Donnerstag, 25. Januar 2018

Die Reaktion des Papstes auf einen Missbrauchsskandal wirft die Frage auf: Wie geht man richtig mit Tätern und Opfern um?

Während des Papstbesuchs in Chile, am Rande eines Gottesdienstes, wurde der Papst auf den chilenischen Bischof Juan Barros, 61, angesprochen. Missbrauchsopfer werfen dem Bischof vor, von Verbrechen gewusst und geschwiegen zu haben. Die Antwort von Franziskus: "Alles ist Verleumdung. Ist das klar?"- Tatsächlich sind die Vorwürfe gegen Barros unbewiesen. Doch die harschen Worte des Papstes lösten auch bei seinen Verbündeten Befremden aus. Sie fügten den Überlebenden sexuellen Missbrauchs "großen Schmerz" zu, erklärte Bostons Kardinal Sean O’Malley, Vorsitzender der päpstlichen Kinderschutzkommission. Betroffene würden ins Abseits gestellt, wenn man ihnen signalisiere: Wer Vorwürfe nicht belegen kann, dem glaubt man nicht.

Missbrauchsopfer sind darauf angewiesen, dass man ihnen glaubt, wenn sie aussprechen, was ihnen von Tätern (und Vertuschern) angetan wurde. Ohne Vertrauensvorschuss ist Aufarbeitung von Missbrauch unmöglich. Zugleich aber haben bezichtigte Personen das Anrecht auf ein faires Verfahren, zu dem auch die Unschuldsvermutung gehört. Wie sollen nun die Verantwortlichen, denen ein Missbrauchsvorwurf zugetragen wird – ob Papst, Bischof, Betriebschef, Schulleiter – gerecht bleiben?

Hans Zollner: "Meine Erfahrung als Jesuit und Schulleiter, dem Missbrauchsfälle angezeigt wurden, lautet: Man muss Betroffenen einen positiven Vertrauensvorschuss gewähren. Die Unschuldsvermutung geht mit einem methodischen Misstrauen gegenüber Anzeigen und Bezichtigungen einher – und muss es auch. Deswegen darf man das Problem nicht einfach den Juristen zuschieben. Die Entscheidungssituation ist also unausweichlich: glauben oder nicht glauben."

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