Freitag, 27. Juni 2025

Bistum Trier: Pädophilen-Netzwerk im Bistum Trier: Warum diese Frage erlaubt sein muss - und was dafür spricht




„Können Sie etwas zur Vermutung eines Pädophilen-Netzwerks sagen?“
„Nein, das ist zu früh. Es ist offen, ob wir da einen Fuß in die Tür bekommen.“
(Oberstaatsanwalt Hromada zur Causa Dillinger, SZ, 15.05.2023)




Wenn  ein ehemalige Generalstaatsanwalt  auf die naheliegende Frage nach einem pädophilen Netzwerk so ausweicht – dann lässt diese Aussage tief blicken. Und es ist klar: Hier besteht erheblicher Aufklärungsbedarf. 

Gibt es ein pädophiles Netzwerk im Bistum Trier?

Die bekannten Fakten sprechen eine Sprache, die kaum noch anders zu deuten ist:
  • Edmund Dillinger konnte über Jahrzehnte hinweg ungehindert Kinder missbrauchen – nicht trotz, sondern wegen seiner Stellung und dem Schutz durch das System "katholische Kirche"
  • Es gibt mindestens 20 Betroffene – und das sind nur die dokumentierten Fälle
  • In den Ermittlungsakten werden mindestens vier weitere kirchliche Amtsträger erwähnt, darunter auch heute noch aktive Geistliche.
  • Nach Dillingers Tod kam es zu ungeklärten Einbrüchen, verschwundenen Beweismitteln und einer nicht nachvollziehbaren Aktenvernichtung.
  • Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken verweigert bis heute die Akteneinsicht – trotz öffentlichem Interesse.

Zufall? - Ganz sicher nicht.  Handelt es sich nicht eher um reflexartige Abwehrversuche, Kontrolle über ein Narrativ zu behalten, das längst außer Kontrolle geraten ist?

Denn je mehr ans Licht kommt, desto plausibler wird der Verdacht, dass es sich hier nicht um einzelne Täter, sondern um ein strukturell gedecktes Netzwerk handelt: Pädophile Serientäter.


Ein Netzwerk muss kein Geheimbund sein.

Es reicht, wenn Menschen sich gegenseitig decken, wenn Verantwortung systematisch verschoben, wenn Aufklärung verhindert und Betroffene zum Schweigen gebracht werden. Wenn Mitwissende schweigen oder: sich im Beichtstuhl gegenseitig die Sünden vergeben.

Dieses Muster ist im Bistum Trier gut zu erkennen. 


Was sich in den letzten Jahren geändert hat?

Nicht etwa, dass Missbrauch verhindert oder transparent aufgearbeitet würde. Geändert hat sich vor allem eins: Die Instrumente der Vertuschung wurden verschärft. Die Methoden wurden moderner. - Doch das Muster bleibt gleich:  Früher verschwanden Akten in den Archiven der Bistümer, blieben in den Händen derer, die vertuschten, wurden vernichtet und gelangten nie zur Staatsanwaltschaft.

Heute ermittelt die Staatsanwaltschaft – und dennoch verschwinden Beweismittel, werden Akten gelöscht, wird Einsicht verweigert.

Ausgerechnet in einem der sensibelsten Missbrauchskomplexe, den das Bistum Trier je erlebt hat.
Ein Fortschritt? - Wohl kaum. Eher ein besser organisierter Selbstschutz. Was sich geändert hat?  Dass einiges auf staatlichen Beistand hindeutet. 

Es geht nicht um Aufklärung, sondern um Kontrolle

Warum werden Namen geschützt? Warum schweigen Verantwortliche?

Weil das System sich selbst schützt. Nicht, weil es um Aufklärung geht  – sondern offensichtlich um Schadenskontrolle. 

Genau deshalb ist die Frage nach einem pädophilen Netzwerk nicht nur berechtigt, sondern zentral.

Denn es geht nicht mehr um Einzelpersonen.
Es geht um Strukturen, die Täter ermöglicht haben.
Es geht um Institutionen, die lieber Akten vernichten als Verantwortung übernehmen.

Und: Es geht um die Betroffenen, die ein Recht auf Wahrheit haben. 

Wer im Namen der Kirche Kinder missbraucht – und von der Kirche geschützt wird – ist nicht nur Täter, sondern Teil eines Systems.

Dillinger missbrauchte über Jahrzehnte hinweg Kinder – nicht trotz, sondern durch seine Stellung im Bistum Trier.

Und wer heute noch schweigt, schützt nicht die Kirche: er schützt die Täter.

 

Claudia Adams


Donnerstag, 26. Juni 2025

Bistum Trier: "In dem Verfahren sollen mindestens vier Angehörige der katholischen Kirche, von denen einige noch leben, eine Rolle spielen. Die Personen seien von verschiedenen Opfern Dillingers benannt worden." - Hält die Staatsanwaltschaft Saarbrücken die Akten bewusst zurück? - Ein Kommentar

Wenn lebende Kirchenmänner beschuldigt werden, schweigt der Staat besonders laut

Es gibt Verfahren, bei denen das Schweigen der Justiz lauter ist als jede Pressemitteilung des Bistums Trier. Das Ermittlungsverfahren der Generalstaatsanwaltschaft Saarbrücken wegen des "Verdachts auf sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen und Kindern sowie den Verdacht der Förderung sexueller Handlungen von Minderjährigen" gehört genau in diese Kategorie. Brisant ist dabei nicht nur, was untersucht wird – sondern vor allem, wer darin eine Rolle spielen soll.

Mindestens vier Angehörige der katholischen Kirche im Bistum Trier, darunter noch lebende Geistliche, sind in diesem Ermittlungsverfahren in der Causa Dillinger erwähnt worden. Diese Personen wurden laut Medienberichten von mehreren Opfern Dillingers namentlich benannt. Das allein wäre Grund genug für entschlossene Aufklärung. Doch was folgt, ist nicht Entschlossenheit, sondern Schweigen: Auf ein gestelltes Akteneinsichtsgesuch der Ermittler Hromada und  Brauer erfolgt keine Absage, kein Bescheid – nur ein „vorgemerkt“. Und dann: Stille.

Natürlich kann man einwenden: Es handelt sich um ein laufendes Verfahren. Die Akteneinsicht ist gesetzlich geregelt, der Schutz der Opfer und der Persönlichkeitsrechte möglicher Beschuldigter zu Recht ein hohes Gut. Das ist juristisch korrekt. Aber juristisch korrekt heißt noch lange nicht gerecht – und schon gar nicht transparent.

Wenn jedoch lebende Amtsträger der katholischen Kirche im Raum stehen, bekommt diese Zurückhaltung einen mehr als fahlen Beigeschmack. Dann stellt sich die unangenehme Frage: Wird hier wirklich nur das Verfahren geschützt – oder auch das System, das dabei auf dem Prüfstand steht?  In diesem Fall das Bistum Trier. 

Man muss es klar benennen: In Deutschland gibt es eine lange Geschichte des institutionellen Wegsehens, wenn es um Missbrauch in kirchlichen Kontexten geht. Die Verstrickung von Kirche, Justiz und Politik ist dokumentiert – und wirkt bis heute fort. Aussagen werden relativiert, Verfahren verschleppt, Akten bleiben unter Verschluss. Man schützt die Würde der Institution – nicht die Würde derer, die ihr ausgeliefert waren.

Ein solcher Umgang ist nicht nur ein Schlag ins Gesicht der Betroffenen. Er ist auch ein Angriff auf das Vertrauen in den Rechtsstaat. Wenn der Eindruck entsteht, dass lebende Kirchenmänner anders behandelt werden als andere Beschuldigte, dann steht nicht nur ein Verfahren in Frage – sondern die Unabhängigkeit der Justiz.

Jeder Tag, an dem die Akten geschlossen bleiben, ist ein Tag, an dem sich der Eindruck verfestigt, dass das Gesetz dort endet, wo kirchliche Macht beginnt. Der Rechtsstaat scheint genau dort zu enden,  wo der Tabernakel beginnt.

Denn sobald lebende Kirchenfunktionäre betroffen sind, wird aus gesetzlicher Zurückhaltung eine strategische Blockade. Dann schützt man nicht mehr das Verfahren – sondern die Institution respektive das Bistum Trier, welches über Jahrhunderte gelernt hat, wie man Dinge unter dem Messgewand verschwinden lässt.  In der Causa Dillinger, dessen Taten über Jahrzehnte hinweg kirchenintern geschützt wurden,  muss daher die Frage erlaubt sein, wer hier weiterhin geschützt wird und: warum?

Deutschland kennt das Spiel längst: Wenn es um sexualisierte Gewalt in der Kirche geht, wird vertuscht, verzögert, verschleppt. Die Justiz wird zum Verwalter des Schweigens. Akten verstauben, Verfahren versanden – und Täter sterben unbehelligt, während Opfer ein Leben lang mit den Folgen leben müssen.

Und in der Causa Dillinger? - Nach dem Tod des Täters, der über Jahrzehnte hinweg im Namen des Bistums Trier Kinder missbrauchen konnte folgten bis heute unaufgeklärte Einbrüche in sein Haus, "versehentliche"  Aktenvernichtung im großen Umfang und mögliche Beweismittelvernichtung durch die StA Saarbrücken, Verwehrung der Akteneinsicht durch die StA Saarbrücken. - Mit dem Wissen, dass in einem Ermittlungsverfahren mindestens vier Angehörige des Bistums Trier im Missbrauchskomplex Dillinger erwähnt werden, die heute noch ihr Amt innehaben. 

Vertuschung statt Aufklärung.

Ein „Missgeschick“, das zufällig genau dann passiert, wenn Namen genannt werden, die man nicht auf offizielles Papier drucken will.

Kirche. Missbrauch. Schweigen. Weitergehen.

Diese Art von Staatsversagen ist kein Verwaltungsproblem – es ist eine moralische Bankrotterklärung. Wenn Kirchenmänner im Raum stehen, wird die Justiz zum Beichtstuhl. Und der Rechtsstaat macht das Licht aus.

Wer jetzt noch glaubt, es handele sich in der "causa Dillinger" um Zufälle,  glaubt auch, dass Akten sich selbst anzünden können.

Wenn in Akten mindestens vier Namen auftauchen, die mit sexuellem Missbrauch im Bistum Trier  in Verbindung stehen – und genau diese Akten nicht zugänglich sind  –, dann stellt sich nur eine Frage: Cui bono? - Ackermann, Bätzing und Marx.


Claudia Adams

Bistum Trier: Causa Dillinger: erneut sorgt die Staatsanwaltschaft Saarbrücken für Irritation: Sondermittler erhielten bis heute keine Akteneinsicht




direkt zum "Abschlussbericht der wissenschaftlichen Studie zu den Umständen des Falles Edmund Dillinger" von Dr. Jürgen Brauer und Ingo Hromada, 10. April 2025  / direkt zur Pressemitteilung des Bistums Trier


Der Abschlussbericht im Missbrauchsfall um den verstorbenen Priester Edmund Dillinger liegt vor. Der Versuch, Betroffene in Afrika ausfindig zu machen, blieb erfolglos.

Die Untersuchungen zu den mutmaßlichen Missbrauchsfällen rund um den verstorbenen Priester Edmund Dillinger aus dem saarländischen Friedrichsthal sind abgeschlossen. Das teilte die Unabhängige Aufarbeitungskommission im Bistum Trier mit. Sie hatte zwei ehemalige Trierer Staatsanwälte damit beauftragt. Vor einem Jahr hatten sie ihren vorläufigen Abschlussbericht dazu vorgelegt.

Keine Missbrauchsopfer in Afrika gefunden

Seitdem sei es nicht gelungen, Betroffene sexuellen Missbrauchs in den afrikanischen Ländern Kamerun und Togo ausfindig zu machen. Die mutmaßlich in Afrika verübten Taten würden viele Jahre bis Jahrzehnte zurückliegen, so die Kommission. Daher sei es praktisch ausgeschlossen, heutzutage noch Betroffene in Afrika ausfindig zu machen.

"Die Autoren sehen in weiteren Recherchen deshalb keinen Sinn", heißt es. Es sei auch nicht gelungen, außerhalb der Kirche Kontakte in der afrikanischen Bevölkerung zu knüpfen, die sich um Betroffene gekümmert hätten.

Kritik auch am Auswärtigen Amt im Fall Dillinger

Die Sonderermittler stießen bei ihren Untersuchungen auf einige Probleme. So hätten sie bei der Generalstaatsanwaltschaft Saarbrücken um Akteneinsicht im Fall Dillinger gebeten. Dazu sei es aber bis jetzt nicht gekommen. "Die Rückmeldung steht auch nach sechs Monaten aus. Unsere Erinnerung ist nicht beantwortet worden", heißt es. 

Im Abschlussbericht heißt es dazu auf Seite 9: 

 "Akten GenStA Saarbrücken

  •  (...) In einem weiteren Artikel der Rheinzeitung vom 17.11.2023 wird ein Ermittlungsverfahren der Generalstaatsanwaltschaft Saarbrücken erwähnt, das den Verdacht des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen und Kindern sowie den Verdacht der Förderung sexueller Handlungen von Minderjährigen zum Gegenstand haben soll. In dem Verfahren sollen mindestens vier Angehörige der katholischen Kirche, von denen einige noch leben, eine Rolle spielen. Die Personen seien von verschiedenen Opfern D.s benannt worden. Auf diesem Weg seien der Redaktion auch die Namen weiterer Opfer bekannt geworden. Aus Scham und Angst wollten die Informanten und Opfer aber nicht öffentlich in Erscheinung treten.17 Vor diesem Hintergrund haben wir uns an die Generalstaatsanwaltschaft in Saarbrücken gewandt und um Einsicht in die Akten des Verfahrens gebeten. Die Generalstaatsanwaltschaft hat bestätigt, ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt zu führen, das aus Anlass von Presseverlautbarungen eingeleitet worden sei und in dem wiedergegebene Behauptungen eines Opfers überprüft würden. Unser Einsichtsgesuch sei vorgemerkt. Es ist aber bisher nicht beschieden.18 Wir haben uns entschlossen, die Entscheidung nicht abzuwarten. Zum einen ist offen, ob unser Gesuch Erfolg hat und zum anderen ist ungewiss, wann die Einsicht erfolgen könnte und ob die Akten überhaupt für uns neue Erkenntnisse enthalten. (...) " (Quelle: Abschlussbericht_Fall Dillinger) (ca) 

Die Akte Dillinger

Edmund Dillinger aus dem Bistum Trier ist im Jahr 2022 verstorben. Laut der Untersuchung soll er in Deutschland zwischen den Jahren 1961 und 2018 mindestens 20 Jugendliche und junge Erwachsene sexuell missbraucht haben.

Die Sonderermittler suchten aber noch in afrikanischen Ländern nach möglichen Opfern. Dort war der Priester oft unterwegs gewesen. Von 1972 bis 2005 war er Vorsitzender der von ihm gegründeten CV-Afrika-Hilfe. Der Fall Dillinger war erst nach dessen Tod bekanntgeworden. Sein Neffe hatte in seinem Nachlass fast 4.500 Fotos gefunden, die den Verdacht des sexuellen Missbrauchs nahelegten. ("swr.de") (tagesschau.de)

Die Generalstaatsanwaltschaft Saarbrücken geriet schon einmal in der "Causa Dillinger" in den Fokus: Mit „großer Verärgerung“ hatten die Sonderermittler bereits kritisiert, dass „die saarländischen Ermittlungsbehörden“ mit wesentlichen Beweismitteln verantwortungslos umgegangen seien „und sie nahezu vollständig vernichtet haben, bevor eine Einsichtnahme erfolgen konnte“. Wörtlich schrieben Brauer und Hromada: „Als größtes Hemmnis unserer Arbeit stellte sich aber die Vernichtung der von Dillinger tagebuchartig geführten Kalender und tausender Lichtbilder durch die saarländischen Ermittlungsbehörden heraus.“  ("kirche-und-leben.de")

Donnerstag, 5. Juni 2025

Kommentar: Bischof Ackermann - Ein weiteres Meisterstück der Ignoranz gegenüber Betroffenen und gegenüber sexuellem Missbrauch






Wir halten fest:

Ein heute 64-jähriger Betroffener, der als Schulkind von einen Trierer Bistumspriester über Jahre hinweg schwer sexuell missbraucht wurde und bis heute unter den Folgen leidet, beabsichtigt, das Bistum Trier auf Schmerzensgeld zu verklagen. Die Summe von  300.000 Euro scheint eine angemessene Entschädigung für das erlittene Leid.

Doch der Betroffene ist auf Prozesskostenhilfe angewiesen und sein Antrag auf diese Hilfe wurde nun auch in zweiter Instanz vor dem Koblenzer Oberlandesgericht abgelehnt. Das Gericht schließt sich der Argumentation der Ersten Instanz,  des Trierer Landgerichts,  an: Die Taten lägen bereits 50 Jahre zurück und seien verjährt. Zudem habe das Bistum Trier die „Einrede der Verjährung“ erhoben – mit der Begründung, "dass sich aus der Personalakte des beschuldigten Priesters keine Hinweise auf Fehlverhalten" ergäben.

Die  Einrede der Verjährung ist ein juristisches Instrument, mit dem ein Anspruch auch dann abgewehrt werden kann, wenn er inhaltlich berechtigt ist – allein, weil eine gesetzliche Frist abgelaufen ist. 

Doch es geht um weit mehr als bloße Paragraphen: Es geht um den grundsätzlichen Umgang der Kirche mit den Betroffenen sexuellen Missbrauchs — jenen Kindern und Jugendlichen, die im Bistum Trier von katholischen Priestern schwer missbraucht wurden.

Es geht darum, ob eine Institution, die sich selbst als moralische Instanz versteht, das Unrecht, das ihre Vertreter an Kindern begangen haben, einfach mit einem Verweis auf Fristen abtut. Es geht darum, ob die Kirche bereit ist, Verantwortung zu übernehmen — oder ob sie sich hinter dem juristischen Schutzschild der Verjährung versteckt.

Jahrzehntelang war es bittere Realität: Sexuelle Gewalt an Kindern verjährte oft, bevor die Betroffenen überhaupt das Schweigen brechen konnten. Viele Missbrauchsopfer trugen ihre Geschichte wie eine unsichtbare Last, während ihre Peiniger sich auf juristische Formalien beriefen.

Psychologische und traumaforscherische Erkenntnisse, politische Forderungen nach mehr Opferschutz, die symbolische Verantwortung des Staates, europäische und internationale Einflüsse und nicht zuletzt der gesellschaftliche Druck haben dazu geführt, dass die Verjährungsfristen verlängert wurden – damit endlich mehr Gerechtigkeit für die Opfer möglich wird.

Deshalb wurden die Verjährungsfristen seit 2010 mehrfach reformiert und für besonders schwere Fälle teilweise faktisch aufgehoben.  Die Crux: Das Rückwirkungsverbot schützt jedoch weiterhin die Täter, deren Taten bereits nach altem Recht verjährt waren.

Gerade die Missbrauchsfälle in der Katholischen Kirche selbst haben aber maßgeblich dazu beigetragen, dass diese Reformen der Verjährungsfristen überhaupt angestoßen wurden. 

Allerdings: Die Katholische Kirche übernimmt seitdem auch eine paradoxe Doppelrolle: 

Die Katholische Kirche gehörte nicht nur zu den großen - unfreiwilligen - Problemverursachern (indem sie Missbrauchsfälle systematisch verschwiegen, vertuscht, bagatellisiert und Täter geschützt hat, indem sie diese versetzte statt anzuzeigen,  indem sie Akten unvollständig führt, manipulierte und Hinweise auf Taten und Täter vernichtete), nein sie löste durch ihren abertausenden Fällen sexuellen Missbrauchs auch die gesellschaftliche und politische Debatte über Verjährungsfristen maßgeblich mit aus.

Gleichzeitig aber wiederum bezieht sie sich auf die geltenden Verjährungsfristen und stellt sich damit weiter gegen die Betroffenen. Die Kirche hat also die Reform nicht aktiv mitgestaltet oder gefordert, sondern ist auch die Widersacherin und pocht weiterhin vielerorts und weiterhin auf die Einrede der Verjährung, um Entschädigungsansprüche abzuwehren und durch diese Prozesse zu verhindern, dass weitere Straftaten ans Tageslicht kommen. 

Ja, die Taten sind nach damaligem Recht verjährt.

Aber es war Bischof Ackermann, der mit seiner Einrede und dieser perfiden Begründung ein Zeichen setzte. Dass er sich gegen die verlängerten Verjährungsfristen stellt und gegen all jene, die für mehr Gerechtigkeit gekämpft haben. Damit stellt er  das jahrzehntelange Ringen der Betroffenen in den Hintergrund und schützt damit de facto die Täter vor den berechtigten Ansprüchen der Opfer.

Doch damit nicht genug: Ackermann rechtfertigen die Einrede der Verjährung damit, dass „aus der Personalakte des beschuldigten Priesters keine Hinweise auf Fehlverhalten“ hervorgingen.

Diese Argumentation ist allerdings eine inakzeptable Verkürzung der Tatsachen. Die bloße Behauptung, „es gebe keine Hinweise auf Fehlverhalten in der Akte“, kann und darf nicht ausreichen, um einem Opfer von schwerem sexuellem Missbrauch die Chance auf Aufarbeitung und Entschädigung zu verweigern.

Ackermann stützt sich hier auf eine Aktenführung, die nachweislich unvollständig, manipuliert oder bewusst irreführend geführt wurde. Unabhängige Gutachten haben wiederholt belegt, dass genau in diesen Personalakten Hinweise verschleiert, bagatellisiert oder gar nicht erst aufgenommen wurden. - Wie objektiv und umfassend kann überhaupt unter diesen Bedingungen noch Aufklärung stattfinden?

Der Trierer Bischof macht sich durch diese Aktion selbst zum Richter über die eigene Verantwortung – das ist weder mit dem Anspruch auf Gerechtigkeit noch mit moralischem Verantwortungsbewusstsein vereinbar.

Die Verantwortung des Bistums Trier gegenüber Betroffenen wird somit weiterhin konterkariert und pervertiert. 

Denn den Betroffenen wird eine doppelte Last auferlegt: Zuerst müssen sie das erlittene Unrecht ertragen, anschließend sollen sie auch noch beweisen, was durch eine lückenhafte Aktenführung verschleiert wurde. - Ein fundamentaler Verstoß gegen die Prinzipien von Rechtsstaat und Moral.

Als Bischof – und besonders in seiner Funktion als ehemaliger „Missbrauchsbeauftragter“ (und ja, Ackermann scheint tatsächlich mehr Missbrauchsbeauftragter gewesen zu sein als "Antimissbrauchsbeauftragter")  - wäre es seine Pflicht gewesen, alles dafür zu tun, die institutionellen Versäumnisse aufzuarbeiten und den Betroffenen Gerechtigkeit zu verschaffen. Dazu hätte eine unabhängige und umfassende Aufklärung sowie die ernsthafte Bereitschaft zu materieller und ideeller Wiedergutmachung gehört.

Dass Ackermann sich für die Einrede der Verjährung entschied und diese ausgerechnet mit den Worten begründete, dass sich aus der Personalakte des beschuldigten Priesters keine Hinweise auf Fehlverhalten ergäben, ist daher an Hohn kaum zu überbieten. 

Damit dokumentiert Ackermann eindrucksvoll, auf wessen Seite er immer noch steht. 




Claudia Adams






Mittwoch, 4. Juni 2025

Bistum Trier: Nach Erhebung der Einrede der Verjährung durch Bischof Ackermann wegen "Nichtwissens" - Missbrauchsklage gegen das Bistum Trier scheitert an Prozesskostenhilfe: Bistum schweigt

"Ein Mann aus dem Bistum Trier gibt an, als Kind von einem Priester missbraucht worden zu sein. Weil der Vorwurf aber so lange zurückliegt, scheint eine Klage auf Schadenersatz aussichtslos. Deswegen gibt es keine Prozesskostenhilfe.

Das Bistum Trier wollte sich am Mittwoch nicht zu dem Fall äußern.

"Dass in diesem Fall die Einrede der Verjährung erhoben wurde, ist nicht als generelle Linie für eventuelle weitere Klagen gegen das Bistum Trier zu verstehen." Die Vorwürfe wurden "mit Nichtwissen bestritten", hieß es laut Bistum in einer Erwiderung. 

Nach Angaben eines Koblenzer Gerichtssprechers liegen die Vorwürfe in den 1960/70er Jahren. Die Verjährung endet in der Regel jedoch nach 30 Jahren und damit würden die Erfolgsaussichten einer Klage nicht ausreichend eine Prozesskostenhilfe begründen.

Grund dafür sei gewesen, dass es abgesehen von den Vorwürfen in der Klage keine gegen den Pfarrer gerichteten Vorwürfe, Beschwerden oder Beschuldigungen gegeben habe. Demnach ergaben sich auch aus seiner Personalakte keine Hinweise auf sexuellen Missbrauch. (...) " (katholisch.de)

"Im Unterdrücken der Wahrheit und im Vertuschen der Missbrauchstaten liegt eine weitere Amtspflichtverletzung der katholischen Kirche.

Die dargelegten Umstände wurden im Prozesskostenhilfeverfahren ausführlich vorgetragen. Das Oberlandesgericht Koblenz ist jedoch mit keinem Satz hierauf eingegangen, obwohl im Hinblick auf das kirchliche Selbstbestimmungsrecht und im Blick auf die Grundrechte der Betroffenen sich die Annahme eines Rechtsmissbrauchs der Einrede der Verjährung aufdrängt (so Professor Ogarek, JZ 2024, S. 271/277). 

Hinzu kommt, dass Bischof Stein die strafrechtliche Verfolgung von Missbrauchspriestern vereitelt hat. Dies zeigt ebenfalls das rechtsmissbräuchliche Handeln des Bistums.  (...)"  (wochenspiegellive.de)

"Jahrelang vergewaltigt: Deshalb scheitert ein Trierer Missbrauchsopfer vor Gericht": Ein Missbrauchsopfer will 270.000 Euro Schmerzensgeld vom Bistum Trier erstreiten. Jetzt hat zum zweiten Mal ein Gericht in dieser Sache entschieden. (den vollständigen Artikel auf "volksfreund.de" lesen)

Dienstag, 3. Juni 2025

Bistum Trier: Schwere Vorwürfe gegen Bistum Trier im Fall des ehemaligen Trierer Diözesanrichters H.

Ein wegen Missbrauchs bestrafter prominenter Trierer Bistumspriester hat auch in zweiter Instanz verloren. Das Kirchengericht der Erzdiözese Köln hat das zwei Jahre zurückliegende Urteil eines Trierer Richtergremiums bestätigt:

Das Pikante an dem Fall: Der Geistliche war selbst viele Jahre lang Diözesanrichter und leitete einst 
die Abteilung Kirchenrecht im Generalvikariat. 

Nach früheren Aussagen der Opfervereinigung MissBit soll er sogar selbst mit der Erfassung und Beurteilung von Vorfällen sexualisierter Gewalt in der Kirche befasst gewesen sein.

Ein Vorwurf, den das Bistum seinerzeit zurückwies. Der Mann sei nicht als Diözesanrichter in Missbrauchsverfahren tätig gewesen.

Die Trierer Staatsanwaltschaft hatte die Ermittlungen gegen den  Geistlichen vor sechs Jahren eingestellt, weil die Vorwürfe verjährt seien, wie es damals hieß. 

Parallel dazu hatte das Bistum ein kirchenrechtliches Verfahren eingeleitet und dem Priester untersagt, Gottesdienste zu halten. Später ordnete die römische Glaubenskongregation auf Empfehlung des Trierer Bischofs einen Strafprozess gegen den Mann an.

Nach dem damaligen Urteil darf der 77-Jährige dauerhaft keinerlei priesterlichen Dienste mehr öffentlich ausüben und Sakramente spenden. Ebenso darf er künftig nicht mehr als Priester erkennbar sein (also keine Priesterkleidung mehr tragen), und er darf seinen päpstlichen Ehrentitel als Prälat nicht mehrführen. Zudem darf er sich nie wieder in seiner früheren Pfarrei im Kreis Trier-Saarburg aufhalten, und das Ruhestandsgehalt wird gekürzt.






Bistum Trier: Kölner Kirchengericht bestätigt Urteil: Ruhestandspriester aus dem Bistum Trier darf nach sexuellem Missbrauch keine priesterlichen Aufgaben mehr übernehmen

28.05.2025

Ein Ruhestandspriester aus dem Bistum Trier darf nach sexuellem Missbrauch keine priesterlichen Aufgaben mehr übernehmen. Ein Kölner Kirchengericht hat das Urteil jetzt bestätigt.

Das Kirchengericht hatte den Geistlichen im Ruhestand im April 2023 wegen sexuellen Missbrauchs eines Minderjährigen für schuldig befunden und den kirchlichen Strafprozess damit abgeschlossen.

Der Priester legte Berufung ein, doch das kirchliche Gericht im Erzbistum Köln bestätigte jetzt das Urteil und die Strafen, teilte das Bistum Trier mit.

Mehrere Strafen gegen Priester verhängt

Das dreiköpfige Richterkollegium hatte dem Priester aus dem Landkreis Trier-Saarburg mehrere Strafen auferlegt: So durfte der Ruhestandsgeistliche dauerhaft keine priesterlichen Dienste mehr öffentlich ausüben und keine Sakramente mehr spenden.

Außerdem wurde ihm verboten, die Kleidung eines Priesters zu tragen und päpstliche Ehrentitel zu führen. Eine weitere Strafe sah vor, dass er sich nicht mehr in seiner ehemaligen Pfarrei aufhalten durfte. Schließlich wurde sein Ruhestandsgehalt gekürzt. Gegen dieses Urteil hatte der betroffene Geistliche Berufung eingelegt, über die jetzt entschieden wurde.

Missbrauch einer minderjährigen Person

Die Vorwürfe gegen den Priester wegen sexuellen Missbrauchs eines Minderjährigen bezogen sich auf die Mitte der 2000erJahre und waren laut Bistum Trier im Frühjahr 2019 gemeldet worden. Das Bistum hatte damals eine kirchenrechtliche Voruntersuchung gegen den Mann eingeleitet und die Vorwürfe bei der Staatsanwaltschaft Trier angezeigt.

Kirchlicher Strafprozess endet mit Schuldspruch

Die Staatsanwaltschaft Trier hatte die Ermittlungen Ende 2019 eingestellt. Damals teilte die Behörde mit, die Vorwürfe seien verjährt. Danach wurde die kircheninterne Untersuchung, die während der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen ruhte, wieder aufgenommen. Die Ergebnisse dieser Untersuchung wurden an die Glaubenskongregation nach Rom gemeldet. Schließlich wurde ein kirchlicher Strafprozess auf den Weg gebracht, der mit dem Schuldspruch des Priesters endete (Quelle: swr.de)