Mittwoch, 23. Oktober 2024

Bistum Trier: Keine Einigung in Akteneinsicht zwischen Bistum Trier und Missbrauchsopfer

Nur wenige Tage nachdem das Bistum Trier einer Journalistin Akteneinsicht im "Fall Dillinger" verwehrt hat, ist auch die Akteneinsicht eines Missbrauchsopfers im Bistum Trier gescheitert.

Im Bistum Trier ist im Fall des Missbrauchsopfers mit dem Pseudonym Karin Weißenfels ein Vergleich mit der Kirche gescheitert. Jetzt muss das Arbeitsgericht Trier entscheiden.

Im Verfahren um die Klage des Missbrauchsopfers "Karin Weißenfels" gegen das Bistum Trier auf vollständige Einsicht in ihre Personalakte ist ein Vergleich gescheitert. Die vom Arbeitsgericht Trier gesetzte Frist lief am vergangenen Freitag ohne Einigung aus, wie der Anwalt der Klägerin der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) sagte.

Das Bistum Trier teilte mit, dass es sich nicht zu laufenden Verfahren äußere. Der nächste Gerichtstermin ist am 26. November angesetzt.

Missbrauchsopfer fordert Einsicht in Personalakte

In ihrer Klage verlangt die langjährige Bistumsmitarbeiterin Weißenfels Einsicht in ihre Personalakte. Bisher wurden ihr viele Unterlagen nur mit umfangreichen Schwärzungen vorgelegt.

Zwischen dem Bistum und Weißenfels bestehen außerdem unterschiedliche Einschätzungen darüber, welche Dokumente überhaupt zur Personalakte gehören und damit dem umfassenden Auskunftsrecht der Kirchlichen Arbeits- und Vergütungsordnung (KAVO) unterliegen.

Nach Ansicht des Anwalts von Weißenfels, Joachim Weber, kann nur anhand der ungeschwärzten Dokumente entschieden werden, ob sie zur Personalakte gehören. Er sieht daher das Gericht in der Pflicht, Einblick in die Dokumente zu nehmen.

Weißenfels hatte bereits vor Jahren von sexuellen Übergriffen durch einen Priester von den 1980er bis zu den 2000er Jahren berichtet. Sie gibt an, damals von einem ihr vorgesetzten Priester schwanger geworden zu sein. Dieser und ein weiterer Priester hätten sie dann zu einem Schwangerschaftsabbruch gedrängt. (Quelle: swr.de)

Mittwoch, 16. Oktober 2024

Bistum Trier: Gericht verweigert Journalistin Akteneinsicht im Fall Dillinger

Staatsanwaltschaft Trier lehnt Antrag auf Akteneinsicht ab - Verwaltungsgericht Trier entscheidet über Eilantrag

Im Missbrauchsfall um den verstorbenen saarländischen Priester Dillinger erhält eine Journalistin keine Akteneinsicht. Sie scheiterte vor dem Verwaltungsgericht Trier mit einem Eilantrag. Begründet wird das mit dem Transparenzgesetz in Rheinland-Pfalz, aus dem sich kein Anspruch auf Akteneinsicht ergebe. Die Journalistin recherchiert zum Missbrauch in der katholischen Kirche. Sie kann gegen die Gerichtsentscheidung noch Beschwerde einlegen. Der Priester aus Friedrichsthal hat nach Erkenntnissen von Sonderermittlern mindestens 19 Menschen sexuell missbraucht

Eine Journalistin will Einsicht in die Akten im Missbrauchsfall Dillinger, die Staatsanwaltschaft lehnt ab. Nun hat ein Gericht entschieden. 

Trier (dpa/lrs) - . Das Verwaltungsgericht Trier hat den Eilantrag einer Journalistin auf Akteneinsicht im Ermittlungsverfahren des Missbrauchsfalls Dillinger abgelehnt. Die Journalistin habe für Recherchen zum sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche und dessen Aufarbeitung Einsicht in die Akten der Staatsanwaltschaft Trier beantragt, teilte das Gericht mit. Die Staatsanwaltschaft hatte diesen Antrag zuvor ebenfalls abgelehnt.

Die Journalistin hätte keinen Anspruch auf Einsicht der Ermittlungsakte, teilte das Gericht zur Begründung mit. Staatsanwaltschaften seien hinsichtlich ihrer Kerntätigkeit grundsätzlich aus dem Geltungsbereich des Landestransparenzgesetzes ausgenommen. Auch andere Gründe für eine Akteneinsicht sah das Gericht nicht als gegeben an. Die Journalistin könne für Auskünfte hingegen konkrete Fragen an die Staatsanwaltschaft Trier richten. Gegen die Entscheidung kann nun Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz eingereicht werden.

Der frühere katholische Geistliche Dillinger aus Friedrichsthal im Saarland soll laut einer Aufarbeitungskommission in Deutschland 19 Opfer zwischen 1961 und 2018 sexuell missbraucht haben. Elf Betroffene seien namentlich bekannt. Zudem seien „sehr viele, nach ihrer Anzahl aber nicht annähernd zu beziffernde Personen von sexuell motiviertem Verhalten“ Dillingers betroffen gewesen. Meist handelte es sich um männliche Jugendliche. Dillingers Neffe hatte nach dem Tod des Mannes zig ungerahmte Dia-Aufnahmen in dessen Haus gefunden. (dpa, 09.10.2024)

Dienstag, 15. Oktober 2024

Bistum Trier: 9 Jahre Haft nach Überfall auf ehemaligen Burbacher Pfarrer K.

9 Jahre Haft nach Überfall auf ehemaligen Burbacher Pfarrer

Ein 38-Jähriger ist vom Landgericht Saarbrücken wegen besonders schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung zu neun Jahren Haft verurteilt worden. Die Tat ereignete sich 2010. Am Heiligabend war der Mann in die Wohnung des Pfarrers in Burbach eingebrochen. Er schlug mit einer Glaskaraffe auf den im Bett liegenden Pfarrer ein und verletzte ihn schwer am Kopf. Der Pfarrer erlitt dabei mehrere Brüche am Schädel und im Gesicht. Danach flüchtete der Täter nach Serbien. Als er im Mai dieses Jahres nach Köln kam, wurde er festgenommen. (Quelle: sr, 15.10.2024)


Hintergrund: 


  • "Er mag es, wenn man um Hilfe schreit" - Jahrelang wurde eine Ministrantin von ihrem Pfarrer sexuell missbraucht. Der Täter leugnet – und die katholische Kirche zeigt, was ihre vollmundigen Versprechen wert sind: Der Anruf kam im April. Die Polizei war dran. In Saarbrücken, Stadtteil Burbach, sei ein Pfarrer überfallen worden, es gebe da Ungereimtheiten, man müsse mit ihr sprechen. „Da bin ich erstarrt“, sagt Monika Gerlach*. Fast zehn Jahre lang hatte sie Burbach, den Pfarrer und alles, was geschehen war, verdrängt. Bis in die Schweiz war sie vor ihrer Vergangenheit geflohen. Es war nicht weit genug. Es ist nie weit genug. (
  • Trier/Saarbrücken. Im Umgang mit einem jüngst bekannt gewordenen Missbrauchsfall durch einen Pfarrer aus Saarbrücken-Burbach hat der Trierer Bischof Stephan Ackermann "gravierende Fehler" eingeräumt. Der heute 70-jährige Geistliche, der sich über Jahre hinweg an zwei Ministrantinnen vergangen haben soll, sei trotz eines Geständnisses und Hinweisen der Polizei im Januar nicht beurlaubt worden. Ackermann erklärte, die Leitlinien für den Umgang mit sexuellem Missbrauch seien "nicht konsequent" umgesetzt worden, Kontrollmechanismen hätten nicht gegriffen
  • Trierer Bischof entlässt Burbacher Ex-Pfarrer wegen Missbrauchs: Triers Bischof Stephan Ackermann hat den Ex-Pfarrer von Saarbrücken-Burbach, Klaus K.(71), wegen erwiesenem Kindesmissbrauch aus dem Pfarrerberuf entlassen. Ein weiterer Ex-Pfarrer, nach SZ-Informationen Paul-Werner F., früher in Schmelz-Limbach und Lebach-Gresaubach tätig, habe um die Entlassung aus dem Klerikerstand gebeten, teilte das Bistum gestern mit. Zudem wurde einem Pastor aus der Vulkaneifel die Berufsausübung verboten.

-> weitere Postings finden Sie auf meinem Blog unter dem Suchbegriff: "Burbach"

Samstag, 12. Oktober 2024

Sexueller Missbrauch durch Angehörige der katholischen Kirche: Neuer Bericht nimmt alle Bistümer in den Blick - Veröffentlichung im November geplant

Veröffentlichung im November geplant

Wie funktioniert die Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in den katholischen Bistümern? Dazu soll es bald einen neuen Bericht geben, wurde jetzt in Frankfurt bekannt.

Im November soll ein Bericht zu sexuellem Missbrauch im Bereich der katholischen Kirche veröffentlicht werden. Dabei handele es sich um ein Zwischenergebnis der Aufarbeitungskommissionen aller Bistümer in Deutschland, wie ein Sprecher der Bischofskonferenz am Mittwoch auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) sagte.

Die Evaluation wurde in dieser Woche bei einer Konferenz in Frankfurt vorgestellt. Bei dem Treffen der Aufarbeitungskommissionen der 27 deutschen Bistümer ging es um eine erste Bilanz – gut drei Jahre nach einer Erklärung der Bischöfe mit der Stelle der Unabhängigen Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung. Die katholische Kirche war die erste größere Institution, die eine solche Vereinbarung mit der Bundesregierung getroffen hat.

Claus mahnt einheitliche Standards an

Die Beauftragte Kerstin Claus sprach am Mittwoch von Differenzen, die bei der Frankfurter Tagung aufgefallen seien. „Die Kommissionen sind unterschiedlich gut ausgestattet – bezogen auf die Ressourcen“, sagte sie im Deutschlandfunk. Claus mahnte eine Verbesserung der Arbeitsprozesse nach bundesweit einheitlichen Standards an.

Basis der Arbeit der Aufarbeitungskommissionen in den Bistümern ist eine mit dem damaligen Beauftragten vereinbarte „Gemeinsame Erklärung über verbindliche Kriterien und Standards für eine unabhängige Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche in Deutschland“. Sie stammt aus dem Jahr 2020 und sieht die Einrichtung von Kommissionen und Betroffenenbeiräten vor.

Bistümer zahlen unterschiedlich

Claus kritisierte, dass die Aufwandsentschädigungen für die Arbeit in den Betroffenenbeiräten unterschiedlich hoch seien und ihre Höhe vom jeweiligen Bistum abhänge. Betroffenenvertreter nahmen ebenfalls an der Konferenz der Kommissionen teil.

Nach Angaben des Sprechers der Bischofskonferenz sind in allen Bistümern Aufarbeitungskommissionen tätig. „In den meisten Kommissionen arbeiten sowohl Fachleute als auch Betroffene zusammen“, sagte er der KNA. (Quelle: KNA)

Dienstag, 8. Oktober 2024

(Pressemitteilung:) Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs: Zwischenevaluation der „Gemeinsamen Erklärung“ zur unabhängigen Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche wird vorgestellt

 Pressemitteilung

Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs



Zwischenevaluation der „Gemeinsamen Erklärung“ zur unabhängigen Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche wird vorgestellt

Frankfurt/M. 8. Oktober 2024. Auf der Fachkonferenz (7./8. Oktober 2024) der Unabhängigen Aufarbeitungskommissionen werden heute (8. Oktober 2024) die Ergebnisse der Zwischenevaluation der „Gemeinsamen Erklärung“ zur unabhängigen Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche vorgestellt. Es nehmen neben den Unabhängigen Aufarbeitungskommissionen und Vertreterinnen und Vertretern aus Betroffenenbeiräten in den (Erz-)Diözesen auch die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), Kerstin Claus, und die Vorsitzenden der bischöflichen Fachgruppe für Fragen des sexuellen Missbrauchs und von Gewalterfahrungen, Bischof Dr. Helmut Dieser und Erzbischof Stefan Burger, sowie Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Fachpraxis teil.

Anlass der Fachtagung ist die am 22. Juni 2020 von dem damaligen Unabhängigen Beauftragten Johannes-Wilhelm Rörig und Bischof Dr. Stephan Ackermann, damaliger Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für Fragen des sexuellen Missbrauchs im kirchlichen Bereich, unterzeichnete „Gemeinsame Erklärung über verbindliche Kriterien und Standards für eine unabhängige Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche in Deutschland“. Die Erklärung betont hierfür insbesondere die Bedeutung von Unabhängigkeit, Transparenz und Betroffenenbeteiligung als Basis für Aufarbeitung. Sie sieht die Einrichtung unabhängiger diözesaner Aufarbeitungskommissionen vor sowie die Schaffung einer strukturierten Betroffenenbeteiligung über diözesane Betroffenenbeiräte. Ziel der „Gemeinsamen Erklärung“ war, überregional eine umfassende, vergleichbare und abgestimmte Aufarbeitung sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in den deutschen (Erz-)Diözesen für Betroffene sicherzustellen. Zugleich wurde über die Erklärung abgesichert, dass bereits vorhandene Aufarbeitungsbemühungen und -studien fortgesetzt und bereits gewonnene Erkenntnisse in den Aufarbeitungsprozess eingebracht werden. Die vereinbarten Kriterien und Standards unabhängiger Aufarbeitung waren ohne Vorbild in Deutschland.

Seit der Unterzeichnung wurden in allen (Erz-)Bistümern Unabhängige Aufarbeitungskommissionen konstituiert. Mitglieder in den Kommissionen sind auch Betroffene aus den (Erz-)Diözesen der diözesanen Betroffenenbeiräte.

Bischof Dieser betont: „Die Bischöfe haben mit Verabschiedung der „Gemeinsamen Erklärung“ die Entscheidung für eine unabhängige Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch im katholischen Bereich getroffen. Die Zwischenevaluation nimmt die bisherige Arbeit der Unabhängigen  Aufarbeitungskommissionen und die Ergebnisse der Aufarbeitung aus den Jahresberichten der Kommissionen in den Blick. Die unabhängige Aufarbeitung ist unentbehrlich, damit Betroffene des sexuellen Missbrauchs Mut finden, aus dem Dunkelfeld herauszutreten, und Zugang zu Informationen erlangen über Hintergründe und Verantwortlichkeiten des erlittenen Leids. Diese Erkenntnisse stärken und vertiefen zudem die heutigen Anstrengungen in Prävention und Intervention in den (Erz-)Diözesen und damit den effektiven Schutz gegen Missbrauch. Die Fachkonferenz bietet das Forum, gemeinsam mit den Aufarbeitungskommissionen und Betroffenen sowie Experten diese Ergebnisse zu diskutieren.“

Erzbischof Burger erklärt: „Wir sind den Unabhängigen Aufarbeitungskommissionen und allen mitwirkenden Betroffenen sehr dankbar für ihre Arbeit. Die Zwischenevaluation soll nach drei Jahren die bisherigen Erfahrungen in der Umsetzung der „Gemeinsamen Erklärung“ aufzeigen und die etablierten Strukturen in den Blick nehmen.

Hierbei geht es auch um die zentrale Frage, ob die Betroffenenbeteiligung bei der Aufarbeitung, wie in der „Gemeinsamen Erklärung“ vorgesehen, tatsächlich gelingt.“

Die Unabhängige Beauftragte Claus betont: „Es ist ein Erfolg, dass mittlerweile in allen Bistümern Unabhängige Kommissionen auf Basis der „Gemeinsamen Erklärung“ ihre Arbeit aufgenommen haben. Die heutige Vorstellung der Zwischenevaluation ist ein weiterer wichtiger Schritt, die Aufarbeitung in der katholischen Kirche voranzubringen und zu vergleichbaren Standards und Kriterien der Aufarbeitung zu kommen. Ausgehend von der Zwischenevaluation und den vorliegenden Berichten der Kommissionen wird es nun möglich, die Arbeit der Unabhängigen Aufarbeitungskommissionen auf Grundlage der „Gemeinsamen Erklärung“ weiterzuentwickeln. Mir ist dieser konstruktive Austausch mit allen beteiligten Strukturen wichtig. Für Betroffene ist es unerlässlich, dass sie, unabhängig davon, an welche diözesane Aufarbeitungskommission sie sich wenden, auf qualitativ gleiche und verlässliche Standards der Aufarbeitung treffen. Nur so kann Aufarbeitung unabhängig, transparent und betroffenenzentriert gestaltet werden.“

Zur zweitägigen Fachkonferenz hat der Bundesvorstand der Unabhängigen Aufarbeitungskommissionen eingeladen. Neben der Vorstellung der Ergebnisse der Zwischenevaluation soll auch ein Blick auf die künftige

Arbeit der Unabhängigen Kommissionen geworfen werden. Die Veranstaltung ist nicht öffentlich.


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Hintergrund:

Die Kommissionen sind in der Gestaltung ihrer Arbeit frei und sollen einen weiteren Beitrag dazu leisten, sexuellen Missbrauch in den Diözesen quantitativ zu erheben, den Umgang mit Betroffenen und Tätern sowie Täterinnen zu untersuchen und Strukturen zu identifizieren, die sexuellen Missbrauch ermöglichen oder erleichtern sowie dessen Aufdeckung erschweren. Die Kommissionen sind zur Abgabe und Veröffentlichung eines jährlichen Berichts zum Stand der Aufarbeitung in dem jeweiligen Bistum verpflichtet sowie zu einer Zwischenevaluation nach drei Jahren und einem vorläufigen Abschlussbericht nach fünf Jahren.

Hinweise:

Weitere Informationen zum Thema Forschung und Aufarbeitung sind auf der Themenseite Sexualisierte Gewalt und Prävention https://www.dbk.de/themen/sexualisierte-gewalt-und-praevention der Deutschen Bischofskonferenz verfügbar. Die „Gemeinsame Erklärung“ finden Sie hier: https://beauftragte-missbrauch.de/presse/artikel/275

Dienstag, 3. September 2024

Bistum Trier: Zahl der Opfer von Edmund Dillinger steigt auf 20 - Anzahl der Opfer in afrikanischen Ländern weiterhin unbekannt

Weiteres Opfer im "Fall Dillinger"

Im Missbrauchskomplex um den verstorbenen Friedrichsthaler Priester Dillinger gibt es mindestens ein weiteres Opfer.

Nach Aussage der pensionierten Trierer Top-Staatsanwälte Jürgen Brauer und Ingo Hromada gibt es inzwischen mindestens ein weiteres Opfer des im November 2022 im Alter von 87 Jahren verstorbenen Priesters und Bundesverdienstkreuzträgers.

Der Mann wurde in den 60er-Jahren als Schüler in Bitburg von Dillinger missbraucht. Der katholische Geistliche war ab Juli 1965 Kaplan in der Bitburger Pfarrei St. Peter.

Zwischen 1961 und 2018 soll Edmund Dillinger bei den unterschiedlichsten Gelegenheiten mindestens „19 Personen in verschiedenen Schweregraden sexuell missbraucht“ haben, heißt es in dem knapp 100seitigen Abschlussbericht von Brauer und Hromada im Mai diesen Jahres.

Mit dem nun bekanntgewordenen Fall erhöhe sich diese Zahl auf 20, sagte Brauer dem Volksfreund. Das Opfer habe sich jetzt erst beim Bistum gemeldet.

Dillinger, der die Hilfsorganisation CV-Afrika-Hilfe gegründet hatte, reiste zeitlebens häufiger auch in afrikanische Länder. Die beiden Ermittler gehen davon aus, dass es auch in Ländern wie Tunesien, Togo oder Kamerun sexuelle Übergriffe durch den Trierer Bistumspriester gegeben haben dürfte. Die Nachforschungen gestalten sich allerdings schwierig. Laut Brauer hat inzwischen aber das Auswärtige Amt seine Unterstützung zugesagt. Nun werde versucht, über die deutschen Botschaften vor Ort an mögliche Informationen zu kommen. Die Hoffnungen, dass dabei wesentliche neue Erkenntnisse gewonnen werden können, sind aber eher gering.

Der Bericht der beiden von der Aufarbeitungskommission des Bistums beauftragten Sonderermittler zeigt auch auf, wie die Verantwortlichen vor allem in den 60er und 70er-Jahren den Sexualtäter in den eigenen Reihen gedeckt und „Vorwürfe vertuscht haben“, wie es wörtlich heißt.

Freitag, 26. Juli 2024

Bistum Trier: Trierer Bischof kritisiert Vorgänger Spital - oder: Die Geschichte vom Splitter und vom Balken und der Heuchelei



Ackermann kritisiert Spital:
  • Es habe zwischen 1981 und 2001 kein Verfahren gegen einen Täter gegeben
  • Der "pastorale Umgang" mit Verbrechen sei "verfehlt" worden
  • Machstrukturen in der Kirche hätte Missbrauch begünstigt und Ahndung verhindert
  • "Schutz der Institution hätte über den Rechten und Bedürfnissen von Betroffenen gestanden"
  • Weihbischof Leo Schwarz habe "falsch agiert"
  • Schwarz sei "unangemessen"  mit Missbrauchsfällen umgegangen
  • Schwarz habe sogar Verbrechen sexuellen Missbrauchs vertuscht (!)
  • Es habe eine zu große Empathie für die Priester-Täter gegeben
  • Die Sorge sei damals gewesen,  den Ruf der Priester und der Kirche zu schützen

Ich kritisiere Ackermann: 



"Du Heuchler, zieh am ersten den Balken aus deinem Auge,
 danach siehe zu, wie du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehst".

Bergpredigt, Matthäusevangelium, MT 7:5




"Der Trierer Bischof Stephan Ackermann hat seinen Vorgänger Hermann Josef Spital für dessen Umgang mit Missbrauchstätern kritisiert. Er bemängelte auch, dass es zwischen 1981 und 2001 kein Verfahren gegen einen Täter gegeben habe.

Diese fehlenden Verfahren sind Teil der Ergebnisse einer am Mittwoch vorgestellten wissenschaftlichen Studie. Ein "pastoraler Umgang" mit Verbrechen sei verfehlt, sagte Ackermann.

Die Untersuchung vermittelt das Ausmaß sexuellen Missbrauchs in der Ära Spital. Mindestens 49 Beschuldigte und mutmaßliche Täter in den Reihen der katholischen Kirche und 199 Betroffene hat es demnach in den 1980er und 1990er Jahren gegeben.

Forscher sprechen von einem Hellfeld und vermuten, dass die tatsächlichen Zahlen höher sind. Bei den Recherchen stießen die Studienautoren Lutz Raphael, Lena Haase und Alisa Alic auch auf drei Personen, die sich demnach in zeitlicher Nähe zur erlittenen sexualisierten Gewalt das Leben nahmen.

"Auch wenn die Umstände und Hintergründe dieser Suizide nicht mehr aufgeklärt werden können, so ist für mich diese Vorstellung unerträglich", so Ackermann. Er verwies darauf, dass hinter allen Zahlen immer Menschen stünden und sprach von einer schmerzlichen Erinnerung. Machtstrukturen in der katholischen Kirche hätten Missbrauch begünstigt und Aufklärung sowie Ahndung verhindert. Der Bischof versicherte, dass er sich dafür einsetze, dass Kirche ein sicherer Raum sei.

Die frühere Bistumsleitung wird in der Studie hinterfragt: "Während für die Aufklärung intern Sorge getragen wurde, so wurde die moralische Pflicht zu Anzeige und Information staatlicher Stellen vollständig vernachlässigt."

Zwar sei über eine unabhängige Kommission zur Prüfung der Vorwürfe gesprochen, diese aber nie eingerichtet worden. Laut Studie waren bereits der damaligen Bistumsleitung 20 der Beschuldigten bekannt.

Ackermann kritisierte vor diesem Hintergrund, dass unter Spital der Schutz der Institution über den Rechten und Bedürfnissen von Betroffenen gestanden habe. "Zudem zeigen die genannten Beispiele auf, dass die Fälle nicht konsequent in denselben Gremien bearbeitet wurden", sagte er. 

Auch Weihbischof Leo Schwarz, der übergangsweise das Bistum leitete, habe falsch agiert. Dessen Umgang mit Missbrauchsfällen bezeichnete Ackermann als unangemessen, er habe sogar Verbrechen sexuellen Missbrauchs vertuscht. Ackermann sprach von Empathie für die Priester-Täter und der Sorge, den Ruf der Priester und der Kirche zu schützen."  (Quelle: "domradio.de")



Bistum Trier: Stellungnahme von Bischof Stephan Ackermann zum Zwischenbericht

Stellungnahme von Bischof Stephan Ackermann zum Zwischenbericht

"Heute ist der zweite Zwischenbericht der von Prof. Dr. Lutz Raphael und Dr. Lena Haase durchgeführten historischen Untersuchung „Sexueller Missbrauch von Minderjährigen sowie hilfs- und schutzbedürftigen erwachsenen Personen durch Kleriker/Laien im Zeitraum von 1946-2021 im Verantwortungsbereich der Diözese Trier: eine historische Untersuchung“ vorgestellt worden, der die Amtszeit von Bischof Dr. Hermann Josef Spital (1981-2001) in den Blick nimmt. Das Projekt ist von der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Verantwortungsbereich des Bistums Trier (UAK) initiiert.   

Der Bericht steht in der Spur des ersten Zwischenberichts vom Dezember 2022 und führt uns erneut auch den Umgang der Bistumsverantwortlichen mit (Verdachts-)Fällen sexuellen Missbrauchs vor Augen. Vor allem anhand der Fallbeispiele wird deutlich, wie Bischof Spital zusammen mit seinen Mitarbeitern agiert hat; aber auch die historisch-vergleichende Einordnung und der Blick auf das Umfeld von Betroffenen helfen, das Geschehene und die Fehler ansichtig zu machen.  

In dem Bericht werden auch wieder Zahlen aufgeführt. Sie dienen dazu, das sogenannte Hellfeld zu beziffern. Das ist wichtig und richtig. Sie erinnern mich aber noch einmal schmerzlich daran, dass hinter jeder dieser Zahlen ein Mensch, das heißt ein individuelles Schicksal steht. Dies wird besonders dort drastisch sichtbar, wo der Bericht die gravierenden Folgen des Missbrauchs für die Betroffenen darstellt und auch drei Personen erwähnt, die in zeitlicher Nähe zum erlittenen Missbrauch Suizid begangen haben (vgl. Bericht S. 13). Auch wenn die Umstände und Hintergründe dieser Suizide nicht mehr aufgeklärt werden können, so ist für mich diese Vorstellung unerträglich.  

Die vergleichende Einordnung zeigt, dass Bischof Spital anders als noch Bischof Stein sich stärker selbst mit den Fällen befasst hat und sich eine Hinwendung zu den Betroffenen erkennen lässt – auch wenn diese Kontakte nicht immer als empathisch beschrieben werden. Gezielte Vertuschung als Vorgehensweise sieht der Bericht für Bischof Spital nicht – doch immer noch stand der Schutz der Institution über den Rechten und Bedürfnissen der Betroffenen. Zudem zeigen die genannten Beispiele auf, dass die Fälle nicht konsequent in denselben Gremien bearbeitet wurden: Manche Fälle wurden in der Personalkommission beraten, andere im Bischofsrat. Hinzu kamen quälend lange Bearbeitungszeiten.  

Aus heutiger Sicht überraschend erscheint der Befund, dass Bischof Spital im Einklang mit dem Kirchenrecht handelte, das den Bischöfen den „Weg der Ermahnung und ‘des pastoralen Bemühens’ vor Ergreifung von Strafmaßnahmen explizit auferlegt[e]“ (vgl. Bericht S. 19/20). Diese pastorale Behandlung, die ich heute als falsche Nachgiebigkeit bezeichnen würde, hatte fatale Folgen. Ein pastoraler Umgang mit Verbrechen ist verfehlt. Dass es oft bei Ermahnungen, Auszeiten oder Versetzungen blieb, zeigt auch die Tatsache, dass es kein kirchenrechtliches Verfahren gegen einen Täter gab.   

Dazu passt die Beobachtung des Berichts, Bischof Spital habe sich als „ein Bischof [gezeigt], der zwar zu hartem Vorgehen gegen Priester bereit war, in Fällen von sexuellem Missbrauch jedoch scheinbar den Ernst der Lage nicht begriff“ (vgl. Bericht S. 66/67).  

Unter den Personen, die zur Amtszeit von Bischof Spital Verantwortung getragen haben, erwähnt der Bericht auch Weihbischof Leo Schwarz, der für unser Bistum, aber auch weit darüber hinaus, eine prägende Persönlichkeit war, die bis heute geschätzt wird. Durch sein Wirken im Bistum und sein starkes weltkirchliches Engagement hat Weihbischof Schwarz sich hohe Anerkennung erworben. Sein unermüdlicher Einsatz für die Armen und Benachteiligten, etwa in Lateinamerika, ist und bleibt unbestritten. Die Autoren der Untersuchung weisen im Zwischenbericht auch darauf hin, dass sie keine Gesamtbeurteilung des Lebens und Wirkens der untersuchten Bischöfe vornehmen (vgl. Bericht S. 65). Dennoch ist für Weihbischof Schwarz zu konstatieren, dass sein Umgang mit der Problematik des Missbrauchs unangemessen war. Wie der Fall D. und auch der Fall Claus Weber aufzeigen, hat Weihbischof Schwarz Verbrechen sexuellen Missbrauchs vertuscht, auch wenn ihm die fatalen Folgen seines Handelns möglicherweise nicht bewusst waren. Der Zwischenbericht belegt auch Kontakte des Weihbischofs mit Betroffenen und Empathie für die Personen. Doch die Empathie für die Priester-Täter und die Sorge, den Ruf der Priester und der Kirche zu schützen, waren ganz offenkundig stärker.    

Einmal mehr zeigt der Bericht, wie Kirchenbilder, Rollenverständnisse und Machtstrukturen in der katholischen Kirche Missbrauch begünstigt sowie Aufklärung und Ahndung verhindert haben. Das machte zugleich einen wirksamen Schutz von Kindern und Jugendlichen unmöglich. Diese Zusammenhänge lässt uns das laufende Aufarbeitungsprojekt immer detaillierter sehen. Auf dieser Grundlage will ich mich weiterhin zusammen mit den fachlich Verantwortlichen im Bischöflichen Generalvikariat und mit vielen Menschen in den Einrichtungen und an den Orten von Kirche in unserem Bistum dafür einsetzen, dass die Kirche einen sicheren Raum darstellt für die Menschen, die zu uns kommen.   

Welche Anstrengungen wir dazu unternehmen und wie wir die Hinweise umsetzen, die die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Verantwortungsbereich der Diözese Trier (UAK) uns gibt, dokumentieren wir seit letztem Jahr in den jährlichen Berichten zu Prävention - Intervention – Aufarbeitung (P.I.A.) (siehe Hilfe bei sexualisierter Gewalt (bistum-trier.de).
Der Bericht ist unter Aufarbeitungskommission: 2024 (bistum-trier.de) zu finden." (Quelle: "paulinus-bistumsnews.de")

  

Donnerstag, 25. Juli 2024

Bistum Trier: Fakten aus dem Bericht "Sexueller Missbrauch in der Amtszeit von Hermann Josef Spital" - Teil 1

- > Ich veröffentliche die Fakten aus dem Bericht dosiert (in mehreren Teilen), da es auch für mich eine große Belastung darstellt, das alles zu lesen.


Veränderte Lebensschicksale - 

 Einblick in die meist langfristigen Schädigungen und Beeinträchtigungen, mit denen die ermittelten Betroffenen als Erwachsene zu kämpfen hatten und haben.


  • Wichtig ist, sich der Tatsache bewusst zu sein, dass die betroffenen Kinder und Jugendlichen noch in den 1980er und 1990er Jahren in einer Gesellschaft lebten, die nur wenig Verständnis für die Beschädigungen aufbrachte, welche sexueller Missbrauch in der Psyche und der Physis von Kindern und Jugendlichen verursacht. Zudem besaßen nur wenige fundiertes Wissen über die langfristigen Folgen sexuellen Missbrauchs. Dies hat den Umgang aller  in diese Taten Verwickelten tiefgreifend geprägt – zu Lasten der Kinder und Jugendlichen. Ein Teil  der Betroffenen ist durch den sexuellen Missbrauch traumatisiert worden. Sie haben sich vor den gewalttätigen und angstauslösenden Geschehnissen, die ihr Selbst gefährdeten, geschützt, indem sie deren Spuren unzugänglich abspeicherten. Ihnen wurden erst viel später die Missbrauchstaten wieder bewusst, an deren Folgen sie bis dahin gelitten hatten. 
  • Eine Zahl mag diesen Zusammenhang verdeutlichen: Betroffene von Missbrauch zwischen 1980 und 2000 gehörten überwiegend Alterskohorten an, die zwischen 1970 und 1989 geboren worden sind. Nur bei 34  (!) von 172 ermittelten Personen dieser Altersgruppe wurden die Missbrauchsfälle zeitnah (sofort bis weniger als fünf  Jahre später) erkannt, viele der Betroffenen haben sich erst im mittleren und späteren Erwachsenenalter als Opfer von Missbrauchstaten selbst erkannt und dann anderen anvertraut.
  • Die Lebensschicksale dieser Menschen sind in ganz unterschiedlicher Weise und Härte vom sexuellen Missbrauch in ihrer Kindheit oder Jugend verändert worden. Missbrauchsfällen, die keine oder geringe körperliche, soziale oder psychische Beeinträchtigungen zeitigten, stehen die Fälle schwerer Beeinträchtigungen und langfristiger schwerer psychischer und körperlicher Leiden gegenüber.
  • Wir haben zum einen Betroffene ermittelt, die als Schülerinnen oder Schüler beziehungsweise Messdienerinnen und Messdiener Opfer einmaliger sexueller Übergriffe oder Grenzüberschreitungen durch Priester geworden waren. Wenn sie das Glück hatten, dass sie als Teil einer größeren Gruppe von Betroffenen noch in direkter zeitlicher Nähe zu den Übergriffen als Opfer identifiziert worden waren und dies zeitgenössisch zur Anzeige kam, sorgten strafrechtliche Verfahren, schützende Maßnahmen der Erwachsenen und kirchliche Maßnahmen wie Versetzung der Täter dazu, dass weitere Übergriffe gegen sie unterbunden wurden. Sie konnten beziehungsweise mussten zeitnah über den Missbrauch mit Eltern, Lehrern oder anderen erwachsenen Vertrauenspersonen sprechen. 
  • Vielfach konnten solche Kinder oder Jugendliche trotz ihrer Beschämung und ihres Schreckens ein normales Leben ohne größere Einschränkungen und Krankheiten führen. Dies gilt auch für eine kleinere Zahl von Betroffenen, die sich seit 2010 im Rahmen der kirchlichen Verfahren zur Anerkennung ihres Leids gemeldet haben und sich selbst als frei von langfristigen Schädigungen oder Erkrankungen erklärten. 
  • Diese „Resilienz“ hing von vielen weiteren situativen Umständen, aber auch günstigen Voraussetzungen ab, auf die die Kinder selbst aufgrund ihrer psychischen oder physischen Konstitution zurückgreifen konnten.
  • Viele der von uns ermittelten Betroffenen waren in ihrem weiteren Leben auf therapeutische Hilfe angewiesen. Sie profitierten davon, dass seit den 1990er Jahren Traumatisierungen durch sexuellen Missbrauch anerkannt und nach und nach in der Region gezielte traumatherapeutische Angebote für die Betroffenen bereitgestellt und von den Krankenkassen auch bewilligt und finanziert worden sind. Dabei handelte und handelt es sich oft um langjährige intensive Therapien, bei denen es neben der Behandlung der meist „komplexen Posttraumatischen Belastungsstörung“ auch um die Linderung der daraus resultierenden psychosomatischen Beschwerden geht. Typisch waren und sind Depressionen, Angststörungen und Persönlichkeitsstörungen bis hin zu „dissoziativen Identitätsstörungen“.
  • Besondere Belastungen bis hin zu lebenslangen Schädigungen erlitten Kinder und Jugendliche, die über längere Zeit durch Priester missbraucht worden sind und die von den Tätern gezielt und erfolgreich psychisch abhängig gemacht worden sind.
  • In der Amtszeit von Bischof Spital waren mehrere Täter im Kirchendienst tätig, die mal subtile, mal gewalttätige Strategien der Verführung und der Vereinnahmung entwickelten, um ihre Opfer (viele im Alter zwischen 9 und 16) über Jahre hinweg zu dienstbaren Objekten ihrer sexuellen Befriedigung zu machen. 
  • Die Situation der Kinder und Jugendlichen schildert exemplarisch ein Betroffener in einem Brief an das Bistum Trier. Er war zwischen 1982 bis 1987 im Alter von 11 bis 16 vom Pfarrer seiner Gemeinde sexuell missbraucht worden. Der Täter hatte ihn gezielt verführt und dann eng an sich gebunden, und sorgte umsichtig und gezielt für Orte und Gelegenheiten, um seinen sexuellen Missbrauch auszuleben. Leider kamen ihm bei seinem pädokriminellen Tun auch Amtsbrüder zur Hilfe, die über seine Körperkontakte zu dem Messdiener in ihrer Gegenwart hinwegsahen oder aber als Beichtväter die Ängste und Nöte des Jungen noch steigerten (!)  (Es folgen Zeilen aus dem Brief des Betroffenen, Anmerk. ca)
  • Für die Amtszeit von Bischof Spital haben wir mindestens 148 Personen ermittelt, die von solchen Intensivtätern missbraucht wurden und von denen viele beziehungsweise die meisten über mehrere Jahre anhaltenden sexuellen Missbrauch mit psychischer Abhängigkeit erlitten.

  • Für viele von ihnen war der Weg aus dieser Falle:
    • oft schwer und schmerzhaft,
    • er war begleitet von Schuldgefühlen, Suizidgedanken, Phasen schulischen Versagens, Zeiten intensiven Alkohol- oder Drogenkonsums.
    • Die Wege zu Schulabschlüssen und Berufswahl wurden länger, zuweilen auch weniger erfolgreich;
    • Partnerschaften waren für sie schwer, für einige unmöglich
    • Diffuse psychosomatische Beschwerden wurden typische Begleiterscheinungen ihres Erwachsenenlebens.
    • Die Gespräche mit Betroffenen zeigen immer wieder die vielen subtilen, aber nachhaltigen Beschädigungen, die sich gerade aus solchen mehrere Jahre andauernden Missbrauchsgeschehen ergeben haben.
    • Arbeitsunfähigkeit aufgrund dieser Beschwerden und Frühverrentungen aufgrund von Berufsunfähigkeit sind in den Akten immer wiederkehrende Folgen.
    • Für viele Betroffene haben die öffentliche Aufarbeitung und die konkrete Aufdeckung von Täterlaufbahnen dauerhaft entlastende Wirkung gezeigt, da sie nun die Täter benannt, die Gefahren für Kinder und Jugendliche heute bekämpft und die Anerkennung ihres Leids als einen meist kleinen Schritt zu später Gerechtigkeit, vor allem aber lebenspraktischer Hilfe und Unterstützung erfahren haben.

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Bei unseren Recherchen sind wir auch in den Betroffenen- und Zeitzeugenberichten auf drei Personen aufmerksam gemacht worden, die in zeitlicher Nähe zum erlittenen sexuellen Missbrauch Selbstmord begangen haben. Umstände und Hintergründe dieser Suizide können nicht mehr aufgeklärt werden. Sie werden an dieser Stelle unseres Berichts aber erwähnt, weil diese Extremfälle deutlich machen, welche tiefgreifenden seelischen Nöte und psychischen Schädigungen durch den sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen entstehen konnten. 

Für diese Jugendlichen kam jede Hilfe zu spät.





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Viele der Betroffenen stammten aus katholischen Elternhäusern

Schließlich ist auf die religiösen Folgen einzugehen, die sexueller Missbrauch für die von uns ermittelten Betroffenen hatte. Von ihnen stammten viele aus katholischen Elternhäusern, die mehr oder weniger eng am Leben ihrer Gemeinde partizipierten. Immer wieder sind wir auf Berichte gestoßen, dass auch in den 1980er Jahren betroffene Kinder streng katholisch erzogen worden waren und ihre Eltern sexuelle Verfehlungen der ihnen bekannten Ortsgeistlichen schlichtweg leugneten beziehungsweise für undenkbar erklärten. 

So wurden diese Kinder Opfer von Tätern, die zu ihren Autoritäts- und Vertrauenspersonen zählten. Als Kinder und Jugendliche gehörten diese zum engeren zuweilen sogar zum engsten Kreis der in der katholischen Jugendarbeit Aktiven. Sakristeien, Pfarrhäuser, Wohnungen von Kaplänen und Pfarrern, Hotelzimmer bei Jugendfreizeiten wurden für sie zu Tatorten und die meisten verloren dort auch ihr Vertrauen in kirchliche Autoritäten. 

Einige gaben dann auch ihren katholischen Glauben auf beziehungsweise verloren ihn zusammen mit dem missbrauchten Vertrauen in katholische Priester. Aber auch wenn sie längst aus der Kirche ausgetreten waren, wandten sie sich nach 2010 angesichts der öffentlichen Empörung über die jahrzehntelange Vertuschung der Missbrauchsfälle an „ihr“ früheres Bistum, um dort wenigstens Anerkennung ihres Leids zu erwirken.

Dem steht die Gruppe derer gegenüber, die an ihrem katholischen Glauben festhielten, ja in einigen Fällen auch als Erwachsene sich weiter ehrenamtlich für kirchliche Aufgaben und Belange engagierten. Eine kleine Zahl schlug sogar kirchennahe oder kirchliche Berufskarrieren ein. Für sie alle war und ist ihr Heraustreten aus der Anonymität ihres persönlichen Leids zugleich auch ein Kampf für die Offenlegung der Versäumnisse der Verantwortlichen im Bistum und darüber hinaus um die moralische und organisatorische Erneuerung der katholischen Kirche geworden.


Mittwoch, 24. Juli 2024

Bistum Trier: mindestens 199 Opfer sexuellen Missbrauchs durch katholische Priester zwischen 1981 und 2001 - mindestens drei Opfer suizidierten sich unmittelbar nach den Taten

Auch in der Amtszeit von Bischof Hermann Josef Spital konnten Priester offenbar Kinder missbrauchen, ohne harte Sanktionen fürchten zu müssen. 

Das geht aus einem neuen Bericht über sexuellen Missbrauch im Bistum hervor, den Historiker am Mittwoch vorgestellt haben. Pfarrer V. inszeniert sich in den 1990er-Jahren als selbstloser Helfer in der Ukraine. Doch hinter der Maske des Wohltäters versteckt sich ein Sexualstraftäter. In mindestens 28 Fällen soll sich der Priester an Kindern vergangen haben.Im November 1994 verurteilt ihn das Amtsgericht Saarbrücken zu zwei Jahren Haft auf Bewährung. Im Bistum sind die Vorwürfe damals bekannt. Verantwortlich: Der damalige Trierer Bischof Hermann Josef Spital. Er beurlaubt V. zunächst, schickt ihn dann in Therapie und versetzt ihn schließlich in die Ukraine zum Hilfswerk Renovabis, dem Osteuropa-Hilfswerk der katholischen Kirche.Typischer Umgang mit MissbrauchstäternDer Fall ist offenbar beispielhaft für den Umgang von Bischof Hermann Josef Spital mit Straftätern in den eigenen Reihen. Das geht auch aus dem neuen Zwischenbericht hervor, den Historiker der Universität Trier am Mittwochnachmittag vorgestellt haben. Spital war von 1981 bis 2001 Bischof von Trier. 

1.000 Akten ausgewertet

Grundlage bilden mehr als 1.000 ausgewertete Akten und 20 Gespräche mit Betroffenen und Zeitzeugen, die die Wissenschaftler vom "Projekt zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch im Bistum Trier" geführt haben. Damit wollten die Wissenschaftler Licht ins Dunkel der Jahre 1981 bis 2001 bringen - in die Missbrauchsfälle während der Amtszeit von Bischof Hermann Josef Spital. Vergangenes Jahr hatten sich die Fachleute bereits mit Bischof Bernhard Stein befasst, der von 1967 bis 1981 Missbrauchstaten von Priestern vertuscht haben soll.

Versetzen statt bestrafen

Doch auch in der Zeit danach sei der Umgang der Kirche mit Missbrauchstätern "befremdlich" gewesen, wie es im Bericht heißt. Anfänglich hätten der Bischof und die eingeweihten Geistlichen die Straftaten als Bagatellen bewertet. Manchmal wurden die Täter ins Ausland geschickt.

Ab den 1990er-Jahren gab es Therapien für die Missbrauchspriester

Zur Anzeige gebracht wurde in dieser Zeit allerdings keine einzige Tat von der Kirche. Und so seien manche Täter laut Bericht immer wieder rückfällig geworden. 

Mehrere Intensivtäter mit mehr als zehn Opfern

49 Beschuldigte konnten die Wissenschaftler ausmachen, 194 Betroffene identifizieren, vor allem kleine Jungen. Das sind zwar etwas weniger als in der Ära Bernhard Stein. Dafür habe es aber eine Reihe von Intensivtätern gegeben, die mehr als zehn Opfer missbraucht haben, weitestgehend unbehelligt von ihren Vorgesetzten. 

"Entsprechend große moralische Schuld lastet auf ihnen", heißt es im Bericht wörtlich. Da wäre zum Beispiel der Priester Claus Weber, der sich seit 1978 in Trier und später in seinen Waisenhäusern in Bolivien immer wieder an Kindern vergangenen hat - und das ohne dass jemand eingeschritten wäre. Oder auch Edmund Dillinger, der saarländische Priester, der über Jahrzehnte hinweg mindestens 19 Menschen missbraucht haben soll. Beide starben, bevor die Vorwürfe öffentlich bekannt wurden. Sie mussten weder kirchenrechtliche noch strafrechtliche Verfolgung fürchten. 

Folge von Missbrauch: Depression, Angst, Selbstmord

Ihre Opfer hingegen leiden bis heute, heißt es in dem Bericht der Wissenschaftler. Ein Teil der Betroffenen sei durch die Taten traumatisiert worden. Typische Diagnosen sind: Depressionen, Angst- und Persönlichkeitsstörungen, Alkohol- und Drogensucht. Drei Menschen hätten sich kurz nach den Taten das Leben genommen. 

Bischöfe haben Missbrauch offenbar unterschätzt

Hat der frühere Bischof Hermann Josef Spital daran eine Mitschuld? Auch darauf gehen die Autoren im Bericht ein. Sie schreiben, Spital habe nach ihren Erkenntnissen keine Taten aktiv vertuscht. Er habe die Gefahr durch die Täter aber unterschätzt und den Priestern zu viel Vertrauen geschenkt. Sein Verhalten bewerten die Wissenschaftler im Rückblick als "völlig unangemessen angesichts des hohen Rückfallrisikos gerade von Intensivtätern".

Keine gute Rolle hatte offenbar auch Weihbischof Leo Schwarz gespielt. Er soll persönliche Verbindungen zu den beschuldigten Priestern gehabt haben - zum Beispiel zu Claus Weber. Und das habe sein Urteilsvermögen getrübt

Bischof Spital und Weihbischof Schwarz genossen in Trier einen guten Ruf. "Ein Vorbild, ein überzeugender geistlicher Mensch, der mit ganzer Kraft für die Kirche gearbeitet hat" - so spricht der damalige Trierer Bischof Reinhard Marx noch 2007 über seinen gerade verstorbenen Vorgänger. Spital setzte sich für Arbeitslose und in der Friedensbewegung ein. Er galt als liberal und sozial engagiert. Wie falsch der Umgang der beiden mit Missbrauchspriestern war, zeigt der Fall V. in der Ukraine. Trotz Therapie und Versetzung hörte der Priester nicht auf. Er missbrauchte laut Bericht in der Ukraine zwei Jungen im Alter von 13 und 16 Jahren.

Wissenschaftler wollen auch Rolle von Bischof Ackermann untersuchen

Der aktuelle Bericht soll noch nicht der Abschluss der Aufarbeitung sein. Auch die Amtszeiten der Trierer Bischöfe Reinhard Marx und Stephan Ackermann wollen die Wissenschaftler untersuchen. ("tagesschau.de")

Freitag, 5. Juli 2024

Bistum Trier: Jahresbericht zur Aufarbeitung und Verhinderung von Missbrauchsfällen für 2023 vorgestellt: Mindestens 9 (!) weitere verstorbene Priester und Ordensspriester des sexuellen Missbrauchs beschuldigt. Weitere 10 (!) beschuldigte noch lebende Kleriker oder Angestellte in Pfarreien und Einrichtungen des Bistums!

Heute hat das Bistum Trier seinen "Jahresbericht 2023 Prävention - Intervention - Aufarbeitung" vorgestellt:


Beschuldigungen gegen lebende Personen

  • 2023 beschäftigte sich der Krisenstab mit 10 Beschuldigungen zu Missbrauch durch lebende Kleriker oder Angestellte in den Pfarreien und Einrichtungen des Bistums
  •  Bei den Beschuldigten handelt es sich um 8 Pfarrer (davon 5 im Ruhestand) und einen Ordenspriester, die Aufgaben in der Pastoral im Bistum Trier wahrnehmen oder wahrgenommen haben
  • Die Beschuldigung gegen einen Laien wurde ebenfalls in der Verantwortung des Bistums untersucht. Zwar war dieser nicht in einer Einrichtung des Bistums tätig gewesen, gemäß kirchlichen Strafrechts wurde derjenige Ortsbischof beauftragt, in dessen Bistum die mutmaßliche Straftat begangen worden ist.
  • Drei Beschuldigungen bezogen sich auf aktuelle Vorfälle ab 2020, die anderen auf länger zurückliegende Delikte.
  • In sechs Fällen wurden erstmalig gegen den Beschuldigten Vorwürfe erhoben.
  • Zwei Beschuldigungen bezogen sich auf Taten gegen Erwachsene. 
  • Vier staatsanwaltliche Verfahren, die vor 2023 eröffnet worden waren, wurden 2023 eingestellt. 
  • Im Jahr 2023 wurden sechs Fälle an die Staatsanwaltschaft gegeben, wobei drei im gleichen Jahr wieder eingestellt wurden. 
  • Hinzu kommt ein noch laufendes Verfahren aus dem Jahr 2021. 
  • 2023 wurden fünf Voruntersuchungen abgeschlossen, die vor 2023 eröffnet worden waren.
  •  Fünf kirchenrechtliche Voruntersuchungen wurden eröffnet. 
  • Zwei Voruntersuchungen aus dem Jahr 2022 laufen weiter.
  •  Ein Pfarrer im Ruhestand wurde in 2023 von einem weltlichen Gericht rechtskräftig verurteilt.
  •  Es gab zwei laufende kirchliche Strafverfahren, die beide in 2023 abgeschlossen worden sind. 
  • In beiden Fällen haben die Priester Rekurs eingelegt. 
  • Von der Schwere her waren aktuelle Beschuldigungen eher im Bereich Grenzverletzungen und Übergriffe angesiedelt. Sie basierten auf frühzeitigen und schnellen Mitteilungen. 
  • Bei zurückliegenden Delikten ging es eher um schwere Formen sexualisierter Gewalt. Es wurden acht Erst-Anträge auf Anerkennung des Leids eingereicht.

Beschuldigungen gegen verstorbene Personen
  • 2023 gingen 9 (Erst-) Anträge aufgrund sexualisierter Gewalt durch verstorbene Kleriker oder Angestellte in den Pfarreien und Einrichtungen des Bistums ein. 
  • Bei den Beschuldigten handelte es sich um 8 Pfarrer (davon einer zum Zeitpunkt der Tat in einem Internat tätig) sowie um einen Ordenspriester im Gestellungsverhältnis
  • In zwei Fällen wurden erstmalig gegen den Beschuldigten Vorwürfe erhoben.
  •  Eine Beschuldigung bezieht sich auf eine Tat gegenüber einem Erwachsenen. 
  • Bis auf eine (aus dem Jahr 2001) beziehen sich alle Beschuldigungen auf Delikte, die im letzten Jahrhundert erstmalig verübt wurden.

An die Berufsgenossenschaft gemeldete Fälle: 

  • In 2023 wurden 66 Fälle (rückwirkend bis ins Jahr 1963) an die Berufsgenossenschaften gemeldet.


Anträge in Anerkennung des Leids

  • Im Jahr 2023 wurden Leistungen in Anerkennung des Leids für 26 Anträge in Höhe von insgesamt 485.500 € ausgezahlt (Erst- und Folgeanträge sowie Anträge nach Ziff. 12 der Verfahrensordnung (VerfO) Anerkennung des Leids).
  • Ein Erst- und ein Zweit-Antrag wurden durch die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen als sogenannte Härtefälle gewertet (größer/gleich 50.000 €); 
  • nimmt man die Widersprüche hinzu, sind es fünf.
  • Im Jahr 2021 wurden 84 Anträge eingereicht (davon 21 Erstanträge), 2022 waren es 26 (davon 22 Erstanträge), im Jahr 2023 waren es 22 Anträge (davon 19 Erstanträge)


Übernahme der Therapiekosten für das Jahr 2023

  • Im Jahr 2023 wurden Therapiekosten in Höhe von 36.579,22 € erstattet.

 EHS / Fonds Sexueller Missbrauch (FSM)

  • Im Rahmen des Ergänzenden Hilfesystems (EHS) wurden Leistungen in Höhe von 4.416,12 € übernommen.

Anerkennung des Leids seit 2010

  • Damit wurden insgesamt seit 2010 materielle Anerkennungen des Leides in Höhe von 2.702.000 € ausgezahlt sowie Therapiekosten in Höhe von 143.300,14 €.

Angemessene Sprache und vereinfachte Strukturen im Umgang mit Betroffenen:
Der durch rechtliche Regelungen vorgegebene Umgang mit Verfahren der Aufarbeitung wird z. T. als mangelnde Sensibilität oder gar Zynismus erlebt. Es wird daher angeregt, vereinfachte Strukturen
anzustreben und die Vorinformationen zu verbessern. So arbeiten die Verantwortlichen im Generalvikariat z. B. an einer Art „Leitfaden“, der die verschiedenen Verfahren benennt, erläutert und auf Ansprechpersonen hinweist. Es wird empfohlen, eine unabhängige Stelle einzurichten, die Betroffene im Sinne einer „Ombudsstelle“ bei den Prozessen begleitet.


Donnerstag, 27. Juni 2024

Bistum Trier: 22.618 Kirchenaustritte im Jahr 2023

Im vergangenen Jahr sind 22.618 Menschen im Bistum Trier aus der katholischen Kirche ausgetreten. Das geht aus der am Donnerstag veröffentlichten bundesweiten Kirchenstatistik hervor. Damit ist die Zahl der Kirchenaustritte im Bistum Trier gegenüber 2022 leicht gesunken. In dem Jahr waren es noch 28.137 Austritte. Den Austrittszahlen stehen 210 Wiederaufnahmen gegenüber. Trotz des leichten Rückgangs bei den Austritten will der Trierer Generalvikar von Plettenberg nicht von einer Trendumkehr sprechen. Die Zahl bewege sich weiter auf einem hohen Niveau. (Quelle: "sr.de")


Donnerstag, 23. Mai 2024

Bistum Trier: Erste Klage eines Opfers sexuellen Missbrauchs gegen das Bistum Trier

Erstmals klagt ein Missbrauchsopfer vor einem Zivilgericht gegen das Bistum Trier. 

Der Kläger will vom Bistum angemessen entschädigt werden. Im Verfahren in Trier geht es laut der Opferinitiarive MissBiT um einen Verhandlungswert von 300.000 Euro. Der Kläger will laut MissBiT eine angemessene Entschädigung dafür, dass er von seinem Heimatpfarrer und Religionslehrer in Longuich an der Mosel jahrelang als Schulkind vergewaltigt wurde.

Kläger von Kirche als Missbrauchsopfer anerkannt

Das kirchliche Verfahren zur Anerkennung des Leids, das auf freiwilligen Leistungen der Deutschen Bischofskonferenz beruht, hat dem Kläger eine Geldsumme zugestanden. Die sei aber, so die Opferinitiative MissBiT, "lächerlich. In den Augen aller Opfer ein Hohn!"

Kläger leide unter Folgen des Missbrauchs

MissBiT sagt, dass die Folgen der Taten für den Kläger gravierend waren und sind. Sie reichten von Lernhemmungen in der Schul- und Ausbildungszeit über die Zerstörung einer Ehe, von schwersten körperlichen und psychischen Folgen bis zu Suizidversuchen.

Richtungsweisendes Urteil aus Köln

Ein Kölner Gericht hat 2023 in einem vergleichbaren Fall dem Opfer 300.000 Euro Schadensersatz zugesprochen. Verjährung konnte nicht geltend gemacht werden, weil der religiöse Zusammenhang es dem Opfer nachhaltig unmöglich machte, über die erfahrene Gewalt zu sprechen. Die Buß- und Beichtpraxis der Kirche mache es den Tätern leicht, die Opfer an ein dauerhaftes Schweigen zu binden. 

Das Gericht in Köln bezog sich zudem auf die Amtspflichtverletzung durch den Bischof, der Verdachtsmomenten nicht nachging.

Opfer wollen vor Gericht Klärung der Verantwortung

Nach dem Kölner Urteil hatten Trierer Missbrauchsopfer angekündigt, ebenfalls klagen zu wollen. Das passiert jetzt. Auch in diesem ersten Verfahren in Trier geht es laut MissBiT um einen Verhandlungswert von 300.000 Euro. MissBiT rechnet mit dem Erfolg dieses Weges zur Aufarbeitung der Fakten, zur Klärung der Verantwortung und zur Befriedung. Vorher hatte Bischof Ackermann den Vorschlag einer außergerichtlichen Einigung ausgeschlagen. 

Weitere Opfer wollen klagen

Zwei weitere Klageeinreichungen sind in Vorbereitung, so MissBiT. Ein Fall betreffe das Bistum Köln, ein weiterer einen Pater der Abtei St. Matthias in Trier. MissBiT hat einen Unterstützungsfonds eingerichtet, um die Klagen zu unterstützen. Ein außergerichtliches Vergleichsverfahren mit Opfern sexuellen Missbrauchs hat Bischof Ackermann abgelehnt. (Quelle: "tagesschau.de")

Dienstag, 14. Mai 2024

Bistum Trier: Auswärtiges Amt reagiert auf Abschlussbericht und sagt Unterstützung in "Causa Dillinger" zu

 Auswärtiges Amt hilft bei Aufklärung im Fall Dillinger

Im Missbrauchsfall des verstorbenen Priesters Edmund Dillinger aus Friedrichsthal führen auch Spuren nach Afrika, wo Dillinger als Entwicklungshelfer tätig war. Nach mehreren vergeblichen Anfragen der Sonderermittler schaltet sich nun doch noch das Auswärtige Amt ein.

Bei der Vorstellung ihres Abschlussberichts hatten die beiden im Auftrag der Aufarbeitungskommission tätigen Sonderermittler die mangelnde Unterstützung des Auswärtigen Amtes kritisiert. Vergeblich hätten sie zuvor mehrere Anfragen gestellt.

Jetzt, ein paar Tage später, reagierte das Auswärtige Amt doch noch. Man unterstütze ausdrücklich das Ziel der rechtlichen Aufarbeitung von Sexualdelikten deutscher Staatsbürger an Minderjährigen auch im Ausland, heißt es nun.

Zwar könne kein Rechtshilfeersuchen gestellt werden, da es kein Strafverfahren gegen den mittlerweile verstorbenen Dillinger gebe, man wolle aber nun Möglichkeiten prüfen, die Kommission anderweitig zu unterstützen.

Die Suche der Aufarbeitungskommission in Ländern wie Tunesien, Togo und Kamerun konzentriert sich auf mögliche Opfer und Zeugen. Die Ermittler wollen dabei mit Hilfe des Auswärtigen Amts unter anderem wissen, welche nicht-staatlichen Organisationen in Afrika Unterstützung für Missbrauchsopfer leisten.

Staatliche Stellen wolle man nicht einbeziehen. Da Homosexualität in einigen Teilen Afrikas unter Strafe steht, befürchten die Ermittler negative Folgen für Zeugen. (Quelle: sr.de)

Freitag, 10. Mai 2024

Saarbrücker Generalstaatsanwalt (CDU): "Ich bedauere dieses Vorgehen". Ob er sich über die Folgen der Aktenvernichtung in der "causa Dillinger" bewusst war?

Generalstaatsanwalt Dr. M. Kost

(Foto Ruppenthal, SZ)

Generalstaatsanwalt M. Kost am 14. Juli 2024: 

"Ich bedauere dieses Vorgehen und möchte mich dafür entschuldigen."


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 Auszug aus dem "Vorläufiger Abschlussbericht der wissenschaftlichen Studie zu den Umständen des Falles Edmund Dillinger" (vorgestellt am 07.05.2024):

"5.2.2.2.2 Ermittlungsverfahren der Generalstaatsanwaltschaft Saarbrücken gegen einen Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft Saarbrücken 

Die Generalstaatsanwaltschaft Saarbrücken hat in einem Vorgang mit dem Aktenzeichen 303 Js 148/23 geprüft, ob gegen einen Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft Saarbrücken wegen dessen Anordnung der Vernichtung von Asservaten in einem Vorermittlungsverfahren zur Prüfung eines Anfangsverdachts verfolgbarer Missbrauchstaten etwaiger Tatbeteiligter D.s ein Verfahren einzuleiten sei. Mit Verfügung vom 29.01.2024 lehnte die Behörde die Aufnahme von Ermittlungen ab, „weil nach dem Ergebnis der Vorprüfungen kein Anfangsverdacht der Begehung einer Straftat durch den Staatsanwalt“ bestehe.

Wesentlicher Geschichtspunkt war nach dem Inhalt der Pressemitteilung, dass der Staatsanwalt aufgrund einer Mitteilung des polizeilichen Ermittlungsführers, der die Asservate ausgewertet und im Zeitpunkt der Vernichtungsanordnung in Besitz gehabt habe, davon habe ausgehen können, dass die betreffenden Asservate für den Gegenstand der staatsanwaltschaftlichen Untersuchung nicht mehr von Bedeutung seien und der letzte Gewahrsamsinhaber und Eigentümer der Asservate, bei dem es sich um D.s Neffen gehandelt habe, gegenüber dem polizeilichen Ermittlungsführer telefonisch auf deren Rückgabe ausdrücklich verzichtet habe. Ausgehend von diesem Wissensstand des Staatsanwalts habe die Anordnung der Vernichtung der Asservate im Einklang mit der Rechtslage gestanden. Die Vorermittlungen hätten auch berücksichtigt, dass die Unabhängige Aufarbeitungskommission im Bistum Trier vor der Vernichtungsanordnung ein Akteneinsichtsgesuch gestellt habe. Eine strafrechtliche Relevanz folge hieraus nicht. Den Inhalt und den Beweiswert der Kalender hatten wir im 2. Zwischenbericht ausführlich dargestellt und anhand von Lichtbildern veranschaulicht. Es spricht alles dafür, dass die vernichteten mit der gleichen Ausführlichkeit wie die zwei noch erhaltenen Kalender geführt und daher entgegen der Einschätzung des ermittelnden Polizeibeamten einen hohen Erkenntniswert gehabt hätten. Bemerkenswert ist dabei auch, dass nach dem Inhalt der Vermerke des Beamten die „Jahreskalender in Buchform von 1967 bis 2021“ in D.s Haus sichergestellt worden seien. 

Davon seien „oberflächlich ausgewertet (worden) die Kalender 2013 und 2016“.

Diese Darstellung überrascht, weil ausweislich der Akten der Staatsanwaltschaft Mainz die Kalender 2013 und 2016 am 21.04.2023 im Haus des Neffen sichergestellt und zu den Akten der Staatsanwaltschaft Mainz genommen wurden. Sie sind deshalb nach Aktenlage von der saarländischen Polizei überhaupt nicht in Augenschein genommen worden, weil völlig fern liegt, dass sich der Beamte nach Mainz begeben haben könnte, um die Kalender dort einzusehen. Für uns ist damit sehr wahrscheinlich, dass die Staatsanwaltschat Saarbrücken die Vernichtungsanordnung und die Einstellungsverfügung getroffen hat, ohne selbst einen Blick in die Beweismittel geworfen zu haben. Die Einschätzung des Polizeibeamten, die ebenfalls nur zum Teil auf eigener Anschauung beruhte, dürfte vorbehaltlos übernommen worden sein. Daraus folgt:

  1. Mit der Vernichtungsanordnung hat die Staatsanwaltschaft unser Akteneinsichtsgesuch nach unserer Auffassung bewusst übergangen und als mögliche Folge die Aufarbeitung in weiten Teilen vereitelt.
  2. Gegenstand der wissenschaftlichen Aufarbeitung ist auch die Suche nach Betroffenen, damit diesen eine ihnen zustehende Entschädigung gewährt werden kann. Die vernichteten Kalender wären für die betroffenen Opfer wichtige Beweismittel zum Beleg ihrer Ansprüche gewesen.
  3. Der Inhalt der Kalender hätte die Grundlage für erfolgreiche Ermittlungen in dem neuen Verfahren der Generalstaatsanwaltschaft Saarbrücken sein können. Ohne die Kalender dürften diese Ermittlungen zumindest erheblich erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht worden sein."

Vor diesem Hintergrund könnte es sich bei den Kalendern um sog. Zufallsurkunden i.S.v. §§ 267, 274 Abs.1 Nr. 1 StGB gehandelt haben.324 Deren vorsätzliche Vernichtung ist nach § 274 Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbar, wenn die Urkunde dem Täter nicht gehört. Zur Entscheidung der Frage, wem eine Urkunde gehört, kommt es bei § 274 StGB aber nicht auf die Eigentumsverhältnisse, sondern darauf an, wer berechtigt ist, mit der Urkunde Beweis zu führen. Das wiederum können Personen sein, die einen Anspruch auf Herausgabe oder Einsicht in die Schriftstücke haben. Die – mögliche - Zustimmung des Erben war deshalb für diesen Tatbestand belanglos.

Anhand des Inhalts der oben zitierten Pressemitteilung können wir nicht beurteilen, ob und inwieweit diese Überlegungen in die Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft Saarbrücken eingeflossen sind. Unabhängig von der strafrechtlichen Bewertung der Vernichtung drängt sich uns der Eindruck einer sachwidrigen, der Brisanz des Falles nicht gerecht werdenden, oberflächlichen Bearbeitung des Vorermittlungsverfahrens durch die Ermittlungsbehörden des Saarlandes auf."


Quellen: "Sexueller Missbrauch an Kindern und Jugendlichen im Bistum Trier -Vorläufiger Abschlussbericht der wissenschaftlichen Studie zu den Umständen des Falles Edmund Dillinger ", Die Zeit", "Saarbrücker Zeitung"

Mittwoch, 8. Mai 2024

"Causa Dillinger": Kommission spricht von »bewusster Vertuschung« im Bistum Trier

Verantwortliche der katholischen Kirche im Bistum Trier haben einer Untersuchung zufolge über viele Jahre hinweg sexuellen Missbrauch des Ende 2022 verstorbenen Priesters Edmund Dillinger vertuscht.

»Es ist kaum zu begreifen, dass eine Persönlichkeit wie Dillinger über Jahrzehnte im Dienst der Kirche verbleiben konnte – trotz allen Wissens über seine Übergriffigkeiten und Missbrauchstaten«, teilte die unabhängige Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Bistum Trier (UAK) mit.

Die Kommission stellte ihren vorläufigen Abschlussbericht zur Causa Dillinger vor. »Die Tatenlosigkeit und das Wegschauen von kirchlichen Verantwortlichen – was nur als bewusste Vertuschung gewertet werden kann – diente zuvörderst dem Schutz des guten Namens der Kirche und des Bistums«, hieß es. Alle Hinweise auf die Taten Dillingers seien weitgehend ignoriert worden.

Anmerk. ca: Die im "Missbrauchskomplex Dillinger" zuständigen Bischöfe in Trier waren:

  • Matthias Wehr (1951-1966),
  • Bernhard Stein (1967-1980), 
  • Hermann Josef Spital (1981-2001), 
  • Reinhard Marx (2002-2008) und 
  • Stephan Ackermann (seit 2009)


den vollständigen Artikel auf "spiegel.de" lesen


Dienstag, 7. Mai 2024

Bistum Trier: "Causa Dillinger": Schwere Vorwürfe gegen Bistum und Staatsanwaltschaft Saarbrücken - mindestens 19 Opfer "sexuellen Missbrauchs in verschiedenen Schweregraden" - nicht annähernd zu beziffernde Anzahl von Opfern von sexuell motiviertem Verhalten Dillingers betroffen - Antrag auf Akteneinsicht sei " von der Staatsanwaltschaft Saarbrücken bewusst übergangen" und "dadurch die Aufarbeitung "in weiten Teilen vereitelt" worden - Taten fanden zwischen 1961 und 2018 statt - Dillinger war bereits seit 1964 beim Bistum Trier aktenkundig

In den 1960ern wurde der Seelsorger Dillinger erstmals wegen eines sexuellen Übergriffs aktenkundig. Ein Bericht wirft dem Bistum Trier nun vor, nicht angemessen reagiert zu haben. Auch bei der Staatsanwaltschaft gab es Versäumnisse.

Am Ende umfasst der dritte und vorläufig letzte Bericht noch einmal 96 Seiten. Die ehemaligen Staatsanwälte Ingo Hromada und Jürgen Brauer hatten im Auftrag einer Unabhängigen Aufklärungskommission ein Jahr lang drei Ermittlungsakten von Staatsanwaltschaften, mehr als 4.000 Fotos, mehrere Tausend Seiten Aufzeichnungen und Publikationen von Edmund Dillinger durchforstet. Sie folgten den meist vagen Hinweisen durch Westdeutschland, nach Frankreich, nach Afrika.50 Betroffene hatten Hromada und Brauer interviewt. Zeugen, die Dillinger als Studentenseelsorger, als Pfarrer, als Religionslehrer oder im Rahmen der Afrikahilfe kennengelernt hatten.

Mindestens 19 Opfer sexualisierter Gewalt

Konkret sind die Hinweise jedoch selten, oft handelt es sich um eine Charakterbeschreibung. Dillinger gelte als egozentrisch und habe mit seinem Kontakten zu Prominenten und hohen kirchlichen Würdenträgern geprahlt. Zeugen beschreiben ihn als "stockkonservativ". Er habe Homosexualität verteufelt, sie aber selbst freizügig ausgelebt." Sehr viele, nach ihrer Anzahl aber nicht annähernd zu beziffernde Personen" seien von einem sexuell motiviertem Verhalten Dillingers betroffen gewesen. Sie seien in sexualisierten Posen fotografiert und berührt worden, hätten Annäherungsversuche abwehren müssen. Bei 19 Personen spricht der Bericht konkret von "sexuellem Missbrauch in verschiedenen Schweregraden". Acht Betroffene konnten jedoch nicht eindeutig identifiziert werden - auch weil viele Zeugen keine Namen nennen wollten. Die Taten sollen zwischen 1961 und 2018 stattgefunden haben.1964 wurde Dillinger zum ersten Mal beim Bistum Trier aktenkundig, nachdem er zwei Jungen am Oberschenkel berührt haben soll. 1970 soll er sich dann bei einer Romreise an einem 15-Jährigen vergangen haben. Er soll Fotos des Geschlechtsteils des Jugendlichen gemacht und es daraufhin auch angefasst haben.1972 soll er einen weiteren jungen Mann in offensichtlich sexualisierter Pose fotografiert und das Foto an eine Agentur verkauft haben. Gegen den Willen des Opfers wurde das Bild schließlich in einer Erotik-Zeitschrift für Homosexuelle abgedruckt.

Harte Kritik an Bistum und Staatsanwaltschaft: Taten wurden vertuscht 

In den aktenkundigen Fällen habe das Bistum Trier aber nicht angemessen reagiert, die Taten seien sogar vertuscht worden, so der Bericht. Man habe keinen Kontakt zu den Opfern gesucht, keine Aufklärung betrieben. Die Strafe, darunter zwei Wochen Kloster und die Versetzung ins Erzbistum Köln, sei nicht angemessen gewesen. Dillinger sei nach den ersten Vorwürfen zudem nicht ausreichend kontrolliert worden, obwohl eine Wiederholungsgefahr bestand. Hromada und Brauer kritisieren auch die "bedenkliche" Aktenführung des Bistums: Man habe acht Konvolute von unterschiedlichen Stellen der Bistumsleitung auswerten müssen. Die Dokumente sind dabei oft nicht mal chronologisch geführt worden. 

Der Bericht sieht auch schwerwiegende Versäumnisse bei der Staatsanwaltschaft Saarbrücken. Die Behörde hatte im Juli 2023 große Teile der im Wohnhaus von Dillinger gefundenen Beweismittel, darunter akribisch geführte Kalender und Notizbücher aus mehreren Jahrzehnten, voreilig verbrennen lassen. Und das, obwohl Hromada und Brauer noch Tage zuvor ein Gesuch auf Akteneinsicht gestellt hatten. Der Antrag sei von der Staatsanwaltschaft aber "bewusst übergangen" und die Aufarbeitung "in weiten Teilen" vereitelt worden, so das Fazit der Ermittler. 

Aktive Untersuchung eingestellt

 Mit dem Abschlussbericht sind die Recherchen in Deutschland nun abgeschlossen - "vorbehaltlich noch eingehender Nachmeldungen von Zeugen". Eine Hoffnung, auf die sich gerade auch die Ermittlungen in Afrika stützen. Dillinger gründete in den 1970er Jahren einen Verein, die CV Afrika-Hilfe, und reiste mehrfach nach Kamerun und Togo - offenbar sogar unter dem Alias-Namen Eric Delay. Im Gegenzug nahm er junge afrikanische Studenten mit nach Deutschland oder nach Rom .Bei der Suche nach Zeugen und möglichen Opfern werden Hromada und Brauer vor allem von kirchlichen Einrichtungen unterstützt, etwa missio Aachen. Anfragen und Hilfsgesuche an das Auswärtige Amt seien hingegen mehrfach ignoriert worden.

Quelle: tagesschau.de



Bistum Trier: Bilanz zum Skandalfall Dillinger: Zahl der Opfer "nicht annähernd zu beziffern" - Verantwortliche im Bistum Trier haben den Sexualtäter "in den eigenen Reihen gedeckt und Vorwürfe vertuscht" - Aufarbeitung wurde nach Vernichtung von wichtigem Beweismitteln durch saarländische Ermittlungsbehörden "in weiten Teilen vereitelt"

Der Skandallfall Dillinger war eher durch einen Zufall publik geworden. Ein Neffe des Priesters hatte nach Dillingers Tod in dessen Haus mehrere Tausend teils pornografische Fotos und Dias gefunden. Weder das Bistum noch die Aufarbeitungskommission wollten die Aufnahmen zunächst haben. Als der Neffe sich daraufhin an die Medien wandte, war der Skandal da.

Auch die Staatsanwaltschaften Mainz und Saarbrücken nahmen sich schließlich des Falls an. Ein besonders unglückliches Bild gaben dabei die saarländischen Ermittler ab, weil sie die von dem Geistlichen penibel geführten Terminkalender vernichten ließen. „Wir wurden in unseren Recherchen stark behindert, weil die saarländischen Ermittlungsbehörden wichtige Beweismittel vernichtet haben“, kritisierten die beiden Trierer Sonderermittler in ihrem Abschlussbericht noch einmal unverhohlen die einstigen Kollegen. Brauer und Hromada werfen ihnen sogar vor, „die Aufarbeitung in weiten Teilen vereitelt“ zu haben.

Eine „nicht annähernd zu beziffernde“ Anzahl an überwiegend männlichen Opfern hat Dillinger in den Jahrzehnten seines unseligen Treibens in sexualisierten Posen fotografiert, unsittlich berührt oder dies zumindest versucht. Zu diesem Ergebnis sind die beiden ehemaligen Trierer Top-Staatsanwälte Jürgen Brauer und Ingo Hromada gekommen. Sie haben im Auftrag der Aufarbeitungskommission des Bistums den Fall Dillinger untersucht und am Dienstag ihren knapp 100 Seiten umfassenden Abschlussbericht vorgelegt.

Der Bericht dokumentiert äußerst detailliert das jahrzehntelange Fehlverhalten und die Übergriffe des im November 2022 im Alter von 87 Jahren verstorbenen Priesters und Bundesverdienstkreuzträgers. Und er zeigt auf, wie die Verantwortlichen im Bistum vor allem in den 60er und 70er Jahren den Sexualtäter in den eigenen Reihen gedeckt und „Vorwürfe vertuscht haben“, wie es in dem Bericht wörtlich heißt. 

Für die Aufarbeitungskommission und die beiden Sonderermittler gilt das nicht. Weil im Skandalfall Dillinger immer noch wichtige Fragen nicht beantwortet sind, recherchieren die beiden pensionierten Trierer Staatsanwälte Jürgen Brauer und Ingo Hromada weiter. Wahrscheinlich kommt damit in einem Jahr der zweite Abschlussbericht im Fall Dillinger. (den vollständigen Artikel auf "volksfreund.de" lesen)

Donnerstag, 11. April 2024

"Causa Dillinger": Abschlussbericht soll voraussichtlich am Dienstag, 07. Mai 2024 der Öffentlichkeit vorgestellt werden - allerdings mit Einschränkung

Was ist an den Missbrauchsvorwürfen gegen den vor anderthalb Jahren verstorbenen Trierer Bistumspriester Edmund Dillinger dran? Mit einer Antwort auf diese Frage haben sich die beiden Sonderermittler Jürgen Brauer und Ingo Hromada mittlerweile monatelang befasst. Nun ist der Abschlussbericht der beiden pensionierten Staatsanwälte fertig.

Wie der Sprecher der Aufarbeitungskommission, Gerhard Robbers, diese Woche auf Anfrage unserer Redaktion sagte, soll der Bericht voraussichtlich am Dienstag, 7. Mai, der Öffentlichkeit vorgestellt werden. 

Die Recherchen über mögliche Übergriffe Dillingers während  seiner vielen Afrika-Reisen wurden zwar von den Sonderermittlern angestoßen. Die Ergebnisse stehen aber noch aus. „Die Experten sagen, dass es mit den Rückmeldungen dauert“, sagt Chefaufklärer Jürgen Brauer. Deshalb klammere man das Kapitel Afrika aus.

Erschwert wurden die Recherchen, weil die saarländischen Ermittler die Terminkalender des Geistlichen vernichten ließen. Das wäre ein Fundus für weiterführende Hinweise gewesen, sagte Chefaufklärer Jürgen Brauer. (den vollständigen Artikel auf "volksfreund.de" lesen)

Mittwoch, 20. März 2024

Bistum Trier: ehemaliger Freisener Pfarrer legt Berufung gegen Entlassung aus dem Klerikerstand ein - Vorwürfe gegenüber drei Trierer Bischöfen bleiben weiterhin bestehen - "Informationspraxis des Bistums Trier sei der Sache schädigend gewesen"

Wegen mehrfachen sexuellen Missbrauchs hatte das Kirchengericht des Erzbistums Köln gegen den Freisener Pfarrer Otmar M. die Höchststrafe verhängt: die Entlassung aus dem Klerikerstand. 

Zuvor hatte ein weltliches Gericht den damals 69 Jahre alten Geistlichen wegen sexueller Nötigung zu einem Jahr und acht Monaten Haft auf Bewährung verurteilt, weil der Mann 1997 im Pfarrhaus in Freisen einen 14-Jährigen sexuell genötigt hatte. Weitere Verfahren wurden - meist wegen Verjährung - eingestellt.

Gegen die Entlassung aus dem Klerikerstand hat Otmar M.  Berufung eingelegt. Inzwischen hat Rom das Berufungsverfahren im "Fall Freisen" an das Erzbistum Paderborn übergeben. Eine Begründung, warum ausgerechnet Paderborn damit beauftragt wurde, wurde nicht mitgeteilt. Wann das das Berufungsverfahren am Kirchengericht in Paderborn beginne und wie lange es dauere, sei dem Trierer Bischof Ackermann nicht bekannt. 

Das Berufungsverfahren ist nicht die einzige Angelegenheit, die im „Fall Freisen“ noch offen ist. Drei Bischöfen wird vorgeworfen, Fehler gemacht und Pflichten verletzt zu haben: Kardinal Reinhard Marx als Bischof von Trier (2002-2008), seinem Nachfolger Stephan Ackermann und dessen damaligem Generalvikar Georg Bätzing (2012-2016), heute Bischof von Limburg und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. In der Vergangenheit hatten die Bistümer München, Trier und Limburg bereits Fehler im Umgang mit Betroffenen und bei der Bearbeitung des Falls eingeräumt.

In dem aktuellsten, dem zweiten Zwischenbericht der Unabhängigen Aufarbeitungskommission im Bistum Trier, ging es erstmals um den „Fall Freisen“. Bereits zum jetzigen Zeitpunkt, sowohl nach Einschätzung der Aktenlage als auch nach Gesprächen mit Betroffenen und Gemeindemitgliedern, scheine die vom Bistum geübte Informationspraxis als unzureichend und der Sache schädigend gewesen zu sein, heißt es unter anderem in dem Bericht. (den vollständigen Artikel auf "volksfreund.de" lesen)

Dienstag, 19. März 2024

"Causa Dillinger": Hinweise auf "massiv übergriffiges Verhalten" - Kapitel "Afrika" wird vorerst ausgeklammert

Der Fall des Trierer Skandalpriesters Edmund Dillinger erhitzt immer noch die Gemüter. Zwei ehemalige Trierer Top-Staatsanwälte sind nach fast einem Jahr mit ihrer Aufklärungsarbeit kurz vor dem Abschluss. Was haben sie herausgefunden?

Es gebe Hinweise auf massiv übergriffiges Verhalten des prominenten Domprälaten und Ehrendomherrn. Der im November 2022 im Alter von 87 Jahren gestorbene Dillinger habe sich „bis ins hohe Alter jungen Männern genähert“, sagte Brauer seinerzeit unserer Redaktion. „Der konnte vom Anfang bis zum Ende seine Finger nicht an sich halten.“

Erschwert wurden die Recherchen, weil die saarländischen Ermittler die Terminkalender des Geistlichen vernichten ließen. Das wäre ein Fundus für weiterführende Hinweise gewesen, sagte Chefaufklärer Jürgen Brauer. 

Darum wird das Kapitel Afrika ausgeklammert: Viele bei Dillinger gefundene Fotos waren auf Reisen entstanden, darunter häufiger in afrikanische Länder. In der Vergangenheit war von Hinweisen „auf ein Doppelleben“ Dillingers in Afrika unter falschem Namen die Rede. Die Recherchen über mögliche Übergriffe Dillingers während dieser Reisen wurden zwar von den Sonderermittlern angestoßen. Die Ergebnisse stehen aber noch aus. „Die Experten sagen, dass es mit den Rückmeldungen dauert“, sagt Chefaufklärer Jürgen Brauer. Deshalb klammere man das Kapitel Afrika aus.

 „Wir haben eine Menge über das bewegte Leben Dillingers herausbekommen“, sagte Brauer unserer Redaktion.

Der Abschlussbericht werde voraussichtlich in der zweiten Aprilwoche an den Sprecher der Aufarbeitungskommission, Gerhard Robbers, übergeben. Ende April soll der Bericht dann der Öffentlichkeit vorgestellt werden. (den vollständigen Artikel auf "volksfreund.de" lesen)

Sonntag, 10. März 2024

Bistum Trier: Aufruf des Forschungsprojektes „Sexueller Missbrauch von Minderjährigen sowie hilfs- und schutzbedürftigen erwachsenen Personen durch Kleriker/Laien im Zeitraum von 1946 bis 2021 im Verantwortungsbereich der Diözese Trier“

"Im November 2022 haben wir mit der Erforschung von sexuellem Missbrauch und sexualisierter Gewalt im Bistum Trier begonnen. Vielleicht sind Sie inzwischen über unsere Homepage, die Presseberichterstattung oder unseren Zwischenbericht zur Amtszeit von Bischof Bernhard Stein auf uns aufmerksam geworden. 

Bisher konnten wir schon mit einigen Betroffenen aber auch mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen sprechen, die unsere Forschungen mit ihren Erlebnissen ein ganzes Stück nach vorne bringen. Um nicht nur auf der Grundlage der überlieferten Akten forschen zu können, ist es uns wichtig, mit Ihnen zu sprechen.

Niemand kann uns seine und ihre Erfahrungen besser mitteilen, als Sie selbst als Betroffene. Und niemand kann uns den Kontext, in dem Missbrauch möglich werden konnte, besser beschreiben, als Zeitzeuginnen und Zeitzeugen (Eltern, Geschwister und Freunde von Betroffenen, Angestellte im Bistum und den Gemeinden sowie Gemeindemitglieder).

Es ist uns bewusst, dass es für Sie schwierig sein kann, über Ihre Erfahrungen zu sprechen und uns als fremde Personen ins Vertrauen zu ziehen. Daher ist es uns wichtig Ihnen ein Vorgespräch anzubieten, um Ihre Fragen zu klären. Dieses können wir selbstverständlich auch anonym führen. Gerne verweisen wir dazu auch auf unser FAQ (im QR-Code). Dass Sie uns persönlich und unserer Arbeit dazu großes Vertrauen entgegenbringen, ist uns bewusst. 

Wenn Sie mit dem Gedanken spielen sollten, sich bei uns zu melden, lassen Sie sich gerne Zeit mit der Entscheidung. Sobald Sie sich sicher sind, dass Sie sich mit uns in Verbindung setzen wollen, erreichen Sie uns unter den untenstehenden Kontaktdaten. Dann erläutern wir Ihnen gerne alles, was Sie zu einem Gespräch im Vorfeld wissen müssen und möchten. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie uns Ihr Vertrauen schenken würden. Vielen Dank!"

email: smbt@uni-trier.de

persönlich an: haase@uni-trier.de / raphael@uni-trier.de

Telefon: +49 (0) 651 / 201-3332


Homepage: aufarbeitung.uni-trier.de 


Montag, 26. Februar 2024

Bistum Trier: berufliche Stationen von Nikolaus Schwerdtfeger - Koblenz-Arenberg - Saarlouis St. Ludwig - Saarbrücken St. Michael - Saarbrücken St. Michael / St. Johann - Nachtsheim - Bassenheim - Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz - Zeugen und Betroffene können sich an MissBiT wenden

Lebensdaten und beruflichen Stationen von Nikolaus Schwerdtfeger:


*02.12.1928   in Kempen/Niederrhein  

01.08.1954     Weihe im Trierer Dom  

31.05.1955     Kaplan in Koblenz-Arenberg (heute: PG Koblenz Rechte Rheinseite, PastR Koblenz)  

18.10.1955     Kaplan in Saarlouis St. Ludwig (heute: Pfarrei St. Ludwig Saarlouis, PastR                                                   Saarlouis)  

19.03.1958     Kaplan in Saarbrücken St. Michael (heute: Pfarrei Saarbrücken St. Johann,                                           PastR Saarbrücken)  

20.02.1962     Pfarrer in Nachtsheim (heute: PG Nachtsheim, PastR Mayen)  

17.03.1975     Pfarrer in Bassenheim (heute: Pfarrei Mülheim-Kärlich Heilig Geist, PastR Andernach)  

01.10.1975     zusätzlich Seelsorger im Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz  

30.09.1988    Verzicht auf die Pfarrerstelle und Entpflichtung vom Dienst als                                                                       Krankenhausseelsorger, beurlaubt für ein Jahr; gleichzeitig beauftragt zur Mitarbeit in                                  Königsfeld St. Nikolaus (heute: Pfarrei Brohltal Herz Jesu, PastR Sinzig)  

31.03.1989     einstweiliger Ruhestand  

+24.02.2000   in Koblenz im Caritashaus St. Elisabeth Koblenz-Arenberg  

01.03.2000     Beisetzung auf dem Hauptfriedhof in Koblenz  (Quelle: Bistum Trier)



die zuständigen Trierer Bischöfe:

Hermann Josef Spital1981 bis 2001
Reinhard Marx2002 bis 2008
Stephan Ackermannseit 2009


MissBiT: Missbrauch durch Angehörige der katholischen Kirche im Bistum Trier

MissBiT.de -> Kontakt: https://missbit.de/kontakt/



Bistum Trier: Bistum veröffentlicht Fall über jahrelangen Missbrauch - 30 Jahre, nachdem sich ein Betroffener an das Bistum Trier wandte - Kirchenrechtliche Untersuchung wurde nicht eingeleitet - Täter gestand die Taten und verstarb 2020 - Begründung der Veröffentlichung zum jetzigen Zeitpunkt: "Weil der Beschuldigte die Tat eingestanden hat und bereits seit mehr als 20 Jahren verstorben ist"

Vor rund 40 Jahren verging sich ein Pfarrer in Bassenheim im Kreis Mayen-Koblenz an einem Kind. Das hat das Bistum Trier öffentlich gemacht. Und es war möglicherweise kein Einzelfall.

Anfang der 1980er Jahre habe sich der damalige Pfarrer Nikolaus Schwerdtfeger der katholischen Pfarrei Bassenheim an einem Kind vergangen, teilte das Bistum Trier am Montag mit. Nach Kenntnis des Bistums war die betroffene Person über mehrere Jahre hinweg Opfer des sexuellen Missbrauchs durch den Geistlichen.

Pfarrer hatte die Taten vor seinem Tod eingestanden

Nikolaus Schwerdtfeger gestand laut Bistum die Taten ein. "Ein strafrechtlicher Prozess gegen ihn konnte nicht zu Ende geführt werden, da er im Jahr 2000 verstarb", heißt es in der Mitteilung weiter. Das Bistum ermutige jetzt mögliche weitere Opfer des Geistlichen, sich ebenfalls zu melden. Diese können sich an die Ansprechpersonen des Bistums Trier wenden oder an die Beratungsstelle "Phoenix" der AWO im Saarland.

Die von dem Missbrauch betroffene Person hatte sich den Angaben zufolge Mitte der 1990er Jahre erstmals an das Bistum Trier gewandt. Eine kirchenrechtliche Voruntersuchung wurde damals allerdings nicht eingeleitet, heißt es in der Mitteilung vom Montag. Die betroffene Person habe aber selbst darum gebeten, den Fall öffentlich zu machen.

Dieser Bitte komme man nach, so das Bistum Trier. Zum einen, weil es ein hohes Interesse an einer Aufarbeitung gebe. Und weil "der Beschuldigte die Tat eingestanden hat und bereits seit mehr als 20 Jahren verstorben ist." (den vollständigen Artikel auf "swr.de" lesen)



Mittwoch, 21. Februar 2024

Bistum Trier: offizielle Stellungnahme der Trierer Betroffenenorganisation "MissBit" zu der Entscheidung des Bischofs, außergerichtliche Vergleichsverhandlungen abzulehnen



MissBit sieht keine Basis mehr für Zusammenarbeit mit Bistum Trier - Kirche lehnt formelle Kooperationsvereinbarung ab

MissBit hat versucht, mit Bischof Ackermann eine formelle Kooperationsvereinbarung zu schließen, die die individuelle Aufarbeitung für Betroffene zum Inhalt hatte. Hierzu hat Ackermann konkrete Vorschläge zur Besetzung einer paritätisch besetzten Kommission, bestehend aus Bistumsvertreter:innen und Mitgliedern von MissBiT, erhalten.
Hauptziel war die Feststellung der begangenen Taten und hernach ein gemeinsam gefasster Vorschlag zur Höhe der Anerkennungszahlung an die UAK in Bonn. Eine vollumfängliche Akteneinsicht sollte ebenfalls Bestandteil der Aufarbeitung sein.
Die Vorschläge wurden dankend entgegengenommen, um sie für die internen Kreise des Bistums zu nutzen. Eine formelle Kooperationsvereinbarung hat Bischof Ackermann abgelehnt.

Bistum Trier lässt es auf Klagen ankommen und schließt Vergleichsverhandlungen aus

Bereits im direkten Gespräch mit MissBiT hat Ackermann aussergerichtliche Vergleichsverhandlungen abgelehnt. Das „Nein“ kam ohne Zögern und ließ keinen Spielraum für Interpretationen. Somit ist die Linie klar: Lieber zwingt er Betroffene in öffentliche Gerichtsverhandlungen. Er nimmt in Kauf, dass Betroffene diesen belastenden Weg gehen müssen, um wirklich Gerechtigkeit zu erfahren. Als Hauptargument wird angeführt, dass das Anerkennungsverfahren der DBK keine Beweise erfordert und „betroffenenorientiert“ sei.

Im jüngsten Regensburger Fall wurde trotz besonderer Schwere eine Summe von 150.000 € festgelegt. Die UKA bleibt damit deutlich unter den 300.000 € des Kölner Urteils. MissBiT bewertet das System der UKA weiterhin als eine ausserhalb jeden Rechtsrahmens stehende Entschädigungslotterie.

Ackermanns Sonderweg im Fall Albertinum Gerolstein

Am offiziellen Anerkennungsystem der Deutschen Bischofskonferenz vorbei leistet Ackermann an Betroffene des Albertinums Gerolstein Zahlungen in Anerkennung des Leids. Er begründet dies mit dem Vorliegen eines geschlossenen Systems. Diese Begründung ist fadenscheinig.
Jede Pfarrgemeinde, in der Kinder, Jugendliche und Schutzbefohlene missbraucht werden, ist als geschlossenes System zu sehen. Täter, Vertuscher und die Machtinteressen der Kirche bilden dabei die Eckpfeiler.
Im Ergebnis ist Ackermann hier freimütig einen Sonderweg gegangen. Einen Sonderweg mit uns zu gehen hat er abgelehnt.

Der lange Weg der Erkenntnis ist in trauriger…

Die Erfahrungen der letzten 14 Jahre Betroffenenarbeit zeigen, dass „Betroffenenorientierung“, „Anerkennung des Leids“ und „Kultur der Aufmerksamkeit“ leere Worthülsen sind. Die Präventionsmaßnahmen werden wie eine Monstranz vor sich hergetragen, dabei hat die Aufdeckung der kriminellen Sexualstraftaten noch gar nicht richtig begonnen.
Nach wie vor wird vertuscht und mit aller Macht das System Kirche geschützt. Es wird nur zugegeben, was MissBiT oder die Presse herausgefunden haben.

Akteneinsicht – mit dem Nasenring durch die Manege geführt!

Jüngster Beleg für die weiterhin täterorientierte Grundhaltung sind die Vorgänge bei der Akteneinsicht für Betroffene.
Mehreren Betroffenen wurden bei einem Akteneinsichtstermin ihre eigene Verfahrensakte, also ihr Antrag auf Anerkennung des Leids und der damit verbundene Schriftverkehr vorgelegt. Unvorstellbar. Man kommt in einer großen Aufgeregtheit zu solch einem bedeutenden Termin und sieht lediglich seine eigene Antragsakte. Ein Frechheit sondergleichen. Süffisant wird dann in weiterem Schriftverkehr gefragt, ob man die Personalakte des Täters gemeint habe?
Offensichtlich müssen Betroffene jetzt auch noch den Aktenplan des Bistums kennen, um die Akten einsehen zu können, die ihren Fall betreffen. Das ist zynisch und verlogen.

Konsequenz: Zivilklagen gegen Bistum Trier

Deshalb zieht MissBiT nun die Konsequenzen und wird sich darauf konzentrieren, Betroffene, die diesen Weg gehen wollen, bei ihren Zivilklagen zu unterstützen. Das wird belastend und kostspielig sein.

MissBiT gründet Hilfsfonds zur Finanzierung von Klagen

Je nach Konstellation wird eine Zivilklage bis 30.000 € und mehr kosten. Rechtschutzversicherungen greifen in der Regel nicht, da diese zum Zeitpunkt der Tat bestanden haben müsssen. Durch unseren Hilfsfonds wollen wir die Voraussetzungen schaffen, dass Betroffene, die ohnehin durch den erlittenen Missbrauch Einbußen in ihrem Lebens-und Berufsweg hinnehmen mussten, die Möglichkeit haben, ihre Ansprüche durchzusetzen. Dazu wollen wir Spenden erbitten und versuchen, Kredite zur Vorfinanzierung der Klagen einzuwerben. Wir rufen die Zivilgesellschaft auf, Betroffene zu unterstützen. Mit Geld, aber auch, indem Personen sich mit uns solidarisieren und uns bei den Prozessen durch ihre Anwesenheit beistehen.
Bisher gehen wir von drei Klagen aus. In einer Mitgliederbefragung haben weitere Personen bekundet, den ersten Prozess abzuwarten und dann über die eigene Klage zu entscheiden. Zudem gehen wir davon aus, dass weitere Klagen von Betroffenen kommen werden, die nicht mit MissBiT in Verbindung stehen.

Für MissBiT e.V.
Hermann Schell, Vorsitzender

21.02.2024