Sonntag, 30. Dezember 2018

Bistum Trier: Bilanz zum Jahresende



  • Seit 2010 meldeten sich beim Bistum Trier 140 Betroffene, die 75 Priester beschuldigten. Von den beschuldigten Priestern waren 42 bereits verstorben,  33 von ihnen leben noch (Stand: 09/2018). Laut Angaben des Bistums flossen diese Zahlen nicht in die MHG-Studie ein. 
  • Im Rahmen der MHG-Studie wurden im Bistum Trier 4.680 Personalakten ausgewertet.
  • Insgesamt wurden im Bistum Trier 148 Hinweise auf Beschuldigte gefunden.
  • Laut MHG-Studie gab es im Bistum Trier 442 Betroffene, von denen 252 männlich und 190 weiblich waren / sind. Diese Zahlen beziehen sich auf den Zeitraum von 1946 - 2014.
  • Es gab 16 kirchenrechtliche Verfahren. Ein Priester wurde laisiert, zwei Priester wurden aus dem Klerikerstand entlassen (ein weiterer auf eigenen Antrag), sieben Priester mit einem öffentlichen Zelebrationsverbot belegt und in einem Fall hat die römische Glaubenskongregation ein gerichtliches Strafverfahren angeordnet. In weiteren Fällen wurden zeitliche Zelebrationsverbote oder Disziplinarmaßnahmen verhängt
  • Außerdem gab es 54 Verfahren vor staatlichen Gerichten, von denen 25 eingestellt wurden und 4 Verfahren mit Freispruch endeten. In 16 Fällen kam es zu Freiheitsstrafen.
  • Insgesamt gab es 104 Anträge auf Anerkennungsleistungen, 96 Anträge wurden bewilligt, in acht Fällen erkannte das Bistum Trier die Vorwürfe nicht als plausibel an. 
  • Das Bistum Trier hat bislang bei 12 Betroffenen rund 69.000 Euro an Therapiekosten bezahlt
  • Gezahlt wurden 475 500 Euro, im Schnitt keine 5.000 Euro pro Opfer.


Samstag, 22. Dezember 2018

Bistum Trier: Wenn der Missbrauch verschwiegen wird : "Das Juwel von Biesdorf"

Wenn man plötzlich den eigenen Täter im Fernsehen sieht 
und das ehemalige Internat als "Juwel" bezeichnet wird


Täter in Großaufnahme / Quelle: SWR/RP


Der "SWR/ RP" berichtete am 19.12.2018 in seiner Sendereihe "Hierzuland" über "Die Klosterstraße in Biesdorf".   Das heutige Gymnasium wird darin als "Juwel" beschrieben und in den höchsten Tönen gelobt.   Der "Geist von Biesdorf", "die familiäre und vertraute Atmosphäre, streng, aber auch gerecht",  wird propagiert - und die Entstehungsgeschichte reflektiert. 


Betroffene, ehemalige Schüler und deren Angehörige reagieren auf den Bericht mit Entsetzen: "Eine absolut kritikwürdige Verdrängung von Gewalt, Missbrauch und Misshandlungen durch damalige Ordensangehörige" im heutigen St.-Josef-Gymnasium in Biesdorf."  Der Vorwurf der "Geschichtskittung" ist nachvollziehbar. Unter anderem wurde der Tatbestand der "sexuellen Gewalt  an Schutzbefohlenen in fortgesetzter Tathandlung"  festgestellt, einer der Täter gestand. Fakt ist: Die Verantwortlichen des Klosters haben damals ihre Aufsichts- und Fürsorgepflichten sträflich vernachlässigt, haben jahrzehntelang geschwiegen und der Orden ist bis heute nicht bereit, dieses Versagen anzuerkennen. 

Dieser Bericht ruft vieles wieder in das Bewusstsein zurück: Die Betroffenen werden nicht nur auf völlig unsensible Weise mit ihren Tätern konfrontiert, sondern müssen gleichzeitig auch erleben, wie die heutigen Verantwortlichen mit diesem Teil der Vergangenheit umgehen:  Wegschauen. Schweigen. Ignoranz.  Nicht nur der Geschichte des Gymnasiums  gegenüber, sondern auch  - und vor allem - gegenüber den Betroffenen. Und das heute, 2018. 

Für die Betroffenen ist es übrigens kein Teil der Vergangenheit, den sie ignorieren können. Sie leiden noch heute unter den Übergriffen. Manche von ihnen in unvorstellbarem Ausmaß.

Ein weiterer Schlag in das Gesicht der Betroffenen. 

Claudia Adams



Kritik an der Berichterstattung - ein Kommentar

Sowohl an das zuständige Team des SWR/RP aber auch zum Teil an diejenigen, die sich in diesem Bericht äußerten, und diesen Teil der Vergangenheit für nicht erwähnenswert hielten:  Es ist absurd, davon auszugehen, dass die Vergangenheit in der Gegenwart keine Rolle mehr spiele, indem man sie einfach ausblendet.  Die Vergangenheit hat uns geprägt, uns zu dem gemacht, was wir heute sind. Jeden Einzelnen von uns.  Sich der Vergangenheit nicht zu stellen, ist feige - aus welcher Motivation heraus auch immer. In seinem Privatleben kann und muss dies jeder mit sich selbst ausmachen. Wenn es sich jedoch um ein solch prägendes Kapitel der Vergangenheit handelt, in dem einer großen Anzahl von Schülern Leid widerfahren ist, unter dessen Folgen sie  noch Jahrzehnte später leiden, geht es nicht mehr um eine Privatangelegenheit. Es handelt sich hierbei um eine öffentliche Angelegenheit, die niemals in Vergessenheit geraten darf.  

Auch, wenn der Blick auf die Vergangenheit schwer fällt:  Es läge in der Pflicht der Verantwortlichen von damals und heute, diesen Teil der Vergangenheit auch "mit den Augen der Anderen"  sehen.  Das Erinnern ist ein wichtiger Bestandteil bei der menschlichen Entwicklung.  Und wer dem Hang zum Vergessen und Verdrängen widersteht, dem kann es auch gelingen, fest gefügte Reaktionsschemata zu durchbrechen. Dem verantwortlichen Orden, in diesem Fall die "Missionare von der Heiligen Familie" ist dies bis heute nicht gelungen.  - Den  heutigen Verantwortlichen in Biesdorf offensichtlich auch nicht.   Ob es den Schulträgern von heute überhaupt gelingen mag, den Umgang mit der Vergangenheit nicht noch weiter ad absurdum zu führen, indem man ihn ausblendet,  ist fraglich. 

Schließlich schmückt das heutige Gymnasium in Biesdorf auf seiner Homepage den  Absatz "Leitbild - die gesellschaftlichen Ziele" mit den  Attributen "Grundhaltung", "Streben nach Gerechtigkeit", "Übernahme von Verpflichtungen"  aus.  Dies mag zwar erstrebenswert klingen, jedoch scheint dies nur ein Idealbild zu sein, von dem das Gymnasium derzeit noch weit entfernt ist.   Das "Leitbild" wird durch das ausgewählte Foto, das einen Täter in Großaufnahme zeigt zum "Leidbild". - Es zeugt davon, wie taktlos und unsensibel die derzeitigen Verantwortlichen bis heute mit der Thematik umgehen. 

Ebenso sollte man sich hinterfragen, welche Signalwirkung das Verschweigen über die Geschehnisse hat, und welche Reaktionen so manche Aussage in diesem Bericht bei den Betroffenen auslöst. 

Wer über die Misshandlungen und den sexuellen Missbrauch am damaligen Internat in Biesdorf schweigt,  sollte sich schämen. Denn genau dieses Schweigen hat den Kollaps herbeigeführt, an dem wir uns heute befinden. 

Und dieser Bericht lässt deutlich erkennen, wo genau dieses Verschweigen im Jahr 2018 erneut beginnt. / ca



Dienstag, 11. Dezember 2018

Bistum Trier: "Kultur der Achtsamkeit" - für ein gutes Image. Missbrauch im Namen der Seelsorge.


Bischof Ackermann fordert "eine Kultur der Achtsamkeit für schutzbedürftige Erwachsene in Behinderten-, Alten- und Gesundheitshilfe sowie Psychiatrie, die wir bislang nicht im Blick hatten."

Das Anliegen stößt nicht in allen Einrichtungen auf Zustimmung. „Wir haben Personalknappheit, müssen viele andere Themen schulen und sind im Übrigen auch nicht zuständig dafür, das Image der Kirche in Fragen des sexuellen Missbrauchs wieder aufzupolieren“, heißt es auf Seiten der Skeptiker.

Die Befürworter des Schutzkonzepts erkennen auch in Pflegeeinrichtungen durchaus Möglichkeiten, übergriffig zu werden – etwa allein im Zimmer bei der Pflege oder im Nachtdienst. „Regelmäßige, nachhaltige Präventionsmaßnahmen verschaffen unseren Einrichtungen ein gutes Image“, hieß es  beim Fachtag in Essen.

bistum-essen.de


An Unglaubwürdigkeit nicht zu überbieten


Welch eine Scheinheiligkeit!  - Bereits 2012 ergaben Recherchen von "MissBiT", dass fast alle auffällig - aber auch zum Teil straffällig  - gewordene  Priester nach ihren "Vergehen" als Seelsorger in Krankenhäusern (z.B. in Losheim) und Altenheimen (z.B. in Wadgassen) eingesetzt wurden - auch in der Psychiatrie (z.B. im Klinikum Sonnenberg, Saarbrücken).  Unter der Regie des Missbrauchsbeauftragten, Bischof Dr. Ackermann, selbst.  Es hagelte Kritik. Besonders von den Mitarbeiter/innen der Einrichtungen, die den Einsatz von teilweise bereits straffällig gewordenen Sexualstraftätern bei Patienten als unhaltbar kritisierten. Und bereits im März 2012 wurde die Frage aufgeworfen, wie Bischof Ackermann mit auffällig gewordene Priestern umgehen wolle. „Ein Guantánamo für Täter gibt es nicht“, sagte Ackermann damals schulterzuckend. Eine Antwort auf die Frage nach dem Umgang mit den Tätern kann Ackermann bis heute nicht geben.  Was sich allerdings in den letzten Jahren nachweisen lässt, ist die Tatsache, dass Ackermann selbst auffällig gewordene Priester, Priester, die des Missbrauchs beschuldigt wurden und sogar vorbestrafte Priester weiterhin in der Seelsorge einsetzte.  

ca



+++ Aktualisierung +++

Missbrauch im Namen der Seelsorge

"Das Bistum Münster weist außerdem darauf hin, dass der nun beschuldigte Priester schon an zwei früheren Stationen auffällig geworden sei. So kam es 2006, als er Pfarrer in Ottmarsbocholt (Senden) war, zu sexuellen Annäherungen an einen Erwachsenen. Er musste sich daraufhin einer psychologischen Beratung unterziehen. Erneut kam es 2011 in Kevelaer zu für einen Priester unangemessenen Kontakten, im Sinne eines Austauschs elektronischer Nachrichten mit sexuellen Inhalten mit zwei erwachsenen Männern. Der Priester hat daraufhin eine längere Therapie gemacht. Experten kamen zu der Einschätzung, dass „ein weiterer Einsatz kein erhöhtes Rückfallrisiko bedeutet“. Alle diese Vorgänge werden der Staatsanwaltschaft zur weiteren Beurteilung übergeben. Angesichts der jüngsten Ereignisse in Bedburg-Hau erklärt das Bistum Münster, dass es – ungeachtet dieser Einschätzung – im Nachhinein ein Fehler gewesen ist, dem Priester wieder eine leitende Aufgabe in der Seelsorge zu geben. „Aus diesen Erfahrungen werden wir für die zukünftige Einsatzpraxis die notwendigen Konsequenzen ziehen“, sagt Personaldezernent Karl Render. (bistum-muenster.de)", 

„Aus diesen Erfahrungen werden wir für die zukünftige Einsatzpraxis die notwendigen Konsequenzen ziehen“, sagen sie. Versetzten  aber gleichzeitig weitere auffällig gewordene Priester in die Seelsorge. Nachweislich  noch im September 2018.  - Dem derzeitigen Münsteraner - und ehemaligen Trierer - Pressesprecher, Stephan Kronenburg, dürfte diese Vorgehensweise aus dem Bistum Trier nur all zugut bekannt sein. Bleibt zu hoffen, dass er  im Bistum Münster eine klügere Vorgehensweise wählt, hierfür Erklärungen zu kommunizieren  als seinerzeit im Bistum Trier.  - Vor genau dieser Herausforderung steht die Kirche übrigens seit spätestens 2011: Der Umgang mit auffällig gewordenen Priestern. De facto wurden noch im Jahr 2018 auffällig gewordene Priester in der Seelsorge eingesetzt.   

Beispiel: 

Münster, 12.06.2016:  Bischof Felix Genn hat zwei Priester des Bistums Münster von ihrem Dienst entpflichtet: Unter ihnen Pastor Gereon Beese - wegen "völlig unangemessenen" Verhaltens, wie die Bischöfliche Pressestelle am Sonntag mitteilte. Beese (52), der seit Sommer 2015 in Rheine tätig war, hatte den Angaben zufolge mit Jugendlichen Handynummern ausgetauscht und ihnen elektronische Nachrichten geschickt, bei denen sich die Verantwortlichen im Bistum Münster und in Rheine einig seien, dass sie in Inhalt und Form "völlig unangemessen und unklug für einen Geistlichen sind". Wegen desselben Verhaltens habe der Priester bereits im April vergangenen Jahres die Pfarrei in Lippetal verlassen. (kirchensite.de)

Münster, 25.09.2018: "Vor wenigen Tagen hat Pfarrer Gereon Beese seinen Dienst im Augustahospital Anholt angetreten. Pfarrer Beese ist zum Seelsorger in der neurologischen Fachklinik ernannt worden. Zugleich wird er rector ecclesiae der dortigen Krankenhauskapelle." (isselburg-live.de).

Samstag, 8. Dezember 2018

Bistum Trier: Wo beginnt die Null-Toleranz? - Wo endet sie?





Nach "körperlicher Intimität" zwischen Pfarrer und Flüchtling: Bischof Ackermann sprach von "Verfehlungen". Priester weiterhin im Einsatz.

Fast auf den Tag genau ist es inzwischen zwei Jahre her,  dass es im rheinland-pfälzischen Kirn zu einem tödlichen Unfall kam: Laut einer Polizeimeldung lief am 9. Dezember 2016 gegen 19.30 Uhr „plötzlich und unvermittelt“ ein 23 Jahre alter Mann vom Gehweg auf die Straße – und ließ einem Autofahrer keine Chance mehr, um auszuweichen. Der junge Mann starb später im Krankenhaus.

Ein Jahr darauf, im Dezember 2017,  wurden dann neue Informationen zu dem Suizid bekannt: Zu finden waren sie in dem Gemeindebrief der katholischen Pfarreiengemeinschaft Kirn. Unterzeichnet von dem damaligen Kirner Pfarrer:

Der Pfarrer schrieb, dass der 23-Jährige, der sich im Jahr zuvor das Leben genommen hatte, ein Flüchtling aus Syrien gewesen sei, der bei ihm Hilfe wegen einer schweren Traumatisierung gesucht habe. Weiter schrieb er: „Hier hat sich schließlich eine auch körperliche Intimität ergeben, die dieser Situation nicht angemessen war.“ Er habe die Distanz, die seine Rolle als Priester geboten hätte, nicht gewahrt. „Ich habe das Vertrauensverhältnis in nicht angemessener Weise ausgenutzt.“  - Er sei einfach überfordert gewesen.

Weiter hieß es: „Mit dem Bischof habe ich vereinbart, dass wir über meinen künftigen Einsatz als Priester erst gegen Ende der Therapie sprechen werden.“ Eine Sprecherin des Bistums Trier bestätigt das auf Anfrage. Es habe ein persönliches Gespräch mit dem Bischof gegeben, nach dem Ende der Therapie werde man schauen, wo der Pfarrer künftig eingesetzt werde. 

Warum ein Mann, der das Vertrauensverhältnis zu einem schwer traumatisierten Mann „in nicht angemessener Weise ausgenutzt“ hat, weiter für das Bistum arbeiten darf? 

„Die Verfehlungen wurden im Rahmen eines Disziplinarverfahrens im Auftrag des Bischofs von Trier untersucht und auch geahndet“, heißt es in einer Stellungnahme des Bistums.  Dem Pfarrer sei auferlegt worden, künftig nicht mehr in der Flüchtlingshilfe zu arbeiten. „Damit ist die Angelegenheit dienstrechtlich abgeschlossen.“

Am 01.01. 2018 teilte das Bistum Trier daraufhin in seinem "Kirchlichen Amtsblatt" mit,  dass man bereits zum 28. November 2017 die Verzichtsleistung des Kirner Pfarrers angenommen habe. Dies betreffe sowohl seine Stelle als Pfarrer der Pfarreiengemeinschaft Kirn sowie seinen Vorsitz der Vertretung des Kirchenverbandes Kirn.

Nur wenige Monate später, mit Wirkung zum 15. Juni 2018 ernennt der Trierer Bischof und Missbrauchsbeauftragte der DBK, Bischof Dr. Ackermann, den Pfarrer als Kooperator (mit dem Titel Pfarrer) in der Pfarreiengemeinschaft Schillingen.

"Aufarbeitung" auf katholisch: Das Geschehen wurde in einem Disziplinarverfahren durch den Bischof von Trier "aufgearbeitet". Als Konsequenz bat der Pfarrer (!)  seinen Verzicht auf die Pfarreiengemeinschaft an

Und abermals folgt ein Schreiben des ehemaligen Kirner Pfarrers im Pfarrbrief  (07/2018) an die Öffentlichkeit: "Im Kontext meiner Arbeit in der Flüchtlingshilfe gab es ein unangemessenes Verhältnis zu einem jungen Mann. Ich habe die Distanz, die meine Rolle als Begleiter eines geflüchteten Menschen und auch die Rolle als Priester erfordert hätte, nicht gewahrt. Das Geschehen wurde in einem Disziplinarverfahren durch den Bischof von Trier aufgearbeitet; als Konsequenz habe ich dem Bischof meinen Verzicht auf die Pfarreiengemeinschaft angeboten. (...) Zum 15. Juni 2018 hat mich Bischof Ackermann zum Kooperator Ihrer Pfarreiengemeinschaft Schillingen ernannt."

Zur Geldstrafe verurteilter Pfarrer weiterhin als Seelsorger im Einsatz

Auch der Umgang mit einem weiteren Pfarrer gibt zu denken:  In dem SPIEGEL- Artikel "Scham und Bestürzung" vom 19.03.2012 wurde u.a. über Pfarrer W. berichtet.
"Das Bistum Trier jedoch lässt größere Milde walten. Beispiel W.: Der heute 48-jährige Pfarrer hatte sich vor einigen Jahren an mehreren Minderjährigen vergriffen. "Wir holten unsere Kinder nach einem Betwochenende ab", erinnert sich ein Vater. "Sie sollten im Missionshaus auf die Kommunion vorbereitet werden." Sein neunjähriger Sohn war verstört, zögerlich erzählte er, dass er sich die Hose habe ausziehen müssen. Pfarrer W. habe von ihm und anderen Kindern verlangt: "Alles runter!" Dann habe er sie über sein Knie gelegt und aufs nackte Gesäß geschlagen. "Wut und Scham der Kinder waren immens", sagt der Vater. 
W. (der bereits zuvor zu einer Geldstrafe verurteilt worden war, ca)  durfte trotzdem in einer anderen Gemeinde weiterarbeiten. Pfarrer W.: "Es war ja kein sexueller Missbrauch." Nur aus der Kinder- und Jugendarbeit sollte er sich fernhalten - was offenbar nicht gelang. "Er hat sich schon ziemlich intensiv mit Ministranten beschäftigt", sagt ein Geistlicher aus dem Dekanat. "Das war natürlich entgegen den Absprachen." Heute ist er Pfarrer einer Klinik im Saarland, wo Kinder als Patienten und Besucher anzutreffen sind. "Man kommt gegen den Vertuschungswillen der Kirche nicht an", sagt der Vater des von W. misshandelten Jungen resigniert."

W. arbeitete daraufhin bis 2016 als Krankenhauspfarrer an den SHG-Kliniken Sonnenberg.  Aufgrund dieser Stellung war nicht nur der Kontakt zu Kindern und Jugendlichen vorprogrammiert, sondern auch der Kontakt  zu psychisch instabilen Patienten  - die unter anderem an den Folgen sexuellen Missbrauchs leiden und im Klinikum behandelt wurden.  Seit 2014 arbeitet W. als Kooperator in der Pfarreiengemeinschaft Quierschied. Seit 2016 außerdem als  Kooperator in der Pfarreiengemeinschaft Sulzbach. 

Foto: Thomas Seeber / SZ

Von einem Kontaktverbot zu Kindern und Jugendlichen kann bei Pfarrer W. keine Rede sein. So feierte Pfarrer W. zum Beispiel im Juli diesen Jahres "den etwas anderen Gottesdienst". Auch soll er am Gründonnerstag 2018 die feierliche Messe mit dem Erstkommunionempfang der Kinder zelebriert haben.


ca

Donnerstag, 29. November 2018

Bistum Trier: Bistum Trier gibt nach MHG-Studie Handreichung für Priester, Diakone und pastorale Mitarbeiter/innen heraus

"Die Handreichung soll Priester, Diakone und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Pfarreien, den Einrichtungen und den Verbänden und der Verwaltung Bistums Trier im Umgang mit den Ergebnissen der Studie und mit deren öffentlicher Wahrnehmung unterstützen."





die vollständige Handreichung als PDF


Montag, 26. November 2018

Bistum Trier: Ein Kommentar von Martin Rupps (SWR)

"Die wollen nur reden"

Martin Rupps zweifelt daran, dass der Trierer Bischof Stephan Ackermann tatsächlich in einen Gesprächsprozess über den Zölibat eintreten will. Eher will er vom Umgang mit dem Missbrauchsskandal ablenken.

Selbst wenn Stephan Ackermann plötzlich den Modernisten macht, kommt er mit seiner Initiative nicht weit. Es sind immer genug Bischofskollegen anderer Meinung. Im Zweifel fahren sie zum Papst nach Rom zum Anschwärzen. Ackermann und Kohlgraf haben nicht die Macht, wirklich etwas zu ändern.

Ich werde deshalb den Verdacht nicht los, dass Wortmeldungen wie jetzt von Stephan Ackermann einfach nur die allgemeine Empörung über den Umgang der Bischofskonferenz mit dem Missbrauchsskandal dämpfen soll. Ich glaube nicht, dass ihm an einem wirklichen Gespräch mit offenem Ausgang liegt.

Sonntag, 25. November 2018

Sonntagsgedanken 2018

Man stelle sich vor, der Chef einer Filiale eines großen Konzerns steigt in seine Limousine, um sich von seinem Chaffeur von A nach B fahren zu lassen.  Der Chauffeur ist alkoholabhängig. Der Chef weiß über die Krankheit seines Chauffeurs Bescheid. Er wurde auch darüber informiert, dass sein Chauffeur bereits mehrere Punkte in Flensburg hat. Auf dem Weg zum Zielort geschieht ein schrecklicher Unfall: Der Chauffeur steuert den Wagen in eine Gruppe von Kindern.  Es bietet sich ein Bild des Grauens:  Einige Kinder wurden tödlich verletzt. Andere schweben in  Lebensgefahr. Viele von ihnen sind schwer verletzt.

Der Chef und sein Chauffeur steigen unverletzt aus dem Wagen. Sie überlegen, was sie nun unternehmen. Sie beraten darüber, ob sie die Flucht ergreifen oder doch lieber die Polizei verständigen sollen.  Aber was wollen sie der Polizei sagen, und wie können sie sich am besten herausreden?  Sie entscheiden sich dafür, dass sie sich beide vorab detailliert absprechen müssen,  falls die Polizei eintreffe und sie zu dem Unfallhergang befrage. Schließlich beginnen sie damit, ihre Aussagen abzusprechen. Hinweise, die auf den Alkoholkonsum des Chauffeurs hinweisen (wie z.B. der Flachmann in der Jackentasche) müssen schnellstens entsorgt werden. Der Chef reicht seinem Chauffeur sogar Pfefferminzbonbons - damit nicht jeder gleich merken soll, dass der Chauffeur den Wagen alkoholisiert fuhr. Sie treffen keinerlei Vorkehrungen, die Unfallstelle abzusichern. 

Nach und nach treffen die ersten Personen am Wagen des Chefs ein. Der Chef und sein Chauffeur werden von den Hinzukommenden umringt.  Die ersten Stimmen werden laut: Der eine schimpft über den Kapitalismus, der es dem Chef überhaupt erlaube, sich chauffieren zu lassen. Ein anderer, der sich als Experte ausgibt, bemängelt, man müsse das Frühwarnsystem in den Autos verbessern, dann hätte der Unfall vermieden werden können. Das habe er schon immer gesagt.  Eine weitere Stimme ertönt: "Ich kann euch nur raten, von eurem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch zu machen! Grundsätzlich! Ich spreche da aus Erfahrung!". Der nächste schimpft über mangelnde Geschwindigkeitskontrollen, die Straße sei schließlich wegen ihrer Unfallhäufigkeit bekannt. Ein anderer weist daraufhin, dass seine Gartenhecke bei dem Unfall beschädigt worden sei. Ein weiterer Zwischenruf ertönt:"Lasst uns Gott danken und lobpreisen, dass dem Chef und seinem Chauffeur nichts passiert ist!" Ein hinzukommender Versicherungsvertreter wittert sein Geschäft und weist alle inzwischen Anwesenden auf die Wichtigkeit einer Police hin. Und eine Frau schüttelt nur noch den Kopf und sagt: "Von wegen, Frau am Steuer ...".  Inzwischen versammeln sich auch immer mehr "selbsternannte Experten" unter den Anwesenden: Lackschädenbeseitiger und Autokarosseriebauer bieten dem Chef umgehend Hilfe an. Ein Autowerkstattbesitzer legt dem Chef einen sofortigen Austausch der Windschutzscheibe nahe, die durch den Aufprall der Kinderkörper zerstört wurde.  Ein Experte für Straßenbau, begutachtet die Leitplanke, die bei dem Unfall beschädigt wurde, und verspricht, sich persönlich darum "zu kümmern".  Selbst ein Anwalt für Verkehrsrecht steht plötzlich neben dem Chef und möchte einen Termin vereinbaren.  Es kommen auch andere Filialleiter herbeigeeilt, nachdem sie von dem Unfall erfahren haben. Schaut man genauer hin, kann man feststellen, dass auch ihre Limousinen Unfallschäden aufweisen.  Sie beteuern  aber, dass die Kratzer und Beulen von dem Vorbesitzer stammen.  Sie selbst seien für diese Schäden nicht verantwortlich.  Und so entwickeln sich endlose Gespräche, Dialoge, Empfehlungen, aber auch Zankereien untereinander,  die schier endlos erscheinen, je mehr Personen sich einfinden. - Der Chef und sein Chauffeur mittendrin. Sie bereden, beraten und diskutieren die ganze Nacht hindurch. Selbst am nächsten Morgen stehen sie noch an dem verunfallten Wagen und beraten ihr weiteres Vorgehen ...

... während die Unfallopfer allein gelassen und verletzt am Straßenrand liegen und um ihr Überleben kämpfen.

ca



Donnerstag, 22. November 2018

Bistum Trier: ehemaliger Generalvikar und heutiger Limburger Bischof Georg Bätzing lehnt es ab, Betroffene persönlich zu begrüßen

Foto: Boris Roessler/dpa, zeit.de

Der Limburger Bischof Georg Bätzing hat Opfer sexuellen Missbrauchs um Mithilfe bei der Aufklärung gebeten. „Sprechen Sie mit uns, erzählen Sie uns Ihre Geschichte, wir wollen Sie kennen“ appellierte Bätzing am Ende der Sendung an die Zuschauer.

"vaticannews.va"


In der  Sendung "mal ehrlich .... darf die Kirche machen, was sie will?" geht es um die Frage, ob die Amtskirche Fälle sexuellen Missbrauchs gezielt vertuscht, verheimlicht, verdrängt und die Aufklärungsarbeit massiv behindert hat. Zu den eingeladenen Gästen gehören u.a. Betroffene des Johanneums Homburg sowie der ehemalige Trierer Generalvikar und heutige Bischof von Limburg. Die Betroffenen gewähren sichtlich erschüttert einen Einblick in ihre Leidensgeschichten. Auch über die  leidvollen Erfahrungen, die Betroffene mit den Bistümern machten, wird gesprochen. Wie reagiert der ehemalige Trierer Generalvikar auf die Vorwüfe?  Als Bischof versucht er erst einmal  - wie gewohnt - seine persönliche Betroffenheit zu beteuern,  spricht diese aber nicht einmal gegenüber den anwesenden Betroffenen aus, sondern wendet seinen Blick dabei unmissverständlich zur Seite ab.  Auch meidet Bätzing es,  auf die Schilderungen der Betroffenen einzugehen.  Am Ende der Sendung ruft er groteskerweise betroffene Zuschauer dazu auf, sich an der "Aufklärung" zu beteiligen und sagt dasselbe, was er bereits fünf  Jahre zuvor denselben Betroffenen gegenüber sagte: "Wendet euch an das Bistum!". -  Von der Möglichkeit, auf die anwesenden Betroffenen zuzugehen, ihnen konkrete Hilfestellung oder Unterstützung anzubieten, oder zumindest ein Gespräch mit ihnen zu suchen,  nimmt Bätzing dann aber gleichzeitig Abstand. Auch nicht im Anschluss an die Sendung: Bätzing reicht den Betroffenen weder zur Begrüßung noch im Anschluss an die Sendung die Hand. -  Ein trauriges, aber dennoch sehr plakatives Beispiel dafür, wie Bischöfe mit Betroffenen umgehen, wenn sie ihnen gegenüberstehen. Widersprüchlicher geht es kaum: Betroffene dazu aufrufen, sich bei den Bistümern zu melden, aber den persönlichen Umgang mit ihnen meiden. Betroffene selbst erleben diesen unhaltbaren Umgang mit ihnen übrigens seit inzwischen acht Jahren. - Und nebenbei bemerkt: Über sein eigenes Versagen als Generalvikar im Bistum Trier verlor Bätzing kein Wort. / ca



Hintergrund: Februar 2013. In Trier findet die Frühjahrstagung der Vollversammlung der deutschen Bischöfe statt. Ein Bündnis von 8 Organisationen, darunter auch Betroffene vom Johanneum in Homburg, demonstrieren vor dem Tagungshotel der Bischöfe.  Der Einzige, der - offensichtlich "pro forma"  - von den Bischöfen entsendet wird, um sich für wenige Minuten Demonstranten und der Presse zu stellen:  der damalige Trierer Generalvikar und heutige Bischof von Limburg, Georg Bätzing. In seinem knappen Statement verweist Bätzing die Betroffenen auf die Kontaktmöglichkeit zum Bistum Trier. 



Dienstag, 20. November 2018

Sendehinweis


Mittwoch, 21. November 2018

"mal ehrlich...darf die Kirche machen, was sie will?"

Der SWR Bürgertalk mit Florian Weber

22:00 - 23:00 Uhr 

__________________________________________________________




Der Missbrauchsskandal hat nicht nur die katholische Kirche selbst, sondern die Welt erschüttert. Schlimm genug, dass in der vermeintlich geschützten, gesegneten klerikalen Welt über Jahrzehnte Kinder und Jugendliche von Geistlichen misshandelt und sexuell missbraucht wurden. Die Amtskirche hat dann sogar diese Fälle gezielt vertuscht, verheimlicht, verdrängt. Sie hat die Aufklärungsarbeit massiv behindert. Das ist aber nur ein Beispiel für das abgeschlossene, dringend reformbedürftige System Kirche.

Gäste: 
  • Bernd Held, Betroffener "Johanneum Homburg"
  • Britta Held, Ehefrau und Co-Betroffene
  • Christian Fischer, Betroffener "Johanneum Homburg"
  • Claudia Mönius, Betroffene 
  • Raphael Hildebrandt, Betroffener aus dem Erzbistum Freiburg  (Oberharmersbach)
  • Prof. Dr. Harald Dreßing, Mannheim, Leiter der MHG-Studie zum sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche
  • Dr. Georg Bätzing, ehemaliger Trierer Generalvikar und heutiger Bischof von Limburg
  • Sascha Binder (SPD), Landtagsabgeordneter in Baden-Württemberg
  • Marlies Kohnle-Gros (CDU), Landtagsabgeordnete in Rheinland-Pfalz
  • Ute-Beatrix Giebel, Redakteurin der SWR-Redaktion Religion, Kirche und Gesellschaft.


die Sendung auf "ardmediathek.de" ansehen

Bistum Trier: "Unabhängige Aufarbeitung" soll die Frage beantworten "Wer trägt die Verantwortung - außer den Tätern?" - Verantwortlich für die Umsetzung: ausgerechnet Bischof Ackermann

Bei der Sitzung des Ständigen Rats einigten sich die Bischöfe auf das weitere Vorgehen nach  der Veröffentlichung der Missbrauchsstudie. Unter der Aussage: "Wir werden uns schon jetzt zu folgenden Schritten verpflichten, die wir zeitnah umsetzen",  heißt es unter anderem:

"Ohne eine unabhängige Aufarbeitung gibt es keine wirksame Veränderung und Gerechtigkeit. Wir wollen klären, wer über die Täter hinaus institutionell Verantwortung für das Missbrauchsgeschehen in unserer Kirche getragen hat."

Verantwortlich für die Umsetzung:  Der Trierer Bischof Dr. Stephan Ackermann.


Sonntag, 18. November 2018

In stillem Gedenken



In stillem Gedenken

In stillem Gedenken an die unzähligen Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen,
die durch Angehörige der katholischen Kirche sexuell missbraucht wurden.

Deren Leben dadurch zerstört wurden.

Denen man kein Gehör schenkte.
Die denjenigen gegenüberstanden, die nicht den Mut aufbrachten,
 sie zu unterstützen und zu begleiten, sondern schweigen und weg sahen.
- Auch heute noch.

Die in ihrem Schmerz und ihrer Einsamkeit allein gelassen wurden.
Die keine Hilfe und Auswege aus ihrer Not erfahren haben.

 Und die von der Kirche bis heute unerwähnt bleiben.

An derer die Kirche heute nicht gedenkt.

Von der Kirche vergessen.
Aber nicht von uns.


ca.














Samstag, 17. November 2018

Bistum Trier: Bischof Ackermann kritisiert Bischöfe

Der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, Stephan Ackermann, kritisiert den Umgang mancher Bischöfe mit der Missbrauchsstudie der katholischen Kirche. "Man hat das Thema offensichtlich nicht in allen Diözesen so prioritär behandelt, wie es erforderlich gewesen wäre", beklagt Ackermann in der aktuellen Ausgabe des SPIEGEL. "Wenn ein Bischof die Thematik nicht zur Chefsache erklärt, bleibt die Umsetzung schwierig." 

Ackermann kündigt an, die kirchlichen Archive externen Forschern zu öffnen: "Es ist klar, dass die nun folgende Aufarbeitung keine interne Sache mehr sein kann. Unabhängig heißt für mich, dass der jeweilige Bischof die weitere Untersuchung aus der Hand gibt." Außerdem will er künftig enger mit Staatsanwaltschaften zusammenarbeiten: "Wir werden volle Kooperationsbereitschaft mit den Ermittlungsbehörden zeigen."

spiegel.de

In welch eine Krise müssen die deutschen Bischöfe geraten sein,  dass der Trierer Bischof und Missbrauchsbeauftragte, Bischof Ackermann,  zu einem medialen Rundumschlag ausholt und erstmals seine eigenen Bischofskollegen in aller Öffentlichkeit  kritisiert? / ca

Freitag, 16. November 2018

Bistum Trier: Bischof Ackermann will Geheimarchive öffnen lassen

Zur weiteren Untersuchung von Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche will der Trierer Bischof Stephan Ackermann die Archive für unabhängige Fachleute öffnen. Ackermann kündigte an, dass er dazu einen Arbeitsplan vorlegen werde.

"Es ist klar, dass die nun folgende Aufarbeitung keine interne Sache mehr sein kann", sagte der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz in einem "Spiegel"-Interview für die Samstagsausgabe. "Unabhängig heißt für mich, dass der jeweilige Bischof die weitere Untersuchung aus der Hand gibt und alles zur Verfügung stellt, was dafür nötig ist

Weiter führte der Trierer Bischof aus, dass die Kirche schon jetzt in Härtefällen auch mehr als 5.000 Euro an Betroffene von Missbrauch zahle. Bei der Übernahme von Therapiekosten richte man sich nach den Vorgaben des vom Bund eingerichteten Systems. Er wisse, dass es gleichwohl Unzufriedenheit gebe. "Ich halte das System insgesamt aber nicht für verfehlt."

domradio.de

Eine Meldung, die m.E. nach mit allergrößter Vorsicht zu genießen ist. Bereits 2013 hieß es: "Die Missbrauchsakten aus dem Geheimarchiv könnten auch bei einer künftigen Aufarbeitung eingesehen werden."  Daraufhin berichtete u.a. der Kriminologe Pfeiffer über die Hürden, mit denen er konfrontiert wurde, und dass Richter und Staatsanwälte nur mit Hilfe eines "Tricks" in die Bestände aus dem Geheimarchiv Einsicht bekamen.  Zudem müssen laut Kirchenrecht bei Sittlichkeitsdelikten jährlich alle Akten, die älter als zehn Jahre sind oder wenn der Angeklagte gestorben ist, vernichtet werden - bis auf einen kurzen Bericht über die Taten und das Urteil. - Ackermann gibt außerdem an, dass "unabhängig" für ihn bedeute, dass "der jeweilige Bischof die weitere Untersuchung aus der Hand gibt und alles zur Verfügung stellt, was dafür nötig ist.": Er schweigt allerdings darüber, in wessen Hände und wem er diese Akten zur Verfügung stellen will. / ca

Bischof Ackermann über Missbrauch in der Kirche: "Ich war nicht überrascht"


den SPIEGEL+ Artikel auf spiegel.de lesen 

Donnerstag, 15. November 2018

Was hinter dem Gedenktag der katholischen Kirche für Missbrauchsopfer steckt - Ein Interview mit Bischof Stephan Ackermann

Der kommende Sonntag wird erstmals in der katholischen Kirche Deutschlands als Gedenktag für die Opfer sexuellen Missbrauchs begangen. Warum dieses Datum? Und was soll der Gedenktag bewirken? Bischof Stephan Ackermann mit den Antworten.




Quelle: domradio.de

Bistum Trier: Theologische Anmerkungen zur Missbrauchsstudie von Jutta Lehnert


Theologische Anmerkungen zur Missbrauchsstudie

Die Studie stellt (im Abschnitt „Typologie beschuldigter Kleriker“) als drei Grundmuster vor: „fixierter Typus mit der pädophiler Präferenzstörung“, „narzisstisch-soziopathischer Typus“ und „regressiv-unreifer Typus“ - die in dem besonderen Machtgefüge der Kirche eine begünstigende Struktur für Übergriffe gegenüber Kindern und Schutzbefohlenen vorfinden...Die Frage nach dem Zölibat zu stellen oder den zugrundeliegenden Klerikalismus zu kritisieren, ist richtig, greift aber dennoch zu kurz. Deshalb ist eine theologische Intervention notwendig, die in die Tiefe geht:

Zum Ausgang nehme ich eine kleine Geschichte, die ein betroffener Zeuge vor kurzem erzählt hat: 
Er sucht und findet immer wieder Opfer desselben Priesters, der auch ihn damals missbraucht hat. Dabei ein Mann, heute über 60 Jahre alt. Er will nach Trier, seinen Fall melden. Vorher fährt er bei seiner alten Mutter vorbei. Die fragt, was er in Trier vorhabe. Als er erzählt hat, dass er sich als Opfer dieses Priesters melden will, sagt sie: Dann brauchst du mein Haus nicht mehr zu betreten.
Diese Geschichte enthält im Grunde alles, was sich im Jahrhunderte alten Abhängigkeitsverhältnis zwischen Gemeinde und Priester angereichert hat….

  1. Das idealisierte Priesterbild und die Folgen für die Gläubigen und Gemeinden
Die Spaltung von Gemeinden in diejenigen, die sich weigern, unbequeme Wahrheiten zu akzeptieren und diejenigen, die die das geschehene Unrecht erkennen wollen, lässt auf eine vielfältige Abhängigkeitsstruktur schließen, die endlich zu kritisieren ist. Der Priester wird zur unhinterfragbaren Projektionsfläche von Gläubigen, auf den Sehnsüchte nach Vollkommenheit, spiritueller Tiefe und einem „reinen“ Lebenswandel projiziert werden. Er gilt als absolute Vertrauensperson, ausgestattet mit der Macht, Sünden zu vergeben und einer Unmittelbarkeit zum „lieben Gott“, über die „normale“ Gläubige nicht verfügen. Die schnell vergessene Beschreibung eines anderen Verhältnisses zwischen einem priesterlichen, königlichen und prophetischem Volk Gottes und seiner Kirchenleitung, die sich in den Texten des zweiten vatikanischen Konzils finden lassen, konnte an diese verinnerlichten Denk- und Handlungsmuster der alten Vorstellungen nicht rühren. So blieb bis heute erhalten: Der Solitär im Pfarrhaus, zu dem die Gläubigen aufblicken, und der Sonntag für Sonntag durch die symbolische Sprache der Rollenaufteilung im Gottesdienst diese Sicht immer wieder neu bestätigt. Ihm traut man keine Lüge und keine Gewalttat zu, darf es auch gar nicht, denn das ist im idealisierten Priesterbild nicht vorgesehen. In dieser Atmosphäre gedeihen Gefälligkeitszustimmungen und ein „regressiver Katholizismus“, dem zunehmend die Tiefe abhandenkommt. Dass immer weniger Männer sich weihen lassen, hat ihre empfundene Besonderheit nur verstärkt (deshalb nimmt auch der Missbrauch in den letzten Jahren nicht ab…). Das sind keine guten Voraussetzungen für die kritische Wahrnehmung von Abhängigkeiten und unguten Zusammenhängen. Das ist auch keine Atmosphäre, in der Mut und Zuversicht wachsen können. Ein Mitgefühl mit Opfern sexualisierter Gewalt wird immer wieder überlagert von alten Bildern und droht an der Oberfläche zu bleiben. Dass mit ihrem Schmerz die Herzmitte Jesu getroffen ist, kann nur noch schwer erfasst werden. Hier hat sich die Institution an den Gemeinden versündigt: Spirituelle und pastorale Verdummung sind die Folgen, Abstumpfung der eigenen Wahrnehmung und des Gewissens; schwer nachvollziehbar in einer Institution, der es nach eigenem Bekunden immer auf die Gewissensbildung der Gläubigen ankam. Die moralische Verwirrung einer Gemeinde kann eine schwerwiegende Folge sein, die auch Auswirkungen hat in gesellschaftlichen Fragen.

  1. Theologische Deutungsmuster des Priesterbildes und ihre psychologischen Folgen:
Die verengte Interpretation des Kreuzestodes Jesu als Opfer – nicht Victim, sondern Sacrificium - (in verschärfter Form: Vom Vater gefordert!) hat im Rahmen einer „imitatio-Christi-Spiritualität“ für Priester eine Opferideologie hervorgebracht, die einen Verzicht auf die Entwicklung des Selbst, eine Grundhaltung der Unterwürfigkeit und psychische Abspaltung produzieren kann.
Jesu Kreuzestod als Opfer zu interpretieren ist nur eine Sicht in der Frühzeit der ersten Gemeinden und Zeichen für das Ringen um die Annahme dieser in seiner Konsequenz ihm aufgezwungenen Folter und Hinrichtung. Er ist zudem nur zu verstehen im Rahmen einer jüdischen Märtyrertheologie des 1. Jahrhunderts – aber keinesfalls als Interpretationsmuster für später oder sogar für heute.
Die Fehlübersetzung von Hebr 5,1 „ex anthropon lambanomenos“ als „aus den Menschen auserwählt“ hatte verheerende Wirkung (Das „set above“ und „set apart“ des geweihten Amtsträgers – nach Lüdecke) – es bedeutet aber ganz einfach „aus den Menschen genommen“. Der erste Fehler besteht darin, diesen Text über den Hohenpriester, der die Opfer darbringt und mit dem Jesus Christus gemeint ist, auf die jetzigen Priester anzuwenden. Der zweite Fehler besteht in der falschen Übersetzung, die eine Überhöhung des Priesterstandes nahelegt und zu Allmachtsphantasien anregt. Der dritte Fehler ist überhaupt, eine verengte Opfertheologie auf das Brot-Teilen in der Eucharistiefeier zu beziehen und den Priester mit der Idee zu belasten, er könne in seiner Person – also onthologisch - „Gott/Christus vergegenwärtigen“.
  1. Institutionelle Festlegungen und ihre psychologischen Folgen:
Es ist das Bild des idealisierten Priesters, das der Hierarchisierung eines Teils der Kirche zugrunde liegt. Dieses Bild braucht zur Stabilisierung und Weiterführung die Verbindung von Zölibat (Ausblenden der Sexualität), dem Ausschluss der Frauen (Ausblenden eines Teils der Wirklichkeit) und der zentralen Position des männlichen Priesters (Einzigartigkeit, Besonderheit). Den Zusammenhang rigide durchzuhalten kann narzisstische Störungen zur Folge haben. Er zieht schwache Persönlichkeiten an, denn es erspart ihnen die Auseinandersetzung mit sich selbst (auch mit ihrer Sexualität) und gewährt ihnen im Gegenteil, ihren Narzissmus unhinterfragt auszuleben und die ungute Verbindung von Gehorsam und Machterhalt. Es ist die geschützte und theologisch legitimierte Machtkonstruktion, die zu Übergriff und Gewalt verleiten kann. Einsamkeit, Mangel an Austausch mit Gleichaltrigen, Arbeitsüberlastung und Alkoholprobleme können das Ihrige dazu beitragen.
Dieses Priesterbild duldet keine Schuldzuweisung, das Ideal muss sogar gegen besseres Wissen durchgehalten werden. In diesem System bekommt ein bekannter Aphorismus von Friedrich Nietzsche eine besondere Schärfe: „Das habe ich getan, sagt mein Gedächtnis. Das kann ich nicht getan haben- sagt mein Stolz und bleibt unerbittlich. Endlich – gibt das Gedächtnis nach.“ Wer Sklave seines eigenen Beherrschungswillens und seines ihm auferlegten Selbstbildes ist, ist nicht frei. Frei ist einer, der Selbstkritik, Mäßigung und Selbstkontrolle übt. Dass jeder Beschuldigte so gut lügt wie er kann, dass es Persönlichkeiten gibt, die hochmanipulativ sind und denen weder ein Bischof noch ein Therapeut gewachsen ist, diese Erfahrung kann nicht zur Geltung kommen, wenn die Aufklärung von außen fehlt.
Eine Anerkennung der institutionellen und persönlichen Schuldzusammenhänge würde das ganze sakral aufgeladene Machtsystem zusammenbrechen lassen. Die Folgen: Wer zu diesem System gehört und in ihm eine Funktion übernommen hat, muss Mitgefühl in der Tiefe abspalten. Selbst die unmittelbare Begegnung mit traumatisierten Opfern kann gegen diese Immunisierung nicht so an, dass es zu einer echten Infragestellung käme. Jeder Priester, der sexualisierte Gewalt angewendet hat, wird zuerst als Gefahr für dieses System angesehen – und nicht als Gefahr für weitere potentielle Opfer.
  1. Die übersehene, praktische Religions- und Priesterkritik Jesu…
findet sich im Gleichnis vom barmherzigen Samariter. Levit und Priester sind in der Reihenfolge genannt, in der sie Dienst tun. Es geht also um ein Regelwerk der institutionellen „Religion“. Sie kommen vom Dienst im Tempel, vom Gottesdienst – aber hat ihr Herz die Tora Gottes erfasst?
Sie verhalten sich konform, entsprechend ihrer Dienstaufteilung. (Biblischer Befund: Gesetze dienen nicht immer dem Leben, man muss sie notfalls brechen! Wie Abraham in Gen 22…)
Sie sind dem Tempel verbunden, er ist ein Symbol für versteinerte Strukturen (Gesetze, Ämter, Hierarchien, Ausbeutung, Verblendung…). Haben sie deshalb versteinerte Herzen…?
Die Frage nebenbei: Wieso üben versteinerte Strukturen Faszination aus (die Jünger Jesu in Mk 12 im Angesicht des marmorverkleideten Tempels…)?

Ihr Dienst ist vorbei – wirklich?
Religion muss sich in ihren Abläufen, Strukturen, Gewissheiten, Rollenfestlegungen, Gesetzen, Regelungen etc. immer irritieren lassen durch das Leiden eines Menschen
Wenn sie das nicht kann, dient sie dem Leben nicht mehr und hört auf, Gott zu bezeugen
Der Gottesdienst, dem Levit und Priester qua Amt verpflichtet sind, findet hier auf der Straße statt.
Und ausgerechnet einer, der als Gegner dieser Religion betrachtet wird, hat sie in ihrer Tiefe und ihrer Praxis erfasst – der Samariter.

Macht im weltlichen Sinn steht im Widerspruch zur Nachfolge Jesu: Mk 9, Der Rangstreit der Jünger. Die Amtsträger der Kirche verkaufen ihre Macht als Dienst…

Folgen wir weiteren Texten des NT, wird deutlich, dass es neben der grundsätzlichen Sündenvergebung böse Taten gibt, die weder durch menschliches Vergeben noch durch Wiedergutmachung auszugleichen sind, weil sie eine Verletzung der Weltordnung darstellen. Dazu zählt nach Auskunft der synoptischen Evangelien die Verführung von Kleinen und Schwachen: „Wer einen von diesen Kleinen, die auf mich vertrauen, zum Bösen verführt, für den wäre es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer geworfen würde.“ (Mk 9, 42). Die Frage nach der Schuld nicht offenzuhalten, sondern durch oberflächliches Vergeben an den Opfern vorbei zu schließen, birgt einen unermesslichen Schaden für die Gemeinschaft: Der Schmerz über das Unvergebbare und die Erinnerung daran kann das das nächste Böse verhindern. Die jesuanische Schärfe darf nicht aufgelöst werden etwa in Nötigung von Betroffenen/Opfern zur Vergebung oder oberflächlicher Therapie von Tätern.
Nur nebenbei: Auf die Sprache ist zu achten. Man kann „sich nicht entschuldigen“, sondern nur um Vergebung bitten und warten, ob sie gewährt wird. Auch Gebete, Gottesdienste, Buß- oder Fasttage usw. helfen da nicht, denn Gott vergibt nicht an den Opfern vorbei. Siehe Matthäusevangelium: „Wenn du deine Opfergabe vor den Altar bringst und dir dabei einfällt, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, so lass deine Gabe dort vor dem Altar liegen; geh und versöhne dich zuerst mit deinem Bruder , dann komm und opfere deine Gabe.“

Nur noch ein paar Stichworte zu dem,
  1. Was nun diskutiert und bearbeitet werden muss:
Neben der Infragestellung der Amtstheologie und des Selbst- und Fremdbildes von geweihten Amtsträgern und der grundsätzlichen Veränderung der Kirchenstrukturen müssen weitere theologische Fragen diskutiert werden. Daran ist das ganze Kirchenvolk zu beteiligen, denn auch hier sind Selbstkritik und neue Orientierung unverzichtbar geworden.
Die vielfältigen Formen von pastoraler Macht, denen „das Kirchenvolk“ seit Jahrhunderten ausgeliefert ist: symbolische Macht, Sprachmacht, spirituelle Macht, Entscheidungsmacht, Interpretationsmacht, finanzielle Macht, Bildungsmacht, strukturelle Macht sind kritisch zu durchleuchten und zu demokratisieren…
Die Männerbündische Grundstruktur muss entlarvt werden – und die Misogynie als Folge – durch die Texte des NT auf keinen Fall gedeckt – das wirft einen Blick auf die Ablehnung neuer Erkenntnisse der fem. Bibellektüre und Theologie – nebenbei: Frau und Mann sind gleich geschaffen, gleich erlöst – Bedeutung der MvM, der Grußliste in Röm usw. – Ausgrenzung der Frauen vom 2./3. Jhdt. an, als die Kirche sich anschickte, staatstragend zu werden
Die Studie nennt die Ablehnung von Homosexualität als strukturellen Beitrag – Kontextelle Bibellektüre, die den Text als Produkt seiner Zeit liest und das Zeitbedingte benennt, findet keinen Niederschlag in der Pastoral und Grundstruktur der Kirche – Homosexualität in der Antike war ein Herrschaftsverhältnis (alter Mann/Knabe) – heute ist Homosexualität ein Lebensentwurf – die Kirche nimmt Erkenntnisse der Humanwissenschaften nicht ernst – ein Zeichen dafür, dass die sie immer noch mit der Aufklärung hadert
Gehorsam als zentrale Struktur von unten nach oben – dazu gehört die organisierte Verantwortungslosigkeit von oben nach unten – „Rattenlinien“ – verbunden mit einer falschen (weltlichen) Vorstellung von Macht – die Macht Jesu ist von anderer Art: Seligpreisungen, die Macht der Solidarität der Kleinen…
Im Kirchenrecht ist Heiratsversuch eines Priesters ein größeres Vergehen als sexualisierte Gewalt (nach Lüdecke)…
Zu wenig sind in der Kirche die Stimmen der betroffenen Zeugen und Zeuginnen zu hören. Die Ursache ist zunächst die Scham, die sie durch Demütigung erfahren haben, aber auch ihr Glaubensverlust, der für viele die Gottesbeziehung getötet hat. Abgrenzung von Kirche und Gemeinden ist Teil der Selbstrettung. Hier eine offene Zuhör- und Gesprächskultur aufzubauen, wird eine sehr schwierige Arbeit sein, der sich die Kirche mit all ihren Kräften zu stellen hat.
Jeder Gottesdienst, jede pastorale Arbeit wird schal, wenn die Gemeinden in diesem Bemühen nicht bestärkt und begleitet werden.
Wer das Rechte kennt und nicht tut, verliert die Kraft und Fähigkeit das, was Recht ist zu kennen – und wer Kraft und Fähigkeit hat, Recht zu tun, aber unwillig ist, verliert die Kraft, seinem Gewissen zu folgen. Aus diesem Grund darf kein Täter mehr mit Aufgaben in der Seelsorge betraut werden.
Gleichzeitig ist das Kirchenrecht zu ändern: Sexualisierte Gewalt muss als besonders schwerwiegendes Verbrechen im CIC aufgeführt und ausgeweitet werden auf abhängige und schutzbefohlene Personen über 16 Jahren (CIC 1395 §2). Wer sich mit sexualisierter Gewalt an Kindern und Schutzbefohlenen vergreift, verliert in diesem Moment sein Amt (Kirchenrechtler Peter Landau).
Die Kirche steht vor einem Abgrund, der sich über Jahrhunderte vertieft hat. Die Kritik an der sexualisierten Gewalt durch Kleriker ist schon vor Jahrhunderten geäußert worden, beispielsweise von Mechthild von Magdeburg und Thomas Müntzer. Sie hatte aber in unaufgeklärten und undemokratischen Gesellschaften keine Chance durchzudringen. Heute treten die Widersprüche deutlicher zutage und auch der Mut, mit dem Menschen ihre Stimme erheben. Der Niedergang der Kirche scheint unaufhaltsam, wenn sie sich nicht endlich zu den grundlegenden Änderungen durchringt und eine Kirche im Geist Jesu wird: Eine in sich gerechte und solidarische Gemeinschaft an der Seite der Kleinsten und Schwächsten.

Jutta Lehnert



(Anmerkung Jutta Lehnert: Nach dem Vortrag meldete sich eine Zeugin, die Kritik am Bibelwort Mk 9 einbrachte. Sie sagte, sie sei nicht zur Sünde verführt, sondern vergewaltigt worden. Ich habe die Übersetzung von Mk 9,42 überprüft; das griechische Wort heißt „skandalise“ – wörtlich bedeutet das „zum stolpern bringen“. Es gibt vielfältige Übersetzungen an dieser Stelle: „Ärgernis geben“, „zum Abfall verführen“, „zur Sünde verführen“, „vom gerechten Weg abbringen“ usw., von denen einige nichts mit sexualisierter Gewalt zu tun haben. Einen kleinen Menschen (klein bedeutet im biblischen Sprachgebrauch wehrlos, unterlegen, ohnmächtig u.ä.) zum Stolpern zu bringen, bedeutet ihm etwas so Schlimmes zuzufügen, dass er fällt…Das ist in den Augen Jesu ein Vergehen, das nicht vergeben werden kann.)


Empfohlene Literatur:
Bischof Geoffrey Robinson, Macht, Sexualität und die katholische Kirche
Dieter Funke, Die Wunde, die nicht heilen kann


Bistum Trier / Schönstatt: Medizinische Untersuchungen bei Cox abgeschlossen: In der kommenden Woche soll Entscheidung über Rückkehr nach Chile fallen

Die Schönstatt-Gemeinde bestätigte, dass inzwischen alle medizinischen Untersuchungen bei Cox abgeschlossen seien und man nun auf die Ergebnisse warte, um eine Entscheidung treffen zu können, Cox nach Chile zurück zu bringen.

den vollständigen Artikel auf "ladiscusion.cl" lesen

Mittwoch, 14. November 2018

Bischof Ackermann: "Aufarbeitung muss unter Einbeziehung der Betroffenen erfolgen"

Eine bundesweite Studie im Auftrag der deutschen Bischöfe, die im September vorgestellt wurde, hatte ergeben, dass Hunderte Kinder und Jugendliche seit 1946 durch Geistliche sexuell missbraucht wurden. Strafrechtlich sind viele Fälle bereits verjährt. Im Bistum Trier waren es demnach 442 Opfer, 148 Priester wurden des sexuellen Missbrauchs beschuldigt.

Ackermann betonte nun,  die Studie selbst sei keine Aufarbeitung. Die müsse nun mit unabhängigen Experten erfolgen, unter Einbeziehung der Betroffenen. Zudem wolle die Kirche klären, „wer über die Täter hinaus“ institutionell Verantwortung für den Missbrauch trage.

Die saarländische Landesregierung will die Katholische Kirche bei der Aufklärung sexueller Missbrauchsfälle unterstützen. Missbrauchsopfer, die sich nicht an kirchliche Stellen wenden wollen, können sich auch beim Landesamt für Soziales melden.

Nächste Woche werden die deutschen Bischöfe laut Ackermann bei einem Treffen erneut über die Aufarbeitung beraten. „Es soll nicht nur bei Ankündigungen bleiben“, betonte der Bischof.

Dienstag, 23. Oktober 2018

Bistum Trier: Die erschütternde Ignoranz des Bischofs - ein Kommentar

Während Bischöfe aus anderen Bistümern ihr eigenes Versagen oder zumindest das ihrer Vorgänger einräumen,  während im Bistum Hamburg ein Beirat aus Betroffenen hinzugezogen wird, der Wissenschaftler mit der Untersuchung der Vorfälle beauftragen und begleiten soll, während der Hildesheimer Bischof sich dafür ausspricht, dass Akten auch für Externe geöffnet werden sollen, während der Freiburger Bischof angibt, Gespräche mit Betroffenen suchen zu wollen, während der Bamberger Bischof nach der MHG-Studie berichtet, dass sich weitere Betroffene gemeldet haben, deren Fälle bisher nicht aktenkundig waren, während das Bistum Berlin öffentlich Betroffene dazu aufruft, sich zu melden,  sendet der Missbrauchsbeauftragte, Bischof Ackermann in seinem eigenen Bistum selbst ein folgenschweres und katastrophales Signal an die Betroffenen: "Betroffene unerwünscht!" - Hinweise auf weitere Betroffene und Täter? Ebenso unerwünscht. 

"Die Betroffenen müssen sich schon selber melden" heißt es weiterhin seitens des Generalvikariates in Trier.  So war es bereits vor der MHG-Studie, so ist es auch nachweislich danach. Nur ein Beispiel, wie das Bistum Trier mit Hinweisen über weitere Betroffene und mutmaßlichen Tätern umgeht:  So informierte ich vor einiger Zeit das Generalvikariat darüber, dass es ernstzunehmende   Hinweise auf ein weiteres Opfer und einen weiteren mutmaßlichen Täter im Bistum Trier gäbe.  Daraufhin wurde mir in aller Deutlichkeit mitgeteilt, dass man Hinweisen erst nachginge,  wenn sich ein Betroffener selber beim Bistum Trier melden würde. Überraschenderweise wandte sich  innerhalb weniger Tage der Bruder des mutmaßlichen Täters schriftlich  an mich und gab an, vom Bistum Trier über meine Hinweise informiert worden zu sein. Es folgte eine Klageandrohung seitens des Bruders mir gegenüber.  Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei dem Opfer um das einzige Opfer handelt, ist recht gering. Ob die Akte dieses Priesters auch zu denen gehörte, die in die MHG-Studie einflossen , bleibt offen. -  Und die Signalwirkung? Verheerend! - Jegliche Hinweise, die dazu beitragen können, die Wahrheit ans Licht zu bringen, waren und bleiben -  offensichtlich auch weiterhin -  unerwünscht.  Hinweise können demnach noch so plausibel und glaubwürdig sein.   Dass es verständliche und nachvollziehbare Gründe dafür gibt,  dass Betroffene sich nicht an die Kirche wenden, das sollte inzwischen auch schon bis zum Missbrauchsbeauftragten der DBK, Bischof Stephan Ackermann, vorgedrungen sein. - Sollte man meinen. 

Der Missbrauchsbeauftragte der DBK, Bischof Ackermann selbst,  sucht allerdings keinen Kontakt zu Betroffenen. Auch bietet er keine Gespräche an. Er ruft auch nicht dazu auf, dass Betroffene sich weiterhin melden sollen. Ganz zu schweigen von dem Versprechen einer zukünftigen Einbindung der Betroffenen. Ackermann sagte bis heute nicht: "Ich habe nichts zu verbergen".  Ackermann bot auch keine externe Untersuchung in seinem Bistum an. Im Gegenteil: Nach der MHG-Studie tauchten weitere Fragen und Ungereimtheiten auf, auf die es bis heute keine Antworten gibt. 

Stattdessen verirrt Ackermann sich nun in einem neuen "Projekt". Kirchenintern - versteht sich. Als scheine er davor zu fliehen, sich seiner eigenen Verantwortung zu stellen.  Es fällt auf, dass Ackermann lediglich  auf der Suche nach Erklärungen ist, die auch sein dürfen. Was nicht sein darf und was nicht sein durfte - wird Ackermann auch nicht erklären dürfen.  Dazu gehört auch, dass Ackermann, der stets im übermächtigen Schatten seines Vorgängers steht,  vermutlich niemals den ehemaligen Bischof von Trier und heutigen DBK-Vorsitzenden Kardinal Marx belasten und zur Verantwortung ziehen dürfte. Zudem würden die Konsequenzen, die Ackermann gegenüber Marx einfordern müsste, auch Ackermann selbst betreffen. Doch dazu fehlt Ackermann Rückgrat. - Und Mut.

Dabei läge nichts näher, als die Antwort auf die Frage,  wie das alles hatte geschehen können,  in seinem eigenen Bistum zu suchen. Bei seinen Vorgängern, also unter anderem auch bei Kardinal Marx - und bei sich selbst. Gerade in seinem eigenen Bistum dürfte Ackermann die meisten Antworten finden. Exemplarisch und stellvertretend für alle anderen Bistümer. Die Forderung, die inzwischen seit acht Jahren  auf dem Tisch liegt, lautet: Zuhören. Hinschauen statt wegschauen. Eingestehen. Verantwortung für das eigene Versagen übernehmen und Konsequenzen ziehen. Und: Handeln statt leerer Worte. 

Es ist  auffallend, mit welcher Krampfhaftigkeit Ackermann versucht, Schuldige und Verantwortliche  zu suchen, die es offiziell gar nicht geben darf. Und mit welcher ebenso großer Krampfhaftigkeit er sich dagegen  wehrt, selbst einer von denen zu sein, die sich ihrer Verantwortung stellen und endlich Konsequenzen ziehen müssen. Auffallend, wie Ackermann immer weitere Studien und Projekte inszeniert und konstruiert,  die Antworten darauf geben sollen, wie das alles geschehen konnte. Aber auch hier gelten kirchliche Prioritäten:  Es gilt, nur das preiszugeben, was sich nicht vermeiden lässt. Die Kirche behält die Kontrolle. Verantwortlichkeiten bleiben verborgen, dürfen nicht nachvollziehbar sein.  Eine Rekonstruktion? Schier unmöglich. -   Auffallend, wie Ackermann sich immer weiter verrennt. Nur, um nicht mit der Problematik im eigenen Bistum konfrontiert zu werden. Nur nicht den Kontakt zu Betroffenen suchen und denjenigen zuhören, die den Mut aufbrachten, ihr Schweigen zu brechen - und offensichtlich erneut zum Schweigen gebracht werden sollen.  Nur keinen externen Profis einen Blick in die Originalakten eingestehen. - Es ist allzu offensichtlich, dass es im Bistum Trier noch sehr viel zu verbergen gilt.

Man müsste dem Missbrauchsbeauftragten der DBK,  Bischof Ackermann, endlich  einen Spiegel vorhalten.  Vermutlich wäre der Anblick für Ackermann erst einmal  schwer zu ertragen. Und auch schmerzhaft. Aber möglicherweise auch wachrüttelnd.  - Der Schaden, den Ackermann mit seiner Ignoranz - nicht nur den Betroffenen gegenüber - anrichtet, ist enorm.  - Vermutlich wird er aber in spätestens  acht Jahren erneut vor der Presse stehen und abermals mit seiner typischen Runzelfalte-auf-der-Stirn-Mimik "bedauern",  was er bereits 2010 "bedauerte": "Wir haben Fehler gemacht. Wir hätten uns mehr um die Opfer kümmern und sie in den Vordergrund stellen müssen. "  - Denn darin ist er tatsächlich Profi. 

Claudia Adams

Montag, 22. Oktober 2018

Bischof Ackermann: neues Projekt

Kirchenkrise: Neues Projekt soll "institutionelles Versagen" der Bistümer aufarbeiten

Wie geht es weiter in der Kirchenkrise in Deutschland? Der DBK-Missbrauchsbeauftragte und Trierer Bischof Stephan Ackermann sowie der DBK-Sekretär und Jesuitenpater Hans Langendörfer „berieten mit den Generalvikaren der 27 Bistümer über die Erklärung der Bischöfe zu den Ergebnissen der Studie“, so die Pressemitteilung.

Im Zentrum standen Konsequenzen der Beratungen der Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz aus der Missbrauchsstudie. Diese ist auf scharfe Kritik von medizinischen Experten, ehemaligen Opfern und Politikern gestoßen, wie CNA Deutsch berichtete. Kritiker bemängeln, dass weiter völlig unklar ist, ob und wie die eigentlichen Gründe für sündhaftes Verhalten durch Bischöfe und Priester in Deutschland angepackt werden: Sexuelles Fehlverhalten, Missbrauch und systematische Vertuschung haben zudem noch zu keinem einzigen Rücktritt durch einen deutschen Verantwortlichen geführt.

Quelle: vaticanhistory.de, dbk.de


Nachtrag: Prälat Dr. Günter Assenmacher (66) ist Offizial des Erzbistums Köln und leitet das kirchliche Gericht. Bei seinem Besuch in der Redaktion sprach er u.a. über die Schwierigkeiten, eine „gerechte Strafe“ für Missbrauchstäter zu finden. Assenmacher will mit seinen Kollegen ins Gespräch kommen – zum Beispiel darüber, dass die angezeigten Fälle überhaupt an die kirchlichen Gerichte gelangen, wie die dort geführten Verfahren vom Verdikt einer geheimniskrämerischen Paralleljustiz befreit werden können, wie die Urteile bekannt gemacht und den Opfern und der Öffentlichkeit verständlich gemacht werden können und woran sich im Sinne des Kirchenrechts eine „gerechte Strafe“ für bestimmte Vergehen bemisst
kirchenzeitung-koeln.de

Bistum Trier / Chile: "Die Schönstatt-Patres, die mit ihm wohnten, wussten, dass Kontakt zu Kindern oder Jugendlichen vermieden werden sollte"

"Doch wie kam es überhaupt dazu, dass Cox in seinem Exil Kontakt zu Minderjährigen hatte?"

Die schriftliche Antwort der Schönstatt-Gemeinschaft Deutschland: "Die Schönstatt-Patres, die mit ihm wohnten, wussten, dass Kontakt zu Kindern oder Jugendlichen vermieden werden sollte und man hat darauf geachtet, so gut es möglich war. Ihm wurden keinerlei pastorale Aufgaben übergeben."

Die  katholische Laiengruppe "Juan XXIII" , die die Missbrauchsopfer von Cox unterstützt und dessen Rückkehr nach Chile fordert,  kritisiert die Schönstatt-Bewegung: Sie habe jahrelang zur Vertuschung von Cox' Taten beigetragen. "Unserer Meinung nach schützt Schönstatt einen Pädophilen, einen Sexualstraftäter."  Die Patres selbst rechtfertigen ihre bisherige Gastfreundschaft für Cox: "Es gab bis in diesem Jahr keine Anzeige und daher bis jetzt auch keine entsprechende Aufforderung durch die chilenische Justiz."




Montag, 15. Oktober 2018

Bistum Trier / Chile: Schönstatt-Pater Güthlein: "Klarheit und Wahrheit mag hart sein, ist aber notwendig.“

Pater Güthlein betonte, dass Pater Cox in den letzten 16 Jahren auf dem Berg im internationalen Haus der Patres zurückgezogen gelebt habe. „Aus der Sicht der deutschen Schönstatt-Bewegung ist mir nichts bekannt, wo er hier irgendwie öffentlich in Erscheinung getreten ist.“ Das sei, wie er auf Nachfrage erfahren habe, auch so in der 12jährigen Amtszeit seines Vorgängers gewesen. „Für die deutsche Schönstatt-Bewegung lebte er wohl wirklich zurückgezogen.“

Stellungnahme von Pater Ludwig Güthlein, Schönstatt-Bewegung Deutschland

"Keinem sei bekannt, dass Cox irgendwie öffentlich in Erscheinung getreten ist".  Eine sehr fragwürdige Aussage, wenn man bedenkt, dass es Fotos gibt, die Cox nicht nur im öffentlichen Raum zeigen, sondern dazu auch ein Foto, welches den Kontakt von Cox zu einem Kind belegt. /  ca



______________________________________


Eine Dokumentation über Francisco José Cox Huneeus die auch  belegt, wie sich die  Mitglieder der katholische Kirchenhierachie, die sich gegen die Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs wehrten,  verhielten. Dieser Bericht wurde ursprünglich am 3. November 2002 auf PrimerLinea.cl veröffentlicht. (theclinic.cl)

Samstag, 13. Oktober 2018

Bistum Trier / Chile: Schönstatt will Justiz unterstützen

"Wir bekräftigen unsere feste Bereitschaft, mit der Justiz in allem was zweckdienlich ist, zusammenzuarbeiten. Deshalb veranlassen wir eine medizinische Untersuchung um bestimmen zu können, ob eine Rückkehr von Francisco José Cox nach Chile möglich ist."


Bistum Trier / Chile: kirchliche Höchststrafe für ehemaligen chilenischen Erbischof - Cox aus Klerikerstand entlassen





Freitag, 12. Oktober 2018



stets aktualisierte Meldungen
über Entwicklungen und  Reaktionen
auf die Ergebnisse der der MHG-Studie 
finden sich auf der Seite "Aktuelles"





Bistum Trier / Chile: "Wenn die deutsche Justiz darum bittet, werden wir Cox nach Chile zurückbringen"

Patricio Moore fue designado por la comunidad Schoenstatt, de la que es miembro el exobispo de Chillán Francisco José Cox, para responder especialmente sobre la situación del sacerdote. Moore reconoce en esta entrevista que fue “una irresponsabilidad trasladarlo a Vallendar” en 2002, el mismo año en que recibió la primera acusación por abuso por parte de Hernán Godoy en La Serena, aunque matiza que la decisión se tomó debido a una petición del Vaticano. Sin embargo admite que deberían haber tomado en cuenta los “rumores” que existían sobre Cox, al que el superior provincial de la época consultó sobre su situación. 

Para reparar el daño, Moore asegura que están dispuestos a traerlo de vuelta a Chile si la justicia lo pide, esto debido a que en Alemania no será juzgado por la Fiscalía de Coblenza, ya que la legislación antigua solo investigaba delitos contra menores de 16 años y la víctima tenía 17. 


-¿Cree que fue una irresponsabilidad trasladarlo a Alemania?
-Fue el Vaticano que nos pidió si lo podíamos recibir en Schoenstatt. En ese momento el provincial nuestro investigó en Chile en los tribunales y dijeron que no había ninguna denuncia, mirado desde ahora sí, no fue una buena decisión llevarlo a Alemania.

-Pero, Juan Pablo Catoggio, superior de Schoenstatt, dijo hace algunos días que “entre 1990 y 1997 conocimos diferentes testimonios y no respondimos como la situación lo requería”. Eso nos da a entender que Schoenstatt no tenía denuncias formales, pero sí antecedentes...

-Lo que sé es que los antecedentes eran rumores, y quizás sí, es verdad, en ese momento deberíamos haber ido al encuentro de esos rumores.

den vollständigen Artikel auf "ladiscusion.cl" lesen

Pater Patricio Moore, Mitglied des Generalrates der Schönstatt-Patres, wurde in Santiago / Chile geboren und studierte Theologie in Münster.