrag für die Studie wurde im Sommer 2011 vorgestellt. Er sollte eine bundesweite Vollerhebung der sexuellen Übergriffe durch kath. Geistliche aus Bistümern und Orden umfassen, für die psychiatrische oder psycholog. Gutachten vorliegen. Ca 75 Gutachten lagen bereits im Sommer 2011 vor. Prof. Leygraf meinte dazu:  „Es ist davon auszugehen, dass in einer größeren Zahl an Fälle sich weitere Gutachten in den Personalakten befinden. Zum einen dürften nicht alleine die drei oben genannten Sachverständigen mit der Begutachtung beauftragt worden sein, zum anderen sind auch im Rahmen der jeweiligen Strafverfahren Begutachtungen erfolgt.“2 Nun sind zu den im Sommer 2011 bereits vorhanden ca 75 Gutachten noch weitere 3 (!) verwertbare (und 15 nicht verwertbare) Gutachten aus der sog. Vollerhebung in Bistümern hinzugekommen.3 Ob auch Gutachten von Missbrauchstätern aus den Orden vorliegen, ist der Foliendarstellung nicht zu entnehmen. 22% der Bistümer steuerten keine Gutachten bei. Die „Forschung“ bezog sich also auf die 75 eigenen Gutachten der Forscher und 3 weitere, deren Urheberschaft unbekannt ist. D.h. die Gutachter haben zu 96% ihre eigenen Gutachten ausgewertet. Wer schon mal eigene Texte auf Rechtschreibfehler hin durchgesehen hat, weiß, wie schwer es ist, die eigenen Fehler zu finden. Forscher müssten das wissen.

Ausgewählt wurden die Gutachten von den Personalreferenten der Bistümer (und Orden?).4 Nachdem bekannt wurde, dass Täter geschützt wurden und die Bischöfe und Personalverantwortlichen dies wussten und/oder am Täterschutz beteiligt waren, ist es eine Frage des Vertrauens: Können wir von den bisherigen Täterschützern erwarten, dass sie den Forschern ihre Unterlagen tatsächlich zur Verfügung stellten? Dass nur 3 Gutachten neu hinzukamen, spricht dafür, dass wir diese Frage verneinen müssen. Es spricht nicht für Transparenz.

Im Forschungsauftrag hatte es geheißen, dass der kirchliche Umgang mit den Beschuldigten erfasst werden solle. Davon ist in Prof. Leygrafs Vorstellung der Ergebnisse nichts zu finden. Wurde der Umgang der Kirchenleitungen mit den Sexualstraftätern in den eigenen Reihen nicht untersucht?

(...)



Freitag, 14. Dezember 2012

„Das Missbrauchs-Gutachten kann und darf keine Entwarnung für die Kirche sein!“


Pressemitteilung München / Trier, 14. Dezember 2012


Wir sind Kirche zur Studie „Sexuelle Übergriffe durch katholische Geistliche in Deutschland“



Die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche warnt eindringlich davor, die am 7. Dezember 2012 in Trier vom Missbrauchsbeauftragten der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Stefan Ackermann, vorgestellten Ergebnisse der von Prof. Dr. Norbert Leygraf geleiteten Studie als Entwarnung für die Kirche zu interpretieren.


Der inhaltlich sehr eingeschränkte Ansatz dieser Meta-Studie konzentriert sich lediglich auf die Täter und ignoriert völlig die psychischen Auswirkungen auf die viel zahlreicheren Opfer. Vor allem entbehrt er einer Analyse des Versagens der Bistumsleitungen bis in die allerjüngste Zeit. Dem weltweiten immensen Vertrauens- und Glaubwürdigkeitsverlust der römisch-katholische Kirche werden die statistischen Auswertungen (à la Kinsey-Report) und ihre Interpretationen in keiner Weise gerecht und können somit auch nicht die von Bischof Ackermann gewünschte „neue Qualität in der Debatte um den Umgang mit Tätern im kirchlichen Bereich“ erbringen. Statt sich auf die einzelnen Täter zu konzentrieren, müssten die begünstigenden Kirchenstrukturen der römisch-katholischen Kirche (klerikaler Machtmissbrauch, Verständnis von Sexualität, Priesterausbildung und -auswahl sowie das Fehlverhalten der Ordinariate) kritisch überprüft werden.



Nach Auffassung der KirchenVolksBewegung, die zwischen Sommer 2002 und Ende 2011 mit einem eigenen Not-Telefon mehr als 400 Betroffene beraten und begleitet hat, werfen die bislang veröffentlichten Ergebnisse dieser Studie mehr neue Fragen auf, als dass sie Fragen beantworten.


  • Wie repräsentativ kann eine Untersuchung sein, die nur die vergleichsweise geringe Zahl von 78 Tätern umfasst und deren Vorauswahl von den Bistümern getroffen wurde? Warum waren nur 21 der 27 deutschen Bistümer bereit, sich an der Studie von Prof. Dr. Leygraf zu beteiligen? Wie sieht es mit den Ordensgemeinschaften aus? Der Stillstand der vor mehr als einem Jahr von der Bischofskonferenz mit dem Hannoverschen Kriminologen Prof. Dr. Christian Pfeiffer vereinbarten Untersuchung lässt vermuten, dass es kirchlicherseits kein wirkliches Interesse gibt, die Gesamtzahlen über die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche in Deutschland umfassend zu ermitteln.
  • Wie realistisch ist die in der Studie vertretene Schutz-These – des Missbrauchs verdächtige Geistliche, die weiter in der Kirche blieben, könnten durch ein soziales Kontrollnetzwerk vor Rückfällen geschützt werden – angesichts des fahrlässigen, fehlerhaften und hilflosen Umgangs der Bistumsleitungen in jüngster Zeit in Hildesheim und auch in Trier, dem Bistum von Bischof Dr. Ackermann?
  • Bischof Dr. Ackermann, der im Januar 2012 eine gravierende Fehlhandlung eingestehen musste, und alle anderen Bischöfe müssen sich fragen lassen, wie glaubwürdig Sie sich für die von sexualisierter Gewalt Betroffenen einsetzen können, da Sie gleichzeitig Dienstvorgesetzte der klerikalen Täter sind. Auf diesen unvermeidbaren Interessenkonflikt hat die KirchenVolksBewegung von Anfang an hingewiesen und fordert weiterhin unabhängige Ombudsstellen.
  • Wurde sichergestellt, dass eine klare Trennung zwischen den ursprünglichen Therapeuten der Täter und den Bearbeitern diese Meta-Studie vorgenommen wurde?
  • Warum wird in dieser Studie und durch die Bischöfe immer noch derverharmlosende Begriff „sexueller Missbrauch“ verwendet, der in der Fachwelt seit Langem obsolet ist. Richtigerweise muss von „sexueller Misshandlung“ oder „sexualisierter Gewalt“ gesprochen werden.

Die von Prof. Dr. Norbert Leygraf im Auftrag der deutschen Bischöfe geleitete Analyse forensischer Gutachten der Jahre 2000 bis 2010 scheint das Ziel zu haben,die sehr komplexe Problematik kleinzureden und das Problem kleinzurechnen. Anhand der Gutachten-Analyse von nur 78 Tätern kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass es innerhalb der katholischen Geistlichen nicht mehr psychiatrische Störungen und sexuell abweichende Präferenzen als in der männlichen Gesamtbevölkerung gibt. Die weitaus meisten sexuellen Übergriffe von Priestern geschähen aus Gründen, die sich „dem normalpsychologischen Bereich zuordnen lassen und nur in wenigen Fällen Folge einer spezifischen Psychopathologie waren“. Nur die wenigsten katholischen Priester, die sich sexuell an Minderjährigen vergehen, seien im klinischen Sinn pädophil. 

Übrigens: Auch die Glaubenskongregation, der Kardinal Ratzinger 2001 die Zuständigkeit für schwere kirchenrechtliche Vergehen zugewiesen hat, hatte im März 2010 mit weltweiten Zahlenangaben von nur 300 Fällen von Pädophilie „im eigentlichen Sinne“ argumentiert, dass „das Phänomen nicht so verbreitet sei, wie einige glauben machen wollen“. Doch allein schon die Zahlen aus den USA und Irland ließen damals die vatikanischen Angaben wenig glaubhaft erscheinen. 


Dass für mehr als vier Fünftel der 78 untersuchten Geistlichen ein weiterer Gemeinde-Einsatz der Priester eingeschränkt oder ohne Bedenken empfohlen war,wirft die dringende Frage auf, ob die im August 2010 von der DBK überarbeiteten Leitlinien der von Papst Benedikt XVI. geforderten Null-Toleranz-Politik gegenüber straffällig gewordenen Priestern entsprechen. Den überarbeiteten deutschen Leitlinien nach – die übrigens, anders als Bischof Dr. Ackermann ausführte, für den einzelnen Bischof nicht verbindlich sind – sollen straffällig gewordene Personen nicht mehr in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen eingesetzt werden (Punkt 42), dürfen aber ansonsten unter gewissen Voraussetzungen (Punkt 43 bis 47) weiterhin als Priester in der Seelsorge arbeiten. 

Wie die Erfahrungen der Vergangenheit zeigen, haben sich angesichts der Täterprofile auch „Auflagen“ und Kontrollen der Dienstvorgesetzten oft nicht als wirksam erwiesen, sondern Kinder und Jugendliche großen Gefährdungen ausgesetzt. Wir sind Kirche unterstützt die Forderung nach einer unabhängigen Kommission zur Aufdeckung sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirche und nach einer Melde- und Anzeigepflicht bei sexueller Gewalt und damit eine Überprüfung der Vorwürfe durch staatliche Stellen. Darüber hinaus fordert Wir sind Kirche wie viele andere die Aufhebung der Verjährungspflicht, da Opfer oft erst nach Jahrzehnten ihr Schweigen brechen können.


Wir sind Kirche erneuert auch die seit Langem vorgetragene Forderung, ehemalige Täter nicht nur aus der Kinder- und Jugendseelsorge, sondern aus jeglicher sakramentaler und seelsorglicher Tätigkeit abzuziehen, auch aus Krankenhäusern, Alteneinrichtungen und Justizvollzugsanstalten usw. Denn wenn dort jemand in einer Lebensbeichte auf das Thema sexualisierte Gewalt zu sprechen kommt, sind diese Priester, die ihre priesterliche Vertrauensstellung missbraucht haben, die denkbar ungeeigneten Ansprechpartner.



Leider mehren sich die Zeichen, dass die im Jahr 2010 auf dem Höhepunkt der Aufdeckung jahrzehntelanger Vertuschung sexualisierter Gewalt eingeleiteten Maßnahmen schon wieder zurückgefahren werden. Die von der Bischofskonferenz im Jahr 2010 eingerichtete bundesweite Telefon-Hotline „Hilfe für Opfer sexuellen Missbrauchs“ wird zum Jahresende 2012 eingestellt mit dem Argument, dass es jetzt Beauftragte in den einzelnen Diözesen und bei den Ordensgemeinschaften gibt. Doch es ist nicht hinnehmbar, dass in einzelnen Diözesen immer noch Mitglieder der Bistumsleitung als Ansprechpersonen für Betroffene angegeben werden.

(...)


Mittwoch, 12. Dezember 2012

"Welche Diözesen sich geweigert haben, ist nicht mal dem kirchlichen Missbrauchsbeauftragten Stephan Ackermann bekannt."


21 der 27 deutschen Bistümer haben sich an der Studie beteiligt. Welche Diözesen sich geweigert haben, ist nicht mal dem kirchlichen Missbrauchsbeauftragten Stephan Ackermann bekannt. "

Bei etwa der Hälfte der begutachteten katholischen Priester gibt es nach Meinung der Experten keine Bedenken gegen einen weiteren Einsatz in der Seelsorge. Eingeschränkt einsetzbar seien 39 Prozent, abgeraten wird bei 15 Prozent der Geistlichen. "Ich muss auch die Frage der Akzeptanz bei den Gläubigen im Blick haben", kommentierte dies der Trierer Bischof.

Selbst wenn ein Gutachter grünes Licht gebe, werde er keinen auffällig gewordenen Priester mehr in der Kinder- und Jugendarbeit einsetzen, sagte Stephan Ackermann.

Leygraf: "Schwerer sexueller Missbrauch an Kindern, also Handlungen, die mit dem Einführen des Genitals in den Körper des anderen einhergingen, lagen nicht vor."





Quelle: Präsentation von Professor Dr. Norbert Leygraf bei der Pressekonferenz zur Vorstellung der Ergebnisse der Analyse forensisch-psychiatrischer Gutachten 2000-2010

Dienstag, 11. Dezember 2012

Norbert Leygraf im Interview


Katholische Priester haben auch in Deutschland Kinder und Jugendliche sexuell missbraucht. In einer Studie haben Psychiater unter Leitung von Norbert Leygraf untersucht, warum die Täter diese Übergriffe begangen haben.
Deutsche Welle: Herr Leygraf, können Sie die Ergebnisse Ihrer Analyse kurz zusammenfassen?
Prof. Dr. Norbert Leygraf: Untersucht haben wir insgesamt 78 Gutachten über Priester, denen sexuelle Übergriffe vorgeworfen worden waren. 50 Priester hatten Handlungen mit Körperkontakt begangen, das war oft Streicheln des Körpers, auch der Geschlechtsteile. Zwölf Priester hatten Internetpornografie konsumiert, sie hatten keinen direkten Kontakt zu Kindern. Wesentliches Ergebnis der Untersuchung war, dass eine spezielle Störung im Bereich der Sexualität, also das, was man in der Psychiatrie eine Pädophilie nennt, nur in Ausnahmefällen vorlag. Die Ursachen für diese Taten waren oft eher berufliche Krisen, Gefühle der Einsamkeit, soziale Isolation oder eine Nähe-Distanz-Problematik. 
Ist das ein überraschendes Ergebnis für Sie?
Der psychiatrische Gutachter Norbert Leygraf (Foto:dpa/lno)Norbert Leygraf
Nein, ich habe in den letzten Jahren selbst schon viele Gutachten über Priester angefertigt. Ich möchte die Übergriffe nicht verharmlosen. Doch im Vergleich zu dem, was man sonst im Bereich von sexuellen Missbrauchshandlungen z. B. an Kindern findet, waren es vergleichsweise geringfügige Delikte. Wenn diese Delikte strafrechtlich relevant waren, dann waren es sogenannte Fälle des einfachen sexuellen Missbrauchs. Schwerer sexueller Missbrauch an Kindern, also Handlungen, die mit dem Einführen des Genitals in den Körper des anderen einhergingen, lagen nicht vor.
Sie sagten, die Priester seien in den seltensten Fällen pädophil, trotzdem werden in den Gutachten zum größten Teil Übergriffe auf Kinder und Jugendliche beschrieben. Wie passt das zusammen?
Nicht jeder, der sich an Kindern und Jugendlichen vergreift, muss deshalb eine pädophile oder pädosexuelle Orientierung haben. Auch im Bereich der Normalkriminalität ist es so, dass die pädophilen Täter nur etwa 30 bis 40 Prozent derjenigen ausmachen, die sich dann auch an Kindern und Jugendlichen vergreifen. Es ist vor allem auch ein Problem von Nähe. Die Priester hatten nun einmal einen sehr engen Kontakt zu Messdienern, Jugendführern und ähnlichen. Da hat die Gelegenheit es eben ergeben, dass sexuelle Übergriffe stattfanden.
Ist das System dann das Problem?
Nein. Wenn das System das Problem wäre, dann wären solche Taten sehr viel häufiger als man bisher weiß. Wenn man die Meldungen der letzten Jahre zusammennimmt und vergleicht mit der Zahl der Priester, dann haben Priester eigentlich weniger solcher Handlungen begangen als die Männer in der Allgemeinbevölkerung.
Reden wir über die Rückfälligkeitsquote. Wie bewerten Sie, ob Priester weiter in den Gemeinden arbeiten dürfen oder nicht?
Wenn es eine pädosexuelle Orientierung gibt, ist es vorbei. Dann kann man so jemanden nicht mehr in der Kirche arbeiten lassen. Auch dort muss man aber sehen, dass man für ihn sorgen muss. Wenn er völlig ins Bodenlose fällt, ist die Rückfallgefahr viel größer. Deshalb sollte man ihn in einem System halten, wo er unterstützt und kontrolliert wird. Bei vielen Priestern lagen die Übergriffe teils schon Jahrzehnte zurück, als sie in speziellen Krisensituationen steckten. Danach gab es dann oft keine Übergriffe mehr. Aus prognostischen Gründen kann man dann nicht sagen, dass sie nicht mehr in der Kirche arbeiten dürften.
Wie viele der betroffenen Priester sollen denn demnach in der Kirche weiterarbeiten, und wie viele nicht?
In 47 Prozent der Fälle hatten wir überhaupt keine Bedenken. In 37 Prozent der Fälle waren wir für eine Einschränkung. Das heißt, man könnte diese Priester zum Beispiel noch in Altenheimen oder Krankenhäusern einsetzen. Bei 15 Prozent waren wir der Meinung, dass es aus prognostischer Sicht viel zu riskant wäre, sie wieder einzusetzen.

(...)



Montag, 10. Dezember 2012

Kommentare zur Leygraf-Studie: "35 unschuldige Priester sind gestolpert und fanden plötzlich ihr Glied entblößt..."




  • Angesichts der Vorgänge in seinem eigenen Bistum in den letzten zwei, drei Jahren, wo diejenigen, die auf sexualisierte Gewalt hingewiesen haben, strafversetzt/sanktioniert wurden und versucht wurde, die Angelegenheit unter den Tisch zu kehren, sollte Bischof Ackermann etwas zurückhaltender sein mit dem Begriff "transparente Missbrauchsaufarbeitung". Täter dürfen nicht mehr in den Gemeinden eingesetzt werden, ohne Ausnahme.
  • Welchen Wert hat eine Studie, die sich die katholische Kirche über sich selbst hat erstellen lassen?
  • Ich erwarte von einem Geistlichen, dass er weniger anfällig ist als der Bevölkerungsschnitt. Er sich dafür ausbilden lassen, sich im Besonderen um mühselige und beladene Menschen zu kümmern. Um diese Aufgabe erfüllen zu können, muss er eine gefestigte Persönlichkeit sein. Wer diesen Anforderungen nicht genügt, muss umgehend seines Amtes enthoben werden. Kriminelle Geistliche haben uns gerade noch gefehlt.
  • Im kirchlichen Kontext wird der Besitz und die Verbreitung von Kinderpornografie auf "Hanni- und Nannifilme" ansehen reduziert. Der Gipfel der Studie: Prof. Leygraf meint doch tatsächlich, dass die in einer Gemeinde verbleibenden Priester einer sozialen Kontrolle unterworfen sind, und auf Unterstützungsnetzwerke zurückgreifen können. Das ist vollkommen an der Realität vorbei. Im Schnitt haben die untersuchten Täter 4 i.d.R. Kinder und Jugendliche missbraucht. Im Einzelfall 21 Opfer. Wo war da die soziale Kontrolle?Und übrigens: Die Studie hat bestehende Gutachten ausgewertet, nicht selbst erstellt. Man schaue sich mal an, wer die Ausgangsgutachten für die Kirche erstellt hat, und wieso hier fast Niemanden eine pädophile Neigung bescheinigt wurde. 88% des Tatumfeldes ist die Kirchengemeinde vor Ort (Sakristei, Kinder-und Jugendfreizeit, etc.) sind das verwertbare Erkenntnisse?
  • Der ist nicht böse, der will nur spielen:  Eine nicht repräsentative Studie, die von insgesamt 21 der 27 Bistümer mitgetragen wurde. Und die anderen 6? Fertig aufgeklärt, alle schon entdeckt, bestraft, weiterversetzt?
  • Fazit: Die Kirchlichen Missbraucher unterscheiden sich nicht von den "weltlichen" - doch! An einem Punkt: der nennt sich spiritueller Auftrag. Das haben die DBK und ihr "Chefaufklärer" Ackermann wohl vergessen.
  • Hände der Unschuld: Vor einigen Wochen habe ich einen langjährigen Kollegen verloren, der seine Kindheit im berüchtigtem Kloster Ettal verbringen musste. Er hinterließ drei Kinder und seine Frau. Er selber soll erzählt haben, dass von den vier Freunden, die sie auf der Schule waren, drei Selbstmord begingen, weil sie die Erinnerungen nicht mehr ertragen konnten. Von einem weiteren Kollegen wird zitiert, daß ein Geistlicher des selben Internats die Angewohnheit hatte, den Kindern im Vorbeigehen in den Schritt zu fassen und als er sich bei der Schulleitung beschweren wollte, ihm bedeutet wurde, den Mund zu halten, sonst würde er von der Schule fliegen. Das passierte weit weg von dem Ort wo ich lebe und arbeite, aber ich habe nicht den Eindruck, dass es sich hier um ein Randproblem handelt. Es erscheint mir vielmehr so, als wäre hier der Wunsch der Vater des Gedankens und die Katholische Kirche versuche mit allen Mitteln ihre Hände in Unschuld zu waschen. Vor diesem Hintergrund scheint die ganze Menschenverachtung durch, die offenbar hinter diesem Gutachten und den skandalösen Entschädigungszahlungen steht. Hat sich die Kirche wirklich einmal allen Ernstes mit den menschlichen und gesellschaftlichen Folgen der Pädokriminalität auseinander gesetzt, die sich über Jahrzehnte unter ihren Dächern austoben konnte ? Das wäre mal ein Ansatz für ein Gutachten!
  • Wenn die "Gutachter" schon aus ihren dürftigen, nicht repräsentativen, erklärungsbedürftigen Zahlen wilde Schlüsse ziehen, dann mache ich gerne munter weiter:
    • 6 von 27 Bistümer reichten keine Akten ein, weil sich dort die Fälle häuften
    • Der Missbrauch durch Priester zwischen 1960 und 1990 hat dazu geführt, dass Missbrauch in der Gesellschaft inzwischen so verbreitet ist wie unter Priestern
    • 35 unschuldige Priester sind gestolpert und fanden plötzlich ihr Glied entblößt
    • 30 homo- und bisexuelle Priester (das untersucht man übrigens mit dem E-Meter) bilden die absolute Mehrheit der Schuldigen, die Ursache ist also gefunden. Studie erfolgreich.
  • Prof. Leygraf ist schon seit mindestens 10 Jahren für die katholische Kirche als Gutachter aktiv. Seit 2003 beurteilt er - vermutlich nicht unentgeltlich - auffällig gewordene Priester für die katholische Kirche. Also schon lange bevor die grossen Missbrauchsskandale ans Licht gekommen sind. Es besteht ein sehr enges Verhältnis zwischen Leygraf und der katholischen Kirche, und wirklich unabhängige Gutachter sehen anders aus! Unabhängig davon kommt es darauf an, wie man ein Forschungsergebnis interpretiert. Wenn es stimmt, dass es keinen kausalen Zusammenhang zwischen Zölibat und sexuellem Missbrauch gibt, dann stellt sich doch umso drängender die Frage, was an den STRUKTUREN der katholischen Kirche falsch ist, die dieses Ausmaß an Missbrauchsfällen möglich macht. Eine Antwort hierauf suchen wir vergeblich.
  • Herr Leygraf ist nicht der einzige Verfasser der Studie, sondern war nur deren Leiter. "Die Deutsche Bischofskonferenz hat die Untersuchung bei vier Psychiatern in Auftrag gegeben - dem bekannten Essener Gerichtspsychiater Norbert Leygraf und seinen renommierten Kollegen Hans-Ludwig Kröber, Friedemann Pfäfflin und Andrej König." Prof. Kröber und Prof. Pfäfflin sind zwei der Gutachter, die dem wegen in der bayerischen Forensik sitzenden Gustl Mollath bescheinigten, an einem Wahnsystem wegen des Vorwurfs der Schwarzgeldhinterziehung an die Hypo-Vereinsbank zu leiden. Mittlerweile haben sich jedoch diese "Wahnvorstellungen" als sehr real herausgestellt. Die Menschenrechtsbeauftragte der bayerischen Ärztekammer schrieb deshalb kürzlich an die bayerische Justizministerin einen Brief, in dem sie sagte, es müsse geprüft werden, ob es sich bei diesen Gutachten im Fall Mollath um Gefälligkeitsgutachten gehandelt habe.
  • Auch sollte nun klar sein, wes Geistes Kind die sogenannten Gutachter sind und in welchem Licht die "unabhängige" Studie zu betrachten ist.Das einzige was mich in der Tat wundert, ist,  mit welch´ unverblümter Dreistigkeit hier noch von Unabhängigkeit gesprochen wird!
  • Welch ein Trost, dass „Pädophilie kein Priesterproblem“ ist. “Nur“ ca 20% aller Täter sind sog. Pädophile (im Sinne einer nicht therapierbarer, umkehrbarer Neigung); bei den anderen spricht man von dysfunktionaler Sexualität. Ob für das eigentliche Opfer diese Unterscheidung eine Bedeutung hat, wage ich zu bezweifeln!
  • „Anfällig“ für Pädophilie: ... lustige Formulierung: Impliziert, dass die Pädophilie jemanden anfällt, überfällt - dass dieser Jemand gegen solche An- und Überfälle im Grunde gar nichts machen kann, dass er also selbst ein Opfer ist und kein Täter. Aber zwischen der sexuellen Orientierung eines Menschen und einer konkreten Straftat des Kindesmissbrauchs besteht ein gewaltiger Unterschied!
  • Mag sein, dass es im Schnitt denselben Prozentsatz Pädophiler bei Priestern gibt wie bei allen anderen Männern. Viel wichtiger wäre: Haben in der Kirche mehr dieser Pädophiler tatsächlich Kinder missbraucht als alle anderen Pädophilen? Existieren in der Kirche Strukturen, die solche Straftaten begünstigen?
  • Ich würde meinen, dass Männer in gefestigten und geordneten Partnerschaften eher weniger pädophile Neigungen haben oder wenigstens weniger Interesse, diese auszuleben, als einsame, überforderte Männer mit ungeordnetem Sexualhaushalt ... egal, ob diese nun bei der Kirche beschäftigt sind oder bei der Deutschen Bank. Nein, ganz egal ist das doch nicht - bei der Kirche kommt man wesentlich leichter an sein "Objekt der Begierde" ran.
  • Der Zölibat und das Ministrantentum sind aus meiner Sicht durchaus zwei strukturelle Weichen, die den Kindesmissbrauch begünstigen.
  • Augenwischerei, da will man uns für dumm verkaufen.
  • Diese Untersuchung stellt nur fest, was schon bei geringem Aufwand an logischem Denken von vornherein evident ist und verkauft uns das als Beruhigungspille. Nicht den Prozentsatz von Pädophilen gilt es zu untersuchen, sondern den Prozentsatz von Straftaten! 
  • Man nimmt eine Position ein, in der es um die Verkündigung des Glaubens an den christlichen Gott geht. Man nimmt eine Position ein, in welcher moralische Werte eine hohe Rolle spielen. Das ist eine besondere Verantwortung. Deshalb sollten Pastoren auch zwar nicht ,,über den Wolken schweben", aber sie sollten doch ein höheres Maß an moralischem Niveau und Selbstkontrolle haben, definitiv. Dazu zählt auch KEIN sexueller Missbrauch von Minderjährigen! Und ein kleiner Tipp, verehrte, katholische Kirche: Was den meisten Menschen besonders auf die Nerven gegangen sein dürfte, war nicht die Tatsache, dass Missbrauch geschehen ist. Die Taten an sich können allerdings überall vorkommen. Entscheidend war der unsägliche Versuch der katholischen Kirche und wichtiger Würdenträger, diese Probleme unter den Teppich zu kehren, alles zu verneinen, ja sogar so zu tun, als sei die kath. Kirche Opfer unfairer Anschuldigungen. Dieser Korps-Geist war und ist unerträglich. Wenn jemand Kindesmissbrauch begangen hat, dann ist das ein Verbrechen und dann ist das eine Sache des (weltlichen) Gerichtes. Es kann nicht angehen, dass man die Täter dann einfach an eine andere Stelle verschiebt und ein kleines Schweigegeld an die Opfer zahlt. Die katholische Kirche sollte sich definitiv überlegen, was Inhalte wie ,,Demut, Selbstkritik, Moral" eigentlich bedeuten, wenn sie heute noch den Glauben an Gott verkünden will.
  • 1. Wie schon erwähnt, sind die Ersteller der Studie gleichzeitig als langjährige Gutachter bzgl. Priester für die RKK tätig und zuständig gewesen. Man begutachtet also z.T. die eigene Gutachtertätigkeit.     2. Meines Erachtens wird das Pferd von hinten aufgezäumt: Eigentlich war eine Tiefenuntersuchung der Personalakten aller 27 Diözesen (und 9 dabei seit den 60er Jahren) durch das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen (Prof. Pfeiffer) für die nächsten 2 Jahre geplant gewesen, um Hinweise in den Akten auf weitere klerikale Misshandlungen zu finden. Diese Untersuchung liegt auf Eis – der Widerstand kam vom Netzwerk katholischer Priester, welche auch im kreuz.net sehr aktiv dagegen gewettert und eine noch anhängige vatikanische Eingabe gemacht hatte. Das heißt: hier wird nur über wenige bekanntgewordene Verbrechen, bei denen gleichzeitig eine Begutachtung erfolgte, eine Aussage getroffen.Über X Täter wurde also anscheinend keine forensischen Gutachten erstellt, wie die folgenden Zahlen zeigen.                                                                                                                3. Schaut man sich nun diesen Überblick über die Missbrauchsfälle in Diözesen und Orden - soweit sie von der Kirche oder der Presse öffentlich gemacht wurden an, entdeckt man „In Bistümern und Orden wird von ca 1009 Tätern und auch Täterinnen und mehr als 2273 Opfern berichtet“ Stand 2012.
  • In der Pädophilie sollte gerade die Kirche treu dem Muster folgen: Der Schnitt ist für mich kein Maßstab.Mir kommt es vor als wollten sich die Kirche mit einer solchen Studie rein waschen.Mein Tipp: Damit sie Innen und nach Außen bald wieder ganz sauber sind, sollten sie am besten Weihwasser verwenden. Nicht zu fassen.
  • Stellen wir uns vor, 78 Lehrer wären des sexuellen Missbrauchs überführt.15 von ihnen werden aus dem Schuldienst entlassen. Ca. 30 dürfen weiter Kinder unterrichten. Der Rest darf weiter in der Bildung bleiben aber nicht mehr direkt mit Kindern arbeiten. Da käme dann Schulrat oder Schulverwaltung infrage. 
  • Fazit: Den Vertretern dieser katholischen Kirche ist nicht  nicht mehr zu helfen - es ist geschafft, dass nicht sein kann, was nicht sein darf: der Zölibat ist's nicht. - Dann wird es wohl so weitergehen: Priester, die ihnen anvertraute Kinder schamlos missbrauchen, werden nicht der staatlichen Gerichtsbarkeit übergeben, sie werden in Watte gepackt; Priester, die solche Fälle aufdecken, werden jedoch mit aller Härte aus Rom übergossen. - Frauen haben im Priesterinnenamt auch weiterhin nichts zu suchen. - Das Jesuskind in der Krippe ist überall in der Schöpfung auf Erden besser aufgehoben als im Vatikan!
  • Zum Glück begegnen viele der Studie mit Misstrauen. Meine Kritik daran ist: eine Studie, die derart willkürlich zustande kommt (Bistümer senden Gutachten ein, die sie selbst ausgewählt haben) und eine derart niedrige Fallzahl umfasst (ursprünglich 93 Fälle, 15 galten aus nicht genannten Gründen als nicht verwertbar, also am Ende 78 Fälle) ist aus meiner Sicht per se nicht seriös.Die Verfasser der Studie hätten es ablehnen müssen,anhand einer so niedrigen Fallzahl eine Studie zu erstellen, die dann allgemeine Aussagen über sämtliche pädokriminelle Täter in der Katholischen Kirche ableitet.Dass "renommierte Fachleute" wie Prof. Leygraf, Prof. Pfäfflin und Prof. Kröber sich für so etwas hergeben, finde ich äußerst bedenklich und es lässt tief blicken, was das Wissenschaftsverständnis der Genannten betrifft.
  • Gutachter seit 2002. - Noch im letzten Jahr war zumindest Domkapitular Bongartz  nicht von den Gutachten überzeugt: „Die deutsche Bischofkonferenz hat 2002 vier der besten Forensiker benannt, um die Kirche zu beraten und Gutachten zu erstellen. Heute sagen wir, dass diese Gutachten wahrscheinlich nicht in der Weise helfen, wie wir ihnen damals vertraut haben.“
  • Man beachte auch in dem Zusammenhang die Definition der RKK für Pädophile laut John Jay College of Criminal Justice :„Für diesen Vergleich wird ein Pädophiler definiert als ein Priester, der mehr als ein Opfer gehabt hat, wobei alle Opfer zum Tatzeitpunkt elf Jahre alt oder jünger waren.“„Die Gutachter, von denen hier die Rede ist – und deren Arbeitsweise Heinz-Günter Bongartz oben erläutert hat –, sind offenbar Prof. Norbert Leygraf (Uniklinik Duisburg-Essen), Prof. Hans-Ludwig Kröber, Max Steller und Renate Volbert (alle Charité Berlin) und Prof. Friedemann Pfäfflin (Uniklinik Ulm). .....Der Eindruck verstärkt sich, dass hier gerade die mit der Suche nach Warnzeichen beauftragt wurden, die diese in der Vergangenheit in abenteuerlicher Weise ignoriert haben“...
  • Im Schnitt haben die untersuchten Täter 4 i.d.R. Kinder und Jugendliche missbraucht. Im Einzelfall 21 Opfer. Wo war da die soziale Kontrolle?
  • Ereigneten sich diese mehrfachen Missbrauchsfälle, obwohl bekannt war, dass die Täter sexuellen Missbrauch begehen, oder wurde die mehrfache Tatbegehung in vielen dieser Fälle dadurch zumindest mitermöglicht, dass das Umfeld (noch) nichts wusste oder wenigstens ahnte?
  • Was mich dies anmerken lässt ist, dass ein Sturm der Entrüstung hier in der Region, insbesondere in der betroffenen Gemeinde ausbrach, als bekannt wurde, dass Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, seit Juli Präfekt der Glaubenskongretation, in seiner Zeit als Bischof einen Priester, weil dieser sexuellen Missbrauch begangen hatte, in eine Gemeinde versetzt hatte, die nichts über den Priester wusste, ohne zumindest Klerikale vor Ort über die Vorgeschichte des Priesters zu informieren. Meiner Wahrnehmung hielt hier die Mehrzahl der Gemeinde, der Menschen nicht (mehr) zur Kirche. 
  • Sexuelle Kindesmisshandlung ist ein Verbrechen: gleich wer der/die Täter sind. Diese Tatsache verlangt aber erst recht, dass die Kirche, die sich über jedwede Moral stellt, sie sogar vorschreibt, sich dieser Tatsache so zu stellen hat, wie alle anderen Täter auch!
  • Was soll eine interessengesteuerte Studie aussagen, wenn es vorrangig um Zahlen und die Reinwaschung der Täter geht?
  • Die Dunkelziffer, die bei solchen Taten quer durch die Gesellschaft verläuft, verschont auch den Klerus nicht! Sie sind eben wie alle Menschen und sollten dazu endlich den Mumm aufbringen, dazu zu stehen. Solange das nicht geschieht, bleiben sie mit dem Stigma der offiziellen Lüge behaftet.
  • Der Klerus ist eben auch so kriminell wie unsere Gesellschaft! Er hat dies ebenso zu verantworten. Mit einer harmlosen Versetzung sind die Klerikalen bei anderen harmloseren Gelegenheiten nicht zufrieden!
  • Wenn ich das richtig verstehe: Weil die Kinderschänder in den meisten Fällen nicht krank sind - was ich unbesehen glaube, denn das entspricht tatsächlich dem Bild in der übrigen Sexualstraftäter Deutschlands - können sie in den Gemeinden weiter auf die Pirsch nach hübschen Jungen gehen? So etwas nenne ich Begünstigung und Mittäterschaft! Natürlich sind die meisten Menschen, die andere sexuell missbrauchen, keineswegs krank, sie haben einfach einen total miesen Charakter und leben ihre Triebe, vor allem Macht, auf kosten Anderer aus. Das weiß jede 5. Frau in Deutschland. Und solch Drecksäcke sollen weiter "seelsorgen? Das ist wahrhaft gelebtes Christentum: Verzeiht den Tätern - und schmäht die Opfer! 
  • „Nicht besonders pädophil“, das heißt im Umkehrschluss: Sie wissen ganz genau, was sie tun!
  • Wenn 90 % der Kinder Missbrauchenden gar nicht pädophil sind, wäre es interessanter, sich mit der Struktur dieser 90 % zu beschäftigen als mit der Struktur der 10 % Pädophilen.
  • Der feine Unterschied, welchen die katholische Kirche nicht anspricht, ist das Geistliche und insbesondere katholische Geistliche in moralischen Fragen eine Vorbildfunktion für sich beanspruchen. Dann etwas moralisch infames und nicht zu verzeihendes wie Kindesmissbrauch zu begehen wiegt ungleich schwerer als wenn ein durchschnittlicher Bürger diese Taten begeht. Die Relation zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft noch weiter auseinander (Die meisten durchschnittlichen Bürger erheben keinen Anspruch auf eine moralische Vorbildfunktion.)  Auch pflegt die Öffentlichkeit bei Bekanntwerden von Taten den Täter nicht einfach in eine andere Gegend umziehen zu lassen, um dort neue Opfer zu finden, wie es anscheinend Usus in der katholischen Kirche war.
  • Mich erreicht ihr nicht mehr. Eure Glaubwürdigkeit ist dahin. Und wenn sich einer in Kutte oder Talar meinen beiden Kindern nähert, dann hat er hoffentlich die Gnade Gottes. Von mir kann er nach einmaliger Warnung keine erwarten!!!
  • Priester sind auch nur Menschen? Gut,  liebe Kirche, dann lasst auch das Geschwätz über Moral, Anstand und Sittlichkeit. Lasst ab von eurem verlogenen Getue der Mitmenschlichkeit!

Quelle: "Die Welt", "Frankfurter Rundschau", "SPIEGEL"

Freitag, 7. Dezember 2012

Bischof Ackermann: Die Kirche als "sozialer Kontrollrahmen" für Geistliche, die Kinder missbraucht haben und somit Kinder weiterhin missbrauchen werden



Link zur "tagesschau" vom 07.12.2012, 17.00h

Täterschutz wird großgeschrieben

In einem von zwei Fällen hatten die Gutachter überhaupt keine Bedenken gegen die Weiterbeschäftigung des Täters in der Gemeinde. Weiter Jugendarbeit machen, ins Zeltlager fahren? Kein Problem. Ist der Priestermangel mittlerweile so groß, dass da ein Auge zugedrückt wird? Es wäre entsetzlich. (...)

So hatten die Gutachter in einem von zwei Fällen überhaupt keine Bedenken gegen die Weiterbeschäftigung des Täters in der Gemeinde. Weiter Jugendarbeit machen, ins Zeltlager fahren? Kein Problem. Ist der Priestermangel mittlerweile so groß, dass da ein Auge zugedrückt wird? Es wäre entsetzlich.

Außerdem: Nur drei von vier Bistümern beteiligten sich überhaupt an dieser Studie. Auch ein zweites Forschungsprojekt zeigt, dass es mit dem behaupteten Aufklärungswillen der katholischen Kirche nicht so weit her ist. Es geht um die endlich zu beantwortende Frage: Wie viele Priester haben in den letzten Jahrzehnten sexuelle Gewalt ausgeübt? Wie viele Opfer sind zu verzeichnen? Also: Wie groß ist der Skandal wirklich?

Diese Frage wollen viele lieber nicht beantwortet haben. Das Forschungsprojekt droht zu scheitern, weil einige Bistümer die entsprechenden Akten nicht freigeben wollen - obwohl alles vertraglich mit der Bischofskonferenz vereinbart ist.

Ein Trauerspiel, das allerdings nicht besser wird, wenn man den Blick weg von der Kirche hin zur Politik richtet. Der vor einem Jahr versprochene 100-Millionen-Hilfsfonds für diejenigen, die in ihrer Kindheit Opfer sexuellen Missbrauchs wurden? Nicht in Sicht. Das Gesetz zur Stärkung der Rechte der Opfer? Schmort seit eineinhalb Jahren im Rechtsausschuss des Bundestags. Die versprochene Bilanzsitzung des Runden Tisches Kindesmissbrauch in der nächsten Woche? Aus fadenscheinigen Gründen von der Bundesregierung abgesagt.

Für die Opfer, die den Mut hatten zu sprechen, ist das eine niederschmetternde Erfahrung.


Mehr als 80 Prozent der Gutachten empfehlen einen weiteren Gemeinde-Einsatz der Priester. Die katholische Reformbewegung "Wir sind Kirche" zeigt sich vom Ergebnis geschockt.


Die katholische Reformbewegung „Wir sind Kirche“ zeigte sich insbesondere von diesem Ergebnis schockiert. „Das entspricht in keiner Weise der Nulltoleranz-Strategie etwa der US-Bischöfe und auch des Papstes“, sagte „Wir sind Kirche“-Vorstand Christian Weisner dieser Zeitung. „Leygrafs Studie beseitigt nicht unsere Skepsis in puncto Aufarbeitung. Der Missbrauchsskandal wird definitorisch kleingerechnet.“

Das pastorale Problem des Glaubwürdigkeitsverlusts von Kirche und Klerus komme ebenso wenig in den Blick wie eine Analyse der Ursachen, die Priester zu Tätern werden ließen. „Welche Männer werden Priester? Und wie werden sie in der katholischen Kirche sexuell sozialisiert?“ Diese Fragen lasse Leygraf völlig offen, sagte Weisner, der die Studie als „McKinsey auf katholisch“ kritisierte. Er bemängelte auch, dass Leygraf als Gutachter beauftragt worden sei, obwohl er zuvor bei Tätern aus dem kirchlichen Raum auch therapeutisch gewirkt habe. „Behandler und Gutachter in einer Person, das kommt einem Zirkelschluss gleich“, so Weisner.

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Nach psychiatrischen Gutachten gilt nur jeder zehnte Pädophile aus dem Klerus als Psychopath.

Sie können sagen: Na bitte, wussten wir’s doch! Pädophilie ist längst nicht so weit verbreitet, wie die Medien in „sprungbereiter Feindseligkeit“ (Benedikt XVI.) suggerieren. Und außerdem liegt der Anteil Pädophiler im zölibatären Klerus nicht höher als bei den Männern insgesamt. Nur: Die Terminologie der Wissenschaftler ist sehr viel enger als die Umgangssprache. Wer landläufig von Pädophilie spricht, meint Kindesmissbrauch in all seinen Formen. Es geht um das Handeln, nicht um Krankheitsbilder. Somit wirkt es keineswegs entlastend, dass nur jeder zehnte Täter aus dem Klerus als Psychopath zu gelten hat.

Was Priester zu Tätern werden lässt

Bezeichnend sind die Empfehlungen, die in den Gutachten ausgesprochen wurden: In fast jedem zweiten riet der Psychiater dazu, den übergriffigen Priester erneut oder weiter in einer Gemeinde zu beschäftigen. Nur in zwölf Fällen wurde von einem weiteren Einsatz abgeraten. Der Forensische Psychiater Leygraf kommt in der nun vorgelegten Metastudie zu dem Ergebnis: "Verbleiben sexuell übergriffige Geistliche innerhalb ihrer Kirche, dann verfügen sie über ein soziales Kontroll- und Unterstützungsnetzwerk, welches unter rückfallpräventiven Gesichtspunkten als protektiver Faktor angesehen werden kann." Das klingt etwas umständlich, es meint: Die Kirche soll die Geistlichen in ihren Reihen belassen. Allein: Für die Opfer dürfte das schwer nachvollziehbar sein.

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Die "Leygraf-Studie"
































Quelle: DBK