Mittwoch, 29. August 2012

Kommentar zu der Einladung des "dokumentartheater berlin" an Stephan Wahl



Foto: Bistum Trier



Na, Herr Wahl!

Das ist doch mal  was: eine Exklusiv-Einladung des "dokumentartheater berlin" für ein Stück, das das wahre Leben schrieb. Und Sie dürfen live dabei sein. Damals waren Sie es ja nach eigenen Angaben nicht und haben von all den menschlichen Abgründen, die unmittelbar um Sie herum stattfanden, nichts mitbekommen.

Ihr „geistiger Mentor“, einer der Hauptmissbrauchstäter auf dem Aloisiuskolleg,  der sich laut Angaben selbst als pädophil bezeichnete,  morgens mit den Jungs duschen ging und dabei seinem „Hobby“, der „erotischen“ Fotografie, frönte. Beuteschema: schmale, wilde Knaben, Jungs mit einer „Bedürftigkeit, die aus der Abwesenheit des Vaters herrührt“. Ihr „geistiger Mentor“, der sein Zimmer in unmittelbarer Nähe zu den „Kleinen“ hatte. Ihr „geistiger Mentor“, der als Choleriker beschrieben wird, der seine Schüler auf der Toilette nächtigen und nackt einsperren ließ.  Ihr „geistiger Mentor“, der seine „Lieblinge“ hatte. Ihr „geistiger Mentor“, dessen Schlüsselbund unverkennbar zu hören war, wenn er sich durch die Flure schlich und dessen Klappern noch heute manch einen Betroffenen nicht vergessen lässt.  Ihr „geistiger Mentor“, von dem berichtet wird, dass man auf dem Schulhof über seinen riesigen Penis sprach, den manche Kinder sahen, wenn sie beim Duschen „gemustert“ wurden.

Jetzt mal ernsthaft, Herr Wahl: Sie haben nichts mitbekommen? Gar nichts? Da gab es absolut keine Verdachtsmomente? Keine Gerüchte? Keine Bemerkungen? Kein Getuschel auf dem Schulhof? Keine Hilferufe?  Da gab es niemanden unter den Betroffenen, der durch seine Verhaltensweise auffiel?

Herr Wahl, Sie waren dort! Wie vielen Mitschülern während Ihrer Zeit auf dem Aloisiuskolleg haben Sie in die Augen geschaut, deren Seelen um Hilfe schrien?

Und Ihr „geistiger Mentor“ war einer der Haupttäter.  – Aber Sie sagen, Sie haben nichts mitbekommen.

Nach Ihrem Abitur am Alosiuskolleg und dem Studiumabschluss  katholischer Theologie und Philsophie,  kehren Sie zurück an das Aloisuskolleg: und absolvieren ein Praktikumsjahr als Erzieher der Jahrgangsstufe 11 im Internat. Auch hier wieder: Nichts mitbekommen.

Ihr „geistiger Mentor“ hielt die Predigt bei Ihrer Primiz – was ja auch schon etwas heißen mag. Aber warum auch nicht? Schließlich haben Sie ja von alledem nichts mitbekommen. Oder als Frage formuliert: Meinen Sie, dass vor und von sich selbst behaupten zu müssen?

Doch wie verhielten Sie sich, nachdem immer mehr grausame Details Ihres „geistigen Mentors“  ans Tageslicht kamen?  Er verstarb, ohne dass die Bonner Staatsanwaltschaft gegen ihn wegen möglicher noch nicht verjährter Fälle abschließend ermitteln konnte - und die Jesuiten laden ausgerechnet Sie ein, die Beerdigungszeremonie mitzugestalten! Hallo?!

Zum Zeitpunkt seiner Beerdigung wussten Sie allerdings schon, was man Ihrem „geistigen Mentor“ vorwarf.  Aber kein Grund für Sie, als Kommunikationsdirektor im Bistum Trier  – ausgerechnet im Jahr 2010 ein Zeichen zu setzen. In dem Jahr, als der Tsunami Deutschland erreichte.

Und Eure Exzellenz, Bischof Dr. Stephan Ackermann, hat -  urplötzlich,  aus welchem Grund auch immer - das starke Bedürfnis, sich genau zu diesem Zeitpunkt hinter Sie zu stellen und zu behaupten: „Ich sehe, völlig ungeachtet der möglichen Verfehlungen des Jesuitenpaters, keinen Grund, warum Monsignore Wahl das Begräbnis nicht hätte vornehmen sollen“.  Ungeachtet der möglichen Verfehlungen?! Oha!

- Wohlbemerkt, dies geschah nur wenige Monate, nachdem Eure Exzellenz, Bischof Dr. Stephan Ackermann,  zum „Missbrauchsbeauftragten“ der Deutschen Bischofskonferenz gekürt wurde! Und Sie dürften selbst zugeben, dass man solch ein harmonisches Auftreten von Eurer Exzellenz und Ihnen, Herr Wahl, gar nicht mehr gewohnt war.

Und dann folgt Ihre inzwischen legendäre Aussage, über deren Ausmaß und Tragweite Sie sich offensichtlich gar nicht bewusst waren:  "Ich stehe auf der Seite der Opfer und unterstütze den Kurs der radikalen Aufklärung."

Eine eindeutige Positionierung – wenn Sie nicht  unmittelbar zuvor maßgeblich an den Beerdigungsfeierlichkeiten Ihres „geistigen Mentors“ und  dem Mann, der sich an Ihren  damaligen Mitschülern verging, beteiligt gewesen wären.  Damals - so Ihre Behauptung - nichts bekommen. Zum Zeitpunkt der Beerdigung jedoch:  wohl wissend, mit welchen Vorwürfen man ihn inzwischen konfrontiert hatte.

Ihre Aussagen haben dadurch an Eindeutigkeit und Glaubhaftigkeit verloren.  Zweifel wurden geschürt. Ebenso wie Misstrauen. Berechtigterweise.

Und das „dokumentartheater berlin“ lädt Sie ein, Ihren eigenen Worten Taten folgen zu lassen. Na, wenn das mal keine Chance ist, sich der eigenen Vergangenheit und somit sich selbst zu stellen!

Vielleicht kann Aljoscha Ihnen dabei helfen. - Nicht ohne Grund!

In diesem Sinne. Grüße ans Bistum Trier.