Zur Herausgabe priesterlicher Personalakten
Die Medien berichten in den letzten Wochen von einem signifikanten Rückgang der Missbrauchsfälle in der Bevölkerung. Nach einer repräsentativen Studie des Kriminalistischen Forschungsinstituts Niedersachsen war unter 683 Opfern eine einzige Frau, die angab, von einem katholischen Priester missbraucht worden zu sein. Trotz dieser ohnehin klaren Sachlage haben die deutschen Bischöfe beschlossen, dem genannten Institut, einem eingetragenen Verein (e.V.), eine Generalvollmacht zu erteilen, die Personalakten von Priestern, Diakonen und männlichen Ordensangehörigen nach Anhaltspunkten für sexuellen Missbrauch zu durchforsten. Bei dieser Personenkonstellation fällt auf, daß Pastoralreferenten bzw. -assistenten und weibliche Ordensangehörige nicht in den Kreis der Untersuchten gehören. Eine Begründung hierfür gibt es nicht.
Personalakten sind schon per definitionem datengeschützt, von staats- und kirchenrechtlichen Bestimmungen abgesehen. Selbst bei anonymisierter Weitergabe von Personaldaten müßte jeder Betroffene vorher seine Einwilligung geben, da durch intensive Nachforschung von Situation und Umständen Rückschlüsse auf betroffene Personen möglich sind. Darüber hinaus sind nach Can. 489 § 2 „Akten der Strafsachen in Sittlichkeitsverfahren, deren Angeklagte verstorben sind oder die seit einem Jahrzehnt durch Verurteilung abgeschlossen sind, zu vernichten“. Solche Akten sind außerdem in einem Geheimarchiv aufzubewahren, zu dem nur der Bischof den Schlüssel haben darf (Can. 490 § 1). Wenn also Akten aus dem Geheimarchiv „auf den Markt“ kommen, macht sich der zuständige Bischof nach dem Kirchenrecht strafbar.
Problematisch ist die Finanzierung des „Forschungsprojekts“. Das genannte Institut ist ein privater Verein, also auf Bezahlung angewiesen. Die Bischofskonferenz hat nun beschlossen, diesen mit 450.000 € nicht gerade billigen Forschungsauftrag aus Kirchensteuermitteln zu finanzieren. Es könne möglicherweise auch noch teurer werden. Dies wiederum verstößt gegen Can. 222 § 1 des Kirchenrechtes, wonach die Beiträge der Gläubigen „für den Gottesdienst, die Werke des Apostolats und der Caritas sowie für einen angemessenen Unterhalt der in ihrem Dienst Stehenden“ bestimmt und zu verwenden sind. Man mag darüber streiten, ob jede Sekretärin oder jeder Referent in den Generalvikariaten zu dem Personenkreis zählen, der „im Dienst“ der Kirche steht. Ein Forschungsprojekt wie das von Prof. Pfeiffer fällt jedenfalls nicht unter die Kriterien des Can. 222.
Der ZpV fordert daher die Bischöfe auf, Zusage und Auftrag zu dem Forschungsprojekt sofort zurückzuziehen!
Bonn, 02.12.2011
V.i.S.d.P. Reinhard Dörner, Vorsitzender