Das Selbstbestimmungsrecht ist sogar vom Bundesverfassungsgericht abgesegnet. Die Frage, ob die Missbrauchsfälle darunter zu fassen sind, hat das Gericht noch nicht entschieden, allerdings haben sieben Verfassungsrichter die höchsten päpstlichen Orden. Das haben Vertreter anderer Institutionen in Deutschland bis dato nicht geschafft.
Aber sexueller Missbrauch ist eine gesetzeswidrige Handlung.
Darum geht es nicht. Es geht um den Artikel 4 des Grundgesetzes und ganz entscheidend darum, dass 1949 von den Weimarer Kirchenartikeln ein Absatz zur Religionsfreiheit nicht übernommen wurde. Darin heißt es, dass durch die Religionsfreiheit Staatsgebote nicht beeinträchtigt werden, Gesetze also Vorrang vor Religionsgeboten haben. Das wurde einfach gestrichen. Die Sonderrolle der Kirche ist nur möglich, weil dieser eine Satz nicht übernommen worden ist. Genaugenommen sind das Mafiastrukturen. Das eigene Personal wird vor staatlichen Zugriffen geschützt und nach eigenen Regeln sanktioniert. Und auch wenn die Kirchen durch die Kritik jetzt dünnhäutiger geworden sind und sich bemühen, mit staatlichen Stellen zusammenzuarbeiten, bleiben die Kirchen ein rechtseigener Raum innerhalb unserer Staatsordnung.
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Carsten Frerk, Jahrgang 1945, Politologe und Sozialwissenschaftler (Dr. rer. pol.) arbeitet als freier Autor und Publizist. Eines seiner Hauptarbeitsgebiete ist das Verhältnis von Staat und Kirchen in Deutschland, wozu er mehrere Recherchen als Bücher veröffentlicht hat.
Zuletzt erschien im November von Carsten Frerk: „Kirchenrepublik Deutschland“ (Alibri Verlag, 303 S., 18 Euro). Weitere Bücher: „Gottes Werk und unser Beitrag. Kirchenfinanzierung in Österreich“ (mit Christoph Baumgarten); „Violettbuch Kirchenfinanzen: Wie der Staat die Kirchen
finanziert“; „Caritas und Diakonie in Deutschland; „Die Kirche im Kopf. Von „Ach, Herrje!“ bis „Zum Teufel!“ (mit Michael Schmidt-Salomon).