3.) Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs Minderjähriger im kirchlichen Bereich
"Sexueller Missbrauch ist und bleibt ein schweres Verbrechen, wie es Papst Benedikt XVI. selbst gesagt hat. Umso wichtiger erscheint es uns darauf hinzuweisen, dass - entgegen dem Eindruck, der in den vergangenen Wochen in der Öffentlichkeit entstanden und durch Medien transportiert worden ist - die katholische Kirche nach wie vor die Frage sexuellen Missbrauchs im kirchlichen Bereich aufarbeitet und in ihrem Engagement nicht nachlässt. Sexueller Missbrauch an Minderjährigen ist aber ein gesamtgesellschaftliches Problem. Es kann nicht dabei bleiben, dass bisher weiterhin nur die katholische Kirche auf diesem Gebiet Hilfe und Aufarbeitung leistet. Eine Vielzahl von Maßnahmen ist bereits erfolgreich durchgeführt worden. Dazu gehören die neuen Leitlinien im Umgang mit sexuellem Missbrauch, ein umfassendes Präventionskonzept und die - in Deutschland bisher einmalige - materielle Anerkennung erlittenen Leids für Opfer sexuellen Missbrauchs. ...
Mit Bedauern mussten wir ein geplantes Forschungsprojekt beenden. Die Vertrauensbasis mit dem Institut war zerrüttet. Das Forschungsprojekt geht mit einem neuen Partner weiter. Wir bekennen uns zu unseren Maßnahmen, die wir 2010 angekündigt und zum größten Teil verwirklicht haben. wir wollen der Wahrheit ans Licht verhelfen, auch wenn diese noch so schmerzlich ist. ...
In diesem Sinne hat die Vollversammlung nochmals ihren Willen zur Durchführung eines zweiten Forschungsprojektes bekräftigt. Zu den wesentlichen Zielen gehören nach wie vor die Erhebung von verlässlichen Zahlenmaterial sowie eine Sichtung der Personalakten. Dadurch sollen Erkenntnisse über Zahl und Vorgehen der Täter gewonnen und über das Verhalten der Kirchenverantwortlichen in den zurückliegenden Jahrzehnten eine vertiefte Einsicht erhalten werden. Die Erkenntnisse werden in die diözesane Präventionsarbeit einfließen."
Kommentar: Zweifelsohne kann man in diesem Punkt den Kirchenverantwortlichen nicht nachsagen, dass sie untätig gewesen sind. Auch wenn erst der immense Druck von Öffentlichkeit und auch in abgeschwächter Form von Opferverbänden dazu geführt hat, dass die Aufarbeitung in diesem Umfang überhaupt stattgefunden hat. Einmal so im Fokus stehend ist es der katholischen Kirche jetzt gar nicht mehr möglich - selbst wenn sie es wollte, (was man wirklich nicht unterstellen kann) - sich aus der Aufarbeitung ohne großen Imageverlust zurückzuziehen. Deshalb ist aber auch die Suche nach einem neuen Partner für das begonnene Forschungsprojekt nur logisch, weil eine Einstellung dieser Arbeit gesellschaftlich nicht vermittelbar wäre.
Bedenklich stimmt allerdings die immer wieder aus Kirchenkreisen und auch von der Deutschen Bischofskonferenz (s.o.) vorgebrachte Feststellung, dass sexueller Missbrauch an Minderjährigen ein gesamtgesellschaftliches Problem sei und kein kirchenspezifisches. Diese Feststellung kann weder die Taten unter kirchlichem Deckmantel relativieren wie damit suggeriert werden soll noch macht sie den sexuellen Missbrauch in Kirchenkreisen wirklich verständlicher. Denn Eltern geben oder gaben ihre Kinder ja bewusst in kirchliche Obhut, weil dort ein sexueller Missbrauch jahrzehntelang als nahezu undenkbar galt und die Kirche mit ihren Institutionen eben auch besonderen Schutz in dieser Richtung bieten sollte. Dieser "Aufdeckung des Unvorstellbaren" wird sich die katholische Kirche auch in Zukunft - ob sie will oder nicht - in exponierter Stellung gegenübersehen. Das ist sie den vielen Opfern schuldig, das ist ihre Pflicht."