Neun Jahre hat Marzellus Boos im Gerolsteiner Internat Albertinum verbracht. Und noch immer quälen ihn Erinnerungen an einen Aufseher, der sich selbst "Plato" nannte. Einen Mann, über den er eigene Nachforschungen angestellt hat, die in eine dunkle Vergangenheit führen.
Dieser "Plato" ist Marzellus Boos in seinem Buch ein besonderes Anliegen, weil er im Albertinum so eine tragende Rolle gespielt habe, man aber kaum etwas Verlässliches über ihn wisse. "Was mich bei meiner Recherche sofort stutzig machte, war die Aussage des Bistums, man habe über den Mann keine Kenntnis. Der sei nicht in den Akten."
Wer ist „Plato?“ – Angaben im Lebenslauf stimmen nicht überein
Also hat er eigene Recherchen angestellt, mit Akten aus dem Landeshauptarchiv Koblenz und der Sankt-Matthias-Schule Gerolstein. Und dabei auch so einiges herausgefunden, was den früheren Lehrer des Regino-Gymnasiums Prüm, erst richtig stutzig werden lässt. Denn die Angaben, die „Plato“ in seinem Lebenslauf macht, wollen nicht recht zusammenpassen:
So schreibt der Aufseher dort etwa, er sei 1906 in Bochum geboren worden. Im Geburtsregister der nordrhein-westfälischen Stadt gibt es unter dem Namen Johannes A. aber keinen Eintrag. Außerdem habe der Oberpräfekt mit unverkennbar ostpreußischem Dialekt gesprochen, erinnert sich Boos: „Ich denke, das ist ein Indiz dafür, dass Plato nicht unter seinem wirklichen Namen in Gerolstein gelebt hat.“ Und das sollte nicht das einzige Indiz bleiben. So sei A. nach eigenen Angaben 1934 Gasthörer an einer Akademie in Trier gewesen, die erst zwei Jahre später eröffnete. Plato schreibt ferner in seinem Lebenslauf, er wäre als Soldat in Finnland und später als Dolmetscher in Norwegen gewesen. Aber auch das ergibt laut Boos keinen Sinn, weil zwischen dem Waffenstillstand der Finnen und Russen und der Kapitulation in Norwegen nur zwei Wochen lagen.
Boos hat wegen all dieser Unwägbarkeiten den Verdacht, dass Plato seine Identität gefälscht hat. „Und welchen anderen Grund könnte er 1947 dafür gehabt haben, als den, dass er im Dritten Reich eine unrühmliche Rolle gespielt hat?“, fragt sich der ehemalige Lehrer. Zudem sei "Plato" nach dem Krieg „auffallend protegiert worden“, berichtet Boos.
Verdachtsmomente sind das. Keine Beweise. Das weiß Boos. "Ich fasse Indizien zusammen, dass er nicht der war, für den er sich ausgab." Aufgrund seiner Recherchen und Erlebnisse aus der Schulzeit glaubt Boos, dass es sich bei "Plato" um einen Nazi-Täter handeln könnte, der nach dem Krieg im Albertinum Unterschlupf fand und dort sein Unwesen trieb. Inzwischen habe er dafür noch weitere Indizien gefunden. (swr.de, volksfreund.de)