Medien behaupten heute u.a, "dass der Neffe des Priesters auf eine Rückgabe (des belastenden Materials, Anm. ca) verzichtet habe".
Dieser Vorwurf kann und darf nicht stehenbleiben!
Fakt ist, es konnte bis heute nicht nachgewiesen werden, dass der Neffe seine Einwilligung gab, belastendes Material in diesem Ausmaß zu vernichten:
- Über keines der drei Telefonate zwischen dem Neffen Dillingers und dem Sachbearbeiter bei der Polizei gab es Notizen bzw. Aktenmerke
- Die Telefonate mussten vielmehr mit Hilfe von Einzelverbindungsnachweisen rekonstruiert werden
- Was bei diesen drei Telefonaten besprochen wurde, wurde nirgends vermerkt
- Das letzte dieser Telefonate fand am 4. Juli 2023 statt. Innerhalb weniger Stunden (!) wurde das verbrennbare Material der Müllverbrennungsanlage Velsen zugeführt und vernichtet
- Über die angebliche Zustimmung des Neffens wurde erst im Nachhinein (!) - also nach der Verbrennung - ein Aktenvermerk angefertigt
- Allerdings: Auf diesem nachträglichen Aktenvermerk fehlte die Unterschrift des Neffen!
"Bei der Vernichtung der Asservate im Fall Dillinger hat es erhebliche Dokumentationsmängel beim Landespolizeipräsidium gegeben. Das Innenministerium hat inzwischen die Dienstanweisung verschärft und prüft dienstrechtliche Schritte gegen einen Ermittler.
Drei Telefonate soll der Kripobeamte mit dem Neffen des mutmaßlich pädophilen Priesters Edmund Dillinger aus Friedrichsthal geführt und dabei mit ihm die Vernichtung der Asservate besprochen haben. Nach Angaben des Innenministeriums fanden diese Gespräche am 25. und 26. Mai sowie am 4. Juli statt. Einen Tag danach, am 5. Juli, seien die Asservate dann der „Müllverbrennungsanlage Velsen zugeführt und damit vernichtet“ worden.
Keine Notizen zu Telefongesprächen
Das Ministerium hat nun auf SR-Anfrage bestätigt, dass es über diese drei Telefonate keinerlei Notizen oder Vermerke des Sachbearbeiters gibt. Die Telefonate mussten vielmehr „rekonstruiert“ werden. Sie ließen sich, so das Ministerium, anhand der Einzelverbindungsnachweise belegen.
Das jedoch bedeutet, dass man über die Telefonanlage lediglich feststellen konnte, dass der Beamte mit dem Dillinger-Neffen an diesen drei Tagen telefoniert hat. Was dabei besprochen wurde, ist nirgends vermerkt. So bleibt es dabei: Aussage steht gegen Aussage. Der Neffe bestreitet, der Vernichtung der Asservate – etwa der Terminkalender seines Onkels – zugestimmt zu haben.
Ministerium verweist auf Regelungslücken
Über diese mutmaßliche Zustimmung wurde dann erst im Nachhinein, nach erfolgter Verbrennung, der erste schriftliche Vermerk gefertigt. Die Asservate seien auf Anordnung des Staatsanwalts und in „Abstimmung mit dem Berechtigten (Neffe)“ verbrannt worden. Aber auch dieser Vermerk vom 5. Juli ist juristisch vermutlich nicht das Papier wert, auf das er geschrieben wurde. Es gibt nämlich einen gravierenden Mangel: Es fehlt die Unterschrift des Neffen. Das sei ein Fehler, räumt das Innenministerium erneut ein.
Es ist nicht der einzige Fehler im Asservatenskandal beim Landespolizeipräsidium (LPP) und der Staatsanwaltschaft. Denn grundsätzlich ist laut Innenministerium „der Gang von Asservaten lückenlos zu dokumentieren“. Das sei in einer Dienstanweisung aus dem Jahr 2003 so geregelt. Allerdings weise diese „DA Asservate“ Regelungslücken auf. Welche genau, teilte das Innenministerium nicht mit. (Quelle: SR, 31.07.2024)