Johanneum in Homburg: Ist die Zahl der Betroffenen größer als bisher bekannt?
Zum ersten Mal passierte es, als Bernd Held 13 Jahre alt war: Er wurde im Internat des Johanneums Opfer sexueller Übergriffe durch einen Ordensgeistlichen „Ich wachte auf und wusste zunächst gar nicht so recht, was los ist“, erinnert sich der heute 46-jährige Familienvater. Held ließ die nächtlichen Berührungen des Geistlichen, der unter Alkoholeinfluss stand, regungslos über sich ergehen.
Es blieb nicht bei dem einen Mal. Die Handlungen wiederholten sich von da an immer wieder. Bald musste der Achtklässer feststellen, dass er nicht der Einzige war. Auch die anderen beiden Schüler, die mit ihm das Zimmer teilten, wurden Opfer der sexuellen Übergriffe des damaligen Präfekten.
Bernd Held zog die Konsequenzen und verließ nach der achten Klasse das Internat, das er nur wenige Jahre zuvor unbedingt besuchen wollte und für das er sogar sein behütetes Elternhaus in Schiffweiler verlassen hatte. „Ich wurde externer Schüler, habe jedoch in der Hälfte der Zeit den Unterricht geschwänzt.“ Der einst so gute Schüler, der einmal Lehrer werden wollte, musste schließlich die neunte Klasse wiederholen und am Ende das Gymnasium sogar ohne Schulabschluss verlassen. Nun stand der 16-Jährige vor dem Nichts: mit schweren seelischen Verwundungen aufgrund des vielfachen Missbrauchs und ohne berufliche Perspektive.
Das Ganze ist jetzt 30 Jahre her und ereignete sich am Internat des Johanneums in Homburg. Bernd Held war von 1976 bis 1982 Schüler am Gymnasium in Trägerschaft der Hiltruper Missionare, das damals nur Jungen offenstand.
Gemeinsam mit etwa zehn weiteren Betroffenen sexuell motivierter Übergriffe und sexueller Gewalt durch Mitglieder des Ordens der Hiltruper Missionare hat er im Februar 2011 die „Initiative Ehemaliger Johanneum Homburg“ gegründet, um eine umfassende Aufklärung und Aufarbeitung der Geschehnisse am Johanneum zwischen 1970 und 2000 sowie die Entschädigung der Opfer zu erwirken. Konkret fordert die Initiative von den Hiltruper Missionaren die Übernahme der Verantwortung für das Fehlverhalten einiger seiner Mitglieder, die Anerkennung des den Opfern widerfahrenen Unrechts sowie eine an ihren Bedürfnissen orientierte Aufarbeitung der Missbrauchserfahrungen...