Donnerstag, 30. Oktober 2025

Stellungnahme Bischof Ackermann zu Zwischenbericht

 "Heute haben Prof. Dr. Lutz Raphael und Dr. Lena Haase einen weiteren Zwischenbericht vorgelegt, in dem sie den Umgang mit sexuellem Missbrauch an Kindern, Jugendlichen und erwachsenen Schutzbefohlenen im Bistum Trier in der Amtszeit meines Vorgängers, Bischof Dr. Reinhard Marx, und in meiner eigenen Amtszeit bis 2021 in den Blick nehmen.

Respekt und Bitte um Verzeihung

Dass es mich sehr bewegt hat, den 139 Seiten umfassenden Text zu lesen, können Sie sicher nachvollziehen. Ich blicke mit großem Respekt auf den Bericht – zuallererst mit Respekt für die Betroffenen: für ihre Bereitschaft, die Verbrechen, die Priester und Angestellte des Bistums Trier an ihnen begangen haben, anzuzeigen und darüber zu sprechen, oft in der Sorge, ob ihnen geglaubt wird oder ihre Anzeige ohne Konsequenzen bleibt. Zugleich bin ich voller Respekt für ihre Beharrlichkeit, nicht nachzulassen in ihrer Forderung, dass der Umgang mit diesen Verbrechen im Bistum Trier aufgearbeitet werden muss.

Neben dem Respekt, den ich empfinde, überkommt mich allerdings auch Traurigkeit über das Geschehene: an erster Stelle über das Verbrechen des Missbrauchs mit all der Belastung, die das für die Betroffenen gebracht hat. Ich empfinde Traurigkeit über das, was von Verantwortlichen versäumt worden ist, aber auch über die Grenzen, an die ich persönlich und diejenigen, die seit 2009 mit mir Verantwortung getragen haben, gestoßen sind. Wir müssen uns sagen lassen, dass die nötige Perspektive der Betroffenenorientierung bis in die jüngste Zeit nicht immer konsequent eingehalten worden ist. 

Die Studie führt detailliert aus, wie ich gemeinsam mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern seit meinem Amtsantritt im Jahr 2009 mit den Fällen sexualisierter Gewalt umgegangen bin. Dabei ist der Lernprozess erkennbar. Aber natürlich benennt die Studie auch die Fehler, die wir gemacht haben. Der Bericht zeigt einmal mehr das große Leid der Betroffenen auf. Er zeigt die Folgen des Missbrauchs wie auch die Folgen des teils nicht angemessenen Umgangs damit von Seiten der Verantwortlichen im Bistum. 

Sie haben den Satz in den letzten Jahren oft gehört und er mag für manche abgenutzt klingen, aber für mich stimmt er nach wie vor: Die Schilderungen dieses Berichts zu lesen, schmerzt mich. Mindestens 24 Menschen, so sagt es die Studie, sind in meiner Amtszeit Opfer sexualisierter Gewalt geworden. Das ist schrecklich. Nicht alle diese Betroffenen sind uns Verantwortlichen im Bistum bekannt, weil sie bisher den Weg zu uns nicht gefunden haben. Ich bitte daher darum, wenn es ihnen möglich ist, sich auch noch bei uns zu melden. Diese Bitte gilt natürlich für alle von sexualisierter Gewalt Betroffene.

Ich kann nur um Verzeihung bitten für das, was ich oder meine Mitarbeitenden Betroffenen sexualisierter Gewalt in unserem Bistum durch unser Handeln oder Nichthandeln an neuen Verletzungen zugefügt haben. Es ist ihre Entscheidung, ob sie diese gewähren. Ich möchte versichern, dass die Erkenntnisse uns erneut in die Pflicht nehmen, dafür zu sorgen, dass unser künftiges Handeln noch stärker betroffenenorientiert wird und dass ich als Bischof alles tun werde, um unsere Vorgehensweise in diesem Sinn immer weiter zu verbessern.

Dabei hilft uns der vorliegende Bericht, weil er durch seine tiefgehende Recherche sehr plastisch zeigt, warum manche Fehler passieren konnten oder warum es Versäumnisse gab. Er zeigt aber auch, dass ich und meine Mitarbeitenden keinen dieser Fehler aus bösem Willen oder vorsätzlich begangen haben.

Der Bericht hält mir und denen, die mit mir Verantwortung tragen für die Bearbeitung der Fälle sexualisierter Gewalt, den Spiegel über unser Tun vor: Wir sehen die Fortschritte und Entwicklungen, die es seit 2010 gegeben hat. Aber wir sehen eben auch deutlich die Grenzen, die Inkongruenzen im Vorgehen, die langwierigen Prozesse, den Nachholbedarf, den wir als Kirche auch etwa im Bereich der kirchlichen Rechtsprechung hatten und zum Teil noch haben.

Mein Respekt gilt der Hauptautorin der Studie, Frau Dr. Lena Haase, und dem Hauptautor, Herrn Prof. Dr. Raphael, die zusammen mit weiteren Mitarbeitenden eine detaillierte Studie zum Umgang mit sexuellem Missbrauch über einen Zeitraum von 20 Jahren verfasst haben. Von Seiten des Bistums haben wir alle von den Forschenden angefragten Akten und Materialien zur Verfügung gestellt; aber der Bericht zeigt, wie wichtig für die Aufarbeitung auch die persönlichen Gespräche mit Betroffenen und Zeitzeugen sind.

Blick auf einzelne Aspekte

Sicherlich werden wir Verantwortliche im Bistum den Zwischenbericht in seiner Gänze erst nach und nach erfassen und bearbeiten können, ebenso wie die Empfehlungen der Unabhängigen Aufarbeitungskommission im Bistum Trier, die wir in den letzten Jahren fortlaufend aufgenommen haben. Ich werde die Studienautorin und den Studienautor um ein Gespräch bitten, um manche Punkte noch besser nachvollziehen zu können. Aber schon jetzt zeigt sich, dass die Aufarbeitung längst nicht abgeschlossen ist.

Auf einige wenige Aspekte will ich heute schon eingehen.

Verantwortung als Ortsbischof und „Missbrauchsbeauftragter”

Der Bericht arbeitet die verschiedenen Phasen heraus, die sich in meiner Amtszeit ereignet haben. Das Ende des Untersuchungszeitraums fällt fast zusammen mit dem Ende meiner Aufgabe als Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für Fragen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger im kirchlichen Bereich und für Fragen des Kinder- und Jugendschutzes. Es ist aus meiner Sicht nachvollziehbar, dass der Bericht diese Aufgabe nicht näher beleuchtet. Für mich sind aber beide Aufgaben – die des Beauftragten und die als Ortsbischof – nicht voneinander zu trennen. Die Aufgabe als Beauftragter hat meinen Blick für die Thematik und für das, wofür ich als Ortsbischof Verantwortung trage, geschärft – aber sie hat mir manchmal auch Grenzen gesetzt: Denn mir war es wichtig, die Regeln und Vorgaben, die wir auf der Ebene der Bischofskonferenz und mit dem UBSKM-Amt der Bundesregierung jeweils vereinbarten, im eigenen Bistum getreu anzuwenden. Dadurch entstand mitunter der Eindruck, dass wir im Bistum zögerlich oder nicht proaktiv genug vorgehen.

Die Phasen der Aufarbeitung und ihre Auswirkungen

Der Bericht gibt einen sehr differenzierten Einblick in das ernsthafte Ringen um das richtige Handeln in den letzten rund 15 Jahren im Hinblick auf die Bekämpfung sexueller Gewalt im Bistum Trier.  

Wenn der Bericht von „turbulenten Anfängen (2010-2013)” spricht, kann ich das durch meine Wahrnehmung bestätigen: Im Jahr 2010 und in den folgenden Jahren sind wir angesichts der Vielzahl von Meldungen und deren Bearbeitung sicher nicht in jedem Fall mit der Intensität und Achtsamkeit vorgegangen, wie wir dies später gemacht haben mithilfe der Regeln und Instrumente, die wir in den letzten Jahren entwickelt haben. 

Lag der Fokus zunächst stark auf der Ermutigung von Betroffenen, sich zu melden, haben wir die von den Forschenden als „Routinen (2014-2018)” benannte Phase genutzt, um die Verfahren in ihrer Bearbeitung einheitlicher und transparenter zu gestalten. Damit einher gingen überarbeitete Leitlinien und neue Regelwerke mit einer stärker technisch-juristisch geprägten Sprache. Die Studie konstatiert hier eine Verlagerung der Perspektive, eher weg von den Bedarfen der Betroffenen. Dem kann ich selbstkritisch zustimmen. 

Ich hoffe sehr, dass wir das in der Phase der „Kurskorrekturen (2019-2021)” wieder verbessern konnten und unsere Aufmerksamkeit wieder stärker auf die Belange der Betroffenen gerichtet haben. Bis heute überprüfen wir immer wieder unsere Kommunikation mit Betroffenen. Seit meinem Amtsantritt stehe ich für Gespräche zur Verfügung, wenn Betroffene das wünschen, und wir suchen aktiv den Kontakt zu uns bekannten Betroffenen, wenn wir wissen, dass es in „ihrem Fall” neue Entwicklungen gibt. Mit dem „Leitfaden bei Anliegen zur individuellen Aufarbeitung und Aufklärung von Fällen sexualisierter Gewalt im Bistum Trier” zeigen wir die Möglichkeiten der individuellen Aufarbeitung auf und sind damit einer Empfehlung der Unabhängigen Aufarbeitungskommission gefolgt. Wir bieten mittlerweile traumasensible Seelsorge und rasch verfügbare therapeutische Hilfe für Betroffene an. 

Grenzen und Dilemmata

Trotzdem geraten wir bei der Bearbeitung von Fällen immer wieder an den Punkt, dass wir im Sinne der Betroffenen zu schnellen Ergebnissen kommen wollen, sich die Komplexität eines Falles aber erst nach und nach herausstellt. Ich erinnere nur daran, 

  • dass wir kirchlicherseits unsere Voruntersuchungen aussetzen, solange eine Staatsanwaltschaft ermittelt;
  • dass es Fälle gibt, in denen während der Bearbeitung neue Meldungen oder Erkenntnisse eingehen;
  • dass wir einem Vorwurf auch dann weiter nachgehen wollen, wenn die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen eingestellt hat, ohne dass wir all die Instrumente haben, über die staatliche Ermittlungsbehörden verfügen;
  • dass wir an die Grenzen stoßen, die der Datenschutz uns seit dem Jahr 2018 mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und dem kirchlichen Datenschutzgesetz (KDG) auferlegt.

Der vorliegende Bericht führt dazu, dass wir kritisch auf unsere personelle Ausstattung im Bereich Prävention – Intervention – Aufarbeitung schauen werden.

Ich befürchte, dass wohl auch in Zukunft eine Diskrepanz bleiben wird zwischen dem, was wir als Verantwortliche an Aufklärung und Aufarbeitung leisten können und was Betroffene sich erhoffen und erwarten. Wir werden in der Kommunikation miteinander auch künftig an Grenzen stoßen. Wir werden trotz aller professionellen und breit aufgestellten Präventionsarbeit nicht verhindern können, dass Menschen im Raum der Kirche Opfer von sexueller Gewalt werden. Und wir werden auch weiterhin vermutlich trotz aller Professionalität und gutem Willen Fehler machen.  

Folgerungen

Die Studie zeigt deutlich die Last, die durch das jahrzehntelange Schweigen auf Betroffenen gelegen hat. Sie zeigt darüber hinaus die Belastung, die die individuelle und institutionelle Aufarbeitung seit 2010 mit sich gebracht hat: für die unmittelbar Betroffenen, aber auch für die sekundär Betroffenen. Dabei denke ich insbesondere an Menschen in unseren Gemeinden, mit denen wir in manchen früheren Fällen auch nicht angemessen umgegangen sind, indem wir zu spät oder unzureichend informiert haben. Aber ich denke auch an die Belastungen für alle, die sich um Aufklärung und Aufarbeitung bemüht haben.

Ich bin froh um jene, die mich in meiner Verantwortung als Bischof unterstützt haben und unterstützen. Meine und unsere Arbeit an diesem Thema ist nicht beendet. Die intensive Befassung mit sexuellem Missbrauch im Raum der Kirche hat zudem den Blick geweitet auf Fragen des Machtmissbrauchs insgesamt. Wenn die Unabhängige Aufarbeitungskommission im Bistum Trier ihre Arbeit entsprechend der Gemeinsamen Erklärung zwischen der Bischofskonferenz und der Bundesregierung 2026/2027 beendet, wird es eine intensive Befassung mit dem Gesamtergebnis der Aufarbeitung in unserem Bistum brauchen. Die Überlegungen dazu haben schon begonnen. Dazu gehört die Frage nach einer angemessenen Erinnerungskultur. Auf die Wichtigkeit dieses Themas weist auch die UAK in ihrer aktuellen Stellungnahme hin. Und ich werde weiterhin jedes Jahr Rechenschaft gegenüber der Öffentlichkeit ablegen, was das Bistum in den Bereichen Prävention, Intervention und Aufarbeitung tut.

Die zurückliegenden 15 Jahre haben uns die zerstörerische Dynamik des Missbrauchs sehen gelehrt. Deshalb will ich zusammen mit meinen Mitarbeitenden weiterhin alle notwendigen Kräfte dafür einzusetzen, um das Verbrechen des Missbrauchs in seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen entschieden zu bekämpfen. " (Quelle: "bistum-trier.de")

Stellungnahme Kardinal Marx, ehemaliger Bischof von Trier, zu Zwischenbericht

Erklärung von Kardinal Marx zur Veröffentlichung des Dritten Zwischenberichts in der Diözese Trier

München, 30. Oktober 2025. Der Erzbischof von München und Freising, Kardinal Reinhard Marx, gibt zur heute erfolgten Veröffentlichung des Dritten Zwischenberichts des Projekts „Sexueller Missbrauch von Minderjährigen sowie hilfs- und schutzbedürftigen erwachsenen Personen durch Kleriker/Laien im Zeitraum von 1946 bis 2021 im Verantwortungsbereich der Diözese Trier: eine historische Untersuchung“ die folgende Erklärung ab:

„Zu dem heute, 30.10.2025, in Trier veröffentlichten Dritten Zwischenbericht, der auch meine Amtszeit als Bischof von Trier untersucht hat, möchte ich Stellung nehmen:

Meine Amtszeit als Bischof von Trier begann mit der Amtseinführung am 01. April 2002 und endete mit der Amtsübernahme als Erzbischof von München und Freising am 02. Februar 2008. Als neu ernannter Bischof in einem mir unbekannten Bistum habe ich 2002 zunächst alle Mitarbeiter, gerade auch in leitenden Positionen, übernommen, um mich sukzessive mit dem Bistum Trier vertraut machen zu können.

Es ist für mich selbstverständlich, dass ich – nach den externen Gutachten für die Erzdiözese München und Freising (2010 und 2022) – auch für meine Amtszeit als Bischof von Trier zur Aufklärung und Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt und Missbrauch beitragen will. Deshalb danke ich der UAK im Bistum Trier und den Autoren der Studie ausdrücklich, dass dieser Zeitraum erforscht wurde. Da ich keinen Einblick in das Archivgut meiner Trierer Amtszeit habe, kann ich alles, was ich dazu beitragen kann, nur aufgrund meiner Erinnerung tun.

Das gilt nach intensiver Reflexion insbesondere für die in diesem Zwischenbericht bezifferten möglichen Fälle meiner Trierer Amtszeit und die Anzahl der Fälle, die mir bekannt gewesen sein sollen. Ich kann mich daran im Einzelnen leider nicht erinnern. Alles, was mir bis zu diesem Tag erinnerlich ist, habe ich dem Forschungsteam nach bestem Wissen und Gewissen mitgeteilt.

Zu in der Kurzfassung und im Zwischenbericht benannten Versäumnissen und Fehlern möchte ich im Einzelnen folgende Punkte aufgreifen:

  1. Mir ist nicht erinnerlich, dass mich Betroffene während meiner Trierer Amtszeit um ein persönliches Gespräch gebeten hätten. Ich mag mich aber täuschen. Wie ich schon mehrfach gesagt habe: Wir alle, auch ich, waren damals nicht ausreichend sensibel und sind nicht aktiv und systematisch auf Betroffene, gerade im Blick auf die Vergangenheit, zugegangen, haben uns nicht angemessen in ihre Perspektive hineinversetzt.
  2. Wie im Zwischenbericht dargestellt, wurde mir zu Beginn meiner Amtszeit als Bischof von Trier keine Übersicht über bis dahin ggf. bekannte Missbrauchsfälle übergeben. Es kam mir damals auch nicht in den Sinn, danach zu fragen.
  3. Anzeigepflicht: Der Fokus richtete sich nach den Leitlinien darauf, Beschuldigte zur Selbstanzeige zu bewegen. Im Rückblick ist klar, dass das keine angemessene Vorgehensweise war. Auch wenn es keine Anzeigepflicht gibt, haben wir uns seit geraumer Zeit auch in der Erzdiözese München und Freising selbst dazu verpflichtet. Eine Herausforderung dabei bleibt, vor allem das Wohl von Betroffenen zu wahren. Die damaligen Möglichkeiten hinsichtlich der Anzeigepflicht und Sanktionierung (inkl. sog. „Rom-Meldung“) empfinde ich aus heutiger Sicht mindestens als nicht hinreichend klar.
  4. Forensische Gutachten: Die Leitlinien von 2002 waren der Orientierungspunkt für unser Handeln, und dazu gehörte auch, dass es ohne aktuelles forensisches Gutachten keinen pastoralen Einsatz von Missbrauchsbeschuldigten und -tätern geben kann. Ich halte deshalb fest, dass ich demgemäß darum gebeten habe und davon ausgegangen bin, dass entsprechend gehandelt wird. Das geschah wahrscheinlich nicht im Blick auf sog. „Altfälle“, sofern sie mir damals überhaupt bekannt waren. Und es geschah ggf. auch nicht, wenn kein pastoraler Einsatz mehr vorgesehen war. Im Einzelfall kann ich das jedenfalls nur aus der Erinnerung nicht mehr genau sagen. Heute bewerte ich die Aussagekraft der Gutachten sicher kritischer als damals.
  5. Sanktionierung und Aufsicht: Präzise und nachvollziehbare Auflagen waren bei Sanktionierungen in diesen Jahren sicher noch unzureichend, auch im Sinne einer ausreichenden Aufsicht.
  6. Fall K.: Ich kann mich nicht daran erinnern, persönlich mit dem Fall K. befasst worden zu sein.
  7. Fall J.: Zu dem exemplarisch geschilderten Fall J. halte ich daran fest, dass ich 2004 in einem Gespräch mit J. von diesem nicht über seine Missbrauchstäterschaft informiert wurde. Davon habe ich erst als Erzbischof von München und Freising erfahren durch ein Schreiben von J. selbst, das dieser am 09.03.2010 an den damaligen Beauftragen der Erzdiözese München und Freising für Fragen sexuellen Missbrauchs schickte und das nach eigenen Angaben von J. auch von ihm selbst an Dr. Scherschel geschickt worden sei. In der Folge dieses Schreibens wurde in der Erzdiözese München und Freising ein Dekret gegen J. erlassen (29.03.2010) und die Inkardinationsdiözese Trier wurde umgehend informiert.

Ich war sehr gerne Bischof von Trier. Umso mehr schmerzt es mich, dass ich erkennen muss, in dieser Verantwortung nicht allen Menschen gerecht geworden zu sein, die meiner bischöflichen Sorge anvertraut waren. Durch meinen Wechsel nach München konnte ich das im Bistum Trier nachvollziehbarerweise auch nicht wieder gut machen durch Aufarbeitung, Prävention und konsequentes Handeln in Betroffenenperspektive.

Zu den zentralen Lernfeldern gehört für mich, dass das „Verfahren zur Anerkennung des Leids“ zwar wichtig ist für viele Betroffene, aber nicht ausreicht: Es ist uns im Erzbistum München und Freising klar geworden, in der Zusammenarbeit mit Betroffenenbeirat und UAK, immer wieder neu Möglichkeiten der Begegnung, des Gespräches, der Beteiligung aktiv anzubieten und nachhaltig und verlässlich zu ermöglichen. Und das geschieht auch.

Deshalb ist mir auch in diesem Zusammenhang der Blick auf meine Verantwortung nach fast 18 Jahren als Erzbischof von München und Freising wichtig.

Betroffene haben in diesen Jahren in vielen persönlichen Gesprächen meinen Blick für das Versagen der Institution geschärft, für die ich als Bischof auch im Ganzen einstehe. Dass ich in der Mehrzahl Gespräche mit Betroffenen aus dem Bereich der Erzdiözese München und Freising geführt habe, ist aufgrund meines Wechsels nach München naheliegend.

Die verstärkten Bemühungen um Aufarbeitung und um Prävention haben vieles verbessert. Diese Entwicklung verdankt sich insbesondere den Betroffenen, aber auch einer kritischen Öffentlichkeit und vielen engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Wir werden diesen Weg konsequent gemeinsam weitergehen. Auch das, was mich 2021 dazu bewogen hat, Papst Franziskus meinen Amtsverzicht anzubieten, und was ich damals und seither dazu geäußert habe, gilt nach wie vor.

 Wie ich bereits mehrfach gesagt habe, ist mir im Nachdenken und in vielen neu gewonnenen Erfahrungen, insbesondere in Begegnungen mit Betroffenen, immer deutlicher geworden, dass ich in meiner Zeit als Bischof von Trier die Thematik sexualisierter Gewalt und sexuellen Missbrauchs nicht so umfassend und klar wahrgenommen habe, wie das angemessen gewesen wäre. Mir ist bewusst, dass das Handeln der Trierer Bistumsleitung während meiner Amtszeit deshalb nicht immer so eindeutig war, wie ich mir das aus heutiger Sicht wünschen würde. Mit dem Wissen von heute würde ich natürlich manches anders machen, und wir handeln ja auch heute anders. Insbesondere gilt das für die Situation direkt und indirekt Betroffener. Das bedauere ich tief und bitte die Menschen um Verzeihung, denen ich nicht gerecht geworden bin.“ (Quelle: "erzbistum-muenchen.de")


Trierer Missbrauchsstudie: Systematische Fehler unter Marx und Ackermann

Besonders kritisch sehen die Autoren die Zeit unter Bischof Marx: Bei der Fürsorge für die Betroffenen lasse sich „lediglich das Versagen der Bistumsleitung konstatieren“. Die Anzeige- und Informationspflicht gegenüber Staatsanwaltschaft und übergeordneten Kirchenbehörden sei vernachlässigt worden. „Ein selbstkritischer Blick auf die eigenen kirchlichen Strukturen fehlte“, schreiben die Wissenschaftler.

Kritik gibt es auch an staatlichen Stellen. Unter anderem berichten die Autoren von einer „Absprache zweier Behörden mit negativen Folgen: Zum einen wurde eine strafrechtliche Überprüfung vermieden und zum anderen wurde das Umfeld nicht über den Vorfall informiert.“ Das Bistum und das Bildungsministerium des Saarlandes verständigten sich laut Darstellung darauf, einem gemeldeten Fall ohne entsprechende Anzeige der Eltern nicht nachzugehen.

Systematische Fehler fänden sich jedoch in beiden Amtszeiten: „Die Fürsorgepflicht für die Täter wurde höher gewichtet als das öffentliche Sicherheitsbedürfnis“, bilanzieren die Wissenschaftler. Sie sprechen generell von Versäumnissen in der Personalführung. Den Bischöfen werfen sie mangelnde Transparenz vor: „Vielfach übernahmen die Medien die Aufklärung, die das Bistum hätte leisten müssen.“ Eine unzureichende Aktenführung und Informationsweitergabe werden ebenfalls kritisiert. (den vollständigen Artikel auf "Kirche-und-leben.de" lesen)


Trierer Missbrauchs-Studie belastet Bischöfe


Kardinal Marx und Bischof Ackermann   (AFP or licensors)



Trierer Missbrauchs-Studie belastet Bischöfe

Ein neuer Missbrauchsbericht - und wieder stehen katholische Bischöfe in der Kritik: Kardinal Reinhard Marx, von 2001 bis 2008 Bischof von Trier und heute Erzbischof von München und Freising, sowie der amtierende Trierer Bischof Stephan Ackermann.

Sie hätten nicht alles getan, um Missbrauchsfälle transparent aufzuklären, lautet das Fazit einer am Donnerstag in Trier präsentierten Studie. Demnach wurden im Untersuchungszeitraum bis 2021 insgesamt 37 Beschuldigte (21 unter Marx, 16 unter Ackermann) und mindestens 59 Betroffene (35 unter Marx, 24 unter Ackermann) im Bistum ermittelt.

Besonders kritisch sehen die Autoren die Zeit unter Bischof Marx: Bei der Fürsorge für die Betroffenen lasse sich „lediglich das Versagen der Bistumsleitung konstatieren“. Die Anzeige- und Informationspflicht gegenüber Staatsanwaltschaft und übergeordneten Kirchenbehörden sei vernachlässigt worden. „Ein selbstkritischer Blick auf die eigenen kirchlichen Strukturen fehlte“, schreiben die Wissenschaftler.

Kritik gibt es auch an staatlichen Stellen. Unter anderem berichten die Autoren von einer „Absprache zweier Behörden mit negativen Folgen: Zum einen wurde eine strafrechtliche Überprüfung vermieden und zum anderen wurde das Umfeld nicht über den Vorfall informiert“. Das Bistum und das Bildungsministerium des Saarlandes verständigten sich laut Darstellung darauf, einem gemeldeten Fall ohne entsprechende Anzeige der Eltern nicht nachzugehen.

Kritik an Kommunikation der Staatsanwälte

„Auch die Strafverfolgungsbehörden kommunizierten nur unzureichend“, stellen die Forscher fest. Staatsanwaltschaften in Trier sowie Saarbrücken hätten in verschiedenen Fällen das Bistum nicht über ihre Entscheidungen informiert. „Eine routinierte Form der Kommunikation zwischen den örtlich zuständigen Staatsanwaltschaften und dem Bistum hinsichtlich der Meldung von bekanntgewordenen Fällen sexualisierter Gewalt entwickelte sich erst nach 2010.“

Positiver sehen die Forscher die Zeit unter Bischof Ackermann zwischen 2010 und 2021. Der Umgang der Bistumsverwaltung mit Fällen sexualisierter Gewalt sei professionalisiert worden. Die „institutionelle Öffentlichkeit“ sei wesentlich größer gewesen. Demnach war Ackermann bei allen neuen Fällen an der Bearbeitung beteiligt.

Medien, die für Aufklärung sorgen


Das Thema sexueller Missbrauch an Kindern und Jugendlichen durch Priester und Bistumsbedienstete sei tatsächlich Chefsache geworden, heißt es. Der Pflicht zur Aufklärung des Sachverhaltes aller neu gemeldeten Fälle kam das Bistum in 15 von 16 Fällen nach. In einem Fall wurde eine Meldung - nach Prüfung - nicht weiterverfolgt.

Systematische Fehler fänden sich jedoch in beiden Amtszeiten: „Die Fürsorgepflicht für die Täter wurde höher gewichtet als das öffentliche Sicherheitsbedürfnis“, bilanzieren die Wissenschaftler. Sie sprechen generell von Versäumnissen in der Personalführung. Den Bischöfen werfen sie mangelnde Transparenz vor: „Vielfach übernahmen die Medien die Aufklärung, die das Bistum hätte leisten müssen.“ Eine unzureichende Aktenführung und Informationsweitergabe werden ebenfalls kritisiert.

Risiko für Kinder gesunken

Es gebe aber auch positive Entwicklungen. So sei die Zahl betroffener Kinder und Jugendlicher im Untersuchungszeitraum deutlich gesunken. Das Risiko für katholische Kinder, Opfer sexueller Übergriffe zu werden, habe sich in den zurückliegenden drei Jahrzehnten halbiert. Seit 2010 spiele Fürsorge für Betroffene eine „zentrale Rolle im Rahmen der institutionellen wie individuellen Aufarbeitung“. Strukturen mit Ansprechpersonen und Fachgremien seien eingerichtet.

Die Wissenschaftler werteten für den rund 140-seitigen Bericht fast 1.300 Aktenbände aus und führten 30 Gespräche. Insgesamt gab es laut Studie in den vergangenen Jahrzehnten mindestens 734 Betroffene sexualisierter Gewalt. Zudem wurden für die Jahre 1946 bis 2021 insgesamt 246 Beschuldigte identifiziert, „die sich sexualisierter Gewalt schuldig gemacht haben, sowie zwei weitere Personen ausschließlich wegen Besitzes von Kinderpornografie“. (Quelle: "vaticannews.ca")

Links zur Studie (Kurzfassung und Gesamtstudie)


Kurzfassung: aufarbeitung.uni-trier.de

Gesamtstudie: aufarbeitung.uni-trier.de

"Es ist qualvoll und schmerzhaft"


Es ist qualvoll und schmerzhaft, diese mehr als 140 Seiten lange Studie durchzulesen. Wie Priester teils ¼ Jahrhundert lang immer wieder Kinder und Jugendliche sexuell missbraucht haben. 

Wie Täter von drei Trierer Bischöfen in Folge regelrecht beschützt wurden und so ungehindert weiter quälen und missbrauchen konnten. 

Den Bischöfen ging es vor allem darum, die Täter zu schützen. 

Auch in der Amtszeit Marx war das noch so. 

Wurde ein Fall gemeldet, ging man allzu leicht von bösen Gerüchten oder Erpressung aus, glaubte dem Täter, ließ ihn gewähren. 

Anders als Stein und Spital schickten Marx und Ackermann Missbrauchstäter nicht mehr nach Afrika oder Lateinamerika:  Aber in Altenheime und Krankenhäuser. 

Die Fürsorgepflicht für die Täter nahmen sie sehr ernst.

Nicht so, wenn es um die Betroffenen ging. 

Die Studie belegt: Die Kirche änderte ihre Vorgehensweise nicht aus eigenem Antrieb, sondern weil der gesellschaftliche Druck ab 2010 zu groß wurde. 

Von Missbrauch Betroffene schlossen sich in Initiativen wie „MissBiT“ zusammen und kämpften um ihr Recht. 

Die Gesellschaft hatte sich mehr geändert als die Kirche: Eltern glaubten ihren Kindern jetzt, wenn sie von Missbrauch sprachen. Der Priester war nicht mehr der „Herr“. 

Die Kirche reagierte allzu oft immer noch nur dann, wenn es sich nicht vermeiden ließ. 

Es wurden neue Strukturen geschaffen, mehr für Prävention getan.

Eine gewisse Ironie hat ein Ergebnis der Studie aber: 

Die Wahrscheinlichkeit als katholisches Kind von einem Priester missbraucht zu werden, hat sich halbiert. - Aber vor allem deshalb, weil immer mehr Menschen aus der Kirche ausgetreten sind und es immer weniger Kinder gibt. ("swr.de") (transkribiert: ca)


Wenn Priester Kinder missbrauchen: Studie über sexuelle Gewalt im Bistum Trier

Wenn Priester Kinder missbrauchen: Studie über sexuelle Gewalt im Bistum Trier


Es geht um sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen im Bistum Trier. Teilweise um Kinderpornographie. Historiker der Uni Trier haben dafür tausende Akten ausgewertet.

Die Historiker Lena Haase und Lutz Raphael haben für ihren Zwischenbericht über den sexuellen Missbrauch im Bistum Trier nicht nur Aktenbände studiert, sondern auch 30 Gespräche mit Betroffenen und Zeitzeugen geführt. Sie gehen demnach von 37 Beschuldigten und mindestens 59 Betroffenen aus für den Zeitraum von 2001 – 2021 im Bistum Trier.

Studie zu sexuellem Missbrauch im Bistum Trier - Eine Analyse von Ulrich Pick (den vollständigen Beitrag auf SWR (den vollständigen Beitrag auf "swr.de" lesen)



Montag, 27. Oktober 2025

Veröffentlichung des 3. Zwischenberichts am Donnerstag, 30. Oktober 2025 - "Bis 1990 sei im Durchschnitt jeder neunte im Bistum zum Priester Geweihte als Beschuldigter auffällig geworden", heißt es in dem zuletzt veröffentlichten zweiten Zwischenbericht

Historiker der Universität Trier legen am Donnerstag den dritten Zwischenbericht zum sexuellen Missbrauch im Bistum Trier vor. Der Bericht ist Teil einer historischen Studie. Sie arbeitet den sexuellen Missbrauch durch Kleriker und Laien in der Diözese zwischen 1946 und 2021 wissenschaftlich auf. Es geht vor allem um den Umgang mit bekannt gewordenen Fällen. Die Berichte untersuchen vor allem das Verhalten von Verantwortlichen des Bistums. Im 3.Bericht geht es um die Amtszeiten des früheren Bischofs Marx und des amtierenden Bischofs Ackermann. (Quelle: sr.de)

Das Thema Missbrauch lässt das Bistum Trier nicht los. Ende des Monats soll ein weiterer Zwischenbericht der Uni Trier neue Erkenntnisse über sexuelle Übergriffe durch katholische Priester ans Licht bringen – diesmal aus den Amtszeiten von Bischof Stephan Ackermann und seinem Vorgänger Reinhard Marx. Der Bericht der Trierer Wissenschaftler Lena Haase und Lutz Raphael deckt den Zeitraum von 2002 bis 2021 ab – Jahre, in denen Stephan Ackermann als Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz bundesweit als Gesicht kirchlicher Aufklärung galt.

Drei heutige Bischöfe haben schon Fehler eingeräumt Sein Vorgänger Reinhard Marx stieg in dieser Zeit zum Erzbischof von München und Freising auf, wurde 2010 Kardinal und vier Jahre später Vorsitzender der Bischofskonferenz.

Auch Marx‘ Nachfolger an der Spitze der deutschen Bischöfe hat Trierer Wurzeln. Vor seinem Wechsel nach Limburg war Bätzing Generalvikar in Trier. Alle drei Bischöfe standen in der Vergangenheit wegen des Umgangs mit Missbrauchsvorwürfen gegen den ehemaligen Pfarrer im saarländischen Freisen bereits in der Kritik und räumten später Fehler im Umgang mit den Betroffenen ein.

Erschreckende Zahlen über Opfer und Täter

Der Fall Freisen dürfte in dem vor der Veröffentlichung stehenden dritten Zwischenbericht der Trierer Forscher eine wichtige Rolle spielen. Die zuvor erschienenen Berichte beleuchteten den Missbrauch in den Amtszeiten der Bischöfe Bernhard Stein (1967– 1981) und Hermann Josef Spital (1981–2001). Unter beiden Trierer Bischöfen wurde nach Recherchen der Wissenschaftler alles daran gesetzt, das Thema Missbrauch durch Priester unter der Decke zu halten und die Täter zu schützen.

Zuletzt war von mindestens 711 Opfern im Zeitraum zwischen 1946 und 2021 und 234 (mutmaßlichen) Tätern im Bistum Trier die Rede. Bis 1990 sei im Durchschnitt jeder neunte im Bistum zum Priester Geweihte als Beschuldigter auffällig geworden, heißt es in dem zuletzt veröffentlichten zweiten Zwischenbericht der Uni Trier. - Erschreckende Zahlen. Denkbar, dass die mit dem neuen Bericht noch einmal nach oben korrigiert werden müssen.

(den vollständigen Bericht auf "volksfreund.de" lesen)

Mittwoch, 22. Oktober 2025

Weitere kirchenrechtliche Strafanzeige gegen Bischof Ackermann: Vorwürfe des Amtsmissbrauchs, Vernichtung von Aktennotiz, wahrheitswidrige Angaben und Rufschädigung

Amtsmissbrauch, Urkundendelikte und Rufschädigung: Diese Vorwürfe hat eine Missbrauchsbetroffene gegen Bischof Stephan Ackermann erhoben und Strafanzeige beim Papst eingereicht. Unserer Zeitung liegt diese vor. Wir listen auf und gehen ins Detail.

Eine Frau, die angibt, mehr als ein Jahrzehnt sexualisierte Gewalt durch einen Priester erlebt zu haben, hat im August 2025 eine kirchenrechtliche Strafanzeige beim Vatikan eingereicht. Adressiert ist sie an Papst Leo XIV. In dem zwölfseitigen Dokument, das unserer Zeitung vorliegt, werden schwere Vorwürfe gegen Stephan Ackermann erhoben, einen der ranghöchsten deutschen Kirchenmänner. In der Anzeigeschrift steht sinngemäß, der Bischof von Trier habe Rufschädigung begangen, sein Amt missbraucht, und eine ihn möglicherweise belastende Aktennotiz sei vernichtet worden.

Dabei handele es sich u.a. um eine Notiz aus dem Jahr 2013, in der ein Gespräch zwischen Ackermann und Karin Weißenfels, einem Pater und dem Beichtpriester festgehalten worden sein soll. Heute gibt es die Notiz laut Strafanzeige nicht mehr. Sie soll vernichtet worden sein.  Dokumentiert wurde die Vernichtung der Strafanzeige zufolge in einem Aktenvermerk des Bistums, der Fragen aufwirft: In einem Schriftsatz des Bistums, der der "Rhein-Zeitung" in Kopie vorliegt, heißt es: "Inhaltlich war das Buch (...) 'Erzählen als Widerstand' Gegenstand der Notiz." Das Buch erschien erst 2020, die mutmaßlich vernichtete Notiz stammt aus dem Jahr 2013. Wie ein solcher zeitlicher Bezug möglich sein soll, bleibt offen. Das Bistum Trier äußerte sich auf Nachfrage nicht zum dem Sachverhalt. Kirchenrechtler Benz kommentiert: Wenn man schon trickst, soll man sich klüger anstellen". In der Strafanzeige ist von mehreren Urkundendelikten die Rede. 

Karin Weißenfels hatte im Juni 2019 schon einmal kirchenrechtliche Beschwerde in Rom eingereicht. Es ging damals um die Frage, ob die mutmaßlichen Taten der Priester ordnungsgemäß aufklärt wurden. Der aktuellen Strafanzeige zufolge antwortete Ackermann den übergeordneten Erzbistum Köln damals persönlich in einer E-Mail, dass der Fall Weißenfels die Voraussetzungen für ein solches Verfahren nicht erfülle. Die Vorwürfe der Betroffenen hätten sich damals nicht auf Straftaten des sechsten Gebots bezogen, das im kirchlichen Kontext auch sexualisierte Übergriffe regelt. Das Ergebnis damals: Die Klage von Karin Weißenfels aus dem Jahr 2019 wurde abgewiesen.

Eine Kopie von Ackermanns E-Mail liegt der "Rhein-Zeitung" vor. Gleich an den Anfang hatte Ackermann einen Zwinkersmiley gesetzt. Am Ende empfiehlt er eine mögliche Antwort: "Damit käme der Metropolit (Erzbischof von Köln) - nach Prüfung zu der Erkenntnis, dass die Meldung 'offenkundig haltlos' ist". 

Doch laut der aktuellen Strafanzeige stimmt die Einordnung Ackermanns nicht mit der Aktenlage überein. Im November 2005 hat der damalige Bischof Reinhard Marx eine solche kirchenrechtliche Voruntersuchung gegen den Priester angeordnet, der Weißenfels mehr als 13 Jahre sexualisierte Gewalt angetan haben soll. Zwar wurde die im Jahr 2005 angeordnete kirchenrechtliche Voruntersuchung nicht durchgeführt, da Karin Weißenfels ihre Aufforderung dazu nach einigen Monaten zurückzog. Dennoch wird in der Strafanzeige dokumentiert: "Durch diese bewusst wahrheitswidrige Angabe erreicht Bischof Ackermann, dass die Klage nicht behandelt wird." - Dem Bischof wird demnach vorgeworfen, dass er gelogen und sein Amt missbraucht habe.

Nach Hinweisen der "Rhein-Zeitung" erlitt auch eine zweite Person sexualisierte Gewalt durch denselben Priester - sie soll in den 1970er Jahren als Kind betroffen sein. 

Den in der Strafanzeige erhobenen Vorwürfen hätte die "Rheinzeitung" gern eine Reaktion des Bistums und Ackermann gegenübergestellt. Das Bistum Trier und der Trierer Bischof wurden mehrfach mit ausführlichen Fragenkatalogen um Stellungnahme gebeten. Die Pressestelle verwies jedoch darauf, dass es von einer Stellungnahme absehe - mit dem Hinweis, dass es sich in der Vergangenheit mehrfach zum Fall Weißenfels gegenüber verschiedenen Medien geäußert habe. 

den vollständigen Bericht auf "rhein-zeitung.de" lesen 


Dazu Christiane Florin: "Im Fall Karin Weißenfels sind vor allem die Bischöfe Ackermann und Marx bisher durch Täterschutz aufgefallen. Bätzing, ehemals Generalvikar in Trier, hat auf Kosten der Betroffenen öffentlich gelogen und still zwei Unterlassungserklärungen unterzeichnet. Seit August liegt eine Strafanzeige von Karin Weißenfels gegen Ackermann bei Papst Leo XIV. Ein Rücktritt des Trierer Bischofs wäre spätestens angezeigt gewesen, als er den Klarnamen der Betroffenen mit Vorsatz genannt hat und zu einem Schmerzensgeld verurteilt wurde. Mal sehen, wie lange der Kleruskleber hält." (Quelle: fb)

Samstag, 18. Oktober 2025

Bistum Trier: Ankündigung Pressekonferenz zum 3. Zwischenbericht über sexuellen Missbrauch in den Jahren 2002 - 2021 für den 30. Oktober, 14.30h / es geht um die Amtszeit von Marx und Ackermann

Neue Erkenntnisse über sexuellen Missbrauch im Bistum Trier in den Jahren 2002 bis 2021 soll ein weiterer Zwischenbericht liefern. 

Untersucht wurden die Amtszeiten des amtierenden Bischofs Stephan Ackermann und seines Amtsvorgängers Reinhard Marx (2002–2008), heißt es am Donnerstag in einer Mitteilung von Wissenschaftlern der Universität Trier. 

Sie wollen in einer Pressekonferenz am 30. Oktober die Ergebnisse ihrer Forschungen veröffentlichen. Es ist bereits der dritte Zwischenbericht über sexuellen Missbrauch an Kindern, Jugendlichen sowie hilfe- und schutzbedürftigen Erwachsenen.

Marx wurde 2007 von Papst Benedikt XVI. zum Erzbischof von München und Freising ernannt. Seine Amtseinführung erfolgte 2008, seine Erhebung in den Kardinalsstand 2010. Ackermann war langjähriger Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz (DBK). Deren aktueller Vorsitzender, der Limburger Bischof Georg Bätzing, diente unter Ackermann rund vier Jahre als Generalvikar und trug damit die Hauptverantwortung für die Verwaltung im Bistum Trier.

Zwischenberichte brachten Erkenntnisse

Zuletzt präsentierte das "Projekt zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch im Bistum Trier" der Trierer Universität im vergangenen Jahr einen Zwischenbericht über die Amtszeit von Bischof Hermann Josef Spital (1981–2007). In der Amtszeit des 2007 gestorbenen Bischofs gab es demnach mindestens 199 Missbrauchsbetroffene. ("katholisch.de")