Dienstag, 3. Oktober 2023

Aufarbeitung in der Katholischen Kirche: Kirchliche Aufarbeitung läuft chaotisch

"Es ist völlig weltfremd zu denken, dass man einer Institution, die erheblicher Taten beschuldigt wird, die Aufarbeitung dieser Prozesse selbst überlässt. Das sei, als würde man Straftätern selbst überlassen, ihre Straftaten aufzuklären."


- Prof. Dr. Harald Dreßing, Leiter der MHG-Studie, kritisiert die Aufarbeitung der katholischen Kirche stark -



Vor fünf Jahren zeigte eine Studie erstmals das schreckliche Ausmaß kirchlichen Missbrauchs. Mindestens jeder fünfte Priester war ein möglicher Täter. Eine WDR-Recherche ergibt jetzt: Die Aufarbeitung in den Bistümern läuft chaotisch:

Es war das erste Mal, dass etwas Licht ins Dunkel der Bistumsarchive fiel. Und was sichtbar wurde, sorgte für Entsetzen. Für die MHG-Studie haben unabhängige Wissenschaftler die Akten von 38.000 Geistlichen ausgewertet. Das Ergebnis: Mehr als 1.600 mögliche Missbrauchstäter sollen mindestens 3.677 Kinder und Jugendliche sexuell missbraucht haben. Und das sei nur die oberste Spitze des Eisbergs, sagt der Leiter der Studie, Prof. Harald Dreßing. "Das wahre Ausmaß ist bei Missbrauch nach Schätzungen drei- bis viermal so hoch."

Nach der Veröffentlichung der Studie sollte die eigentliche Aufarbeitung beginnen. Unabhängig und einheitlich. Dafür gaben die Autoren klare Empfehlungen. Heute, fünf Jahre später, ist aber kaum etwas davon umgesetzt worden. Das zeigt eine deutschlandweite Befragung des WDR der 27 Bistümer.

Nur elf Bistümer haben bisher eine eigene, umfassende, wissenschaftliche Studie veröffentlicht. Bei einigen ist das noch in Arbeit, andere verzichten ganz darauf oder beschränken sich auf Teil-Studien.
Im Bistum Münster forschten Historiker, in Essen Soziologen, in Aachen und Köln Juristen. Genausowenig vergleichbar wie die Schwerpunkte sind die untersuchten Zeiträume. In Köln sind es 43 Jahre, in Münster 75.

Es gebe also keinerlei Vergleichbarkeit, kritisiert Studienleiter Harald Dreßing. Zudem fehle immer noch die Transparenz, denn "auch hier dürfen nur Namen von Personen des öffentlichen Interesses genannt werden, also vor allem von Bischöfen". Andere mögliche Mitwisser blieben dagegen weiterhin geheim. (den vollständigen Artikel auf "wdr.de" lesen)