Dienstag, 23. Oktober 2018

Bistum Trier: Die erschütternde Ignoranz des Bischofs - ein Kommentar

Während Bischöfe aus anderen Bistümern ihr eigenes Versagen oder zumindest das ihrer Vorgänger einräumen,  während im Bistum Hamburg ein Beirat aus Betroffenen hinzugezogen wird, der Wissenschaftler mit der Untersuchung der Vorfälle beauftragen und begleiten soll, während der Hildesheimer Bischof sich dafür ausspricht, dass Akten auch für Externe geöffnet werden sollen, während der Freiburger Bischof angibt, Gespräche mit Betroffenen suchen zu wollen, während der Bamberger Bischof nach der MHG-Studie berichtet, dass sich weitere Betroffene gemeldet haben, deren Fälle bisher nicht aktenkundig waren, während das Bistum Berlin öffentlich Betroffene dazu aufruft, sich zu melden,  sendet der Missbrauchsbeauftragte, Bischof Ackermann in seinem eigenen Bistum selbst ein folgenschweres und katastrophales Signal an die Betroffenen: "Betroffene unerwünscht!" - Hinweise auf weitere Betroffene und Täter? Ebenso unerwünscht. 

"Die Betroffenen müssen sich schon selber melden" heißt es weiterhin seitens des Generalvikariates in Trier.  So war es bereits vor der MHG-Studie, so ist es auch nachweislich danach. Nur ein Beispiel, wie das Bistum Trier mit Hinweisen über weitere Betroffene und mutmaßlichen Tätern umgeht:  So informierte ich vor einiger Zeit das Generalvikariat darüber, dass es ernstzunehmende   Hinweise auf ein weiteres Opfer und einen weiteren mutmaßlichen Täter im Bistum Trier gäbe.  Daraufhin wurde mir in aller Deutlichkeit mitgeteilt, dass man Hinweisen erst nachginge,  wenn sich ein Betroffener selber beim Bistum Trier melden würde. Überraschenderweise wandte sich  innerhalb weniger Tage der Bruder des mutmaßlichen Täters schriftlich  an mich und gab an, vom Bistum Trier über meine Hinweise informiert worden zu sein. Es folgte eine Klageandrohung seitens des Bruders mir gegenüber.  Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei dem Opfer um das einzige Opfer handelt, ist recht gering. Ob die Akte dieses Priesters auch zu denen gehörte, die in die MHG-Studie einflossen , bleibt offen. -  Und die Signalwirkung? Verheerend! - Jegliche Hinweise, die dazu beitragen können, die Wahrheit ans Licht zu bringen, waren und bleiben -  offensichtlich auch weiterhin -  unerwünscht.  Hinweise können demnach noch so plausibel und glaubwürdig sein.   Dass es verständliche und nachvollziehbare Gründe dafür gibt,  dass Betroffene sich nicht an die Kirche wenden, das sollte inzwischen auch schon bis zum Missbrauchsbeauftragten der DBK, Bischof Stephan Ackermann, vorgedrungen sein. - Sollte man meinen. 

Der Missbrauchsbeauftragte der DBK, Bischof Ackermann selbst,  sucht allerdings keinen Kontakt zu Betroffenen. Auch bietet er keine Gespräche an. Er ruft auch nicht dazu auf, dass Betroffene sich weiterhin melden sollen. Ganz zu schweigen von dem Versprechen einer zukünftigen Einbindung der Betroffenen. Ackermann sagte bis heute nicht: "Ich habe nichts zu verbergen".  Ackermann bot auch keine externe Untersuchung in seinem Bistum an. Im Gegenteil: Nach der MHG-Studie tauchten weitere Fragen und Ungereimtheiten auf, auf die es bis heute keine Antworten gibt. 

Stattdessen verirrt Ackermann sich nun in einem neuen "Projekt". Kirchenintern - versteht sich. Als scheine er davor zu fliehen, sich seiner eigenen Verantwortung zu stellen.  Es fällt auf, dass Ackermann lediglich  auf der Suche nach Erklärungen ist, die auch sein dürfen. Was nicht sein darf und was nicht sein durfte - wird Ackermann auch nicht erklären dürfen.  Dazu gehört auch, dass Ackermann, der stets im übermächtigen Schatten seines Vorgängers steht,  vermutlich niemals den ehemaligen Bischof von Trier und heutigen DBK-Vorsitzenden Kardinal Marx belasten und zur Verantwortung ziehen dürfte. Zudem würden die Konsequenzen, die Ackermann gegenüber Marx einfordern müsste, auch Ackermann selbst betreffen. Doch dazu fehlt Ackermann Rückgrat. - Und Mut.

Dabei läge nichts näher, als die Antwort auf die Frage,  wie das alles hatte geschehen können,  in seinem eigenen Bistum zu suchen. Bei seinen Vorgängern, also unter anderem auch bei Kardinal Marx - und bei sich selbst. Gerade in seinem eigenen Bistum dürfte Ackermann die meisten Antworten finden. Exemplarisch und stellvertretend für alle anderen Bistümer. Die Forderung, die inzwischen seit acht Jahren  auf dem Tisch liegt, lautet: Zuhören. Hinschauen statt wegschauen. Eingestehen. Verantwortung für das eigene Versagen übernehmen und Konsequenzen ziehen. Und: Handeln statt leerer Worte. 

Es ist  auffallend, mit welcher Krampfhaftigkeit Ackermann versucht, Schuldige und Verantwortliche  zu suchen, die es offiziell gar nicht geben darf. Und mit welcher ebenso großer Krampfhaftigkeit er sich dagegen  wehrt, selbst einer von denen zu sein, die sich ihrer Verantwortung stellen und endlich Konsequenzen ziehen müssen. Auffallend, wie Ackermann immer weitere Studien und Projekte inszeniert und konstruiert,  die Antworten darauf geben sollen, wie das alles geschehen konnte. Aber auch hier gelten kirchliche Prioritäten:  Es gilt, nur das preiszugeben, was sich nicht vermeiden lässt. Die Kirche behält die Kontrolle. Verantwortlichkeiten bleiben verborgen, dürfen nicht nachvollziehbar sein.  Eine Rekonstruktion? Schier unmöglich. -   Auffallend, wie Ackermann sich immer weiter verrennt. Nur, um nicht mit der Problematik im eigenen Bistum konfrontiert zu werden. Nur nicht den Kontakt zu Betroffenen suchen und denjenigen zuhören, die den Mut aufbrachten, ihr Schweigen zu brechen - und offensichtlich erneut zum Schweigen gebracht werden sollen.  Nur keinen externen Profis einen Blick in die Originalakten eingestehen. - Es ist allzu offensichtlich, dass es im Bistum Trier noch sehr viel zu verbergen gilt.

Man müsste dem Missbrauchsbeauftragten der DBK,  Bischof Ackermann, endlich  einen Spiegel vorhalten.  Vermutlich wäre der Anblick für Ackermann erst einmal  schwer zu ertragen. Und auch schmerzhaft. Aber möglicherweise auch wachrüttelnd.  - Der Schaden, den Ackermann mit seiner Ignoranz - nicht nur den Betroffenen gegenüber - anrichtet, ist enorm.  - Vermutlich wird er aber in spätestens  acht Jahren erneut vor der Presse stehen und abermals mit seiner typischen Runzelfalte-auf-der-Stirn-Mimik "bedauern",  was er bereits 2010 "bedauerte": "Wir haben Fehler gemacht. Wir hätten uns mehr um die Opfer kümmern und sie in den Vordergrund stellen müssen. "  - Denn darin ist er tatsächlich Profi. 

Claudia Adams