Donnerstag, 21. September 2023

Bistum Trier : Causa Dillinger: Betroffene von Edmund Dillinger werden weiterhin gebeten, sich zu melden

  • Schwierige Ausgangslage im Fall Dillinger: 7.000 Fotos aus dem Nachlass Dillingers sind von der saarländischen Polizei vernichtet worden, außerdem fünf Aktenordner, eine ganze Serie von Terminkalendern, in denen Dillinger minutiös alles notiert hatte, einschließlich Flugdaten. Das hätte uns sehr viel weitergeholfen, um an Leute heranzukommen, sagt Ingo Hromada.
  • Dillinger fällt als Priester und Religionslehrer in Hermeskeil erstmals auf: Im Juli 1965 kam Edmund Dillinger als Kaplan in die Pfarrei St. Peter in Bitburg. Ab August unterrichtete er katholische Religion am Neusprachlichen Gymnasium in Hermeskeil. Er war in dieser Zeit auch in der Pfarrgemeinde St. Martin in Hermeskeil im Einsatz. In dieser Zeit fiel Dillinger zum ersten Mal wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs auf. 1970 wurde er beurlaubt, er ging zum Studium nach Köln. Weitere Konsequenzen gab es für den Priester nicht. Das Bistum Trier entzog ihm erst 2012 das Recht, Messen zu lesen.
  • Schwierige Suche nach Opfern Dillingers: Schon zu Beginn ihrer Mission riefen Jürgen Brauer und Ingo Hromada mögliche Missbrauchsopfer Dillingers dazu auf, sich zu melden. Mit drei Betroffenen konnten sie bis heute sprechen.
  • Verein Missbrauchsopfer im Bistum Trier bleibt skeptisch: Mitte Mai gab es ein Treffen der beiden Staatsanwälte mit dem Verein "MissBit", Missbrauchsopfer im Bistum Trier. So hofften sie, mit weiteren möglichen Opfern Dillingers sprechen zu können. Die kennt der Verein eigenen Angaben nach. Doch Vertreter von MissBit reagierten reserviert, äußerten Vorbehalte gegenüber dem Projekt und Zweifel an der Unabhängigkeit der Studie. Für "MissBit" gebe es Bedingungen, sollte der Verein mit dem Projekt zusammenarbeiten. "Unsere Priorität ist es, die Betroffenen zu schützen. Da müssen Bedingungen erfüllt sein, um danach vertrauensvoll miteinander zu arbeiten, das ist nicht gelungen.", sagte Schell.
  • Projekt sucht weiter nach Betroffenen: Das Projekt zum Aufarbeiten des Falls Dillinger hofft weiter, dass sich Missbrauchsopfer bei ihnen melden und mit ihnen reden. Die beiden Staatsanwälte im Ruhestand haben 25 Namen von afrikanischen Stipendiaten herausfinden können und versuchen, mit ihnen in Kontakt zu treten. auch Opfer Dillingers aus Bitburg, Hermeskeil, Saarlouis, der Region Köln und Fulda wären der Schlüssel, um in dem Projekt weiterzukommen, sagen sie.
  • Viele Interviews mit Zeugen aus Dillingers Zeit als Religionslehrer geführt: Brauer und Hromada haben inzwischen 25 Interviews mit Menschen geführt, die Edmund Dillinger kannten, vor allem aus seiner Zeit am Max-Planck-Gymnasium Saarlouis, wo er von 1979 bis 1999 Religionslehrer war. Drei Befragte sagten, sie hätten sexuelle Übergriffe Dillingers auf andere beobachtet. Über Dillingers Verhalten wurde viel geredet, Gerüchte wurden verbreitet und verfestigten sich. Doch ganz konkrete Informationen für die Studie kamen bei den Befragungen von Zeitzeugen kaum heraus.
  • Mehr als 4.000 Fotos ausgewertet: Die Staatsanwaltschaft Mainz hat dem Projekt zum Fall Dillinger schon Akteneinsicht gewährt. Dabei ging es um Material, das der Neffe des verstorbenen Priesters an sich genommen hatte. Nach Informationen der Staatsanwaltschaft Mainz wurden 4.385 Fotos ausgewertet, Dias und Papierfotos. Keines der Fotos enthalte kinderpornografische Darstellungen. 10 Fotos zeigten strafrechtlich relevante jugendpornografische Darstellungen, 12 weitere Fotos hätten Motive, die sich im Grenzbereich zur Jugendpornografie befänden.
  • Hatte Dillinger Zimmer und Dusche mit jungem Afrikaner geteilt? Anfang der 1970er Jahre gründete Edmund Dillinger nach einer Reise nach Kamerun ein Afrika-Hilfswerk. Es stand im Zusammenhang mit dem Cartellverband katholischer deutscher Studentenverbindungen, deren Seelsorger Dillinger war. Das Hilfswerk finanzierte auch Stipendien für afrikanische Auszubildende und Studenten, die Dillinger teilweise auch in seinem Haus in Friedrichsthal im Saarland unterbrachte. Ein Informant sagte den Machern der Studie, Dillinger sei 1986 bei einer Reise nach Rom in Begleitung eines jungen Mannes aus Afrika gewesen, mit dem er ein Zimmer geteilt und mit dem er gleichzeitig die Dusche genutzt hätte.
  • Dillinger soll auf Afrikareise einen anderen Namen benutzt haben: Ein Zeitzeuge berichtete für die Studie von einer von Dillinger geleiteten Reise nach Kamerun 1986. Dillinger habe während der zwei Wochen darauf bestanden, mit dem Pseudonym Eric Delay angesprochen zu werden. Die Mitreisenden hätten ihn außerdem als ihren Vater bezeichnen sollen, weil das in Afrika erforderlich sei und so sein müsse. Der Zeitzeuge vermutete, Dillinger habe sich in Afrika Freiräume verschaffen und nicht als Priester erkannt werden wollen.
  • Schwierige Suche nach Opfern sexuellen Missbrauchs Dillingers in Afrika: Mögliche Opfer Dillingers in Afrika zu finden, sei schwierig. Er hatte viele Reisen unternommen. Aber weil die Terminkalender von der saarländischen Polizei verbrannt wurden, sei es kompliziert die genauen Daten nachzuvollziehen, so die Ermittler. In vielen afrikanischen Ländern ist Homosexualität gesellschaftlich geächtet und wird noch immer strafrechtlich verfolgt. Mögliche Opfer Dillingers, die sich jetzt melden, gehen also ein hohes Risiko ein, was viele abschrecken dürfte. Über Kontakte ehemaliger Studenten aus Kamerun und den Verein Partnerschaft Rheinland-Pfalz-Ruanda versuchen Brauer und Hromada, weiter zu kommen.
  • Was noch getan werden soll: Der erste Zwischenbericht der Studie zum Fall Dillinger ist mehr eine Art Rechenschaftsbericht. 40 digitale Fallakten sind bisher angelegt. Bei vielen Behörden wurde Akteneinsicht beantragt. Informationen mit der Universität Trier und der dort laufenden historischen Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Bistum Trier wurden ausgetauscht. Auch Medienberichte zum Fall Dillinger wurden ausgewertet. Die Auswertung vieler Akten steht noch aus, unter anderem die Akten der Staatsanwaltschaft Trier bezüglich der Anzeige des Bistums Trier gegen Dillinger aus dem Jahr 2012.
  • Bewertung der Ergebnisse erst im Abschlussbericht: Jürgen Brauer und Ingo Hromada machen deutlich, ihr Zwischenbericht biete noch keine Analyse oder Bewertung des Falls Dillinger oder des Umgangs des Bistums Trier mit Missbrauchsfällen. Sie legen in ihrem ersten Zwischenbericht offen, was sie bisher unternommen haben, um Licht in den Fall Dillinger zu bringen. Viel Arbeit stehe aber noch aus. Das Projekt ist auf neun Monate angelegt. Ein weiterer Zwischenbericht ist in drei Monaten geplant. Eine Bewertung der Erkenntnisse soll es erst im Abschlussbericht geben.
  • Zeitzeugen und Missbrauchsopfer von Dillinger weiter gesucht: Was im Wesentlichen für die Studie zum Fall Dillinger noch fehlt sind weitere Menschen, die von sexuellem Missbrauch durch den Priester betroffen sind. Auch nach dem Veröffentlichen ihres Zwischenberichts haben Brauer und Hromada die Hoffnung nicht ganz aufgegeben, dass sie Vertrauen bekommen. (Quelle: "swr.de")