Grenzverletzungen (RO Präv. A. II. Nr. 2 Pkt. 3)
Grenzverletzungen sind im Kontext der Rahmenordnung Handlungen, die unterhalb der Schwelle der Strafbarkeit liegen. Sie beschreiben im pastoralen oder erzieherischen sowie im betreuenden oder pflegerischen Umgang mit Kindern und Jugendlichen oder erwachsenen Schutzbefohlenen ein einmaliges oder gelegentliches unangemessenes Verhalten, das nicht selten unbeabsichtigt geschieht. Dabei ist die Unangemessenheit des Verhaltens nicht nur von objektiven Kriterien, sondern auch vom Erleben des betroffenen Menschen abhängig. Persönliche Grenzen können sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Diese Unterschiedlichkeit ist zu respektieren. Grenzverletzungen sind häufig die Folge fachlicher bzw. persönlicher Unzulänglichkeiten einzelner Personen oder eines Mangels an konkreten Regeln und Strukturen.
Beispiele:
- Missachtung persönlicher Grenzen (z. B. tröstende Umarmung, obgleich dies dem Gegenüber unangenehm ist),
- Missachtung der Grenzen der professionellen Rolle (z. B. Gespräch über das eigene Sexualleben),
- Missachtung von Persönlichkeitsrechten (z. B. Verletzung des Rechts auf das eigene Bild durch Veröffentlichung von Bildmaterial über Handy oder im Internet),
- Missachtung der Intimsphäre (z. B. Umziehen in der Sammelumkleide eines Schwimmbads, obwohl sich ein Mädchen oder ein Junge nur in der Einzelkabine umziehen möchte).
2. Der Begriff sexualisierte Gewalt im Sinne dieser Rahmenordnung umfasst neben strafbaren sexualbezogenen Handlungen auch Grenzverletzungen und sonstige sexuelle Übergriffe.
Die Rahmenordnung bezieht sich somit
• sowohl auf Handlungen nach dem 13. Abschnitt sowie weitere sexualbezogene Straftaten des Strafgesetzbuches (StGB)
• als auch auf solche nach can. 1395 § 2 CIC in Verbindung mit Art. 6 § 1 SST1 , nach can. 1387 CIC in Verbindung mit Art. 4 § 1 n. 4 SST wie auch nach can. 1387 § 1 CIC in Verbindung mit Art. 4 § 1 n. 1 SST, soweit sie an Minderjährigen oder Personen begangen werden, deren Vernunftgebrauch habituell eingeschränkt ist (Art. 6 § 1 n. 1 SST).
• Zusätzlich findet sie unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls Anwendung bei Handlungen unterhalb der Schwelle der Strafbarkeit, die im pastoralen oder erzieherischen sowie im betreuenden oder pflegerischen Umgang mit Kindern und Jugendlichen und erwachsenen Schutzbefohlenen eine Grenzverletzung oder einen sonstigen sexuellen Übergriff darstellen.