Freitag, 18. Januar 2013

Leserbrief: "Es ist ein Skandal, dass der TV in einer Samstagsausgabe die "Vermutungen" von Opfern stützt"



Die Unverschämtheit und populistische Diffamierung kirchlicher Bemühungen, speziell auch des um Aufklärung des Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen engagierten Trierer Bischofs Stephan Ackermann, ist kaum noch zu überbieten. Keine Frage: Der Missbrauch von Kindern und Jugendlichen, deren Vertrauen in Vorgesetzte maßlos enttäuscht wurde, ist ein Verbrechen, das geahndet werden muss. Egal ob in Familien, Sportvereinen oder Schulen und hier speziell in der Odenwaldschule. Missbrauch von Kindern und Jugendlichen ist ein gesellschaftliches Problem, das nur Aufmerksamkeit und Vorbeugungsmaßnahmen zurückdrängen können. In Kirchen, deren Vertretern bisher ein besonderer Vertrauensvorschuss gewährt wurde, den sie von ihrem Ursprung in Jesus Christus begründen, ist Missbrauch ein Verbrechen mit noch schwerwiegenderen Folgen. Die Kirchen, vor allem die Bischofskonferenz der katholischen Kirche in Deutschland, deren Beauftragter für diese Fragen der Bischof von Trier, Stephan Ackermann ist, bemühen sich um aktive Aufarbeitung dieser Problematik. Dass Missbrauchsopfer, deren Vertrauen einst maßlos enttäuscht wurde, auch heute noch Kirchenvertretern misstrauen, ist verständlich. Aber dass eine Tageszeitung wie der Trierische Volksfreund, sich ausschließlich auf "Vermutungen" von Opfern stützend, in diffamierender Weise in Bild und Text ein solches Pamphlet ("Streit um Personalakten des Bistums Trier") in einer Samstagsausgabe veröffentlicht, ist ein Skandal. Der "Fragejournalismus" unserer Zeit, der sich dadurch rechtlicher Verfolgung entzieht, ist zu einem Übel der Diffamierung und Hetze geworden. Der genannte Beitrag ist dazu ein entlarvendes Beispiel, das der behaupteten Objektivität des TV schadet. H.N.,  Trier

Anm. d. Red.: Der Bericht über die Personalakten des Bistums Trier ist kein Pamphlet. Die Sicht der Missbrauchsopfer und die Sicht des Bistums sind neutral und ohne Wertung dargestellt, beide Seiten kommen hinlänglich zu Wort.


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Wenn der Trierer Bistumssprecher André Uzulis die Behauptung, es seien Seiten aus den Personalakten herausgeschnitten worden, mit dem Verweis auf eine "bei der damaligen Aktenführung verwendete Bindetechnik" zu entkräften versucht, dann irrt er und offenbart zugleich erschreckende Mängel in der Kenntnis buchbinderischer Handwerkskunst. Fragen wir: Was ist ein Buch? Antwort: Nach einem bestimmten System bedrucktes und gefaltetes Papier, das durch Fäden oder Metallklammern und Leim zusammengehalten und mit einer schützenden Hülle, Einband oder Decke genannt, versehen wird. Wird das Papier gefaltet, entstehen Lagen, die bis zu 32 Seiten umfassen können. Diese heftet der Buchbinder mit Schnüren oder Bändern und Garn zusammen. Das ist die klassische Methode. Werden Klammern verwendet, so werden diese durch den Falz der Lage getrieben und mit einem Gazestreifen verbunden. Dazu bedarf es einer Maschine. Aus dieser Darlegung wird ersichtlich, dass Fehlen oder Nicht-Fehlen von Seiten nicht mit der Bindetechnik erklärbar ist. Worauf der Bistumssprecher anspielt? Auf die Herstellungstechnik. Wenn der Buchbinder den Auftrag erhält, Blanko-Lagen so zu einem Buch zusammenzufügen, dass im Nachhinein Dokumente eingeklebt werden können, dann schneidet er den hinteren Teil der Lagen auf Falzgröße ab und bringt sie in Buchform. Ich kann mich entsinnen, dass mein Vater, ein selbstständiger Buchbindermeister, einmal ein solches Opus hergestellt hat. Selbstverständlich hat er sich auch über Papierverschwendung aufgeregt. P.R.,  Konz 



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Zum Artikel "Missbrauchsstudie scheitert: Kirche trennt sich von Forscher" (TV vom 9. Januar) diese Zuschriften:

Diese Nachricht überrascht mich nicht, auch wenn sie alte, schon verschorft geglaubte Wunden bei mir aufreißt. Als direkt Betroffener hatte ich die wenig erfreuliche Möglichkeit, die Vorgehensweise von Bischof Ackermann und seinem Stab bei der Aufarbeitung hautnah und persönlich zu erleben. Die Behandlung von uns Opfern empfand ich zwar als formal korrekt, doch - abgesehen von meinem Erstkontakt mit Prälat Scherschel - als kühl und eher vom Blick auf die öffentliche Wirkung gelenkt. Das Verhalten mir gegenüber reichte von Dienst nach Vorschrift bis hin zu Unhöflichkeit und Wortbruch. Wirkliche Fürsorge und persönliches Interesse konnte ich jedenfalls nicht erleben. Doch es half mir immerhin, meinen schon lange zuvor unergiebig verlaufenen eigenständigen Versuch der Auseinandersetzung mit dem Täter erneut aufzunehmen und dank meiner Hartnäckigkeit auch zu einem guten Ende zu bringen. So konnte ich dem Priester zu guter Letzt verzeihen und ihm seinen Frieden wünschen und selbst meinen Frieden finden. Bischof Ackermann und Mitarbeiter hingegen agierten so, wie man es von Managern bei der Regulierung eines öffentlichen Schadensfalls gewohnt ist. Nach meinem Eindruck standen dabei weniger wir Opfer als die mediale Imagewirkung in ihrem Fokus. Mir kam es hin und wieder gar so vor, als ob wir als Gruppe erneut missbraucht würden, jetzt allerdings von Ackermann und für die "gute Sache" des Ansehens der katholischen Kirche. Ich kann mir gut vorstellen, dass Gutachter Pfeiffer ähnlich empfinden konnte. Wie beim Umgang mit uns Opfern und anderen Laien haben viele Kleriker offensichtlich auch bei der Zusammenarbeit mit Gutachter Pfeiffer ihre Probleme mit der Augenhöhe und der vorbehaltlosen Offenheit für die Wahrheit. Anders als seinerzeit Jesus verteidigt die offizielle Kirche heute wohl hauptsächlich ihr selbst gemachtes Bild von Glauben und Wahrheit und ringt nicht um die ursprüngliche Wahrheit selbst. Manchmal denke ich, Jesus würde, weilte er noch unter uns, viele geistliche Würdenträger aus ihren "Tempeln" jagen. G.S.,  Wittlich

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Allerliebst, was der Trierer Bischof so sagt. Hätte das der Papst verkündet, wäre es ja sogar wahr (weil unfehlbar). Beim Bischof bin ich mir da nicht so sicher. Aufklären will er (immer noch); aber wissenschaftlich! Will er damit sagen, Pfeiffer arbeite nicht wissenschaftlich? Nein, er und die Kirche zeigen nur ihr wahres Gesicht; es ist nicht, was nicht sein darf. Missbrauch gab es, aber bitte nur so viel, wie bekannt ist. Nicht mehr! In den Medien hieß es, dieser Eklat schade sowohl Herrn Pfeiffer als auch der Kirche. Sie schadet Herrn Pfeiffer gegebenenfalls wirtschaftlich, aber garantiert nicht ethisch und menschlich. Die Kirche hat sich mal wieder entlarvt, und das verdanken wir dem aufrichtigen Herrn Pfeiffer. Hut ab! Meine Hochachtung hat er jedenfalls (wenn auch unbekannterweise). D.O., Bitburg 

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Der wahre Grund, weshalb die katholische Kirche die wissenschaftliche Aufarbeitung der Missbrauchsfälle mit Prof. Pfeiffer aufkündigte, ist Angst. Angst vor Entdeckung und Veröffentlichung des ganzen Ausmaßes der abgrundtiefen Schweinerei. Die nackte Furcht der Kirchenmänner vor Entlarvung und Bestrafung. Der Zeitpunkt des Ausstiegs ist gut gewählt. Der Presserummel, welcher vor drei Jahren noch herrschte, ist mittlerweile abgeebbt. Wahrlich eine günstige Gelegenheit, sich jetzt klammheimlich aus der Affäre zu stehlen. Wann immer es ging, wurden in der Zwischenzeit erst einmal die Täter gedeckt und verteidigt, hat man gelogen, vertuscht, verheimlicht und unter den Teppich gekehrt. Wo das nicht gelang, wurden Opfer auf Antrag mit 5000 Euro Schmerzensgeld abgefunden - manche sogar erst nach einem Gutachten. Eine lächerliche Summe, bedenkt man, dass in Deutschland die beiden Großkirchen (neben der Kirchensteuer) jährlich mit etwa 19 Milliarden Euro staatlich subventioniert werden. Der Wille zur ehrlichen Aufarbeitung und Wiedergutmachung der angerichteten Schäden ist bei der katholischen Kirche nicht zu erkennen. Symptomatisch hierfür steht ihr Missbrauchsbeauftragter, der stets schüchtern, verlegen und rückgratlos wirkende Bischof Ackermann. Da hilft auch keine Guerilla-Rhetorik mehr. Die katholische Kirche ist in ihrer Agonie noch nicht einmal mehr in der Lage, für die von ihr selbst begangenen Verbrechen an der Gesellschaft verantwortlich einzustehen. Sie hat als Institution einmal mehr eklatant versagt und gehört auf den Müllhaufen der Geschichte. R.W., Wallendorf

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