„Tatort“ im Check - War der Missbrauch in der Katholischen Kirche wirklich systematisch?
Der „Tatort: Schweigen“ lässt Kommissar Falke (Wotan Wilke Möhring) in einen Fall von systematischem Missbrauchs in der Katholischen Kirche ermitteln. Auf welchen wahren Fall spielt der Plot an? Wer war die ungewöhnliche Gast-Kommissarin? Und wo in Deutschland liegt dieses malerische Kloster?
Der „Tatort“, Deutschlands liebstes Krimikind, greift seit 1970 immer wieder Phänomene und Krisen des Landes in Form gesellschaftlich relevanter 90-Minüter auf. Umso erstaunlicher, dass es bisher noch keinen Fall zu den Missbrauchsskandalen in den Kirchen gab.
Vor allem die Katholische Kirche steht dabei seit 2010 stark im Fokus. War der Missbrauch von Kindern und Jugendlichen in der Kirche tatsächlich systematischer Natur? Wie funktionierte dieses System? Kooperierte die Kirche beim Filmprojekt?
Worum ging es wirklich?
Seit 2010 wird der Kindesmissbrauch in der Katholischen Kirche im größeren Stile untersucht und offengelegt. Auch die Kirche selbst beteiligt sich. 2018 wurde eine große Studie im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz veröffentlicht, die auf Basis der Jahre 1946 bis 2014 zeigte, dass in Deutschland rund 3.700 Kinder und Jugendliche von 1.670 Tätern sexuell missbraucht worden waren. „Tatort“-Routinier Stefan Dähnert ließ sich für seinen Film von einem konkreten Fall inspirieren, der bei der Staatsanwaltschaft Saarbrücken anhängig ist.
„Ein Polizeibeamter hatte im Haus seines verstorbenen Onkels nach dessen Geburtsurkunde gesucht für die Beerdigung - und kinderpornografisches Material gefunden“, erzählt Dähnert. „Der Priester aus dem Bistum Trier hatte Tausende Fotos und Dias. Vermutlich wurden diese Fotos in bestimmten Kreisen rumgereicht. Man dachte ja, man hat schon alles über den Missbrauch in der Katholischen Kirche erfahren. Aber dass es Priester gab, die Kinder untereinander geteilt haben, das wurde uns hier erst klar.“
Darf man von „systematischem Missbrauch“ durch die Kirche sprechen?
Ja, das bestätigte die Staatsanwaltschaft Saarbrücken auf Anfrage von NDR-Autor Dähnert. Der Verfasser des „Tatort“-Drehbuchs berichtet: „Ich habe dann bei der Staatsanwaltschaft nachgefragt: Wenn wir behaupten, es hat in der Katholischen Kirche einen Pädophilen-Ring gegeben, kriegen wir dann Ärger? Die Antwort lautete: nein. Leider ist sehr viel wahr an unserer Geschichte.“
Auch wenn die Katholische Kirche sich an der Aufklärungsarbeit beteiligt, steht die langjährige Praxis der Kirche in der Kritik, Täter zu decken, anstatt dem Rechtssystem zu übergeben. Gedeckt von Kirchenoberen zog man die Täter lieber „intern“ ab und versetzte sie an neue Stellen, wo sie oft neuen Missbrauch begingen.
Warum gab es gerade in der Katholischen Kirche so viel Missbrauch?
Die Klischee-Antwort lautet: Weil katholischen Priestern im Zölibat leben, der Ehe und auch sexuelle Beziehungen verbietet. Diese würden dann im Sinne der Triebabfuhr „undercover“ von den Geistlichen ausgelebt.
„Tatort“-Autor Stefan Dähnert ist jedoch anderer Ansicht: „Ich glaube, man macht es sich zu einfach, wenn man sagt, durch die Enthaltsamkeit stauen sich so viele sexuelle Triebe auf, die müssen einfach mal raus. Ich glaube vielmehr, dass Menschen mit pädophiler Neigung sich bewusst in den Zölibat begeben, um ihre Sexualität in den Griff zu bekommen. Dieses Grundübel macht die Katholische Kirche zu einem Sammelbecken von Menschen, die Probleme mit ihrer Sexualität haben.“
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