Niederfischbach: In den 60er-Jahren sei der Missbrauch geschehen. Der mutmaßliche Täter: wird über Nacht aus der Gemeinde genommen. Der Betroffene leidet bis heute. Und er beklagt: Die Opfer sind es, die immer wieder die Initiative zur Aufarbeitung ergreifen müssen.
TV-Bericht im Jahr 2010 über Missbräuche löst in ihm "eine Lawine aus"
Der Bericht katapultiert ihn zurück in die Zeit der 60er-Jahre, öffnete Türen zu Erinnerungen, die er ganz weit nach hinten geschoben hatte. In diesem Moment kommen sie hervor und er will darüber sprechen. Erstmalig erzählt er seiner Frau davon. Und noch einmal mehrere Jahre später schreibt er eine Nachricht an den aktuellen Pfarrer. Nach Niederfischbach, seine alte Heimat.
Nicht das einzige Opfer
Er erzählt: Ihm persönlich sei mindestens ein weiteres Opfer bekannt und ihm sei zu Ohren gekommen, dass jemand in Trier einen Missbrauchsfall gemeldet hat und es dann zu einer Versetzung kam. Im Stillen und quasi „über Nacht“ wurde der Pfarrer dann versetzt.
Bischof Georg Bätzing, dessen Heimatgemeinde Niederfischbach ist, geht in seinem Buch „Rom ist kein Gegner“ in einem Kapitel kurz auf die Vorfälle ein.
Auffallende Vita des Pfarrers
Der Lebenslauf des verstorbenen Pfarrers ein: Zunächst Aufenthalt in einem Kloster, später dann unter anderem der Einsatz in einem Altenheim. Eine solche Vita spreche „für sich“. Auch wenn der Pfarrer nie als Täter geführt worden sei. Der Betroffene berichtet: Es habe damals in der Gemeinde sogar Proteste gegen die plötzliche Versetzung gegeben – was wiederum ihn, das Opfer, geärgert habe. Danach aber sei das Thema viele Jahre nicht mehr existent für ihn gewesen. Bis ins Jahr 2010.
Er wandte sich in einer Mail an das Bistum in Trier, suchte Hilfe bei einer Beratungsstelle der Caritas, nahm an zwei Veranstaltungen mit Bischof Dr. Stephan Ackermann teil.
Nach den Begegnungen mit Ackermann sei für ihn klar gewesen: „Das wird jetzt alles aufgearbeitet“. Aber: Seine Hoffnung, seine Erwartungen seien enttäuscht worden.
„Letztendlich will man mit dem Thema nichts zu tun haben“,
so sein bitteres Fazit. Was ihn besonders umtreibt: Zwar gebe es „Sonntagsreden“, aber nie sei die Kirche die Aufarbeitung von selbst angegangen, sondern immer hätten das die von Missbrauch Betroffenen selbst tun müssen: „Die Kirche als Institution lehnt sich zurück.“
Auch von Bischof Bätzing hätte er sich frühere und konkretere Schritte gewünscht.
Betroffenen endlich eine Stimme geben
So haben die Schilderungen des Betroffenen das Leitungsteam dazu veranlasst, zu einem Abend zum Thema „Sexualisierte Gewalt im Raum der katholischen Kirche in Niederfischbach von 1963 bis 1969″ zu laden. Jeder ist zu dieser Veranstaltung in geschütztem Rahmen geladen. Sie findet statt am 16. Januar (19.30 Uhr) im Mehrzweckraum der Ortsgemeindeverwaltung. Zu der Veranstaltung heißt es: „Betroffene leben bis heute noch mit den Folgen dieser Gewalt und wir möchten dazu beitragen, dass sie eine Stimme bekommen.“ (den vollständigen Artikel auf "siegener-zeitung.de" lesen)