Samstag, 23. Juni 2012

Lieber Pfarrer Andrzej L.,



da Sie es nicht vorziehen, mit mir persönlich zu kommunizieren, antworte ich Ihnen auf diesem Weg:

Nein, Sie gelten nicht als vorbestraft. Und Ihr Führungszeugnis ist so rein wie Ihr Herz.  Da die Bestrafung in Ihrem Fall nicht mehr als 90 Tagessätze betrug, taucht somit – dank der Gesetzgebung – auch kein Eintrag im Führungszeugnis auf.  Deswegen hatte das Gemeinschaftsklinikum  Kemperhof Koblenz – St. Elisabeth Mayen gGmbH ja auch keine Bedenken, Sie als Seelsorger einzusetzen.  Wäre das Klinikum nämlich über Ihre Vergangenheit informiert gewesen, wäre es laut eigenen Angaben „zu keinem Zeitpunkt“ zu einem Einsatz von Ihnen gekommen. Verständlicherweise.

In Ihrem Besitz befand sich „lediglich“ kinderpornografisches Material. Und die Kinder, die darauf zu sehen war, haben bestimmt alle geschrieen: „Bitte, bitte, ich möchte auch auf das Bildmaterial, auf dem sich später ein katholischer Pfarrer aus dem Bistum Trier aufgeilen wird“.  „Und das Bildmaterial, das von uns erstellt wird,  ist dann auch bestimmt der Anfang einer ganz großen Karriere. Irgendwann  wird dann vor laufender Kamera gefilmt werden, was so ein Priester noch alles mit uns machen kann. Ja! Wir machen das hier alles freiwillig und  liebend gerne! Unsere Rechte werden in keinster Weise eingeschränkt, unser Körper bleibt unversehrt – ebenso wie unsere kleine Kinderseelen. Wir finden es einfach nur klasse, was hier geschieht. Wir posieren hier erst einmal ein wenig herum. Ok. Seltsam mag es schon aussehen, die Verrenkungen, die wir machen müssen. Aber das ist das beste Bildmaterial – so sagt man uns zumindest“. Und wenn es manchmal ein wenig weh tut, dann ist das eben so. Das gehört dann scheinbar dazu , wenn man berühmt werden möchte. 
Bitte verzeihen Sie, dass unsereiner immer noch den „Fall Pascal“ vor Augen hat.  Damals berichtete ein Angeklagter auch über Kinderpornos. Die Leiche von Pascal wurde bis heute nicht gefunden.

Lieber Herr Pfarrer L.

Ich habe keinerlei Probleme damit, die Verlinkung zu der Seite des Bistums zu entfernen.
Das Ziel war es auch nicht, ihren Namen öffentlich zu machen, sondern die Vorgehensweise des Bistums Trier offenzulegen und zu demonstrieren, dass man mit der „Entpflichtung“ eines Pfarrers keine allzu hohen Erwartungen verknüpfen sollte, wenn dieser Monate später – wie es leider im Bistum Trier – Praxis ist, in der Krankenhausseelsorge als Pfarrer eingesetzt wird.  Dies betrifft natürlich nicht nur Sie, sondern auch Ihre Kollegen.
Opfer und Betroffene müssen somit auch davon ausgehen, dass Klaus K., Michael Ver., Christoph W., Stephan M., Harald W. etc. etc.  bald wieder auftauchen, „Sakramente spenden“ und erneut Kontakt zu Kindern und Jugendlichen haben.

Interessant ist jedoch Ihr Verhalten, wie Sie in die Offensive gehen:
Sie beschweren sich, da Sie befürchten, Ihr Name könnte mit sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen in Verbindung gebracht werden. Diese Befürchtung findet jedoch nur in ihrem Kopf statt. Auf unserer Seite gibt es keinen Hinweis darauf, dass man Ihnen sexuellen Missbrauch vorwirft.

So werden Sie auf dem Blog z.B. auch Verlinkungen zu Papst Bénédikt oder Bischof Ackermann finden – ihnen wird auch kein sexueller Missbrauch vorgeworfen.

Sie, der als katholischer Priester wegen Besitzes kinderpornografischen Materials verurteilt wurde, wurden aufgrund der Vorwürfe zuerst vom Bistum beurlaubt und anschließend entpflichtet. Monate später nehmen Sie Ihre Tätigkeit als Krankenhausseelsorger auf und verschweigen einen wichtigen Aspekt Ihrer Vergangenheit, der jedoch für den Seelsorgebereich und somit den Ihnen anvertrauten Menschen von großer Wichtigkeit ist.  Sie befinden sich in einer wunderbaren Grauzone. Sowohl Ihr Führungszeugnis enthält rechtmäßig keine Informationen über Ihre Verurteilung und gegen die Leitlinien, wonach die „Verantwortlichen“ informiert werden müssen, wurde in diesem Fall auch nicht verstoßen.

So weit so gut – für Sie.

Aus Betroffenensicht sind Sie jedoch für die katholische Kirche in dem Moment untragbar geworden, als Sie sich als katholischer Pfarrer im Besitz kinderpornografischen Materials befanden.   
Das Problem besteht darin, dass der Missbrauchsbeauftragte Bischof Ackermann Ihnen weiterhin die Möglichkeit gibt, mit Kindern und Jugendlichen Kontakt zu haben, wohlwissend, dass Sie wegen des Besitzes kinderpornografischen Materials verurteilt wurden.

Wie Sie persönlich mit diesem Aspekt Ihrer Vergangenheit umgehen,  es moralisch mit sich selbst vereinbaren können, Kindern Sakramente zu spenden und sich vorher oder nachher kinderpornografisches Material anzusehen,  ist mir relativ gleich.  Dies ist nicht mein Problem.
Es wird allerdings zu meinem Problem, wenn ich mir vorstelle, an Sie als Seelsorger zu geraten. Und Ihr Einsatz als Seelsorger erfolgte nun einmal  auf der Grundlage, dass Sie Ihre Verurteilung und die Gründe hierfür verschwiegen haben. Das betrifft aber – wie gesagt – nicht nur Sie, sondern alle Ihre Kollegen.

Wissen Sie, was mein Problem ist, Herr L.?
Die ersten 3 Jahre meines Lebens durfte ich eine unbeschwerte Kindheit erleben. Dann endete meine Kindheit – abrupt. Der Grund: Ein Pfarrer missbrauchte mich. Mehrfach und über Jahre hinweg. Ich war 3 (!) Jahre alt, als der Missbrauch an mir begann.  Leben bedeutet für mich „Qual.“ Irgendwann werde ich mich vielleicht in einem Alten- und Pflegeheim wiederfinden. Und jetzt stellen Sie sich bitte einmal vor, ich würde dort auf einen Pfarrer wie Sie treffen. Hilflos, abhängig und nicht mehr in der Lage, mich zu wehren. Genau wie damals – als ich 3 Jahre alt war. Glauben Sie wirklich, ich wollte mein Leben tatsächlich so grausam beenden wollen, wie alles begann? Glauben Sie tatsächlich, in der Stunde meines Todes möchte ich jemanden wie Sie an meiner Seite haben? Oder von Ihnen noch die  „Sakramente gespendet“ bekommen?

Das Schlimme ist, ich müsste dies über mich ergehen lassen – ohne mich dagegen wehren zu können. Ich könnte Sie noch nicht einmal von mir stoßen oder Ihre Hand abwehren, wenn Sie mich berühren wollte.

Ich müsste zusehen, wie Sie meine Enkelkinder berührten und könnte mich auch dagegen nicht wehren.

Aber innerlich, Herr L., innerlich würde ich schreien, glauben Sie mir.

Diese Angst könnte Bischof Ackermann uns Betroffenen nehmen – wenn er denn wollte. Aber offensichtlich will er nicht.  Denn er lässt weiter zu, dass Priester wie Sie weiterhin in der Seelsorge eingesetzt sind und Menschen unerträgliche Schmerzen zufügen.

Bleibt an dieser Stelle nur noch,  an die  Priester zu appellieren, die sich angesprochen fühlen:
Ihr habt Euren Job, den Ihr als „Berufung“ deklariert, verfehlt – aber völlig. „Im Namen des Herrn“ und unter dem Aspekt der „Nächstenliebe“ hat man Euch Kinder und Jugendliche anvertraut, deren Seelen ihr zerstört habt und die bis an ihr Lebensende unter den Folgen des Missbrauchs zu leiden haben.

Und auch die Kinder, die auf Ihrem kinderpornografischen Material zu sehen waren, Herr L.,  werden nicht von den Folgen verschont bleiben.


Was hier gerade geschieht, Herr L. ist exemplarisch für die Vorgehensweise Eurer Exzellenz, dem Missbrauchsbeauftragten Bischof Dr. Stephan Ackermann:


Es wird weiterhin nicht mit offenen Karten gespielt, es wird weiter versucht, zu vertuschen und die Wahrheit zu verschweigen. Die Kommunikation findet - wenn überhaupt - auf Umwegen statt. Und der Täter steht da mit erhobenem Zeigefinger und beklagt sich über das Opfer, weil er sich in seinen Rechten verletzt fühlt.


Und die eigentliche Problematik wird dabei von der Kirche weiter unter den Teppich gekehrt.


Mit freundlichen Grüßen,




Claudia Adams



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Beispiel des Umgangs des Missbrauchsbeauftragten der katholischen Kirche, Bischof Dr. Stephan Ackermann, anhand eines Priesters, der wegen Besitzes kinderpornografischen Materials verurteilt wurde:

  • 01.07.2007 - Ernennung:


Andrzej L., Vikar, Völklingen St.     Eligius, Völklingen (Hermann-Röchling-Höhe) St. Konrad und Völklingen St. Michael, mit Wirkung vom 1. August 2007 zum Pfarrverwalter mit dem Titel „Pfarrer“ von Großkampenberg St. Hubertus, Eschfeld St. Luzia, Harspelt Maria Geburt und Lützkampen St. Martin zunächst befristet bis zum 31. Juli 2010;

  • 01.08.2008 - Inkardinierung:


Es wurde inkardiniert und in den Verband des Bistumsklerus aufgenommen:
Andrzej L.,  Pfarrverwalter mit dem Titel „Pfarrer“, Großkampenberg St. Hubertus, Eschfeld St. Luzia, Harspelt Maria Geburt und Lützkampen St. Martin, mit Wirkung vom 1. Januar 2008.

  • 03.11.2008 - Eifeler Pastor soll Kinderpornos besessen haben

Weil er pornographische Kinderfotos besessen haben soll, ermittelt die Saarbrücker Staatsanwaltschaft gegen einen 37-jährigen katholischen Geistlichen aus der Nord-Eifel. Das Bistum hat den Pastor inzwischen beurlaubt.

  • 01.12.2008 - Entpflichtung


Andrzej L., Pfarrer, am 11. November 2008 als Pfarrverwalter von Großkampenberg St. Hubertus, Eschfeld St. Luzia, Harspelt Maria Geburt und Lützkampen St. Martin;


  • 01.11.2010 - Ernennung


Andrzej L., Krankenhausseelsorger, Mayen, mit Wirkung vom 28. November 2010 zum Krankenhauspfarrer des St. Elisabeth-Krankenhauses in Mayen;

Quelle: Bistum Trier / Trierischer Volksfreund