Bischof Ackermann:
vom Missbrauchsbeauftragten zum Vertuscher
Am 25. Februar 2010
wurde Bischof Dr. Stephan Ackermann von der Deutschen Bischofskonferenz zum Missbrauchsbeauftragten
ernannt. Bereits drei Wochen später räumt Ackermann jahrzehntelange Vertuschung
seiner Vorgänger ein und verspricht Aufklärung und Transparenz. Man wolle mit „all
den zur Verfügung stehenden Mitteln zur Aufklärung beitragen.“
Aufgrund des
öffentlichen Drucks vereinbart die Deutsche Bischofskonferenz im Juni 2011
einstimmig, zusammen mit dem renommierten Kriminologen Prof. Dr. C. Pfeiffer
(KFN) eine „Missbrauchsstudie“ zu initiieren. Betroffene sowie die
Öffentlichkeit wurden dadurch weitere Jahre vertröstet und hingehalten. Im Nachhinein sollte sich
herausstellen, dass die Studie von Anfang an nicht realisierbar war. Unter anderem wurde der innerkirchliche Widerstand - über den Ackermann bereits zu Beginn der Studie informiert war - zu groß für den Missbrauchsbeauftragten.
Im März 2012 wurde
bekannt, dass Ackermann selbst weiter pädophile Priester, die zum Teil
vorbestraft waren, in seinem Bistum beschäftigt. Dies wurde sowohl von
Betroffenen als auch von Kirchenmitarbeitern als unhaltbar kritisiert.
Es folgten
Entschuldigungen: Priester hätten
sich angeblich nicht an die Auflagen des Bischofs gehalten. Das Bistum habe –
entgegen der Bestimmungen der Leitlinien – versäumt, die betreffenden Pfarreien
über die Vergangenheit der Priester aufzuklären. Verantwortliche Pfarreien
hätten falsch reagiert. Es habe Pannen bei der Kommunikation gegeben. Es seien Formulierungen vom Bistum Trier veröffentlicht wurden, die man sich heute nicht mehr erklären könne etc. etc.
Seinem
Motto blieb Ackermann jedoch stets treu: Die Schuld tragen die anderen.
Erstmals als sich im
Fall des Burbacher Pfarrers K. nach der Veröffentlichung 2011 innerkirchliche
Mitarbeiter zusammenschlossen und öffentlich mit Hilfe medialer Unterstützung
ihren Unmut ausdrückten, gestand Ackermann einen „gravierenden Fehler“ ein, für
die er als Bischof selbst Verantwortung trage. Gleichzeitig versuchte er zu
beschwichtigen. Bat um Vertrauen. Und sprach erneut von „ehrlichem
Aufklärungswillen“. Dies sei man schließlich auch den Opfern gegenüber
schuldig. Was er mit den Tätern machen solle, wisse er allerdings auch nicht.
Im Bistum Trier war
inzwischen bereits von einem Generalverdacht die Rede. Auch den Trierer
Bistumspriestern gegenüber. Als Konsequenz für den passiven Umgang von Bischof
Ackermann mit auffällig gewordenen Priestern.
Im März 2012 sah sich
Bischof Ackermann erneut mit Vorwürfen zum Umgang mit pädophilen Priestern
konfrontiert, als in einer Gemeinde des Bistums ein Priester mit
Kommunionskindern einen Gottesdienst feierte. - Der Priester war allerdings 17 Jahre zuvor verurteilt worden, weil er Mädchen in mindestens 40 Fällen sexuell
missbraucht hat.
Daraufhin ließ Bischof
Ackermann durch seinen Pressesprecher Kronenburg ausrichten: "Er (der
Priester, Anmerk. ca) befand sich ja in einem öffentlichen Raum. Er hat diesen
Gottesdienst auch aushilfsweise in einer anderen Pfarrei gehalten als der, in
der er normalerweise im Einsatz ist. Von daher gehen wir davon aus, dass man
das schon kontrollieren kann. Wenn man das nicht könnte, dann würden wir das ja
auch nicht zulassen."
Im Januar 2013 wurde
die Missbrauchsstudie mit dem KFN von der Kirche gekündigt: „Mission
Aufklärung“ gescheitert. Die Glaubwürdigkeit der Kirche nach „ehrlichem
Aufklärungswillen“ sowie die Versprechen von Bischof Ackermann gerieten erneut
in scharfe Kritik. Der Leiter des KFN, Christian Pfeiffer, erklärte im Januar 2013, die Studie sei „an den Zensur- und Kontrollwünschen der Kirche gescheitert“. Ackermann gab ab: "Wir waren unter einem immensen Druck vor drei Jahren, als die Missbrauchsfälle bekannt wurden. Im Nachhinein kann man kritisch sagen: Wir hätten erst alle Vorklärungen treffen müssen, bevor wir eine Kooperation unterschreiben."
Auch das Bistum Trier
sollte nicht zur Ruhe kommen. In den Folgejahren (2013, 2014, 2015) wurden
erneut Einsätze von Trierer Bistumspriestern enthüllt, gegen die Vorwürfe
sexuellen Missbrauchs erhoben worden waren und die weiterhin, ohne jegliche
Einschränkungen, ihren Dienst ausübten. Mittlerweile konnte Ackermann die
Verantwortlichkeit allerdings nicht mehr seinen Vorgängern anlasten. Bischof
Ackermann schwieg und zog sich aus den Medien zurück. Nach Statements oder
Aussagen zu dem Versagen in anderen Bistümern suchte man von dem
Missbrauchsbeauftragten vergeblich.
Im März diesen Jahres das erste Interview. Der Oscarprämierte Film „Spotlight“ wirft Fragen auf, denen sich auch Bischof Ackermann als Missbrauchsbeauftragter nicht entziehen kann. Die Antworten in diesem Interview überzeugen jedoch nicht. Im Gegenteil: Aufmerksame Leser konnten bei den Antworten nur mit dem Kopf schütteln.
Im März diesen Jahres das erste Interview. Der Oscarprämierte Film „Spotlight“ wirft Fragen auf, denen sich auch Bischof Ackermann als Missbrauchsbeauftragter nicht entziehen kann. Die Antworten in diesem Interview überzeugen jedoch nicht. Im Gegenteil: Aufmerksame Leser konnten bei den Antworten nur mit dem Kopf schütteln.
Keine
Einzelfälle, sondern System
Die Serie der
Anschuldigungen gegenüber katholischen Priestern hört nicht auf: Auch in
anderen Bistümern wurden schwere Vorwürfe erhoben. Nicht nur gegen die Täter,
sondern inzwischen auch gegenüber den Bischöfen, die die Täter weiter im Einsatz
ließen. Ein weiterer Beleg dafür, dass es sich nicht mehr nur um „Einzelfälle“ handelte, sondern um ein System der Vertuschung. Nicht damals. Sondern heute. - Nicht nur
Priester wurden mit Vorwürfen sexuellen Missbrauchs konfrontiert, sondern
inzwischen auch ein verstorbener Bischof. In Würzburg werden sogar schwere
Vorwürfe gegen den ehemaligen Personalverantwortlichen und
Missbrauchsbeauftragten selbst erhoben. Ein Ende? - Nicht in Sicht. Dass sich die Opfer nicht mehr an die Bistümer selbst wenden, nach allem, was sie in den Medien mitverfolgen konnten, scheinen die Bistümer auszuklammern. Wie hoch die Dunkelziffer sein könnte? Auch darüber schweigt Bischof Ackermann.
Zweierlei Maß
Auffallend: Der unterschiedliche Umgang mit Priestern, die mit Vorwürfen konfrontiert werden. Es wird mit zweierlei Maß gemessen. Auf der einen Seite werden Priester mit vollständiger Namensnennung den Medien "zum Fraß" vorgeworfen und umgehend suspendiert, obwohl nur vage Vermutungen Dritter im Raum stehen. So wurde z.B. im Bistum Fulda 2015 ein Pfarrer versetzt, der als Betreuer einer Ferienfreizeit pflichtbewusst bei zwei Jungen eine Zeckenkontrolle durchführte. "Die Mutter eines Jungen, der davon gehört hat", informierte das Bistum, welches wiederum umgehend die Staatsanwaltschaft einschaltete. Die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen ein. Absurderweise versetzte das Bistum daraufhin den Pfarrer mit der Begründung: "Er habe gegen die Präventionsordnung verstoßen". Auch hier geriet das Bistum Fulda in heftige Kritik. Auf der einen Seite argumentierte das Bistum mit einem Verstoß gegen die Präventionsordnung, auf der anderen Seite, sollte der Priester genau aus diesem Grund in eine andere Pfarrei versetzt werden. - Wenige Monate später wurde im Bistum Würzburg der ehemalige Personalverantwortliche und Missbrauchsbeauftragte selbst mit Vorwürfen schweren sexuellen Missbrauchs konfrontiert. Der renommierte Rechtswissenschaftler, Kriminologe und Richter Prof. Dr. K. Laubenthal stufte die Vorwürfe sogar als "plausibel" ein. Das Bistum Würzburg stellte sich öffentlich demonstrativ hinter seinen ehemaligen Personalverantwortlichen und Missbrauchsbeauftragten - und setzte alles daran, die Glaubwürdigkeit des mutmaßlichen Opfers in Frage zu stellen.
Offensichtlich scheint die persönliche Beziehung zwischen dem jeweiligen Bischof und einem mutmaßlichen Täter eine sehr große Rolle zu spielen. Diese augenscheinliche Vorgehensweise beargwöhnen auch seit geraumer Zeit Priester aus dem Bistum Trier und beziehen sich dabei auf den Umgang von Ackermann mit auffällig gewordenen Priester aus dem eigenen Bistum. Als Vermutung für den unterschiedlichen Umgang werden Erpressbarkeit, Kumpanei sowie Zugehörigkeit zu diversen klerikalen Gemeinschaften benannt.
Zweierlei Maß
Auffallend: Der unterschiedliche Umgang mit Priestern, die mit Vorwürfen konfrontiert werden. Es wird mit zweierlei Maß gemessen. Auf der einen Seite werden Priester mit vollständiger Namensnennung den Medien "zum Fraß" vorgeworfen und umgehend suspendiert, obwohl nur vage Vermutungen Dritter im Raum stehen. So wurde z.B. im Bistum Fulda 2015 ein Pfarrer versetzt, der als Betreuer einer Ferienfreizeit pflichtbewusst bei zwei Jungen eine Zeckenkontrolle durchführte. "Die Mutter eines Jungen, der davon gehört hat", informierte das Bistum, welches wiederum umgehend die Staatsanwaltschaft einschaltete. Die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen ein. Absurderweise versetzte das Bistum daraufhin den Pfarrer mit der Begründung: "Er habe gegen die Präventionsordnung verstoßen". Auch hier geriet das Bistum Fulda in heftige Kritik. Auf der einen Seite argumentierte das Bistum mit einem Verstoß gegen die Präventionsordnung, auf der anderen Seite, sollte der Priester genau aus diesem Grund in eine andere Pfarrei versetzt werden. - Wenige Monate später wurde im Bistum Würzburg der ehemalige Personalverantwortliche und Missbrauchsbeauftragte selbst mit Vorwürfen schweren sexuellen Missbrauchs konfrontiert. Der renommierte Rechtswissenschaftler, Kriminologe und Richter Prof. Dr. K. Laubenthal stufte die Vorwürfe sogar als "plausibel" ein. Das Bistum Würzburg stellte sich öffentlich demonstrativ hinter seinen ehemaligen Personalverantwortlichen und Missbrauchsbeauftragten - und setzte alles daran, die Glaubwürdigkeit des mutmaßlichen Opfers in Frage zu stellen.
Offensichtlich scheint die persönliche Beziehung zwischen dem jeweiligen Bischof und einem mutmaßlichen Täter eine sehr große Rolle zu spielen. Diese augenscheinliche Vorgehensweise beargwöhnen auch seit geraumer Zeit Priester aus dem Bistum Trier und beziehen sich dabei auf den Umgang von Ackermann mit auffällig gewordenen Priester aus dem eigenen Bistum. Als Vermutung für den unterschiedlichen Umgang werden Erpressbarkeit, Kumpanei sowie Zugehörigkeit zu diversen klerikalen Gemeinschaften benannt.
Ackermann definiert
Schuldfrage und wird dadurch selbst zum Schuldigen
Die Begründungen, mit der Ackermann wenige Jahre zuvor die „Vertuschung
der Kirche“ definierte und eingestand, scheinen ihm jetzt allerdings selbst zum Verhängnis zu werden.
So muss sich Ackermann
jetzt selbst vorwerfen lassen, auffällig gewordene Priester versetzt zu haben,
und dem Missbrauch dadurch weiteren Raum eingeräumt zu haben. Das Wort
„Glaubwürdigkeit“ kann im Kontext mit Bischof Ackermann nicht mehr verwendet
werden. Von „ehrlichem Aufklärungswillen“ kann keine Rede mehr sein. Geschweige
denn von „Vertrauen“.
Ackermann äußerte sich zu der Frage nach den Schuldigen im März 2010 wie folgt: „Die Schuldfrage sieht der Bischof
dabei weniger bei der Kirche als Institution, sondern bei den Tätern und
denjenigen, die als Vorgesetzte ihrer Verantwortung nicht gerecht geworden
seien."
Durch diese Definition hat sich Ackermann inzwischen selbst als Schuldigen identifiziert.
Durch diese Definition hat sich Ackermann inzwischen selbst als Schuldigen identifiziert.
Dass es sich bei den
zahlreichen Vorfällen, die seit spätestens 2010 im Bistum Trier an die
Öffentlichkeit gerieten, nicht um Einzelfälle handelt, sondern um genau das System der Vertuschung, das Bischof Ackermann Jahre zuvor selbst anprangerte, davon berichten inzwischen auch Insider aus
dem Bistum Trier.
Die Macht des Bischofs
Allerdings stehen Priester, die ihr Schweigen brechen wollen, vor einem weiteren Dilemma: Die Erfahrung der letzten Jahre lehrte, dass diejenigen, die es wagten, ihr Schweigen zu brechen, als „Nestbeschmutzer“ diffamiert werden. Es ist von Mobbing-Vorwürfen die Rede. Vorwürfe, von denen sich auch Bischof Ackermann nicht freisprechen kann. Von harschen Auseinandersetzungen im Generalvikariat, von Drohungen und sogar von Anbieten von (Schweige-)Geldern. Insider-Priester, die über prekäre Situationen im Bistum Trier berichten, haben Angst, von Bischof Ackermann härter sanktioniert zu werden als manche Täter – sollten sie ihr Schweigen brechen und die Informationen, über die sie verfügen, nach außen dringen. "In Trier herrscht ein System von Macht und Angst."
Mit 'all den zur Verfügung
stehenden Mitteln' wurde keine Aufklärung betrieben - sondern vertuscht.
Verantwortlich im Bistum Trier: Bischof Dr. Stephan Ackermann. -
Nicht die anderen.
ca
(aktualisiert am 19.05.2015)