Donnerstag, 26. Juni 2025

Bistum Trier: "In dem Verfahren sollen mindestens vier Angehörige der katholischen Kirche, von denen einige noch leben, eine Rolle spielen. Die Personen seien von verschiedenen Opfern Dillingers benannt worden." - Hält die Staatsanwaltschaft Saarbrücken die Akten bewusst zurück? - Ein Kommentar

Wenn lebende Kirchenmänner beschuldigt werden, schweigt der Staat besonders laut

Es gibt Verfahren, bei denen das Schweigen der Justiz lauter ist als jede Pressemitteilung des Bistums Trier. Das Ermittlungsverfahren der Generalstaatsanwaltschaft Saarbrücken wegen des "Verdachts auf sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen und Kindern sowie den Verdacht der Förderung sexueller Handlungen von Minderjährigen" gehört genau in diese Kategorie. Brisant ist dabei nicht nur, was untersucht wird – sondern vor allem, wer darin eine Rolle spielen soll.

Mindestens vier Angehörige der katholischen Kirche im Bistum Trier, darunter noch lebende Geistliche, sind in diesem Ermittlungsverfahren in der Causa Dillinger erwähnt worden. Diese Personen wurden laut Medienberichten von mehreren Opfern Dillingers namentlich benannt. Das allein wäre Grund genug für entschlossene Aufklärung. Doch was folgt, ist nicht Entschlossenheit, sondern Schweigen: Auf ein gestelltes Akteneinsichtsgesuch der Ermittler Hromada und  Brauer erfolgt keine Absage, kein Bescheid – nur ein „vorgemerkt“. Und dann: Stille.

Natürlich kann man einwenden: Es handelt sich um ein laufendes Verfahren. Die Akteneinsicht ist gesetzlich geregelt, der Schutz der Opfer und der Persönlichkeitsrechte möglicher Beschuldigter zu Recht ein hohes Gut. Das ist juristisch korrekt. Aber juristisch korrekt heißt noch lange nicht gerecht – und schon gar nicht transparent.

Wenn jedoch lebende Amtsträger der katholischen Kirche im Raum stehen, bekommt diese Zurückhaltung einen mehr als fahlen Beigeschmack. Dann stellt sich die unangenehme Frage: Wird hier wirklich nur das Verfahren geschützt – oder auch das System, das dabei auf dem Prüfstand steht?  In diesem Fall das Bistum Trier. 

Man muss es klar benennen: In Deutschland gibt es eine lange Geschichte des institutionellen Wegsehens, wenn es um Missbrauch in kirchlichen Kontexten geht. Die Verstrickung von Kirche, Justiz und Politik ist dokumentiert – und wirkt bis heute fort. Aussagen werden relativiert, Verfahren verschleppt, Akten bleiben unter Verschluss. Man schützt die Würde der Institution – nicht die Würde derer, die ihr ausgeliefert waren.

Ein solcher Umgang ist nicht nur ein Schlag ins Gesicht der Betroffenen. Er ist auch ein Angriff auf das Vertrauen in den Rechtsstaat. Wenn der Eindruck entsteht, dass lebende Kirchenmänner anders behandelt werden als andere Beschuldigte, dann steht nicht nur ein Verfahren in Frage – sondern die Unabhängigkeit der Justiz.

Jeder Tag, an dem die Akten geschlossen bleiben, ist ein Tag, an dem sich der Eindruck verfestigt, dass das Gesetz dort endet, wo kirchliche Macht beginnt. Der Rechtsstaat scheint genau dort zu enden,  wo der Tabernakel beginnt.

Denn sobald lebende Kirchenfunktionäre betroffen sind, wird aus gesetzlicher Zurückhaltung eine strategische Blockade. Dann schützt man nicht mehr das Verfahren – sondern die Institution respektive das Bistum Trier, welches über Jahrhunderte gelernt hat, wie man Dinge unter dem Messgewand verschwinden lässt.  In der Causa Dillinger, dessen Taten über Jahrzehnte hinweg kirchenintern geschützt wurden,  muss daher die Frage erlaubt sein, wer hier weiterhin geschützt wird und: warum?

Deutschland kennt das Spiel längst: Wenn es um sexualisierte Gewalt in der Kirche geht, wird vertuscht, verzögert, verschleppt. Die Justiz wird zum Verwalter des Schweigens. Akten verstauben, Verfahren versanden – und Täter sterben unbehelligt, während Opfer ein Leben lang mit den Folgen leben müssen.

Und in der Causa Dillinger? - Nach dem Tod des Täters, der über Jahrzehnte hinweg im Namen des Bistums Trier Kinder missbrauchen konnte, folgten bis heute unaufgeklärte Einbrüche in sein Haus, "versehentliche"  Aktenvernichtung im großen Umfang und mögliche Beweismittelvernichtung durch die StA Saarbrücken, Verwehrung der Akteneinsicht durch die StA Saarbrücken. - Mit dem Wissen, dass in einem Ermittlungsverfahren mindestens vier Angehörige des Bistums Trier im Missbrauchskomplex Dillinger erwähnt werden, die heute noch ihr Amt innehaben. 

Vertuschung statt Aufklärung.

Ein „Missgeschick“, das zufällig genau dann passiert, wenn Namen genannt werden, die man nicht auf offizielles Papier drucken will.

Kirche. Missbrauch. Schweigen. Weitergehen.

Diese Art von Staatsversagen ist kein Verwaltungsproblem – es ist eine moralische Bankrotterklärung. Wenn Kirchenmänner im Raum stehen, wird die Justiz zum Beichtstuhl. Und der Rechtsstaat macht das Licht aus.

Wer jetzt noch glaubt, es handele sich in der "causa Dillinger" um Zufälle,  glaubt auch, dass Akten sich selbst entzünden können.

Wenn in Akten mindestens vier Namen auftauchen, die mit sexuellem Missbrauch im Bistum Trier  in Verbindung stehen – und genau diese Akten nicht zugänglich sind  –, dann stellt sich nur eine Frage: Cui bono? - Die Antwort: Ackermann, Bätzing und Marx.


Claudia Adams