Mittwoch, 21. Februar 2024

Bistum Trier: offizielle Stellungnahme der Trierer Betroffenenorganisation "MissBit" zu der Entscheidung des Bischofs, außergerichtliche Vergleichsverhandlungen abzulehnen



MissBit sieht keine Basis mehr für Zusammenarbeit mit Bistum Trier - Kirche lehnt formelle Kooperationsvereinbarung ab

MissBit hat versucht, mit Bischof Ackermann eine formelle Kooperationsvereinbarung zu schließen, die die individuelle Aufarbeitung für Betroffene zum Inhalt hatte. Hierzu hat Ackermann konkrete Vorschläge zur Besetzung einer paritätisch besetzten Kommission, bestehend aus Bistumsvertreter:innen und Mitgliedern von MissBiT, erhalten.
Hauptziel war die Feststellung der begangenen Taten und hernach ein gemeinsam gefasster Vorschlag zur Höhe der Anerkennungszahlung an die UAK in Bonn. Eine vollumfängliche Akteneinsicht sollte ebenfalls Bestandteil der Aufarbeitung sein.
Die Vorschläge wurden dankend entgegengenommen, um sie für die internen Kreise des Bistums zu nutzen. Eine formelle Kooperationsvereinbarung hat Bischof Ackermann abgelehnt.

Bistum Trier lässt es auf Klagen ankommen und schließt Vergleichsverhandlungen aus

Bereits im direkten Gespräch mit MissBiT hat Ackermann aussergerichtliche Vergleichsverhandlungen abgelehnt. Das „Nein“ kam ohne Zögern und ließ keinen Spielraum für Interpretationen. Somit ist die Linie klar: Lieber zwingt er Betroffene in öffentliche Gerichtsverhandlungen. Er nimmt in Kauf, dass Betroffene diesen belastenden Weg gehen müssen, um wirklich Gerechtigkeit zu erfahren. Als Hauptargument wird angeführt, dass das Anerkennungsverfahren der DBK keine Beweise erfordert und „betroffenenorientiert“ sei.

Im jüngsten Regensburger Fall wurde trotz besonderer Schwere eine Summe von 150.000 € festgelegt. Die UKA bleibt damit deutlich unter den 300.000 € des Kölner Urteils. MissBiT bewertet das System der UKA weiterhin als eine ausserhalb jeden Rechtsrahmens stehende Entschädigungslotterie.

Ackermanns Sonderweg im Fall Albertinum Gerolstein

Am offiziellen Anerkennungsystem der Deutschen Bischofskonferenz vorbei leistet Ackermann an Betroffene des Albertinums Gerolstein Zahlungen in Anerkennung des Leids. Er begründet dies mit dem Vorliegen eines geschlossenen Systems. Diese Begründung ist fadenscheinig.
Jede Pfarrgemeinde, in der Kinder, Jugendliche und Schutzbefohlene missbraucht werden, ist als geschlossenes System zu sehen. Täter, Vertuscher und die Machtinteressen der Kirche bilden dabei die Eckpfeiler.
Im Ergebnis ist Ackermann hier freimütig einen Sonderweg gegangen. Einen Sonderweg mit uns zu gehen hat er abgelehnt.

Der lange Weg der Erkenntnis ist in trauriger…

Die Erfahrungen der letzten 14 Jahre Betroffenenarbeit zeigen, dass „Betroffenenorientierung“, „Anerkennung des Leids“ und „Kultur der Aufmerksamkeit“ leere Worthülsen sind. Die Präventionsmaßnahmen werden wie eine Monstranz vor sich hergetragen, dabei hat die Aufdeckung der kriminellen Sexualstraftaten noch gar nicht richtig begonnen.
Nach wie vor wird vertuscht und mit aller Macht das System Kirche geschützt. Es wird nur zugegeben, was MissBiT oder die Presse herausgefunden haben.

Akteneinsicht – mit dem Nasenring durch die Manege geführt!

Jüngster Beleg für die weiterhin täterorientierte Grundhaltung sind die Vorgänge bei der Akteneinsicht für Betroffene.
Mehreren Betroffenen wurden bei einem Akteneinsichtstermin ihre eigene Verfahrensakte, also ihr Antrag auf Anerkennung des Leids und der damit verbundene Schriftverkehr vorgelegt. Unvorstellbar. Man kommt in einer großen Aufgeregtheit zu solch einem bedeutenden Termin und sieht lediglich seine eigene Antragsakte. Ein Frechheit sondergleichen. Süffisant wird dann in weiterem Schriftverkehr gefragt, ob man die Personalakte des Täters gemeint habe?
Offensichtlich müssen Betroffene jetzt auch noch den Aktenplan des Bistums kennen, um die Akten einsehen zu können, die ihren Fall betreffen. Das ist zynisch und verlogen.

Konsequenz: Zivilklagen gegen Bistum Trier

Deshalb zieht MissBiT nun die Konsequenzen und wird sich darauf konzentrieren, Betroffene, die diesen Weg gehen wollen, bei ihren Zivilklagen zu unterstützen. Das wird belastend und kostspielig sein.

MissBiT gründet Hilfsfonds zur Finanzierung von Klagen

Je nach Konstellation wird eine Zivilklage bis 30.000 € und mehr kosten. Rechtschutzversicherungen greifen in der Regel nicht, da diese zum Zeitpunkt der Tat bestanden haben müsssen. Durch unseren Hilfsfonds wollen wir die Voraussetzungen schaffen, dass Betroffene, die ohnehin durch den erlittenen Missbrauch Einbußen in ihrem Lebens-und Berufsweg hinnehmen mussten, die Möglichkeit haben, ihre Ansprüche durchzusetzen. Dazu wollen wir Spenden erbitten und versuchen, Kredite zur Vorfinanzierung der Klagen einzuwerben. Wir rufen die Zivilgesellschaft auf, Betroffene zu unterstützen. Mit Geld, aber auch, indem Personen sich mit uns solidarisieren und uns bei den Prozessen durch ihre Anwesenheit beistehen.
Bisher gehen wir von drei Klagen aus. In einer Mitgliederbefragung haben weitere Personen bekundet, den ersten Prozess abzuwarten und dann über die eigene Klage zu entscheiden. Zudem gehen wir davon aus, dass weitere Klagen von Betroffenen kommen werden, die nicht mit MissBiT in Verbindung stehen.

Für MissBiT e.V.
Hermann Schell, Vorsitzender

21.02.2024