Sonntag, 22. Mai 2016

Bistum Trier: offener Brief an Bischof Dr. Ackermann

Beauftragter "für alle Fragen im Zusammenhang des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger im kirchlichen Bereich",

Herr Bischof Ackermann!

Ich kritisiere nicht nur Ihren bisherigen Umgang mit der Thematik "sexueller  Missbrauch durch Angehörige der katholischen Kirche im Bistum Trier",  sondern inzwischen ebenso Ihren Umgang mit Priestern, die zur Aufklärung beitrugen.

Bereits im Fall Köllerbach wurde 2012 deutlich, wie sehr die Priester unter Ihnen, Bischof Ackermann,  zu leiden haben. In dem SPIEGEL-Artikel „Aufklärung auf katholisch“ ist bereits von vergeblichen Hilfeersuchen von Priestern die Rede, die zur Aufdeckung verhalfen. Es werden unter anderem  Mobbingvorwürfe gegenüber den Priestern erwähnt, die sich wagten, entgegen Ihren Anweisungen ihr Schweigen zu brechen.  Dass Sie als  Bischof eine Fürsorgepflicht auch - und gerade - denjenigen Priestern gegenüber haben, die ihr Schweigen brechen und sich aktiv an der Aufklärung der Missbräuche beteiligen,  scheinen Sie sowohl als Vorgesetzter als auch in Ihrer Funktion als  „Missbrauchsbeauftragter“ offenbar "vergessen" zu haben. - Um es höflich zu formulieren.

Daher möchte ich Sie auf diesem Weg daran erinnern:
Bereits im März 2012 wusste man: innerkirchliche Aufklärer werden unter Druck gesetzt.  Anonyme Drohbriefe, in denen man im Bistum Trier Priestern körperliche Gewalt androhte, Tierkadaver im Weihwasserkrug der Kirche etc.  Gerüchte, dass die Priester, die zur Aufklärung beitrugen, sich selbst hätten etwas zu Schulde kommen lassen, wurden Ihrerseits nicht versucht, zu unterbinden.  Sie, Herr Bischof Ackermann, wurden mehrfach darum gebeten zu intervenieren. Doch Sie reagierten nicht. Sie ließen die Pfarrer völlig im Stich. So hat z.B. die Pfarrei Köllerbach bis heute keinen Frieden gefunden. Im Gegenteil: Immer wieder wird von neuen Querelen berichtet, die letztendlich auch auf Ihren Umgang mit den Priestern zurückzuführen sind.  Und Köllerbach ist nur ein Beispiel.

Priester, die aufdecken wollten, wurden eingeschüchtert. Es wurden und werden "Maulkörbe" verpasst und genau diese Priester wurden und werden unter Druck gesetzt. Auch von Drohungen seitens des Bistums ist die Rede. Doch auch dies durfte - aus Ihrer Sicht verständlicherweise - nicht an die Öffentlichkeit. Wir reden hier von den Priestern, die sich als „Nestbeschmutzer“ bezeichnen lassen mussten und die bei unendlich vielen Gelegenheiten durch das Bistum deutlich zu spüren bekamen, was das Bistum tatsächlich von ihnen hält.

Andere Priester konnten dadurch eine Vorstellung gewinnen, wie man mit ihnen selbst umgehen würden,  wenn Sie über das, was sie wussten, sprechen würden. Dies führte dazu, dass etliche Priester schwiegen. Wir reden hier von den Priestern, die aus Angst vor Repressalien Ihrerseits schwiegen, Bischof Ackermann. Damals wie heute. Von Priestern, die Sie bereits - indirekt und auf verschiedenen Wegen - eingeschüchtert haben und denen Sie gezeigt haben, wie Sie mit denjenigen umgehen, die sich an der Aufdeckung sexuellen Missbrauchs durch Priester beteiligen. Von Priestern, die ernsthaft daran erkrankten,  weil sie darunter litten, aus Angst, wie Sie als vorgesetzter  Bischof mit ihnen umgehen würden. Diesen Priestern wurden die Hände gebunden. Viele von ihnen sind daran zerbrochen. 

Diese Priester leiden bis heute – jeder auf seine Art.  Warum, Bischof Ackermann, ließen und lassen sie diesen Priestern keinerlei  Unterstützung zukommen?  Was hat sich denn geändert, nachdem 2012 der verachtende Umgang mit den Priestern, die zur Aufklärung beitrugen, an die Öffentlichkeit geriet?  Man könnte hierbei fast den Eindruck gewinnen, Sie hätten einiges zu verbergen. Warum sonst würden Sie mit ihren eigenen Priesters so umgehen?  

Umgangssprachlich würde man formulieren, "Sie gehen über Leichen", Herr Bischof Ackermann!

Erneut wird deutlich, wie die Aufklärung – besonders im Bistum Trier – versagt:   Wie können Sie denn auf der einen Seite "Aufklärung" versprechen, wenn Sie auf der anderen Seite Aufklärung durch Priester zu unterbinden versuchen? Wer – außer den Betroffenen selbst – könnte denn noch zur Aufklärung beitragen? Sie tun es nicht!  – Sind es nicht die Bistumspriester selbst, die von Vorwürfen wissen?  Und ausgerechnet diese Priester werden von Ihnen angewiesen zu schweigen und mundtot gemacht. Auf vielfältige Methoden.

Läge es nicht sowohl in Ihrer Verantwortung als auch in Ihrer Pflicht, genau das Gegenteil einzufordern? Nämlich die Priester dazu zu ermutigen, die „Achtsamkeit“, die Sie damals versprachen, in die Tat umzusetzen? Läge es nicht  ebenso in Ihrer Verantwortung und in Ihrer Pflicht den Priestern, die Kenntnisse über sexuellen Missbrauch haben,  die Möglichkeit zu geben,  sich vertrauensvoll (!)  an ihr Bistum wenden zu können und ihnen auch Schutz zu gewähren?   Selbst,  wenn Sie dies in der Theorie anbieten, wie sieht denn die Praxis aus? Wie wird denn tatsächlich mit den Pfarrern in Ihrem Bistum umgegangen,  die ihr Schweigen brechen und zur Aufdeckung Fälle sexuellen Missbrauchs beitragen?

Und überhaupt: Wer deckt denn letztendlich auf und sorgt für Transparenz? Sie doch am allerwenigsten!  Wie lange soll denn diese Phase noch andauern, in der wir uns seit inzwischen sechs Jahren befinden?

Die derzeitige Situation im Bistum Trier ist verheerend – für alle Beteiligten. Sowohl für die Betroffenen als auch für die Priester, die zur weiteren Aufklärung beitragen könnten.  Haben Sie überhaupt eine Vorstellung davon, welche wichtige Rolle die Priesterschaft auch in der eigenen Aufarbeitung von Betroffenen spielt? 

Haben Sie, Bischof Ackermann, überhaupt eine Vorstellung,  wie schwer es fallen kann,  als Opfer einem Priester ohne Misstrauen gegenüber zu treten? Ihm die Hand zu reichen?

Haben Sie auch eine Vorstellung davon,  wie sich ein unschuldiger Priester fühlt, der einem Opfer sexuellen Missbrauchs durch einen anderen Priester gegenübersteht? Der Priester hat Angst, man könne auch ihn  für einen Täter halten!  - Von den Emotionen des Opfers ganz zu schweigen.  Hier finden erste zaghafte Schritte der Versöhung mit dem Priestertum statt.  Auf Augenhöhe. Von Mensch zu Mensch. Durch die Priester, die als "Nestbeschmutzer" gelten. Genau diese Priester, die unter Ihnen zu leiden haben, waren es, die uns Betroffenen Halt gaben - und geben. Fernab von der Versöhnung mit der Kirche,  von der Sie sprachen.

Und genau diesen Priestern gegenüber, sollten Sie, Herr Bischof Ackermann, sich dankbar zeigen und sich wenigstens ihnen gegenüber moralisch korrekt verhalten. 

Es ist höchste Zeit, dass Sie sich bei manchen Priestern entschuldigen, statt weiterhin einzuschüchtern.

Meinen aufrichtigen Dank und meine volle Wertschätzung gilt daher den Priestern, die bisher dazu verholfen haben, dass Taten aufgedeckt wurden und die sich weiterhin dafür einsetzen, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Auch, wenn es nicht immer einfach war und ist,  Mittel und Wege zu finden, um auf diese Fälle öffentlich hinzuweisen.  – Besonders vor dem Hintergund, dass die Priester persönliche Konsequenzen befürchten müssen,  wenn herauskäme,  dass sie ihr Schweigen gebrochen haben.  Es waren aber genau diese Priester, die uns Betroffenen zuhörten. Und sowohl unsere Wut auf Sie, Bischof Ackermann,  ertrugen, als auch halfen, Tränen zu trocknen. 

Sie, Bischof Ackermann, könnten rehabilitieren. Nicht nur in Köllerbach.  Sondern auch in anderen Pfarreien im Bistum Trier, die bis heute darunter leiden, wie Sie mit den verantwortlichen und zugleich auch verantwortungsvollen Priestern umgegangen sind. Seit Jahren wartet man vergeblich darauf. 

Eine Entschuldigung Ihrerseits gegenüber diesen Priester wäre nicht nur  angebracht:  Es wäre das Mindeste, was man von Ihnen als Vorgesetzten erwartet. 

Dieser unhaltbare Zustand, der derzeit im Bistum herrscht, wird nur noch größere Katastrophen heraufbeschwören.

Reichen denn die Verwundungen, die bisher stattfanden und uns ein Leben lang begleiten werden, nicht aus?  Warum fügen Sie ihren eigenen Priestern, die aufklären helfen, weitere Wunden zu?

Sie brauchen auch keine Angst zu haben, dass Sie weiterhin an Glaubwürdigkeit oder Vertrauen verlieren. Da gibt es nichts mehr, was Sie aus Betroffenensicht verlieren könnten. Bildlich gesprochen stecken Sie nicht nur in einer Sackgasse. Sie haben die "Karre" inzwischen auch gegen die Wand gefahren - und zwar mit vollem Karacho. -  Das wird auch keine "Missbrauchsstudie 2" mehr retten können.

Reißen Sie dabei aber nicht noch diejenigen mit in eine größere Misere, die das Thema "sexueller Missbrauch durch Angehörige der katholischen Kirche" ernst nehmen, Betroffene unterstützen, und sich dafür engagieren, weiteren Missbrauch zu verhindern.

Schützen Sie  lieber die oben erwähnten Priester in Ihrem Bistum  - anstatt die Täter.



Claudia Adams


ps. Grüße auch an die Leser aus Rom, die diese Seite in den letzten Tagen mehrfach aufriefen.
Abyssus abyssum invocat. - Difficile est satiram non scribere! Ave!

ps2:  Zudem wäre es sinnvoll von Ihnen, Bischof Ackermann, ihr Möglichstes zu tun, um  sicherzustellen, dass der ehemalige Freisener Pfarrer  tatsächlich nicht mehr im Besitz der Waffen ist, über deren Existenz das Bistum bereits seit längerem informiert war.  Nachweislich.  - Aus Gründen.