Montag, 13. November 2017

Bistum Trier / Chile: "Katholisches Kartell" reicht bis ins Bistum Trier


Ein ehemaliger chilenischer Erzbischof, auf dem schwerste Vorwürfe sexuellen Missbrauchs lasten, lebt seit Oktober 2002 im Bistum Trier. Ausgerechnet im Bistum des Missbrauchsbeauftragten der DBK, Bischof Dr. Stephan Ackermann.  Eigene Recherchen bestätigen diese Angaben. 

Bereits 1992 wurden Vorwürfe sexuellen Missbrauchs gegen den ehemaligen chilenischen Erzbischof Francisco José Cox  laut.  Es fanden jedoch über Jahre hinweg keine Untersuchungen der Vorwürfe statt. Erst 1997 erfolgte eine Untersuchung durch die Apostolische Nuntiatur.  Daraufhin trat Cox - ohne öffentliche Erklärung - von seinen Ämtern zurück.

2002 gab Erzbischof Francisco Javier Errázuriz Ossa erstmals öffentlich zu,  dass Cox freiwillig wegen "unangemessenen Verhaltens"  im Zusammenhang mit seiner "etwas überschwänglichen Zuneigung insbesondere zu Kindern" zurückgetreten und versetzt worden sei.  Unklar blieb, ob es sich tatsächlich um eine freiwillige Entscheidung oder um eine Auflage der Kirche handelte.  Gleichzeitig wurden Vorwürfe laut, die Kirche habe ihn geschützt, indem sie ihn nach Deutschland geschickt habe.

Der Generaloberer der Schönstatt-Patres,  P. Juan Pablo Catoggio sagte auf WDR-Anfrage, Cox sei von der Bischofkongregation in Rom den Schönstatt-Patres anvertraut worden. "Sollten die Fakten stimmen, müsste Cox angeklagt werden".  - Doch das ist bisher nicht geschehen.  

Weiter heißt es offiziell: Nach journalistischen Vorwürfen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen, die über einen Zeitraum von zehn Jahren andauerten, verzichtete der ehemalige chilenische Erzbischof angeblich seit  Oktober 2002 auf jegliche pastorale Tätigkeiten. 

Nachdem er zuerst in die Schweiz ging, lebt er seit 2002 im Bistum Trier.  -  Zu diesem Zeitpunkt war der heutige Kardinal Reinhard Marx Bischof von Trier.

  • "Im Vordergrund stehen die Barmherzigkeit und das Verzeihen, von dem die Täter profitieren. Einer der mutmaßlichen Täter ist der ehemalige chilenische Erzbischof Francisco José Cox, auf dem schwerste Vorwürfe sexuellen Missbrauchs lasten. Der heute 83jährige, ein Priester der Schönstatt-Bewegung lebt seit 2002 zurückgezogen in der Zentrale der Schönstattpatres in Vallendar bei Koblenz. Deren Generaloberer P. Juan Pablo Catoggio sagt auf WDR-Anfrage, Cox sei von der Bischofkongregation in Rom den Schönstatt-Patres anvertraut worden. Catoggio gibt weiter an, dass er die Vorwürfe gegen Cox wegen seines „unangemessenen effektiven Umgangs mit Jugendlichen“ kenne. Deswegen sei dieser als Erzbischof zurückgetreten. Allerdings habe es in Chile niemals eine formelle Anklage gegen Cox gegeben. Die von dem Zeugen beschriebene Vergewaltigung bezeichnete Catoggio als abscheulich und pervers. Sollten die Fakten stimmen, müsste Cox angeklagt werden – so der Generalobere der Schönstatt-Priester. - Doch das ist bisher nicht geschehen. 
  • José Andres Murillo von der Antimissbrauchstiftung findet den Fall Cox beschämend und kritisiert Kirche und Justiz:  "Die Kirche hat ihn geschützt, indem sie ihn nach Deutschland geschickt hat. Und es ist wirklich eine Schande, dass die chilenische Justiz den Vorwürfen gegen Cox nicht nachgeht." Unter seinen Opfern waren einige der ärmsten Kinder Chiles.  direkt zum Audiobeitrag auf WDR5 (ab Minute 6:00)
  • "Das katholische Kartell - Wie die Kirche in Chile ihre Missbrauchs-Priester scheinbar straft und doch schützt: Die Figuren des chilenischen Regisseurs Larraín haben reale Vorbilder. Es sind jene Priester, von denen auch in Deutschland in den vergangenen Jahren oft die Rede war. Sie haben Minderjährige missbraucht und vergewaltigt, in ihrer jeweiligen Gemeinde wird getuschelt, Vorwürfe machen die Runde, Zeitungen berichten – und plötzlich sind die Täter verschwunden. So wie auch der chilenische Bischof Francisco José Cox abtauchte, nachdem Zeitungen berichtet hatten, dass er gegenüber Kindern und Jugendlichen übergriffig geworden sei. (...) Unglaublich, was für ein Leben der übergriffige Bischof hat. Ich konnte es nicht fassen, was für ein schönes Leben dieser Typ hat“, sagt Pablo Larraín beim Besuch in Berlin. Larraín, 39 Jahre, Drei-Tage-Bart, T-Shirt, Jeans, Sneakers, reicht sein Smartphone über den Tisch. Darauf ist eine Landschaft zu sehen wie aus der Schokoladenreklame: Berge, Wiesen, Kühe – und mittendrin ein schönes großes Haus. In diesem Haus in der Schweiz lebte Bischof Cox, nachdem er in Chile von seinen Ämtern zurückgetreten war. Larraín sah das Foto vor einigen Jahren in einer chilenischen Zeitung. Es ließ ihn nicht mehr los. „Warum sitzt der in der Idylle und nicht im Gefängnis?“, fragte er sich – und begann zu recherchieren. Er fand heraus, dass die katholische Kirche ihre Priester, die nicht mehr tragbar sind in ihren Gemeinden, in spezielle Häuser beordert, in eine Mischung aus Gefängnis und Altersheim. Zumindest in Chile und den USA gibt es diese Häuser. „Die Kirche schützt ihre Priester vom Priesterseminar bis zum Altersheim“, sagt Pablo Larraín. Vor einer Anklage vor einem weltlichen Gericht muss sich keiner ihrer Bewohner fürchten." (tagesspiegel.de, 11.2015)
  • "Dass die katholische Kirche mit solchen Häusern die staatliche Justiz umgeht und ihr eigenes Rechtssystem geschaffen und etabliert hat - das ist eines der Themen, die Pablo Larraín mit seinem Film "El Club" anspricht: "Die Kirche scheint mehr Angst vor der Presse zu haben, als vor der Hölle."" (dw.com)
  • "In 2002, bishop Francisco José Cox Huneeus, was ordered by the Church to retreat from pastoral life for “inappropriate behaviour” and made to go into seclusion in a German monastery." (CRIN - Child Rights Information Network, "Child Sexual Abuse and the Holy See")
  • "Die zurückliegenden Monate haben gezeigt, dass wir uns gezielter als bisher auch der Frage zuwenden müssen, wie wir mit Priestern verfahren, die zu sexuellen Missbrauchstätern geworden sind“, erklärte Bischof Ackermann 2012.  Während der Missbrauchsbeauftragte  2012 noch von den "zurückliegenden Monaten" sprach, hielt sich der ehemalige Erzbischof, der des sexuellen Missbrauchs beschuldigt wird, bereits seit sieben im Bistum Trier auf. " Opfergerechter Umgang mit Tätern“ (Bistum Trier, Mai 2012)