Sonntag, 29. Dezember 2019

Im Namen des Herrn

Ich poste diesen Artikel ausnahmsweise an dieser Stelle, damit auch die generationsübergreifenden familiären Tragödien, die sich im Hintergrund eines
 - fast jeden - Betroffenen abspielen, ins Bewusstsein gerufen werden
 und die Gesellschaft sowie der Klerus endlich aufgerüttelt werden.

 Auch, wenn die Leiden der Angehörigen nach außen hin kaum erkennbar sind: Sie sind da.
 Über Generationen hinweg.

Das Maß der Erträglichkeit, der Fassbarkeit, des Begreifens, betrifft auch sie:

Unsere Kinder.
 Unsere Eltern.
Unsere Liebsten.
 Alle, die an unserem Leben teilnehmen. 

Und nein, es handelt sich hierbei nicht um einen Film. Sondern um eine menschliche Tragödie:

Im Namen des Herrn.






Alexandre, ein 19-jähriges Missbrauchsopfer,  ermordet seinen mutmaßlichem Täter, einen katholischen Pfarrer (91). Unter anderem sticht er ihm ein Kruzifix in die Kehle.  Auslöser der Tat: Der 19jährige hatte erfahren, dass der Priester sich nicht nur an ihm, sondern bereits auch an seinem Vater vergangen hatte.  Der Großvater von Alexandre nahm sich das Leben, nachdem er vom Missbrauch seines Sohnes und seines Enkelkindes durch den Priester erfuhr.

Der Geistliche, Roger Matassoli, war bereits zuvor des Missbrauchs an zahlreichen Jungen zwischen den Jahren 1960 und 2000 beschuldigt worden. Mehrere Männer haben sich mittlerweile geoutet. Trotzdem soll der Priester über vier Jahrzehnte von der Kirche gedeckt worden sein. Ein juristisches Verfahren oder eine Aufarbeitung durch die Kirche gab es offenbar nie ....

Alexandre werden übrigens inzwischen Folter, Mord, Widerstand bei der Festnahme und Diebstahl zur Last gelegt.



Vielleicht einfach einmal innehalten und darüber nachdenken - und nicht versuchen, zu urteilen.




welt.de

Freitag, 27. Dezember 2019

Bistum Trier: 89 des sexuellen Missbrauchs beschuldigte Priester, 162 Betroffene und 105 Entschädigungen (Hellfeld seit 2010)

Seit 2010 hat das Bistum Trier 105 Opfer sexuellen Missbrauchs durch Priester entschädigt. Mit Stand September dieses Jahres hätten sich 162 Betroffene gemeldet, teilte das Bistum auf Anfrage mit.

Insgesamt habe das Bistum 506.000 Euro an finanziellen Leistungen für das erlittene Leid ausgezahlt. Die Gelder seien ausschließlich aus Mitteln des Bischöflichen Stuhls geflossen, nicht aus Kirchensteuermitteln.

Bisher 89 beschuldigte Priester

Im Durchschnitt bekamen die Opfer nach Angaben des Bistums rund 5.000 Euro. Seit 2010 hätten die Betroffenen 89 Priester des sexuellen Missbrauchs beschuldigt, mehr als die Hälfte der mutmaßlichen Täter sei bereits verstorben.

Quelle: swr.de




Hierbei gilt jedoch im Bistum Trier folgendes zu beachten: 

01/1946 - 01/2010          148 des sexuellen Missbrauchs beschuldigte Priester               442 Betroffene
01/2010 - 09/2019            89 des sexuellen Missbrauchs beschuldigte Priester               162 Betroffene



09/2018              75 beschuldigte Priester         140 Betroffene
09/2019              89 beschuldigte Priester         162 Betroffene

Differenz 09/2018 (Veröffentlichung MHG-Studie) - 09/2019: 

                           + 14 beschuldigte Priester      + 22 Betroffene                                 09/2018 -09/2019         



Quelle:  "Die wissenschaftliche bundesweite MHG-Studie brachte Zahlen aus den Bistümern ans Licht. Im Bistum Trier sind demnach in den Personalakten seit 1946 insgesamt 148 Priester wegen sexuellen Missbrauchs beschuldigt worden. Betroffen waren insgesamt 442 Opfer. Zudem meldeten sich seit 2010 insgesamt 140 Opfer beim Bistum Trier, die 75 Priester beschuldigten. Diese Zahlen flossen nicht in die Studie ein. Das Bistum bewilligte 96 von 104 Anträgen auf Zahlungen wegen erlittenen Leides. Gezahlt wurden 475 500 Euro." (welt.de)


Dies ist eine rein rechnerische Angabe zu den Zahlen, die das Bistum jährlich veröffentlicht.  Das Bistum Trier wies aber bereits schon im September 2018 darauf hin, dass man die Zahlen von vor 2010 und nach 2010 nicht einfach addieren dürfe, da sich einige Einzelfälle überschneiden würden.  Dennoch halte ich diese Größenordnung für relativ realistisch - wobei weiterhin zu beachten gilt, dass es lediglich das "Hellfeld" wiedergibt. / ca

                                             



Montag, 9. Dezember 2019

Bistum Trier / DBK: "Sexual-straffällig" gewordene Priester dürfen weiterhin eingesetzt werden




"Zwar dürfen Kleriker, die Schutzbefohlene missbraucht haben, nicht mehr in den Seelsorgedienst zurückkehren, wenn „dieser Dienst eine Gefahr für Minderjährige oder erwachsene Schutzbefohlene darstellt oder ein Ärgernis hervorruft“. Ein ausnahmsloses Beschäftigungsverbot für sexual-straffällig gewordene Priester nach dem Beispiel der US-Kirche lehnt die Bischofskonferenz aber weiter ab."

kirche-leben.de

Dass die Behauptung "nicht mehr in der Seelsorgedienst, wenn dieser ein Gefahr für Minderjährige oder erwachsene Schutzbefohlene darstellt oder ein Ärgernis hervorruft" in der Praxis nicht durchführbar war,  haben die letzten Jahre bewiesen.  Dies zeigen einige Beispiele aus dem Bistum Trier, von denen öffentlich berichtet bzw. recherchiert wurden:  Ein Priester,  fand sich in einem Kloster wieder. Dort hatte er Kontakt zu kleinen Mädchen, mit denen er "Flötenspielen" übte. Ein weiterer Priester, der in die Klinikseelsorge versetzt wurde, durfte dort den Nikolaus spielen und mehrere Kinder auf den Schoß nehmen.  Ein anderer Priester, der bereits vorbestraft war, durfte als Ersatzpfarrer die Erstkommuninion-Kinder zum Altar führen. Weitere Priester, die mit den Vorwürfen sexuellen Missbrauchs konfrontiert wurden, zelebrierten weiterhin Messen und führten die Sakramente aus (sie tauften, schlossen Ehen und beerdigten - unter anderem auch Angehörige von Betroffenen.)  Die Versetzung von sexuell auffällig gewordenen Priester in Altenheimen und Pflegeeinrichtungen ist besonders verheerend: Hier kann ein Priester, der des sexuellen Missbrauchs beschuldigt wird, nicht nur weiter Kontakt zu Kindern pflegen, sondern auch bei älteren und behinderten Menschen, die sexuell missbraucht wurden und diese Erfahrungen bis ins hohe Alter in sich tragen, schwerste  Retraumatisierungen hervorrufen.  


Samstag, 7. Dezember 2019

Bistum Trier: Bis heute keine einheitliche und standardisierte Vorgehensweise bei Aufarbeitung des Missbrauchsskandals

Die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals läuft in den Bistümern in Rheinland-Pfalz auch mit juristischer Unterstützung weiter - auf im Detail verschiedene Weise. 

Das Bistum Mainz beauftragte im Juni den Regensburger Rechtsanwalt Ulrich Weber mit einem unabhängigen Projekt zur Aufklärung der Missbrauchstaten.  Das Vorhaben namens "Erfahren. Verstehen. Vorsorgen" nehme Taten sexuellen Missbrauchs und sexualisierter Gewalt seit 1945 in den Blick und frage, wie im Bistum damit umgegangen wurde.

Aus dem Bistum Speyer hieß es: "Wir geben in Rücksprache mit den Betroffenen weiterhin alle Verdachtsfälle an die Staatsanwaltschaft und stehen mit den Justizbehörden in engem Kontakt." 2019 seien sechs Fälle an die Staatsanwaltschaften abgegeben worden, davon seien in fünf Fällen die Ermittlungen eingestellt worden, ein Fall werde weiter verfolgt.

Sprecherin Judith Rupp vom Bistum Trier teilte mit: "Mit einer Auftaktveranstaltung am 31. Oktober wurde das Aufarbeitungsprojekt "Gewalt am Bischöflichen Internat Albertinum Gerolstein - Aufarbeitung mit und für Betroffene" gestartet." Die Aufarbeitung des Missbrauchs an diesem Internat diene als Lernfeld für die Aufarbeitung mit und für Betroffene im Bistum insgesamt. Die individuelle Betrachtung von Fällen sowie die Präventionsarbeit würden fortlaufend betrieben. (!)

sueddeutsche.de

Ich frage mich gerade, wer von uns Betroffenen bisher eine individuelle Betrachtung seines "Falles" erleben durfte. Und dass die Präventionsarbeit fortlaufend betrieben werde, sagt rein gar nichts über ihre Qualität aus. /ca

Mittwoch, 4. Dezember 2019

Bistum Trier: Bischof Ackermann: "Ich bin froh darüber, meine Erfahrungen aus der Arbeit der letzten Jahre einbringen zu dürfen"

Bischof Dr. Stephan Ackermann ist am 03.12.2019 in den „Nationalen Rat gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen“ berufen worden.

„Ich bin froh, als Vertretung  aus der katholischen Kirche in den Rat berufen worden zu sein“, sagt Bischof Ackermann. „Auf diese Weise können wir unsere Erfahrungen aus der Arbeit der letzten Jahre einbringen. Ich erhoffe mir von der Arbeit im Nationalen Rat eine größere Vernetzung über verschiedene Verantwortungsbereiche hinweg, und dass gesamtgesellschaftlich die Sensibilität für das Thema gestärkt wird.“

bistum-trier.de

Unsäglich. Der Missbrauchsbeauftragte der DBK, Bischof Ackermann,  verfügt  zwar tatsächlich inzwischen über eine knapp zehnjährige Erfahrung mit der Thematik "Missbrauch", doch fragt man sich:  Erfahrungen welcher Art? Ein Bischof, der es nicht einmal schafft, sich selbst gegenüber ehrlich zu sein und Fehler einzugestehen,  der jegliche Schuld auf andere schiebt, der mit den Betroffenen nicht zurecht kommt, der Verantwortung von sich weist. Ein Bischof, in dessen Bistum es von Versäumnissen nur so hagelt. Ein Bischof, der als Missbrauchsbeauftragter in seinem eigenen Bistum Priester mit pädophilen Neigungen einsetzt und weiter beschäftigt. Ein Bischof, der sich selbst nach knapp zehn Jahren noch nicht der Tragweite seiner Äußerungen in der Öffentlichkeiten  besonders gegenüber Betroffenen bewusst ist. Ein Bischof, dessen Diskrepanz zwischen seinen Worten und Taten kaum größer sein könnte. Ein Bischof, der seit Jahren überwiegend durch Negativ-Schlagzeilen auffällt, welche unweigerlich in Erinnerung bleiben werde. Dieser Bischof, der seine Glaubwürdigkeit verspielt hat, greift ausgerechnet in diesen Tagen (nachdem seine umstrittene  Pfarreienreform von Rom aus erst einmal gestoppt wurde) nach einer weiteren Verantwortungsübernahme. Wir halten fest:  Es geht hier um die "dauerhaften Bekämpfung von sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche und deren Folgen", in der ausgerechnet Ackermann seine Erfahrungen einbringen möchte.  Die Frage nach dem "Warum?" darf also auch hier berechtigt sein. Rationale Gründe finden sich nicht. Ausgelastet ist er auf jeden Fall genug. So erklärte Ackermann noch vor zwei Monaten seinen Rücktritt als Vorsitzender der deutschen Kommission "Justitia und Pax" mit der Begründung: "Andere Verpflichtungen". Wenn Ackermann tatsächlich zu einer "dauerhaften Bekämpfung von sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche und - wohlgemerkt - auch deren Folgen (!)"  beitragen wollte, könnte er in seinem eigenen Bistum damit anfangen.  - Und wenn Ackermann tatsächlich davon ausgeht, dass seine Erfahrungen positiv waren, stelle ich seine Wahrnehmung ernsthaft und erneut in Frage.  Bleibt nur noch, ihn als Negativ-Beispiel in die Runde mitaufzunehmen.  Die Motivation, sich überhaupt und ausgerechnet diesem Verantwortungsbereich zuzuwenden  ist ebenso erschreckend. Es gleicht wohl eher einer innerlichen Sehnsucht, endlich wieder positive Schlagzeilen zu ernten und sich profilieren zu wollen: Wenn auch auf Kosten anderer - wie so oft.   Bleibt nur zu hoffen, dass er sich nicht ausgerechnet den Facharbeitsgruppen "Schutz und Hilfe" oder "Kindgerechte Justiz" anschließt. Denn das wäre mehr als verheerend. / ca

Dienstag, 3. Dezember 2019

Bistum Trier: Staatsanwaltschaft stellt wegen Verjährung Missbrauchsermittlungen gegen Ruhenstandspriester ein

Die Missbrauchsermittlungen gegen einen Ruhestandspriester aus der Region Trier sind eingestellt worden.      

Ein heute erwachsener Mann hatte ausgesagt, als Jugendlicher von dem Priester missbraucht worden zu sein. Ermittlungen hatten ergeben, dass die mutmaßliche Tat etwa 13 bis 15 Jahre zurücklag. Damit sei sie verjährt, so die Staatsanwaltschaft. Wegen dieses so genannten Verfahrenshindernisses habe auch nicht geklärt werden können, ob an dem Vorwurf etwas dran sei. Der Priester hatte den Vorwurf bestritten.

Der angebliche Übergriff wurde publik, weil das längst erwachsene Opfer sich irgendwann einem Dritten anvertraute und den Missbrauch geschildert hat.

"volksfreund.de", "swr.de"