Der Mann ist kein Unbekannter: Er kämpft seit Jahren gegen Behördenversagen.
Gilbert Kallenborn, 69 Jahre alt, bezeichnet sich selbst als Vollzeitaktivist und prangert seit Jahrzehnten regelmäßig Behördenversagen, Antisemitismus und andere Missstände an. Unter anderem, indem er die Justiz einschaltet.
Zu den bekanntesten Fällen zählt wohl Kallenborns Kampf gegen mit Nazisymbolen versehenen Kirchenglocken, Überbleibsel aus der NS-Zeit, die noch in deutschen Kirchtürmen hängen. Die „Hitler-Glocke“ im pfälzischen Herxheim am Berg sorgte vor ein paar Jahren für Furore und machte Kallenborn auch medial bekannt. Unter anderem der „Spiegel“ widmete ihm 2020 einen längeren Artikel. Der Aktivist klagte auch schon gegen die AfD oder gegen Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU). Ihm warf Kallenborn nach dem Anschlag von 2019 auf die Synagoge in Halle vor, das Gebäude sei nicht genügend geschützt gewesen. Und nun der Fall Dillinger. Dass Behörden in diesem Fall versagt haben, liegt für Kallenborn auf der Hand.
Mit der Strafanzeige bekommt der Vorgang zudem rechtlich eine neue Dimension: Es muss behördlich ermittelt werden.
Auf Anfrage der Rhein-Zeitung teilt die Staatsanwaltschaft Saarbrücken am frühen Montagnachmittag mit, dass man zwar durch die Presse von der Anzeige wisse, sie in der Behörde allerdings noch nicht bekannt sei. Am Dienstagabend hatte sich daran noch nichts geändert, wie die Staatsanwaltschaft auf SZ-Anfrage mitteilte. Zum genauen Inhalt könne man sich daher noch nicht äußern, nur so viel: Sollte es sich bei dem „Beanzeigten“, so Pressesprecher Thomas Schardt zur Rhein-Zeitung, um einen Richter oder Staatsanwalt handeln, würde das Verfahren über die Generalstaatsanwaltschaft Saarbrücken geführt. Allein der von Kallenborn geltend gemachte Strafbestand der Rechtsbeugung (§ 339 StGB) sehe eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren vor. Zu mehr Details könne er schlicht noch nichts sagen, weil er den Inhalt der Strafanzeige noch nicht kenne.
Gilbert Kallenborn hat derweil noch zwei weitere Schreiben versandt.
- Im ersten Schreiben, das an Generalstaatsanwalt Manfred Kost und Saar-Justizministerin Petra Berg (SPD) gerichtet ist, fordert er die vorläufige Suspendierung des für die Vernichtung der Dokumente im Fall Dillinger verantwortlichen Staatsanwalts. In dem am Dienstag versendeten Schreiben, das der Saarbrücker Zeitung vorliegt, begründet Kallenborn seine Forderung mit einer „Wiederholungsgefahr des Missbrauchs der Amtsgewalt“.
- Ein weiterer Brief Kallenborns ist an den Bundesgerichtshof in Karlsruhe gerichtet, konkret an Generalbundesanwalt Peter Frank. Dieser möge prüfen, so die Bitte des Absenders, ob nicht Karlsruhe für etwaige Ermittlungen bei der Staatsanwaltschaft Saarbrücken infolge der Strafanzeige zuständig sei. Im Schreiben, das der RZ-Redaktion vorliegt, stellt Kallenborn infrage, ob die Saarbrücker Behörde überhaupt gegen eigene Angehörige ermitteln könne und dürfe. Stichwort: Befangenheit. Zudem heißt es in dem Schreiben: „Ich bin der Meinung, dass dieser unglaubliche Vorgang nicht mit einer verbalen Entschuldigung aus der Welt zu schaffen ist, sondern dass strafrechtliche Konsequenzen folgen müssen.“ (den vollständigen Artikel auf "saarbruecker-zeitung.de lesen)